Sternensinger (daktylisches Sonett)

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James Blond

Mitglied
Wir tragen den Stern zu den Feldern des Lichts
und schöpfen Gesang aus den Quellen der Nacht,
uns führte kein Groll aus dem Tal des Verzichts,
noch fliehn wir die Saat, die der Tag uns vermacht.

Denn alles, was Sinn gibt, verschwindet im Nichts,
und während das Leben uns leise verlacht,
beweinen wir Falten des Kummergesichts,
das jeden von uns in sein Schicksal gebracht.

Wer wollte da hoffen, in Liedern läg Macht,
die Stimmen ein gutes Gelingen verspricht,
wenn alles Getöne doch selbst im Verdacht,

den Weg zu beschreiten zum Letzten Gericht,
und jedermanns Schritt, von den Ängsten bewacht,
das Siegel der Unschuld im Gehen zerbricht.
 
Das warn jetzt zwei Kilo Kaviar, als hättest du deinen letzten Vierheber bereut.

Beim letzten Terzett hätt ich fast geweint, is mir richtig nahe gegangen. Ich wollte, ich könnte so was auch. Ganz großes Theater. Beislgrüße
 

Walther

Mitglied
Hi,
irgendwie beeindruckend - wenn da nicht die elisionen in den beiden terzetten wären, die eindeutig der schwächere teil des werks sind. vielleicht liegt das am versuch, die reimen auf zwei zu beschränken. das macht die sache noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist.
aber der autor ist ein wagnis eingegangen. das allein verdient m.e. beifall.
lg W.
 
G

Gelöschtes Mitglied 23450

Gast
Daktylische Fingerübungen werden in jeder guten Volkshochschule angeboten, weshalb ich von Wagnis nicht reden mag. Die Frage ist, was wir heute mit diesem tippelnden Singsang aussagen wollen. Hier im Text sind mir andere Dinge wichtiger - weil man schnell vom Tippeln ins Schleudern gerät:

Feldern des Lichts - Quellen der Nacht - Tal des Verzichts (besonders schlimm!) - Falten des Kummergesichts ... Schließlich schreitet man zum Letzten Gericht, wobei auch noch das Siegel der Unschuld zertrampelt wird. Pardon: Was zuviel ist, ist zuviel!

Elisionen? Wohl nicht ganz korrekt: läg(e) Macht oder Schritt(e), von sind anscheinend gemeint. Jedoch folgen nach dem ausgestoßenen Vokal keine mit Vokalen beginnenden Wörter.

Angenehmen Abend!
Rudi
 

Walther

Mitglied
...
Elisionen? Wohl nicht ganz korrekt: läg(e) Macht oder Schritt(e), von sind anscheinend gemeint. Jedoch folgen nach dem ausgestoßenen Vokal keine mit Vokalen beginnenden Wörter.
...
Hi @Esche,
schau dir mal grammatik der terzette an. da wurde am verbum gespart, und auch das ist eine elision.
abendgruß W.
 

James Blond

Mitglied
Danke für eure nähere Beschäftigung mit meinem Sonett.

Zu den Elisionen in den Terzetten:

Wer wollte da hoffen, in Liedern läg[e] Macht, die Stimmen ein gutes Gelingen verspricht,
wenn alles Getöne doch selbst im Verdacht [ist], den Weg zu beschreiten zum Letzten Gericht,
und jedermanns Schritt, von den Ängsten bewacht, das Siegel der Unschuld im Gehen zerbricht.


Es sind genau eine Elision und eine Ellipse, hier blau und rot markiert, an denen ich nichts schlechtes finden kann. Auf mich wirken sie nicht verstümmelnd, ein Standard in fast allen Liedern und Gedichten. Jedermanns Schritt (... zerbricht) ist hier Singular, also keine Elision.

Zu den Reimen:

Es wurden genau 3 Reime verwendet:

a: Lichts / Nichts / Verzichts / -gesichts
b: Nacht / vermacht / verlacht / gebracht / Macht / Verdacht / bewacht
c: verspricht / Gericht / zerbricht


Das Reimschema lautet demnach: abab abab bcb cbc . Das ist sparsam, aber nicht ungewöhnlich. Der b-Reim schafft hier eine Verbindung zwischen den Quartetten und Terzetten, bringt zugleich ein ostinates Element ein, die a- und c-Reime sind sich sehr ähnlich, was diese Wirkung noch verstärkt, aber auch ein Umkippen in eine reine Reimspielerei verhindern soll. Die ausschließlich männlichen Kadenzen verstärken das Ostinato und stützen so den statischen Charakter des Sonetts.

Wenn nun die Frage gestellt wird,
was wir heute mit diesem tippelnden Singsang aussagen wollen
, so lautet meine Antwort: Schaut auf den Titel! Dort ist von Sternensingern die Rede. Es geht hier demnach um ein Lied.

Was den Inhalt anbelangt, insbesondere die als 'zuviel' monierten Metaphern, so können diese durchaus auf Ablehnung stoßen. Tatsache ist allerdings, dass sie hier nur ausgesucht und zu einem Gedicht gefügt wurden. Es sind keine von mir erfundenen Metaphern, sondern sämtlich, wie schon im Titel angedeutet, einem lyrisch-religiösen Kontext entnommen. Allerdings werden sie hier zu einer von Skepsis dominierten Aussage herangezogen.

Danke nochmals für das Feedback! Gern geantwortet.

Grüße
JB
 

Arianne

Mitglied
Genau das, was hier 'beanstandet' wird:

Feldern des Lichts - Quellen der Nacht - Tal des Verzichts (besonders schlimm!) - Falten des Kummergesichts ... Schließlich schreitet man zum Letzten Gericht, wobei auch noch das Siegel der Unschuld zertrampelt wird. Pardon: Was zuviel ist, ist zuviel!

findet meine volle Zustimmung. Wer Religiosität etwas kennt, weiß, es sind keine Erfindungen des Autors, die er hier geschickt untergebracht hat.

Gruß
Arianne
 

James Blond

Mitglied
Danke, Arianne, für deinen ergänzenden Kommentar.

In der Tat bewegen sich diese Sternensinger in einem religiös-philosophischen Kontext, was ja eigentlich keine Überraschung sein sollte.

Allerdings vermute ich, dass genau dieses bei manchen übel aufstößt.

Liebe Grüße
JB
 
G

Gelöschtes Mitglied 23673

Gast
Es stößt allen auf - das Teil solltest du einfach knicken.

Und ich sage das als Fan von dir
 
Lass dich nicht beirren James, nur weil ein ein paar Begrifflichkeiten dem bekannten Zauberkasten entstammen.

Es gibt Tage, da streicht man Butter und Marmelade dicker aufs Brot.
Und das ist so einer.
Beislgrüße
 

James Blond

Mitglied
Es gibt Tage, da streicht man Butter und Marmelade dicker aufs Brot.
Tja, und wer wollte sich schon die Butter vom Brot nehmen lassen? :)

Bevor ich mich ausführlicher äußere; sind nicht die beiden Quartette schon These und Antithese?
So sollte es – zumindest nach der traditionellen Auffassung – sein.
Hierzu nur soviel:
Hier wird in den Quartetten ein Spielraum zwischen Sein und Bewusstsein aufgespannt. Aus dem Blick auf die Vergänglichkeit entsteht der Drang zu einer schöpferischen Gestaltung des Lebens. Allerdings führt diese dialektische Spannung von Sein und Nicht(mehr)sein in den Terzetten zu keiner überzeugenden Synthese. Vielmehr korrumpiert sie alle gestalterischen Prozesse zugunsten diesseitiger Selbstversorgung, kurz: Yolo siegt über Nachhaltigkeit.

Grüße
JB
 
G

Gelöschtes Mitglied 23673

Gast
Ich sag es auch hier nochmal:
man sollte die Form und das Vermaß nicht in den Titel schreiben.

Denn das klingt, ich wiederhole es, wie mit dem Zaunpfahl gewunken:
jo, ich reime jetzt mal was ganz Ausgefallenes.

Die ganze Gedankenwelt in diesem Gedicht ist mir fremd, vielleicht ist mir da ja was entgangen, ich habe auf Ironie gehofft, aber vielleicht verstehe ich nur den Plot nicht.

Für mich ist das ein Konstrukt, das aus einer Formidee entstanden ist, etwas Herzschmerz würde deinem Gedicht gut tun.


Ich behalte diese Zeile in meiner Erinnerung, die ist obergenial:


Denn alles, was Sinn gibt, verschwindet im Nichts,
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
man sollte die Form und das Vermaß nicht in den Titel schreiben.
Ich finde genau das Gegenteil. Ich habe manchmal immer noch Schwierigkeiten, ein Versmaß zu erkennen und finde es sehr gut, wenn im Titel darauf hingewiesen wird, was es ist. Das erspart mir, deswegen nachzufragen.


iben.

Denn das klingt, ich wiederhole es, wie mit dem Zaunpfahl gewunken:
jo, ich reime jetzt mal was ganz Ausgefallenes.
Das ist ganz sicher nicht der Grund.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebes Prakaduum!

Wer in den "Festen Formen" einen Beitrag beiträgt, muss auf jeden Fall neben dem Titel die feste Form angeben, in der das Gedicht steht. Das versteht sich von selbst.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 23673

Gast
Liebes Prakaduum!

Wer in den "Festen Formen" einen Beitrag beiträgt, muss auf jeden Fall neben dem Titel die feste Form angeben, in der das Gedicht steht. Das versteht sich von selbst.

grusz, hansz
Hallo Mondschein,

Wenn das so wäre, würde ich nach dem Sinn fragen.


Aber es ist nicht so, da brauch ich nicht lange suchen:



Da steht nix von der Form neben dem Titel.

Wo steht denn diese Regel?,
und wie soll ich sie als neuer User kennen?
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es ist von den Moderatoren gewünscht, steht glaube ich auch in dem Forentext. Es dient einfach dazu, dem Leser, der nach Sonetten, Haiku usw. sucht die Suche zu erleichtern.
 
G

Gelöschtes Mitglied 23673

Gast
Wenn das von den Moderatoren so gewünscht ist, wird es jedenfalls nicht konsequent angewandt, siehe oben.

Um Sonette zu suchen, würde ich in Gereimtes gehen, wenn ich spontan sein will.


Aber ich frage mich sowieso immer, warum diese Literaturforen es den Anwendern so schwer machen müssen:
diese Zerstückelungen in Schubkästchen nerven freie Geister.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

James Blond

Mitglied
Es ist von den Moderatoren gewünscht, steht glaube ich auch in dem Forentext. Es dient einfach dazu, dem Leser, der nach Sonetten, Haiku usw. sucht die Suche zu erleichtern.
Genau so ist es. Oder besser: So sollte es in den 'festen Formen' grundsätzlich gehandhabt werden. Die Bezeichnung der Form sollte hier erkennbar (in ( ) oder mit – ) vom Titel abgesetzt werden. Leider beteiligen sich nicht alle an dieser Konvention. Vielleicht könnte die Moderation hier etwas nachhelfen.

Grüße
JB
 



 
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