stadtnähern

3,70 Stern(e) 3 Bewertungen
letzter ausguck vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
hinter dünngelber verschleierung
endgültig verkleilte schubladen
verdichtete lebensstilblüten
mit kurzweiliger erlebnisgastronomie
extremindividualisten als massenphänomen
park and ride autofreiheit zum
shoppingabenteuer für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig glück vor sich hin
und ins allgemeine fußvolk
bitte privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden ungefragt abgeschleppt
stadtluft macht frei
für abgasreiche kein durchkommen
 
letzter ausguck vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
hinter dünngelber verschleierung
endgültig verkeilte schubladen
verdichtete lebensstilblüten
mit kurzweiliger erlebnisgastronomie
extremindividualisten als massenphänomen
park and ride autofreiheit zum
shoppingabenteuer für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig glück vor sich hin
und ins allgemeine fußvolk
bitte privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden ungefragt abgeschleppt
stadtluft macht frei
für abgasreiche kein durchkommen
 
T

Trainee

Gast
letzter ausguck vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
hinter dünngelber verschleierung
endgültig verkeilte schubladen
verdichtete lebensstilblüten
mit kurzweiliger erlebnisgastronomie
Hallo Karl,
das ist leider keine gute Lyrik, und es überrascht mich geradezu, solche überfrachtete Verse von dir zu lesen.
Aber wie schrieb einst ein User (Spätschreiber?): "Nur der Mittelmäßige ist immer gleich gut."

In diesem Sinne
Trainee
 
letzter ausguck vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
hinter gelbem schleier
endgültig verkeilte schubladen
lebensstilblüten
mit kurzweiliger erlebnisgastronomie
extremindividualisten als massenphänomen
park and ride autofreiheit zum
shoppingabenteuer für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig glück vor sich hin
ins allgemeine fußvolk
bitte privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden ungefragt abgeschleppt
stadtluft macht frei
für abgasreiche kein durchkommen
 
T

Trainee

Gast
Hallo Karl,
das ist mir noch nicht genug gestrafft.
An deiner Stelle (dort bin ich selbstverständlich nicht!) wollte ich den ganzen ersten Teil stark kürzen und aus dem Weggestrichenen ein neues Gedicht fertigen.:

letzter ausguck vorm industriegürtel
mit kurzweiliger erlebnisgastronomie

[blue]extremindividualismus[/blue] als massenphänomen:
park and ride autofreiheit zum
shoppingabenteuer für profiladendiebe -
plakate lächeln endgülti[blue]ges[/blue] glück vor sich hin

bitte privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden ungefragt abgeschleppt
stadtluft macht frei

für abgasreiche kein durchkommen
Für mich enthält dein Gedicht in der vorliegenden Form noch zu viel schmückendes Beiwerk.
Vielleicht wäre es besser, wenn du ein paar Tage verstreichen ließest und dann nochmal drüber schautest?

Liebe Grüße
Trainee
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich finde es ausgesprochen interessant, daß "gute Lyrik" durch Ausdünnen magerer und Farbe-Auswaschen hellgrauer Texte entstehen soll. Vor allem bei Gedichten eines Autors, der immer in seiner abstrakt-trockenen Sprache schreibt. Es erinnert mich an die Szene in Fellinis "Casanova", wo das bleiche Mädchen noch einen Aderlaß durchleiden soll und mit lieblichem Ton zu Tode seufzt.
Fehlt noch revilos Liblingskritik "zu fett".

In der Tat sind, wie üblich, Substantive ohne Satzfunktion untereinandergereiht. Ich kennzeichne mal die Substantive, die innerhalb der Verse die tragende Funktion haben:
letzter [blue]ausguck [/blue]vorm [blue]industriegürtel[/blue]
im dissonanten [blue]klangteppich[/blue]
hinter gelbem [blue]schleier[/blue]
endgültig verkeilte [blue]schubladen[/blue]
[blue]lebensstilblüten[/blue]
mit kurzweiliger [blue]erlebnisgastronomie[/blue]
[blue]extremindividualisten [/blue]als [blue]massenphänomen[/blue]
park and ride [blue]autofreiheit [/blue]zum
[blue]shoppingabenteuer [/blue]für [blue]profiladendiebe[/blue]
[blue]plakate [/blue]lächeln endgültig glück vor sich hin
ins allgemeine [blue]fußvolk[/blue]
bitte [blue]privateinfahrten [/blue]freihalten
[blue]zuwiderhandelnde [/blue]werden ungefragt abgeschleppt
[blue]stadtluft [/blue]macht frei
für [blue]abgasreiche [/blue]kein durchkommen
Mir fehlt nicht die Dünne, die interessiert mich nicht, sondern die Bewegung und die Spannung, die selbst dann, wenn sie die Bewegung in sich zurückhält, Kraft ausdrückt. Das wären eher Verben als Substantive, aber nicht in isolierten Infinitiven (Hauptkrankheit der zeitgenössischen Poesiekrämpfe) oder gar in der Künstlichkeit der Partizip-Eins-Knorpel zwischen den Substantiv-Knochen, sondern Taten von persönlichen Tätern. Das Leben und die Wirlichkeit innerhalb des Lebens besteht weniger aus Dingen und Zuständen, als vielmehr aus Tätigkeiten und handelnden Persönlichkeiten. Es besteht nicht aus Waren, sondern aus Arbeit. Wie Musik nicht aus Tönen, sondern aus harmonischer Spannung besteht, die Melodien treibt.

Aber andererseits ist das Aderlassen seit dreißig Jahren große Mode. Und mit sinnlicher Musikalität ist bei keinem Wettbewerb ein Blumentopf zu gewinnen, sobald die Elitedünkel der stolzen Germanisten darin jurieren. Oder andere Aderlasser, Diätetiker und Fastenfetischisten. Veganer nicht zu vergessen. Es lebe der Analogkäse!

Dies nur zum Kritikergehabe in der Echoblase der Ungereimten. Die Echoblase der Modernitätsfeinde in der gereimten Fraktion ist gewiß noch bornierter, keine Frage, aber das mildert meinen Zorn über die Substantivkataloglisten in diesem Hohlplaneten nicht. Man muß sie aufpieksen, diese Seifenblasen, alle beide.
 
letzter ausguck vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
hinter gelbem schleier
endgültig verkeilte schubladen
lebensstilblüten
mit kurzweiliger erlebnisgastronomie
individualisten im massenmodus
park and ride autofreiheit zum
shoppingabenteuer für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig glück vor sich hin
ins allgemeine fußvolk
bitte privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden ungefragt abgeschleppt
stadtluft macht frei
für abgasreiche kein durchkommen
 
letzter ausguck vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
gelb verschleiert
verkeilte schubladen
lebensstilblüten
mit erlebnisgastronomie
individualisten im massenmodus
park and ride autofreiheit zum
shopping für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig
glück vor sich hin
privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden
ungefragt abgeschleppt
stadtluft macht frei
 
letzter ausguck
vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
gelb verschleiert
lebensstilblüten
mit erlebnisgastronomie
Individualisten im massenmodus
park and ride autofreiheit zum
shopping für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig
glück vor sich hin
privateinfahrten freihalten
zuwiderhandelnde werden
ungefragt abgeschleppt

stadtluft macht frei
 
T

Trainee

Gast
Hallo Karl,
das Gedicht hat aus meiner Sicht qualitativ gewonnen, ohne an "Farbe" zu verlieren.
Eine Minimierung des Beiwerks verursacht das Aufleuchten des Wenigen, hier des "dissonanten Klangteppichs."
Durch die Reduktion fängst du das Grauen der letzten Ausgucks optimal ein.

Applaudierende Grüße
Trainee
 
Lieber Trainee,
vor allem durch zu viele Adjektive habe ich wohl jene Behäbigkeit erzeugt.
Herzlichen Dank für Deine Mithilfe.
Gruß
Karl
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich habe es nun, lieber Karl,

noch ein paar Male gelesen. Langsam gehen mir die (zu Substantiven) konzentrierten Bildstücke auf, glaube ich jedenfalls.
letzter ausguck
vorm industriegürtel
im dissonanten klangteppich
gelb verschleiert
lebensstilblüten
mit erlebnisgastronomie
Der Einstieg ist sehr konkret: eine Autofahrt in Richtung Stadt, wo vor dem Straßennetz mit den Wohnblocks der großräumliche Industriegürtel durchfahren wird. Wo dann die Baumärkte und sogenannte "Parks" den Konsum an der Stadtperipherie zusammenballen.
Disparat (Bildbruch) - dessen bist Du Dir gewiß bewußt - der eher optische "ausguck" und der akustisch-musiklogische "klangteppich".
"lebensstilblüten" - ein fruchtbares Kofferkompositum, in der Kombination mit der "erlebnisgastronomie" konkretisiert. Das hilft dem Leser, der sich den inneren Film durch Deine Katalogreihe hindurchspulen muß bzw. darf, kann, mag oder will. (Ich reflektiere seit einigen Wochen auf die Rolle von Modalverben).

Eigentlich bilden sich (im Leser, beim "Filmen") Strophen. Das Bisherige ist eine, das Folgende vielleicht auch:
Individualisten im massenmodus
park and ride autofreiheit zum
shopping für profiladendiebe
plakate lächeln endgültig
glück vor sich hin
Sieh da, die "Parks", die Konsumvorstädte, tauchen ein wenig versteckt, mit auf. Parken und Park. Ironischerweise ist gerade das Parken z.B. im Elbepark (Dresden) ein Stundenjob, man verliert viel Kraftstoff, Zeit sowieso, die Nerven immer.

Ja, es gibt mir viel, in die einzelnen Verse hineinzugehen.

grusz, hansz
 

HerbertH

Mitglied
Für mich ist das gute Lyrik. Der substantivische Stil spiegelt in seinen Schlaglichtern die erstarrte Stadt - statt Film eher Standfotos: Stil und Inhalt passen zusammen.
 



 
Oben Unten