xavia
Mitglied
11. Keller
Emma untersucht den Keller
Die Landung im Kellerraum war kein Problem gewesen. Emma war das Klettern und Springen gewohnt und der Raum war gut aufgeräumt; es lag nichts am Boden, woran sie sich hätte wehtun können.
[ 5] Aber bald nach der Landung wurde ihr klar, dass sie vom Regen in die Traufe gekommen war: Die Kellertür war tatsächlich abgeschlossen und es gab keinen Schlüssel. Sicherlich hing der in irgendeiner Wohnung, unerreichbar für sie.
[ 5] Es war ein Fehler gewesen, in den von Mauern eingefassten Garten zu springen, das wusste sie inzwischen. Und es war ein weiterer Fehler gewesen, in einen Kellerraum zu springen, aus dem man nicht wieder herausklettern konnte. Ein schlimmerer Fehler, denn jetzt konnte sie nicht mehr gut um Hilfe rufen, es hörten sie höchstens noch die Leute aus dem Geisterhaus. Wenn da überhaupt Leute drin wohnten. So ein Mist.
Sie merkte, dass sie Angst bekam, kämpfte dagegen an. Sie musste jetzt ganz ruhig bleiben und vernünftig nachdenken. Keinen weiteren dummen Fehler machen. Nur noch immer das Richtige tun.
[ 5] Als erstes würde sie den Raum genau durchsuchen, ob es irgendwelche Gegenstände gab, die ihr helfen konnten. Dabei musste sie sich etwas einfallen lassen, um hier nicht zu verhungern und zu verdursten. Sie wusste, dass man eher verdurstete als verhungerte, aber der Hunger plagte sie im Moment am schlimmsten; immerhin hatte sie nach der Schule kein Mittagessen bekommen. Aber hier sah es überhaupt nicht nach Essen aus.
[ 5] Es gab Werkzeuge, sorgfältig an die Wand gehängt oder im Regal verstaut. Eine Werkbank lehnte zusammengeklappt an der Wand. Ein sehr stabiler Tisch stand da, mit einem Schraubstock dran. Sie kannte solche Dinge aus der Garage von Dennis' Vater. Der ließ sein Auto an der Straße stehen, damit seine Bastel-Geräte Platz hatten. Er zeigte seinem Sohn ganz viel, der kannte sich gut aus.
[ 5] Emma war nicht so eine Expertin, aber ein paar Dinge wusste sie auch. Zum Beispiel hatte sie schon mal mit einer Bohrmaschine Löcher in die Wand ihres Zimmers bohren dürfen, als sie ihr Regal aufgehängt haben. »Selbst ist die Frau!« hatte ihre Mutter gesagt.
[ 5] Ach, ihre Mutter! Die würde sich jetzt bestimmt schreckliche Sorgen machen! Wie sollte die nur gesund werden, wenn sie sich solche Sorgen machen musste? Emma sollte längst bei ihr sein.
[ 5] Nicht mal ihre Hausaufgaben hatte sie machen können. Und vielleicht brauchte sie die auch gar nicht, weil sie morgen, wenn die anderen zur Schule gingen, immer noch hier festsaß, hungernd, durstend …
[ 5] Es packte sie tiefe Verzweiflung und sie weinte. Weinte, bis keine Tränen mehr kamen. Dann saß sie eine Weile so da, beobachtete erstaunt, dass sie nach all dem Weinen und Schluchzen gar nicht zu atmen brauchte. ›Wenn ich hier jetzt einfach so sitze und aufhöre zu atmen, dann sterbe ich und viele Jahre später findet jemand mein Skelett hier im Keller‹, dachte sie.
[ 5] ›Nein, so will ich nicht sterben. Es gibt immer einen Ausweg!‹
Sie trocknete sich die Tränen mit dem Ärmel ab, atmete tief durch und machte sich daran, den Raum noch einmal genau zu durchsuchen. Dabei fand sie eine kleine Tür hinter dem Regal, ungefähr so breit wie eine Kühlschranktür und quadratisch. Sie war aus Holz und hatte am unteren Rand einen Griff, kein Schloss!
[ 5] Sie hatte die Tür übersehen, weil ein Pappkarton mit Kabelresten davorgestanden hatte. Jetzt stellte sie erfreut fest, dass das Regal an der Stelle gerade Raum genug ließ, um diese Tür aufzumachen. Sie schien wie eine Kofferraumtür zu funktionieren, ging also nicht zur Seite, sondern nach oben auf, sie konnte sie aufklappen, welche Freude!
[ 5] Emma blickte durch die Klappe in den total finsteren Nebenraum. – Was mochte darin sein? Ob der auch so aufgeräumt war wie dieser? Sie lauschte, ob es vielleicht Tiere darin gab, hörte aber nichts. Vielleicht hatte sie Glück und die Tür war nicht verschlossen. Sie beschloss, nach einem Lichtschalter zu suchen.
[ 5] Aber dieses Mal würde sie sich nicht den Rückweg verbauen; sie krabbelte zurück und fand im Regal ein Bündel alte Plastikfolie, wie man sie beim Tapezieren auf die Fußböden legte. Die hatte wohl jemand aufgehoben, um sie noch einmal zu benutzen. Emma klemmte das Bündel in die Klappe und schlüpfte hindurch in den dunklen Raum.
Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang. Früher oder später würde sie auf diese Weise an der Tür ankommen und neben einer Kellertür befand sich immer der Lichtschalter.
[ 5] Komisch, dass kein Licht durch ein Fenster in den Raum kam. Sie musste einige Schränke oder Regale umrunden und einmal stand ein Sessel im Weg, durch den sie fast die Richtung verloren hätte, aber schließlich fand sie doch die Kellertür.
[ 5] »Lieber Gott, bitte lass diese Kellertür nicht zugeschlossen sein, dann will ich auch immer ohne zu Murren ins Bett gehen und ganz oft die Geschirrspülmaschine ausräumen, wenn sie mit dem Abwaschen fertig ist.« Das mit der Geschirrspülmaschine tat ihr, kaum dass sie es gesagt hatte, schon wieder leid, denn dazu hatte sie überhaupt keine Lust.
[ 5] In banger Erwartung drückte sie die Klinke. Abgeschlossen! Hätte sie das mit der Geschirrspülmaschine wohl doch lieber ernst meinen sollen.
[ 5] Wenigstens fand sie den Lichtschalter und der funktionierte auch: Das helle Licht blendete sie zuerst und dann sah sie, dass es mitten im Raum eine ziemlich große Klappe gab, die offen stand und über der ganz unordentlich ein noch größerer Teppich hing.
[ 5] Das Loch im Fußboden, das man anscheinend mit dieser Klappe verschließen konnte, führte in einen weiteren Raum, der recht wohnlich aussah. – Was sollte denn ein Wohnraum unter dem Keller? So ein Unsinn! Wer braucht denn sowas? Ein Glück, dass sie nicht im Dunkeln dort hineingefallen war, als sie den Raum umrundet hatte!
[ 5] Emma kniete sich an den Rand des Loches und spähte hinein. Der Raum schien groß zu sein, vielleicht ebenso groß wie der Kellerraum, in dem sie sich befand. Sie konnte nur den Teil überblicken, in den Licht aus dem oberen Raum fiel. So weit sie es erkennen konnte, gab es einen großen Tisch, Regale, ein Waschbecken, …
[ 5] Ein Waschbecken! Wasser! Sie würde nicht verdursten müssen! Zumindest nicht, wenn sie in diesen Raum hinunterkam. Es gab keine Treppe, aber an der Wand unter dem Kellerfenster hing eine Leiter. Und nun sah sie auch, wieso es in diesem Raum so dunkel gewesen war: An der Wand hing ein schwarzes Rollo, wahrscheinlich vor dem Fenster. – Ob sie die Leiter wohl von den Wandhaken herunterheben könnte?
[ 5] »Versuch macht kluch.« hätte Opa gesagt und es ausprobiert. Sie zog den alten Sessel zu der Leiter hin. Das bedeutete Schwerstarbeit, weil der Boden so rau und der Sessel so widerspenstig war, aber schließlich stand der Sessel unter der Leiter und sie kletterte hinauf. Die Sprungfedern des Sessels ächzten und sie stand auf schwankendem Boden. Eine sehr wackelige Angelegenheit. Sie stemmte sich von unten gegen die schwere Holzleiter: Die ließ sich heben und von dem einen Haken nehmen. Polternd fiel die Leiter herunter und Emma auch. Glücklicherweise hing die Leiter immer noch an der Wand fest und konnte ihr nichts tun. Emma kletterte wieder auf den Sessel und untersuchte den anderen Haken. Es würde gar nicht so schwer sein, die Leiter auch von diesem Haken zu nehmen, denn ein Ende stand ja schon auf dem Boden. Aber wenn sie sie dann von der Wand wegziehen würde, könnte die Leiter auf sie drauffallen. Emma überlegte. – Ja, sie hatte schon etwas gelernt bei diesem Abenteuer: Es war gut, vorher zu überlegen. Besser, als hinterher.
[ 5] Schließlich hatte sie sich einen Plan gemacht, wie sie die Leiter vom Haken holen und dann ganz schnell zur Seite weg vom Sessel herunterspringen wollte. Dazu musste sie den Sessel so drehen, dass seine Öffnung zur Seite ging und die Armlehne zur Wand. Dabei konnte eigentlich gar nichts schiefgehen. Allenfalls könnte die Leiter statt auf den Sessel direkt auf den Boden fallen, aber was machte das schon? Die sah stabil aus, die würde das schon aushalten.
[ 5] Beherzt setzte sie ihren Plan in die Tat um und wie befürchtet fiel die Leiter mit lautem Rumms auf den Boden zwischen Sessel und Wand, aber immerhin, ohne Emma zu verletzen, denn die hatte sich rechtzeitig durch einen Sprung vom Sessel in Sicherheit gebracht und konnte von dort aus tatsächlich zusehen, wie die Leiter fiel. – Ja, Emma war ganz schön schnell, wenn es drauf ankam!
[ 5] Nun brauchte sie die Leiter nur noch zum Loch zu ziehen, nachdem sie den Sessel weggeschoben hatte. Dann schob sie sie über das Loch und ließ sie hineinkippen, so, dass das untere Ende der Leiter am Tischbein stand und dort festklemmte. Emma prüfte, ob die Leiter sicher stand und kletterte hinunter.
[ 5] Erst mal etwas trinken. Dann weitersehen. Vielleicht gab es hier ja sogar etwas zu Essen? Sie nahm den Becher vom Tisch und füllte ihn mit Wasser. Ahhh, köstlich! Sie wusste gar nicht, dass Leitungswasser so gut schmecken konnte. Das lag wohl daran, dass sie so hart dafür hatte arbeiten müssen. Als sie gerade den zweiten Becher leertrank, hörte sie, wie die Kellertür aufgeschlossen wurde und freute sich: Nun würde alles gut werden! »Hallo? Ich bin hier unten! Ich wollte nur …«
[ 5] Grenzenloses Entsetzen packte Emma, als sie sah, dass die Leiter heraufgezogen wurde. Bevor sie noch begriff, was da passierte, wurde die Klappe zugeklappt und sie hörte, dass der Teppich darübergezogen wurde. – Nicht zu fassen! War sie denn in einem Gruselfilm gelandet? » Hilfe! Hilfe! Hiiilfeeee!« – Emma hatte ein dumpfes Gefühl in den Ohren. Es hörte sich an, als könne nicht mal der Mensch in dem Kellerraum, der ihre Leiter geklaut hatte, sie hören. Sie war wieder ganz allein, allein in völliger Dunkelheit. Dummerweise hatte sie sich nicht im Raum umgesehen, als sie noch die Gelegenheit dazu hatte. Dazu war sie zu durstig gewesen.
[ 5] Der Becher hatte auf einem Tisch gestanden. Den Tisch fand sie auch im Dunkeln leicht und setzte sich erst mal darauf. Besser als auf dem kalten Kellerfußboden saß sie hier allemal. Nach einer Weile ratlosen Grübelns rollte sie sich auf dem Tisch zusammen. Nur mal kurz ausruhen, dachte sie, weil ihr der Rücken an der Kellerwand ganz kalt wurde. Sie wollte im Liegen darüber nachdenken, was sie tun könnte. Bevor sie das noch tun konnte, schlief sie ein.
Emma untersucht den Keller
Die Landung im Kellerraum war kein Problem gewesen. Emma war das Klettern und Springen gewohnt und der Raum war gut aufgeräumt; es lag nichts am Boden, woran sie sich hätte wehtun können.
[ 5] Aber bald nach der Landung wurde ihr klar, dass sie vom Regen in die Traufe gekommen war: Die Kellertür war tatsächlich abgeschlossen und es gab keinen Schlüssel. Sicherlich hing der in irgendeiner Wohnung, unerreichbar für sie.
[ 5] Es war ein Fehler gewesen, in den von Mauern eingefassten Garten zu springen, das wusste sie inzwischen. Und es war ein weiterer Fehler gewesen, in einen Kellerraum zu springen, aus dem man nicht wieder herausklettern konnte. Ein schlimmerer Fehler, denn jetzt konnte sie nicht mehr gut um Hilfe rufen, es hörten sie höchstens noch die Leute aus dem Geisterhaus. Wenn da überhaupt Leute drin wohnten. So ein Mist.
Sie merkte, dass sie Angst bekam, kämpfte dagegen an. Sie musste jetzt ganz ruhig bleiben und vernünftig nachdenken. Keinen weiteren dummen Fehler machen. Nur noch immer das Richtige tun.
[ 5] Als erstes würde sie den Raum genau durchsuchen, ob es irgendwelche Gegenstände gab, die ihr helfen konnten. Dabei musste sie sich etwas einfallen lassen, um hier nicht zu verhungern und zu verdursten. Sie wusste, dass man eher verdurstete als verhungerte, aber der Hunger plagte sie im Moment am schlimmsten; immerhin hatte sie nach der Schule kein Mittagessen bekommen. Aber hier sah es überhaupt nicht nach Essen aus.
[ 5] Es gab Werkzeuge, sorgfältig an die Wand gehängt oder im Regal verstaut. Eine Werkbank lehnte zusammengeklappt an der Wand. Ein sehr stabiler Tisch stand da, mit einem Schraubstock dran. Sie kannte solche Dinge aus der Garage von Dennis' Vater. Der ließ sein Auto an der Straße stehen, damit seine Bastel-Geräte Platz hatten. Er zeigte seinem Sohn ganz viel, der kannte sich gut aus.
[ 5] Emma war nicht so eine Expertin, aber ein paar Dinge wusste sie auch. Zum Beispiel hatte sie schon mal mit einer Bohrmaschine Löcher in die Wand ihres Zimmers bohren dürfen, als sie ihr Regal aufgehängt haben. »Selbst ist die Frau!« hatte ihre Mutter gesagt.
[ 5] Ach, ihre Mutter! Die würde sich jetzt bestimmt schreckliche Sorgen machen! Wie sollte die nur gesund werden, wenn sie sich solche Sorgen machen musste? Emma sollte längst bei ihr sein.
[ 5] Nicht mal ihre Hausaufgaben hatte sie machen können. Und vielleicht brauchte sie die auch gar nicht, weil sie morgen, wenn die anderen zur Schule gingen, immer noch hier festsaß, hungernd, durstend …
[ 5] Es packte sie tiefe Verzweiflung und sie weinte. Weinte, bis keine Tränen mehr kamen. Dann saß sie eine Weile so da, beobachtete erstaunt, dass sie nach all dem Weinen und Schluchzen gar nicht zu atmen brauchte. ›Wenn ich hier jetzt einfach so sitze und aufhöre zu atmen, dann sterbe ich und viele Jahre später findet jemand mein Skelett hier im Keller‹, dachte sie.
[ 5] ›Nein, so will ich nicht sterben. Es gibt immer einen Ausweg!‹
Sie trocknete sich die Tränen mit dem Ärmel ab, atmete tief durch und machte sich daran, den Raum noch einmal genau zu durchsuchen. Dabei fand sie eine kleine Tür hinter dem Regal, ungefähr so breit wie eine Kühlschranktür und quadratisch. Sie war aus Holz und hatte am unteren Rand einen Griff, kein Schloss!
[ 5] Sie hatte die Tür übersehen, weil ein Pappkarton mit Kabelresten davorgestanden hatte. Jetzt stellte sie erfreut fest, dass das Regal an der Stelle gerade Raum genug ließ, um diese Tür aufzumachen. Sie schien wie eine Kofferraumtür zu funktionieren, ging also nicht zur Seite, sondern nach oben auf, sie konnte sie aufklappen, welche Freude!
[ 5] Emma blickte durch die Klappe in den total finsteren Nebenraum. – Was mochte darin sein? Ob der auch so aufgeräumt war wie dieser? Sie lauschte, ob es vielleicht Tiere darin gab, hörte aber nichts. Vielleicht hatte sie Glück und die Tür war nicht verschlossen. Sie beschloss, nach einem Lichtschalter zu suchen.
[ 5] Aber dieses Mal würde sie sich nicht den Rückweg verbauen; sie krabbelte zurück und fand im Regal ein Bündel alte Plastikfolie, wie man sie beim Tapezieren auf die Fußböden legte. Die hatte wohl jemand aufgehoben, um sie noch einmal zu benutzen. Emma klemmte das Bündel in die Klappe und schlüpfte hindurch in den dunklen Raum.
Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang. Früher oder später würde sie auf diese Weise an der Tür ankommen und neben einer Kellertür befand sich immer der Lichtschalter.
[ 5] Komisch, dass kein Licht durch ein Fenster in den Raum kam. Sie musste einige Schränke oder Regale umrunden und einmal stand ein Sessel im Weg, durch den sie fast die Richtung verloren hätte, aber schließlich fand sie doch die Kellertür.
[ 5] »Lieber Gott, bitte lass diese Kellertür nicht zugeschlossen sein, dann will ich auch immer ohne zu Murren ins Bett gehen und ganz oft die Geschirrspülmaschine ausräumen, wenn sie mit dem Abwaschen fertig ist.« Das mit der Geschirrspülmaschine tat ihr, kaum dass sie es gesagt hatte, schon wieder leid, denn dazu hatte sie überhaupt keine Lust.
[ 5] In banger Erwartung drückte sie die Klinke. Abgeschlossen! Hätte sie das mit der Geschirrspülmaschine wohl doch lieber ernst meinen sollen.
[ 5] Wenigstens fand sie den Lichtschalter und der funktionierte auch: Das helle Licht blendete sie zuerst und dann sah sie, dass es mitten im Raum eine ziemlich große Klappe gab, die offen stand und über der ganz unordentlich ein noch größerer Teppich hing.
[ 5] Das Loch im Fußboden, das man anscheinend mit dieser Klappe verschließen konnte, führte in einen weiteren Raum, der recht wohnlich aussah. – Was sollte denn ein Wohnraum unter dem Keller? So ein Unsinn! Wer braucht denn sowas? Ein Glück, dass sie nicht im Dunkeln dort hineingefallen war, als sie den Raum umrundet hatte!
[ 5] Emma kniete sich an den Rand des Loches und spähte hinein. Der Raum schien groß zu sein, vielleicht ebenso groß wie der Kellerraum, in dem sie sich befand. Sie konnte nur den Teil überblicken, in den Licht aus dem oberen Raum fiel. So weit sie es erkennen konnte, gab es einen großen Tisch, Regale, ein Waschbecken, …
[ 5] Ein Waschbecken! Wasser! Sie würde nicht verdursten müssen! Zumindest nicht, wenn sie in diesen Raum hinunterkam. Es gab keine Treppe, aber an der Wand unter dem Kellerfenster hing eine Leiter. Und nun sah sie auch, wieso es in diesem Raum so dunkel gewesen war: An der Wand hing ein schwarzes Rollo, wahrscheinlich vor dem Fenster. – Ob sie die Leiter wohl von den Wandhaken herunterheben könnte?
[ 5] »Versuch macht kluch.« hätte Opa gesagt und es ausprobiert. Sie zog den alten Sessel zu der Leiter hin. Das bedeutete Schwerstarbeit, weil der Boden so rau und der Sessel so widerspenstig war, aber schließlich stand der Sessel unter der Leiter und sie kletterte hinauf. Die Sprungfedern des Sessels ächzten und sie stand auf schwankendem Boden. Eine sehr wackelige Angelegenheit. Sie stemmte sich von unten gegen die schwere Holzleiter: Die ließ sich heben und von dem einen Haken nehmen. Polternd fiel die Leiter herunter und Emma auch. Glücklicherweise hing die Leiter immer noch an der Wand fest und konnte ihr nichts tun. Emma kletterte wieder auf den Sessel und untersuchte den anderen Haken. Es würde gar nicht so schwer sein, die Leiter auch von diesem Haken zu nehmen, denn ein Ende stand ja schon auf dem Boden. Aber wenn sie sie dann von der Wand wegziehen würde, könnte die Leiter auf sie drauffallen. Emma überlegte. – Ja, sie hatte schon etwas gelernt bei diesem Abenteuer: Es war gut, vorher zu überlegen. Besser, als hinterher.
[ 5] Schließlich hatte sie sich einen Plan gemacht, wie sie die Leiter vom Haken holen und dann ganz schnell zur Seite weg vom Sessel herunterspringen wollte. Dazu musste sie den Sessel so drehen, dass seine Öffnung zur Seite ging und die Armlehne zur Wand. Dabei konnte eigentlich gar nichts schiefgehen. Allenfalls könnte die Leiter statt auf den Sessel direkt auf den Boden fallen, aber was machte das schon? Die sah stabil aus, die würde das schon aushalten.
[ 5] Beherzt setzte sie ihren Plan in die Tat um und wie befürchtet fiel die Leiter mit lautem Rumms auf den Boden zwischen Sessel und Wand, aber immerhin, ohne Emma zu verletzen, denn die hatte sich rechtzeitig durch einen Sprung vom Sessel in Sicherheit gebracht und konnte von dort aus tatsächlich zusehen, wie die Leiter fiel. – Ja, Emma war ganz schön schnell, wenn es drauf ankam!
[ 5] Nun brauchte sie die Leiter nur noch zum Loch zu ziehen, nachdem sie den Sessel weggeschoben hatte. Dann schob sie sie über das Loch und ließ sie hineinkippen, so, dass das untere Ende der Leiter am Tischbein stand und dort festklemmte. Emma prüfte, ob die Leiter sicher stand und kletterte hinunter.
[ 5] Erst mal etwas trinken. Dann weitersehen. Vielleicht gab es hier ja sogar etwas zu Essen? Sie nahm den Becher vom Tisch und füllte ihn mit Wasser. Ahhh, köstlich! Sie wusste gar nicht, dass Leitungswasser so gut schmecken konnte. Das lag wohl daran, dass sie so hart dafür hatte arbeiten müssen. Als sie gerade den zweiten Becher leertrank, hörte sie, wie die Kellertür aufgeschlossen wurde und freute sich: Nun würde alles gut werden! »Hallo? Ich bin hier unten! Ich wollte nur …«
[ 5] Grenzenloses Entsetzen packte Emma, als sie sah, dass die Leiter heraufgezogen wurde. Bevor sie noch begriff, was da passierte, wurde die Klappe zugeklappt und sie hörte, dass der Teppich darübergezogen wurde. – Nicht zu fassen! War sie denn in einem Gruselfilm gelandet? » Hilfe! Hilfe! Hiiilfeeee!« – Emma hatte ein dumpfes Gefühl in den Ohren. Es hörte sich an, als könne nicht mal der Mensch in dem Kellerraum, der ihre Leiter geklaut hatte, sie hören. Sie war wieder ganz allein, allein in völliger Dunkelheit. Dummerweise hatte sie sich nicht im Raum umgesehen, als sie noch die Gelegenheit dazu hatte. Dazu war sie zu durstig gewesen.
[ 5] Der Becher hatte auf einem Tisch gestanden. Den Tisch fand sie auch im Dunkeln leicht und setzte sich erst mal darauf. Besser als auf dem kalten Kellerfußboden saß sie hier allemal. Nach einer Weile ratlosen Grübelns rollte sie sich auf dem Tisch zusammen. Nur mal kurz ausruhen, dachte sie, weil ihr der Rücken an der Kellerwand ganz kalt wurde. Sie wollte im Liegen darüber nachdenken, was sie tun könnte. Bevor sie das noch tun konnte, schlief sie ein.