Hey Hansz,
Dein Lob freut mich ganz besonders! Vielen Dank dafür!

Das ist übrigens ein Gedicht, bei dessen Erstellung das "intuitive Schnellschussverfahren" versagt hat, will meinen, diese Zeilen sind nicht in inspirierter Trance innerhalb kürzester Zeit aus dem Unterbewussten geflutscht, sondern sind in einem monatelangen Dranherumfeileprozess nach und nach zur jetzigen Darreichungsform gelangt (womit der Werkprozess noch nicht notwendigerweise abgeschlossen sein muss

).
Hier mal - falls es jemanden interessiert - zum Vergleich die Urfassung (alle einzelnen Zwischenschritte, es sind sicher hunderte, habe ich allerdings leider nicht dokumentiert):
Silberzeit
Wäscht der Südwind das Raureifwispern
vom schlafenden Hirten
ist der Lerchenschlag lange verweht
die Herde himmelweit zerstreut
und das Sternenlicht merklich gealtert
In den Garten in dem wir
unsere Namen ablegen wollen
stiehlt sich ein Nachtigallenton
im Haus der Kindheit wohnen fremde Menschen
durch unsere Stimmen wandert der Mond
Ein paar Formulierungen haben sich offensichtlich erhalten, aber vieles ist doch beim Rumwerkeln untern Tisch gefallen oder zu neuen Wendungen mutiert.
LG!
S.
P.S.:
Was Deine andere Anmerkungen angeht, lieber Hansz, so hängt der von Dir empfundene Mangel an (sprach-)analytisch sehr in die Tiefe gehender Lyrik in der LeLu vermutlich mit zweierlei zusammen: Erstens war solche Lyrik noch nie besonders "leichtgängig" und daher abseits von lyrischem "Fachpublikum" (was ist das?) auch nie soooo populär und zweitens ist ein Online-Format aufgrund seiner Reizdichte ein noch problematischeres Biotop für solche Lyrik, die eine längeratmige Vertiefung einfordert (und rechtfertigt).
Davon unabhängig ist es ja auch ein bisschen selbstwidersprüchlich, beinahe sogar verbrauchertäuschend, wenn für einen Text zunächst einmal das vermeintlich schnellschnabulierbare Häppchenformat eines Gedichts gewählt wird und dann dem leichtsinnig anbeißenden Rezipienten ein konditionsfordernder Kauprozess abverlangt wird.
