Story-Rezept

Man nehme:

  • einen beliebigen Anfang, aber mit einem berühmten Schauplatz (am besten international, z. B. das Rijksmuseum in Amsterdam oder den Louvre in Paris)
  • einen beliebigen Protagonisten (im Zweifelsfall sich selbst)
  • eine aktuelle Situation oder einen aktuellen Konflikt, die/der beiläufig im Text erwähnt wird
  • einen oder einige berühmte Namen (Künstler, Schauspieler), über die man im Text philosophiert
  • ein paar Sätze auf Italienisch, Spanisch, eventuell Französisch oder Ähnliches (aber nicht Englisch, kann ja jeder)
  • und schon beeindruckt man die Leser.
(Zumindest hier.)

Das war es auch schon.
Einfach ausprobieren.
 

fee_reloaded

Mitglied
  • und schon beeindruckt man die Leser.
(Zumindest hier.)
Hm. Wie ist das jetzt gemeint, liebe Delfine?

Woanders sind sie nicht beeindruckt?

Die Frage ist doch letztlich: welche Sorte Leser möchte man selbst ansprechen und beeindrucken. Die mehr oder die weniger anspruchsvollen?
Und wie hoch legt man die Latte für sich selbst? Da ist alles legitim und erlaubt. Und alles relativ.

Die selbst gelegte Limbostange sollte man weder auf der Kleinwüchsigenparty noch auf der Lulatsch-Party reißen. Schon gar nicht, wenn man sich davor recht in Szene gesetzt hat.

Ohne den Zusatz in Klammern hätte ich deinen Rezeptbeitrag als Satire aufgefasst und als Kritik an der Überzahl an schlecht bis mittelmäßig geschriebenen Romane, die schon seit Jahren leider den Markt überschwemmen. Das Schmökern auf der Suche nach neuen Autoren in der Buchhandlung hat sich - genau dieser Haltung wegen - in einen wahren Spießrutenlauf verwandelt. Ich dachte, das wolltest du damit anprangern.


LG,
fee
 
Da ist alles legitim und erlaubt
Wo steht, dass es nicht erlaubt ist?

. Die selbst gelegte Limbostange sollte man weder auf der Kleinwüchsigenparty noch auf der Lulatsch-Party reißen. Schon gar nicht, wenn man sich davor recht in Szene gesetzt hat.
Man sollte, man müsste...

Also ich fühle mich in der Buchhandlung nicht wie bei einem Spießrutenlauf, halte mich gerne dort auf und wollte ganz gewiss das nicht anprangern. Auch wenn mich neue Bücher bzw. neue Autoren wenig interessieren, da sie in der Tat höchstens mittelmäßig sind.

Und auch hier bekommen mittelmäßige Werke sehr viel Beifall. Ich habe mal versucht, herauszufinden, woran das liegt. Die meisten sind nach obigem Rezept gestrickt.
 
Zuletzt bearbeitet:

fee_reloaded

Mitglied
... auch hier bekommen mittelmäßige Werke sehr viel Beifall. Ich habe mal versucht, herauszufinden, woran das liegt. Die meisten sind nach obigem Rezept gestrickt.
Das mag schon sein. Von mir nicht und es ist mir auch noch nicht so aufgefallen (abgesehen davon: wer legt hier allgemeingültig fest, was Mittelmaß ist und was darüber oder darunter? Das tut doch jeder im weitesten Sinne für sich selbst und nach eigenen Kriterien und Wertemaßstäben).

Ein Forum bildet letztlich die Gesellschaft im Kleinen ab. Warum sollten also hier nur hochelaborierte Werke goutiert werden, die nach ganz außergewöhnlichem Muster gestrickt sind oder besonders außergewöhnliche Inhalte behandeln?
Und wie ich es sehe, wird doch etwas völlig unabhängig vom gewählten Plot oder Genre herausragen, wenn es einfach besonders gut gemacht ist. Der tollste, neue Inhalt oder die verwegenste Plot-Twist-Rezeptur können hingegen nicht begeistern oder sogar misslingen, wenn sie handwerklich mies oder mittelmäßig umgesetzt werden. Da stimmst du mir sicher zu.

Ich glaube außerdem, dass viel Lob in Foren im Bewusstsein ausgesprochen wird, dass die meisten - wie auch man selbst - hier Hobbyautoren sind und dass Zuspruch und eine freundliche Rückmeldung immer wieder mal gut tun. Das bitte nicht mit Lobhudelei zu verwechseln! Da geht es um das Teilen von Freude an einer gemeinsamen Sache. Um Teamgeist, wenn du so willst.
Wer wird nicht gerne von Gleichgesinnten angespornt? Das meint in meinen Augen auch konstruktive Kritik, aber eben manchmal einfach nur ein paar bekräftigende Worte des Lobs oder der Zustimmung, dass die Richtung schon mal passt. Oder es heißt einfach, dass dem/derjenigen dieser Text gefallen hat. Aus welchen Gründen auch immer. Geschmäcker sind verschieden, Bildungshintergründe ebenso. Und letztlich findet ja dann doch fast jedes Töpfchen ein Deckelchen - sprich jeder Autor seine Leserschaft. Das ist doch gut so, oder nicht?

Ich verstehe sowieso nicht, warum in Foren oft Lob und Kritik so derart bierernst genommen werden und so eine Art Wettbewerbsdenken herrscht. Die meisten hier sind Autodidakten, wie ich es sehe, und auch unter professionellen Schreibern gibt es - wie in jeder Berufsgruppe - solche und solche.

Sorry, das war jetzt etwas lang, aber so ganz bin ich mir immer noch nicht sicher, was du mit deinem Rezept-Beitrag letztlich aussagen möchtest. Also hab ich breit gefächert versucht zu antworten, was mir so dazu wichtig ist und durch den Kopf geht. :cool:

LG,
fee
 
Warum sollten also hier nur hochelaborierte Werke goutiert werden, die nach ganz außergewöhnlichem Muster gestrickt sind oder besonders außergewöhnliche Inhalte behandeln?
Das meinte ich ja: Hier werden die eher nicht hochelaborierten Texte, die sicher nicht außergewöhnlich sind, so goutiert, dass man sich wundert, weil man sie selbst eher mittelmäßig findet. Wobei sich natürlich darüber streiten lässt, was mittelmäßig ist, da hast du recht.
Aber es ist komisch, wie die Gruppendynamik greift: Hat ein Autor zwei, drei gute Werke geschrieben bzw. wurde dafür gelobt und gefeiert, wird meist jedes weitere Werk von ihm gelobt und gefeiert, auch wenn es nicht besonders gut oder sogar schlecht ist. Umgekehrt bekommt ein Autor, der für zwei, drei Werke nacheinander schlechte Kritik erhalten hat, kaum noch einmal gute, auch wenn die nächsten Werke wesentlich besser sind.

(Ich beziehe mich hier ausschließlich auf Prosa oder Prosagedichte, ganz sicher nicht auf die gereimten Gedichte, denn da liegt die Messlatte hier sehr hoch.)

Und wie ich es sehe, wird doch etwas völlig unabhängig vom gewählten Plot oder Genre herausragen, wenn es einfach besonders gut gemacht ist. Der tollste, neue Inhalt oder die verwegenste Plot-Twist-Rezeptur können hingegen nicht begeistern oder sogar misslingen, wenn sie handwerklich mies oder mittelmäßig umgesetzt werden. Da stimmst du mir sicher zu.
Nun, da wären wir wieder am Anfang: Wer bestimmt, was handwerklich mies oder mittelmäßig umgesetzt worden ist? Bei Gedichten kann man sich an die Metrik halten, da gibt es nicht viel Spielraum für Interpretationen. Bei Prosa kann man alles so interpretieren, dass es ja zum LyrI passt, dass der Autor etwas Neues ausprobieren wollte etc. und wirklich alles so hindrehen, dass das neueste Werk von X doch mal wieder außergewöhnlich gut ist.

Ich verstehe sowieso nicht, warum in Foren oft Lob und Kritik so derart bierernst genommen werden und so eine Art Wettbewerbsdenken herrscht. Die meisten hier sind Autodidakten, wie ich es sehe, und auch unter professionellen Schreibern gibt es - wie in jeder Berufsgruppe - solche und solche.
Da sprichst du ein interessantes Thema an: Warum wird das so ernst genommen? Weil Autoren eitel sind, denke ich und mit Kritik schlecht umgehen können.

Ich verstehe z. B. nicht, warum manche Hobby-Autoren so versessen darauf sind, ihre Werke in Buchform zu veröffentlichen. Wirklich davon leben kann wohl keiner, Geld verdienen kann also nicht der Grund sein. Was dann? Man möchte seinen Namen auf einem Cover lesen und sein Buch in der Buchhandlung sehen. Warum? Was hat man davon? Selbstbestätigung, nehme ich an, sprich: Befriedigung der Eitelkeit.
 
Zuletzt bearbeitet:

fee_reloaded

Mitglied
Ich kann da bei der Rezension von Prosatexten nicht so ganz mitreden, weil ich mehr auf der Lyrikseite lese. Das liegt an meinen ganz persönlichen Vorlieben - so wie bei allen anderen auch, würde ich mal sagen.

Aber es ist komisch, wie die Gruppendynamik greift: Hat ein Autor zwei, drei gute Werke geschrieben bzw. wurde dafür gelobt und gefeiert, wird meist jedes weitere Werk von ihm gelobt und gefeiert, auch wenn es nicht besonders gut oder sogar schlecht ist. Umgekehrt bekommt ein Autor, der für zwei, drei Werke nacheinander schlechte Kritik erhalten hat, kaum noch einmal gute, auch wenn die nächsten Werke wesentlich besser sind.
Ja, das ist so, liebe Delfine.

Ich versuche eine Einkreisung und vermute mal, dass das so gut wie jeder so kennt und praktiziert:

man findet doch mit der Zeit für sich die Foren-Autoren, bei deren Texten man sich - wie soll ich jetzt sagen - "daheim" fühlt. Deren Texte und Stil einem Freude machen, mal ganz banal formuliert. Klar, dass man diese dann gezielt im Forum sucht und auch gerne und bereitwillig kommentiert. Dass dabei ab und zu vielleicht Texte anderer durch den Rost fallen, die man auch toll gefunden hätte (oder zumindest erfreulich), halte ich für sehr wahrscheinlich.
Genauso hat man aber auch schon etliche Autoren für sich aussortiert, wo man weiß, die passen von Inhalten, Ansichten, Stil etc. nicht zu mir und erzeugen deshalb eine Befangenheit, die eine objektive Kritik doch sehr erschwert.
Und wo es dann kein Vergnügen mehr ist, sondern ein wenig Arbeit und Selbstdisziplin erfordert, jemandem eine faire Rezension zu hinterlassen, kommt der Faktor "ich mache dies hier in meiner Freizeit und zu meinem Vergnügen" tragend ins Spiel, behaupte ich mal. Es gibt ja keine Bezahlung für Kommentare, die ich mir mühsam abringen müsste, bloß, um im Forum eine faire Verteilung an Rezensionen zu gewährleisten...also macht jeder das, was ihm Freude macht - und das ist das logische Ergebnis. Ich nehme mich da selbst nicht aus.

Allerdings versuche ich schon auch immer wieder, bewusst Texte anzulesen, die nicht von Autoren meiner persönlichen "Wohlfühl-Liste" stammen. Und manchmal mache ich dann einen erfreulichen Überraschungsfund. Manchmal bestätigt sich das Urteil, das ich mir gebildet habe. Manchmal bin ich vielleicht auch an diesem Tag in einer anderen Grundstimmung lesend unterwegs und die ermöglicht mir dann, Texte eines Autors, den ich bisher nicht - im wahrsten Sinne des Wortes - verstanden habe, plötzlich in dem Licht zu lesen, das sie mir erschließen hilft.

Das alles ist aber eine Frage der Zeit, die ich im Forum verbringe bzw. verbringen will, und wieviel ich davon wofür aufwenden möchte.
Klar, dass es bei nur kurzen Zeitfenstern logischer und ökonomischer ist, gezielt die Texte der Autoren zu suchen, bei denen ich schon weiß, sie machen diesen Forenaufenthalt zu einem angenehmen, erbaulichen Erlebnis. Dass da sehr wahrscheinlich auch mal ein Text unter dem sonstigen Niveau bleibt, wird mich nicht von meiner Vorliebe für diesen Autor abbringen - schließlich weiß jeder, dass man den Level nicht konstant hält, den man im Bestfall schreibt.

Dann kommt noch dazu: über die Texte und deren Rezension passiert ja im Austausch auch eine Form von persönlicher Annäherung. Logisch, wenn man da eine "Forenfreundschaft" pflegt - und das tut man über Kommentare in erster Linie. Das verzerrt sicherlich das Bild nach außen, was eine "gerechte" Verteilung von Kommentaren angeht oder warum welche Texte mehr Kommentare erhalten als andere.

Aber das sind Foren - das ist, was da in erster Linie passiert. Wer mehr von Foren erwartet, hat das m.E. in seiner Dynamik nicht erkannt. Da sind Enttäuschungen logischerweise programmiert.

Soviel von mir erst mal dazu. Zur Gruppendynamik und dem Rest deines Kommentars später mehr.

Liebe Grüße,
fee
 

fee_reloaded

Mitglied
Weil sich's grad noch gut ausgeht....

die von dir beobachtete Gruppendynamik ist sicherlich vorhanden, liebe Delfine.

Aber bildet sie nicht auch einfach nur ab, wie wir Menschen ticken?
Das, was mehr Echo erzeugt und wo sich "was tut" - egal übrigens ob positiv oder negativ - erweckt unser Interesse. Das kann der Unfall auf der Gegenspur auf der Autobahn sein oder eben auch ein Text in einem Forum, bei dem sich viel tut.

Und wenn man dann schon mal da ist - sprich: dort reinliest - , lässt man manchmal eben auch ein paar Worte oder eine Reaktion da. So verstärkt sich der Effekt.
Der Mensch ist ein Herdentier und orientiert sich am Hauptteil der Herde. So viel zum freien Willen.... :cool:

Jetzt muss ich aber los.

Dir einen angenehmen Tag einstweilen! fee
 

Hera Klit

Mitglied
Liebe SiberneDelfine,



ich denke mal jede(r) die(der) Leser beeindruckt, wann und wo auch immer, hat es verdient, gelesen zu werden.
Wir sollten es ihnen gönnen und diese Tatsache akzeptieren, auch wenn wir alles anders gemacht hätten.



Liebe Grüße
Hera
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die meisten hier sind Autodidakten, wie ich es sehe, und auch unter professionellen Schreibern gibt es - wie in jeder Berufsgruppe - solche und solche.
Vorallem im Übermaß schlechte - die meisten Schriftsteller im stark kreativen Bereich sind dasselbe über Kontakte, die sie in der Regel in dem Studium des literarischen Schreibens geknüpft haben. Deswegen sind auch 80% der veröffentlichten Gedichte Mü ... äh nicht gut.

Im Ernst; es gibt hier viele schlechte, viele mittelmäßige, aber auch gute und sehr gute Autoren - die letzteren wissen das in der Regel und auch du fee, würdest mit dem passendem Studium, Kontakt, diesem einem Zufall, bei dem der Lektor einer großen Zeitschrift dein Gedicht gut fand und etwas unangenehmer Anbiederei an den zugleich abgehackten aber narrativen Stil des 21Jahrhunderts eine professionelle Autorin sein können. Ihr macht euch da echt völlig falsche Gedanken, wie man im stark kreativen Bereich ein professioneller Autor wird. Die Gleichung "gut=Verlag" ist leider Quatsch.

Dennoch hast du recht, viele nehmen hier vieles zu persönlich. Sicher aus mannigfaltigen Gründen und es ist wie überall im Internet - man vergisst einfach schnell, das hinter dem Bildschirm ein echter Mensch sitzt. Unter Umständen versaut man eine ganze Woche und bekommt es nicht einmal mit. Ein bischen mehr Freude und weniger Verbissenheit an und in der Kritik, würde ich mir manchmal auch wünschen.
 

fee_reloaded

Mitglied
....
Wir sollten es ihnen gönnen und diese Tatsache akzeptieren, auch wenn wir alles anders gemacht hätten.

Yep, leben und leben lassen. Und sich auch auf das einlassen, was uns fremd ist. So sehe ich das auch.

Und Patrick sagt ganz richtig und wichtig:

Die Gleichung "gut=Verlag" ist leider Quatsch.
Das ist zwar gar nicht das eigentliche Thema dieser Diskussion, aber etwas, das oft sehr verbissen verfolgt wird und als "einzig wahres Markenzeichen für
Erfolg bzw. Qualität" gesehen wird. Tatsächlich ist es wohl wirklich meist eher so:

... mit dem passendem Studium, Kontakt, diesem einem Zufall, bei dem der Lektor einer großen Zeitschrift dein Gedicht gut fand und etwas unangenehmer Anbiederei an den zugleich abgehackten aber narrativen Stil des 21Jahrhunderts eine professionelle Autorin sein können.
Das Glück, im rechten Augenblick am rechten Fleck von der rechten Person erkannt und gefördert zu werden, ist doch letztlich bei fast allen Erfolgsgeschichten - egal ob im Business, künstlerischen Sparten oder anderen Karrieren - ein Faktor für den großen Erfolg. Das lässt sich leider nicht leugnen. Allein durch harte Arbeit und Hartnäckigkeit in dem, was man tut, schaffen es nur sehr sehr wenige an die ersehnte Spitze - und dort war dann eine andere glückliche Fügung mit im Spiel, wenn man genau hinsieht.

Unangenehme Anbiederei hab ich schon während meines Kunststudiums nicht über mich gebracht, als mich der Professor der Meisterklasse Malerei beinahe hat durchfallen lassen (was bedeutet hätte, ich hätte die letzten zwei Semester bis zum Studienabschluss noch die Uni wechseln müssen, hätte nicht ein anderer Professor sich für mich eingesetzt) - ihm gefiel nicht, was ich malte. Mir gefiel nicht, dass er Bilder gemalt nach seinem eigenen Stil und Rezept von seinen Studenten sehen wollte (also genaugenommen Kopien seiner eigenen Werke). Wir verbrachten die letzten zwei, drei Semester in eisigem Schweigen, aber letztlich hat es dann gereicht und ich wusste, ich war nicht die Malerin sondern eher die Graphikerin. Von daher hat es mich auch nicht persönlich getroffen. Dennoch habe ich mir als einen der obersten Leitsätze für meine Lehrtätigkeit mitgenommen, dass ich nie - wirklich niemals - so peinlich werden möchte, dass ich meinen eigenen Stil und meine ganz eigenen Anschauungen als die einzig richtigen von meinen Schülern vertreten, kopiert und gefeiert sehen möchte. Ferner von Kunst kann man sich eigentlich nicht bewegen, wenn man so denkt und agiert.

Aber genug abgeschwiffen....

....man vergisst einfach schnell, das hinter dem Bildschirm ein echter Mensch sitzt. Unter Umständen versaut man diesem eine ganze Woche und bekommt es nicht einmal mit. Ein bischen mehr Freude und weniger Verbissenheit an und in der Kritik, würde ich mir manchmal auch wünschen.
Dem kann ich nur vollinhaltlich zustimmen. Und die öfters bemühte Aussage, man würde ja nicht den Autor treffen mit harscher Kritik, sondern den Text, ist einfach Unsinn. Klar, sollte man - sachlich und respektvoll formulierte - Kritik schon aushalten und - wo es passt - auch annehmen können. Aber das, was ich zwischen den Bindestrichen formuliert habe, findet man eher selten. Leider.

Wir wollen aber auch diesen Aspekt zum Thema Textkritik hier nicht unter den Tisch fallen lassen:

...
Da sprichst du ein interessantes Thema an: Warum wird das so ernst genommen? Weil Autoren eitel sind, denke ich und mit Kritik schlecht umgehen können.

Ich verstehe z. B. nicht, warum manche Hobby-Autoren so versessen darauf sind, ihre Werke in Buchform zu veröffentlichen. Wirklich davon leben kann wohl keiner, Geld verdienen kann also nicht der Grund sein. Was dann? Man möchte seinen Namen auf einem Cover lesen und sein Buch in der Buchhandlung sehen. Warum? Was hat man davon? Selbstbestätigung, nehme ich an, sprich: Befriedigung der Eitelkeit.
Hobby oder nicht - sich Selbstbestätigung holen und/oder einfach nur positives Echo will man doch eigentlich für alles, was man nicht ganz allein im stillen Kämmerlein tut, oder etwa nicht?
Ab wann es Eitelkeit wird - und ob die nur ausschließlich negativ zu sehen ist - , lässt sich auch nicht allgemeingültig festnageln.
Und ganz ohne diese Eitelkeit und vielleicht auch ein Quäntchen "Exhibitionismus", behaupte ich mal, gäbe es keine Kunst. In einem geschriebenen, gemalten oder anderweitig erzeugten Werk bringt der Urheber doch immer etwas zum Ausdruck.
Geht man der Bedeutung dieses Begriffs nach, steckt da das "von innen nach außen tragen" darin - ein Sich-Mitteilen oder Ausformulieren von etwas, das in einem steckt und ein Echo sucht.

Viktor Frankl sagte "Das ICH wird immer erst am DU". Heißt: wir brauchen Resonanz, um uns selbst in dem Echo unserer Außenwirkung fühlen und verorten zu können. Der - wirklich dumme - Spruch, dass in einer Kritik eines Texts/Kunstwerks doch niemals der Autor selbst angegriffen werden kann, wird von Personen gerne bemüht, die das gerne so hätten, um sich eben nicht um Befindlichkeiten anderer kümmern zu müssen (und dann ihre Kritiken so formulieren müssen, dass eine Begegnung auf gleicher Augenhöhe und mit Respekt passiert) . Das "Begreifen" eines Werks (und eine Rezension tut genau das; sie tastet ab, versucht für sich einzuordnen, zuzuordnen, was der eigene Erlebnishorizont mit dem Werk für einen Dialog entwickelt) kann man wortwörtlich nehmen. Und da steckt drin, dass der Urheber sich im Werk im wahrsten Sinne des Wortes angreifbar macht - im Sinne von berührbar, erfühlbar, aber eben auch verwundbar.

Daher wäre respektvolle Kritik etwas, das das Miteinander in Foren erheblich entschärfen würde. Oder auch das Hickhack in der Kunstwelt (dort sind ja bestenfalls gebildetere, aber nicht unbedingt klügere Rezensenten unterwegs) - das ist dort ja nicht anders. Und auch dort ist es so, dass, wenn einmal jemand in den Fokus einer größeren Mehrheit gerät, dieser auch weiterhin die meiste Aufmerksamkeit bekommt. Und daneben verblassen Künstler (oder Autoren), die auf ihre Art vielleicht etwas noch viel Bewegenderes oder Originelleres zu sagen/zeigen hätten. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt des Themas wären.

Und das war jetzt auch lang genug. ;)
 
Ich bin sehr angenehm überrascht. Als ich das Thema hier eröffnete, habe ich mit wenig bis gar keiner Reaktion gerechnet. Jetzt hat sich eine wahnsinnig interessante Diskussion entwickelt, aus der ich einiges mitnehmen werde.

Vor allem das:

Hobby oder nicht - sich Selbstbestätigung holen und/oder einfach nur positives Echo will man doch eigentlich für alles, was man nicht ganz allein im stillen Kämmerlein tut, oder etwa nicht?
Ab wann es Eitelkeit wird - und ob die nur ausschließlich negativ zu sehen ist - , lässt sich auch nicht allgemeingültig festnageln.
Und ganz ohne diese Eitelkeit und vielleicht auch ein Quäntchen "Exhibitionismus", behaupte ich mal, gäbe es keine Kunst. In einem geschriebenen, gemalten oder anderweitig erzeugten Werk bringt der Urheber doch immer etwas zum Ausdruck.
Geht man der Bedeutung dieses Begriffs nach, steckt da das "von innen nach außen tragen" darin - ein Sich-Mitteilen oder Ausformulieren von etwas, das in einem steckt und ein Echo sucht.

Vielen Dank euch allen! :)
 

Hera Klit

Mitglied
Ich möchte meine Sachen gerne gedruckt sehen, einmal aus blanker Eitelkeit und weil ich hoffe, das liest mal jemand,
wenn ich längst tot bin und diese(r) Unbekannte hat mich unbekannterweise lieb.

Liebe Grüße
Hera
 
Ich möchte meine Sachen gerne gedruckt sehen, einmal aus blanker Eitelkeit und weil ich hoffe, das liest mal jemand,
wenn ich längst tot bin und diese(r) Unbekannte hat mich unbekannterweise lieb.

Liebe Grüße
Hera
Das ist wirklich ein interessanter Grund, an den ich gar nicht gedacht habe - man will der Nachwelt etwas hinterlassen.
Vielen Dank!

LG SilberneDelfine
 
Hallo SilberneDelfine,

Deine Intention für Dein Werk war vielleicht eine andere, aber die daraus erwachsene Diskussion ist echt spannend geworden.
Grundsätzlich gibt es ja erstmal, wenn man es absolut wertfrei betrachtet, kein Gut oder Schlecht. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Darum bewerten wir halt doch subjektiv. Ich weiß nicht, ob meine Werke hier als brauchbar, mittelprächtig, miserabel oder wunderbar gesehen werden. Wie gesagt, das liegt immer im Auge des Betrachters.
Ein Buch zu veröffentlichen hat für mich gar nicht so viel mit Eitelkeit zu tun - oder vielleicht sehe ich es nicht als solche ... Meine Intention dahinter ist tatsächlich mit der von Hera konform. Ich möchte der Nachwelt etwas hinterlassen, möchte zumindest eine kleine Spur dalassen. Und außerdem ist es - das ist dann vielleicht doch ein klein wenig Eitelkeit - ein schönes Gefühl, das eigene Buch in Händen zu halten.
Nun habe ich für mein Erstlingswerk keine große Werbung gemacht, die mit Kosten verbunden wäre. Dementsprechend habe ich erst acht Exemplare verkauft. Dennoch werde ich demnächst mein zweites Buch veröffentlichen. Und für beide wird es Fortsetzungen geben. :)

Und dann noch ein Wort zum Thema Kritikfähigkeit. Wer diese Eigenschaft nicht besitzt, sollte nichts veröffentlichen. Allerdings schießen manche Kritiker auch schon mal über das Ziel hinaus. Da wäre ein wenig mehr Feingefühl angebracht. Dass die daraus entstehenden Wortgefechte aus Öl und Feuer dann von der Moderation unterbunden und gelöscht werden, finde ich absolut in Ordnung. Sowas gehört nicht in ein Forum, wo jeder seiner Freude an den Werken anderer frönen kann, sich im gegenseitigen Austausch Tipps geben mag. Nur so kann sich jeder doch weiterentwickeln. Das ist für mich der Sinn dieses Forums.

Deine Zutatenliste - um wieder zum Anfang zu kommen - ist ja nur eine von vielen Möglichkeiten.

Liebe Grüße,
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
Kritik erhalten hat, kaum noch einmal gute, auch wenn die nächsten Werke wesentlich besser sind.
Sympathie spielt eine große Rolle. Jemand, der sehr gut schreibt, aber sozial nicht gut angesehen ist, wird mit der Suppe verrührt. Bei berühmten Autoren ist das egal. Schau dir Mozart an. Er war angeblich ein Ekelpaket.

Ein Werk qualitativ zu bewerten ist nicht einfach. Dazu braucht man viel Wissen und eine breitgefächerte emotionale Reife und am besten besitzt man Referenzen. Ich denke, dass Werke in der Hobbyliteratur alle sehr gleich sind und auf dieser Grundlage kritisiert werden müssen, ohne dabei das Besser oder Schlechter zu bedienen.

Ich glaube immer noch daran, dass der Weise/Kluge immer etwas Schönes auch im Schlechten findet.
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
Interessant! Wie meinst du das und warum denkst du das, @petrucci ?

Liebe Fee,

nur „kurz“, da sonst zu umfangreich:

Die Historie offenbart wiederholt, dass handwerkliche Fertigkeiten in der Literatur oft eine nachrangige oder gar keine Rolle spielten. Viele Autoren der Lyrik, die zu Lebzeiten oder posthum Ruhm erlangten, kämpften mit orthografischen Herausforderungen.

Zugleich ist es eine komplexe Angelegenheit, literarische Werke in Kategorien wie „schlechter“ oder „besser“ einzuordnen. Literatur ist subjektiv und ein Kunsthandwerk. Stellst du mir vier Gedichte vor, könnte ich nicht eindeutig urteilen, welches qualitativ überlegen oder unterlegen ist.
Die Lyrik wandelt ja auch völlig bewusst etwas außerhalb standartisierter Regeln.

Wohl aber könnte ich aufzeigen, welche Stärken und Schwächen jedes einzelne Gedicht, für mich, aufweist, und wie sie sich voneinander unterscheiden. Aber auch hier: Vielleicht ist es ein Bild, das ich mag, oder nur ein anderes Wort. Ein anderer User besitzt andere Präferenzen. Natürlich gibt es den Begriff der Literarizität, Attribute, eine Annäherung, um die Qualität von Literatur verständlicher und greifbarer zu machen. Ich tue mich trotzdem schwer, den Begriff in den Mund zu nehmen.

Der Hobbydichter unterscheidet sich vom professionellen Betrieb hauptsächlich in der Monetarisierung seiner Worte. Der Weg zum Profi-Status und die Frage, ob dessen Werke wirklich substantiell von jenen des Amateurs abweichen, bleiben indes diskussionswürdig.
Hier sehe ich auch ein größeres Talent im Marketing.
Andererseits: Was ist denn der professionelle Verleger, wenn er Bücher von modernen Persönlichkeiten verlegt, die literarisch eine Quietscheente von einem Kaktus nicht unterscheiden können? (Damit meine ich primär nicht Lyriker, schiele eher in Richtung Montanablack und Co).
Klar, können wir das Handwerk als Indiz heranziehen. Auch gern die sprachlichen Mittel.
Aber ich sage immer: In jeder Stadt wohnt potenziell ein David Lerner, der in einem Escape-Moment, die Marschflugkörper startet und von Elektroblondinen schreibt. :))

Lg

P
 

fee_reloaded

Mitglied
Stellst du mir vier Gedichte vor, könnte ich nicht eindeutig urteilen, welches qualitativ überlegen oder unterlegen ist.
Ach, das meinst du. Ich konnte mit dem "gleich" für sich allein nicht viel anfangen, denn ich empfinde - einige gewisse Sparten mal ausgenommen - die Texte der Hobbyautoren hier doch als sehr individuell, wo es sich nicht gerade um Fingerübungstexte handelt.

Klar ist "besser" oder "schlechter" immer auch subjektiv. Anders geht's ja gar nicht. Doch vor allem ist es eine Frage, wo ein Ganzes (also ein fertiges Gedicht) mehr als die Summe seiner einzelnen Teile darstellt (also etwas Eigenständiges, dem das Wesen seines Urhebers innewohnt und nicht bloß ein "technisch alles richtig gemacht und Gesamtwirkung somit angenehm") -jetzt mal aus der kunsttheoretischen Ecke her betrachtet.

Das wäre die eine Qualität, die wohl auch du meinst, wenn du erwähnst, dass manche zu Ruhm gelangte Autoren durchaus mit handwerklichen Problemen kämpften und dies ihre Schaffensgewalt dennoch nicht behinderte. Womit sie eben sicher nicht kämpften, war ihr Antrieb, etwas von sich herzugeben und mit der Welt zu teilen. Und das auf einer Ebene, die berühren will und zugleich auch den Autor berührbar macht (und daher auch angreifbar, weil eben Subjektives transportiert wird). Kunstwerke sind immer eine Einladung zum Dialog - und die Sprache, die verwendet wird, tut ihr Übriges, wenn es darum geht, welches Gegenüber erreicht wird bzw. werden möchte. Da wird ein "gut" schnell mal zu einem "schlecht" - abhängig vom Rezipienten und dessen Erlebnishorizont und Erwartungen.

Da bin ich also voll bei dir. Ich fand nur den oben von mir zitierten Satz etwas "ungreifbar", wie er da so steht.
Dazu braucht man viel Wissen und eine breitgefächerte emotionale Reife und am besten besitzt man Referenzen. Ich denke, dass Werke in der Hobbyliteratur alle sehr gleich sind und auf dieser Grundlage kritisiert werden müssen,
Als Kunsterzieherin habe ich viele Jahre auch Kunstbetrachtung gelehrt und kann nur bestätigen: da gibt es in der Problematik um eine Beurteilung keinen Unterschied zwischen geschriebener oder gemalter Kunst. Spätestens mit dem Beginn (und schon den Vorläufern) der Moderne kann man keinen einheitlichen Kriterienkatalog mehr an Werke anlegen und das kann auch gar nicht das Ziel sein.
Und ich stimme dir zu: Vergleichsmöglichkeiten und Bezugsmöglichkeiten für eine Verortung zu haben, ist wichtig, um eine Rezension erst über ein "gefällt mir/gefällt mir nicht" hinauszuheben.

Allerdings hätte ich eben nicht alle "Hobbymaler" - bzw. Maler, deren Werke es - aus welchen Gründen auch immer - nicht in Galerie oder Museum geschafft haben - über einen Kamm geschoren und tue das auch bei den "Hobbyschreibern" nicht. Ich nehme wahr, dass Werke quer durch alle Sorten an Schreibern gleichermaßen unbeseelt wie beseelt sein können. Und die Kritikpunkte, die man da anbringen kann, sind überall gleichermaßen mannigfaltig. Du siehst: ich kann mit dem "alle sehr gleich" noch immer nicht viel anfangen. Aber ansonsten denke ich, habe ich deinen Standpunkt weitestgehend verstanden. Danke für die Erläuterungen.

LG,
fee
 



 
Oben Unten