Totgeschrieben - 2. Rudolf

xavia

Mitglied
2. Rudolf

Toni kommt auf den Hund

So schnell ihre Beine sie tragen wollten eilte sie zurück nach Hause. Wäre der wohlbekannte Fremde ihr wieder entgegengekommen, hätte es wohl erneut einen Zusammenprall gegeben, aber das Schicksal wollte es anders.
[ 5] Sie erreichte ihr Wohnhaus, erklomm die oberste Etage – drei Stockwerke zu Fuß, ihr täglicher Sport: Das war für sie ausschlaggebend gewesen, diese Wohnung zu mieten. Das, und die Aussicht. Und der Preis. So günstig konnte man nahe der Innenstadt kaum anderswo wohnen. Keuchend ließ sie sich aufs Bett fallen. Als sie wieder langsamer atmen konnte, klappte sie ihren Laptop auf, der nach dem Ausdruck des Romans – ihres Romans! – im Warte-Modus bereitgelegen hatte.
[ 5] Mit schnellen Fingern tippte sie den Namen ihrer Stadt und den Suchbegriff ›Psychotherapeut‹ in die Suchmaschine ein und freute sich, dass ihr sogleich Psychotherapeuten und Psychologen angeboten wurden, manche sogar mit Foto. Allerdings umfasste die Liste 162 Personen. Keine leichte Aufgabe, den Richtigen herauszufinden. Wenn er überhaupt dabei war. Egal, irgend etwas muss sie schließlich tun, während sie auf Sarah wartete. Sie stellte sich eine Liste der Männer zusammen, 58 an der Zahl. Ein helfender Beruf und schon gibt es einen Frauenüberschuss, dachte sie. Nur gut für mich, dann habe ich nicht so viele zu überprüfen. Zwei hatten ein Bild dabei. Die konnte sie auch streichen. Die übrigen 56 Nummern schickte sie zum Drucker.
[ 5] Sechsundfünfzig Anrufe! Möglicherweise ließ sich sowas gar nicht telefonisch regeln. Sie konnte schließlich nicht fragen, wie der Therapeut aussah, bei dem sie sich anmelden wollte. Oder doch? Eine gute Geschichte musste her! Das sollte doch ein Leichtes sein für eine Schriftstellerin!
[ 5] Darüber hinaus brauchte sie einen ›Plan B‹. Wie oft hatte sie das schon bei problematischen Situationen erlebt, dass dann doch der ›Plan B‹ schließlich zum ersehnten Erfolg führte. Vielleicht lief ihr Traum-Mann gerade in diesem Moment unten an ihrer Haustür vorbei und sie sah ihn nicht. Sie konnte ihre Anrufe ebenso gut unten auf der Straße machen, aber sie musste Aufsehen vermeiden.
[ 5] Ein Hund musste her! So schnell wie möglich. Ein Hund ist ein wunderbarer Vorwand, auf der Straße herumzulungern. Sarah war ganz verrückt nach Tieren. Sie hatte ihr mal davon erzählt, dass man sich im Tierheim einen Hund oder eine Katze ausleihen konnte, wenn man noch nicht sicher wusste, ob man damit zurechtkam, ein Haustier zu halten. Sie war sich damals ganz sicher gewesen, dass sie kein Haustier brauchte, aber jetzt – schon hatte sie ihre Jacke und den Autoschlüssel geschnappt und eilte die Stufen hinunter. Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen.
[ 5] Froh über ihre gute Idee steckte sie die Liste mit den Telefonnummern in die Tasche für den Fall, dass sie unterwegs schon eine Gelegenheit finden würde, mit ›Plan A‹ zu beginnen.

Als Toni das Gebäude des Tierheims betrat, kam ihr eine Wolke von Tier-Geruch entgegen und eine Welle von Lebendigkeit, ein wildes Wirrwarr von Gefühlen der Tiere in den Käfigen. Fast hätte sie sofort die Flucht ergriffen, aber das erlaubte sie sich nicht. Schließlich war dieses ihr ›Plan B‹ und der wollte vorbereitet werden. Ein wenig plagte sie das schlechte Gewissen, diese Institution für ihre Zwecke auszunutzen, aber nicht sehr. Immerhin hatten ja beide Seiten etwas davon.
[ 5] »Guten Tag, ich möchte einen Hund zum Gassi-Gehen ausleihen. Geht das? Jetzt gleich?«
[ 5] »Wir sind für jede helfende Hand dankbar. Sind Sie Mitglied in unserem Tierschutzverein? Sind Sie gegen Tetanus geimpft? Haben Sie Ihren Personalausweis dabei?« Die Frau am Empfang schien diese Liste schon oft präsentiert zu haben, denn sie wirkte ein wenig gelangweilt, brachte aber dennoch ein professionelles Lächeln zustande.
[ 5] »Alles nein, nur den Führerschein, leider. Es ist mein erstes Mal. Ich wusste das nicht mit dem Perso. Ich werde mich um alles kümmern. Bitte, machen Sie eine Ausnahme für mich! Ich bin heute morgen aufgewacht und hatte das Gefühl, dass mein Leben eine entscheidende Wendung nehmen wird. Es ist extrem wichtig für mich, das heute in die Tat umzusetzen. Ich weiß, es ist das Richtige und ich weiß, es muss jetzt sein, unbedingt heute!«
[ 5] Sie reichte den Führerschein über den Tresen zu der hübschen jungen Frau, die ihr sofort sympathisch war und setzte ihr liebstes und erfolgsgewohntestes Lächeln auf, das, mit dem sie ihre Eltern um den kleinen Finger wickeln konnte, alle beide. Die Frau schaute sie unbeeeindruckt und prüfend an.
[ 5] Toni konnte sich gut vorstellen, was in deren Kopf vorging: Impulsive Handlungen passen nicht zu der dauerhaften Verantwortung, die das Halten eines Haustiers bedeutete. Das Probe-Gassi-Gehen sollte ja die Chance haben, zu einer längeren Freundschaft mit dem betreffenden Tier zu führen, am besten dazu, dass das Tier ein neues Zuhause bekam. Toni versuchte, solchen Bedenken abzuhelfen:
[ 5] »Ich weiß wohl, dass ich noch manches lernen muss, aber dazu brauche ich einen Hund, das kann ich nicht allein. Ich habe mit Zimmerpflanzen angefangen, Verantwortung zu lernen. Die gedeihen jetzt ganz prächtig bei mir. Heute ist der Moment für den nächsten Schritt, der Anfang eines neuen Lebensabschnitts, das weiß ich ganz genau. Ich fühle mich reif dafür.« Sie hoffte, nicht zu dick aufgetragen zu haben, die Worte waren nur so aus ihr herausgesprudelt.
[ 5] »Na gut, dieses eine Mal. Aber merken Sie es sich für das nächste Mal. Wir haben unsere Vorschriften.«
[ 5] »Ja, klar, das verstehe ich. Ich werde eintreten in den Verein, geben Sie mir gleich ein Formular mit. Und was war das noch? Impfen? Ja, mache ich auch. Und es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor, dass ich hier ohne Perso erscheine.«
[ 5] Sie kam sich gemein vor, weil ohne ihr Zutun in ihrem Kopf der Gedanke entstand: ›Es kommt hoffentlich überhaupt nicht vor, dass ich hier noch mal erscheinen muss.‹
[ 5] Wie aus dem Nichts war ein hagerer junger Mann in Arbeitskleidung an ihre Seite getreten. »Kommen Sie, suchen Sie sich einen aus. Haben Sie Erfahrungen mit Hunden?«
[ 5] »Nein, nicht direkt. Ich … hatte mal einen Goldfisch. Als Kind.« Sie folgte dem Mann und überlegte fieberhaft, wie sie diesen schlechten Start auswetzen konnte, machte einen neuen Anlauf: »Ich habe mir immer einen Hund gewünscht, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt. Jetzt habe ich eine eigene Wohnung. Und ich will mir einen Schrebergarten zulegen.« – Armselig. Nicht besonders originell. Ach, was soll's. Das ist nur ein Helfer, der trifft hier keine Entscheidungen.

In dem Hundezwinger, zu dem er sie führte, herrschte ein reges Treiben. Aufgeregt kamen einige der Hunde nach vorn gelaufen. Sicherlich wussten sie, dass das ihre Chance war, ein wenig Abwechslung zu bekommen. Wenig interessiert guckte Toni in den Käfig. Ein kleiner weißer Hund gebärdete sich besonders wild. Er sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften, machte einen verzweifelten Eindruck. Ein anderer, etwas größerer brauner hatte es anscheinend schon aufgegeben. Er stand nur da und blickte mäßig interessiert zu ihr herüber. Ein anderer brauner und ein gefleckter kümmerten sich gar nicht um sie. Die beiden spielten miteinander und schienen ganz vertieft darin zu sein, sich gegenseitig in den Schmutz zu werfen.
[ 5] Sie hatte es eilig, wollte sich das aber nicht anmerken lassen. Da half nur die Flucht nach vorn. Der braune würde am wenigsten Ärger machen. »Der da, der braune, kann ich den mitnehmen? Ich habe das Gefühl, der hat nur auf mich gewartet. Ich mag ihn« , log sie.
[ 5] Der Mann sah sie zweifelnd an. – Oder kam ihr das nur so vor, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte? »Wenn Sie meinen. Der wird Ihnen keine Probleme machen. Er ist sehr anspruchslos und gutmütig. Er ist schon fünf Jahre alt, zwei davon hier bei uns. Seine Besitzerin ist gestorben. Normalerweise hätte man ihn einschläfern sollen. So alte Hunde sind schwer zu vermitteln.«
[ 5] ›Oh weh, er will mir jetzt doch wohl nicht dessen ganze Lebensgeschichte erzählen?‹ dachte sie, sagte aber: »Ach, der Ärmste! Dann hat er doch einen Spaziergang verdient. Holen Sie ihn mir bitte heraus. Ich nehme ihn gleich mit. Wann muss er zurück sein?«
[ 5] Um 13:30 Uhr. Nachmittags sollen die Hunde hier sein, damit sie eine Chance haben, ein neues Zuhause zu finden. Sie hätten ihn aber schon um 10 abholen können. Fürs nächste Mal.
[ 5] »Ah ja, gut zu wissen, danke.« Sie kam sich wie eine Verräterin vor, als sie die Leine entgegennahm. Schnell wandte sie sich dem Ausgang zu. Der braune Hund folgte ihr ohne zu zögern.
[ 5] »Sein Name ist Rudolf!« rief der dünne Mann ihr hinterher. – Noch so ein Fauxpas, dass sie nicht danach gefragt hatte!
[ 5] »Ja, klar, danke schön und bis nachher!« – Schlimmer ging es ja nun wohl wirklich nicht. Sie kam sich schrecklich blöd vor, als sie der freundlichen Dame an der Rezeption möglichst fröhlich zuwinkte und mit Rudolf das Haus verließ.

Der dünne Mann hatte nicht übertrieben: Rudolf war wirklich so unkompliziert, wie er ihn angepriesen hatte. Brav sprang er auf die Rückbank ihres Minis, als sie den Vordersitz vorklappte. Er benahm sich, als sei er immer schon in Kleinwagen durch die Gegend gefahren worden und legte sich dort nieder. Eine Hundedecke hätte sie mitnehmen sollen, Mist. Da müsste sie wohl hinterher mit dem Staubsauger seine Haare beseitigen.
[ 5] Egal. Nur schnell, schnell, sonst ging ihr der Traum-Mann noch durch die Lappen! Was die Parkplatz-Suche anging, schien heute ihr Tag zu sein: Sie fand einen freien Platz direkt vor ihrer Haustür, ein seltener Glücksfall um diese Zeit. Zufrieden machte sie sich mit Rudolf auf den Weg. Sie gingen zum Briefkasten, verweilten dort eine Zeitlang, als wenn der Hund sein Geschäft machen wollte. Da fiel ihr ein, dass sie gar nicht an Plastikbeutel gedacht hatte. Was, wenn er nun wirklich sein Geschäft machte? Als er verdächtig lange an einer Stelle schnupperte, zog sie ihn eilig fort, ging mit ihm zurück bis zu ihrem Haus und noch ein Stück weiter, bis die Straße sich gabelte und sie nicht wusste, welche Richtung ihr Traum-Mann nach dem Zusammenstoß eingeschlagen hatte. Dann ging es zurück zum Briefkasten und noch ein Stück weiter und wieder denselben Weg zurück. Hoffentlich sah niemand aus dem Fenster. Rudolf schien es nicht zu stören, dass es immer derselbe Weg war. Er schnüffelte begeistert an immer denselben Stellen der Häuser, die er längst schon selbst markiert hatte, las sicherlich ganze Geschichten mit seiner Nase dort ab. Toni überlegte sich derweil eine Geschichte, die sie den Sprechstundenhilfen der Psychotherapeuten auftischen wollte. Dann wählte sie die erste Nummer auf ihrer Liste.
 

ahorn

Mitglied
Hallo Xavier,

gegenüber deinem ersten Kapitel schwächelt das Zweite ein wenig. Nicht von deiner Sprachlichkeit, dein Handwerk verstehst du besser als ich. Es sind eher Logikfehler, schlecht recherchierte Details, die deinen Text in Richtung Humoreske und und nicht Krimi ziehen.

Bitte verzeihe mir im Voraus, dass meine Kommentare ein kleines wenig überspitz sind!


So schnell ihre Beine sie tragen [Strike] wollten[/Strike] konnten eilte sie zurück [Strike] nach Hause.[/Strike] nachhause. Wäre der [Strike]wohlbekannte[/Strike] Fremde ihr wieder entgegengekommen, hätte es [Strike] wohl[/Strike] erneut einen Zusammenprall gegeben, aber das Schicksal wollte es anders.
Sie erreichte [Strike] ihr[/Strike] das – oder gehört es ihr - Wohnhaus, erklomm (Bergsteigen? Wie Reinhold Messner am K2 ergriff sie das Treppengeländer, zog ihr rechtes Bein empor. Der Sauerstoffmangel im 2. Geschoss benebelte ihren Geist) die oberste Etage – drei Stockwerke zu Fuß, ihr täglicher Sport (sehr sportlich ist sie nicht): Das war für sie ausschlaggebend gewesen, diese Wohnung zu mieten. Das, und die Aussicht (Kommt darauf an, wo sich das Haus befindet – 3. Stock? Zwei Stockwerke unter ihr macht etwa 6m plus Hochkeller und ihre Körperlänge, Resultat 8,7m – richtig hoch nicht. Innenstadtnah? Mittlere bis große Stadt! Bebauung ende 19. anfang 20, Jahrhundert – Gründerzeithäuser, Mietskasernen, möglicherweise Hinterhäuser! Aussicht: parkende Autos, Mülleimer im Innenhof. Kleinstadt! Bebauung 50. Jahre, Satteldach, eng bebaut, zumindest kein Hinterhof, dafür monotones Grün mit Wäscheleine). Und der Preis (Spielt der eine Rolle hat sie nicht 3 Millionen von ihrer Tante geerbt)). So günstig konnte man nahe der Innenstadt kaum anderswo wohnen (Kommt auf die Stadt an – Kleinstadt, Vorharz, Mecklenburg). Keuchend (Sie ist wirklich nicht sportlich) ließ sie sich aufs Bett fallen. Als sie wieder langsamer atmen konnte (Oft geht sie nicht raus) , klappte sie ihren Laptop auf. [Strike] der nach dem Ausdruck des Romans – ihres Romans! – im Warte-Modus bereitgelegen hatte[/Strike] (interessiert das irgendwen.)
Toni schleppte ihre feenhafte Gestalt – zwei Zentner Kampfgewicht – die siebzig Stufen bis zu ihrem Luxusappartement - Wohnklo mit Kochnische – herauf. Auf dem Dachgeschoss angekommen, schaute sie über ihre fleischige Schulter, zuckte mit den Achseln. Treppensteigen der einzige Sport, den sie ihrem Astralkörper zumutete.

Mit schnellen Fingern (Hauptsache sie findet sie wieder) tippte sie den Namen ihrer Stadt und den Suchbegriff ›Psychotherapeut‹ in die Suchmaschine ein und freute sich, dass ihr sogleich Psychotherapeuten und Psychologen angeboten wurden, manche sogar mit Foto (Tolle Erfindung!). [Strike] allerdings[/Strike] Die Liste umfasste 162 Personen. Keine leichte Aufgabe, den Richtigen herauszufinden. Wenn er überhaupt dabei war. Egal, irgend etwas [Strike] muss[/Strike] muste sie [Strike]schließlich[/Strike] tun, während sie auf Sarah wartete. Sie stellte [Strike]sich[/Strike](Für wen den sonst!) eine Liste der Männer zusammen, 58 (Die mit Foto abgezogen?) an der Zahl. Ein helfender Beruf und schon gibt es einen Frauenüberschuss, dachte sie (Weniger denken - wie wär es mit einer Geste). »Nur gut für mich, dann habe ich nicht so viele zu überprüfen«, murmelte sie (Wörtliche Rede!). Zwei hatten ein Bild dabei. Die konnte sie [Strike] auch[/Strike] streichen (Ach endlich!). Die übrigen 56 Nummern schickte (Briefe, Daten schicke ich, aber Nummern? Und was hätte sie von einer Liste Nummer?) sie zum Drucker.
Sechsundfünfzig Anrufe! Möglicherweise ließ sich sowas gar nicht telefonisch regeln (Heizungen kann ich regeln. Die Lautstärke meines Radios. Telefonate?). Sie konnte [Strike] schließlich[/Strike] nicht fragen (Fragen könnte sie, ob es einen Sinn macht?) , wie der Therapeut aussah, bei dem sie sich anmelden wollte. Oder doch? Eine gute Geschichte musste her! Das sollte [Strike] doch[/Strike] ein Leichtes sein für eine Schriftstellerin!
Absatz!
Darüber hinaus brauchte sie einen ›Plan B‹. Wie oft hatte sie das schon bei problematischen Situationen erlebt, dass dann doch der ›Plan B‹ schließlich zum ersehnten Erfolg führte.
Würde ich einfacher schreiben!
Sie braucht einen >Plan B<. Wie oft hatte sie bei problematischen Situationen erlebt, dass der ›Plan B‹ zum ersehnten Erfolg führte.

Vielleicht lief ihr Traum-Mann [Strike]gerade[/Strike] in diesem Moment [Strike] unten[/Strike] (vielleicht kann er fliegen) an ihrer Haustür vorbei [Strike] und sie sah ihn nicht[/Strike] (Es sei den sie sah aus dem Fenster!).
Sie konnte ihre Anrufe ebenso gut unten auf der Straße machen, aber sie musste Aufsehen vermeiden.
Wenn ich durch eine Stadt gehe, hat jeder Zweite ;) ein Handy an den Wangen oder hält es wie eine Scheibe Marmeladenbrot vor seien Mund. Aufsehen vermeiden?
Sie konnte draußen telefonieren, dachte sie und kratze an ihrem Kinn. Wäre das nicht auffällig? (Möglicherweise besser als ebenso gut unten)
Ein Hund musste her! So schnell wie möglich. Ein Hund ist ein wunderbarer (Weiß nicht ob dieses Adjektiv das Richtige?) Vorwand, auf der Straße herumzulungern. Sarah war [Strike]ganz[/Strike] verrückt nach Tieren. Sie hatte ihr [Strike]mal[/Strike] davon erzählt, dass man sich im Tierheim einen Hund oder eine Katze ausleihen konnte, wenn man [Strike]noch[/Strike] [Strike] nicht sicher wusste,[/Strike] sich nicht sicher war, ob man damit zurechtkam, ein Haustier zu halten. Sie war sich damals [Strike] ganz[/Strike] sicher gewesen, dass sie kein Haustier brauchte, aber jetzt – schon hatte sie ihre Jacke und den Autoschlüssel geschnappt und eilte die Stufen hinunter. Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen (Ist ja schön, aber interessiert das jemanden?).
Froh über ihre gute Idee steckte sie die Liste mit den Telefonnummern in die Tasche für den Fall, dass sie unterwegs schon eine Gelegenheit finden würde, mit ›Plan A‹ zu beginnen.
Ich weiß nicht? Bin ja keine Frau. Die ich kenne, packen erst ihre Handtasche, bevor sie das Haus verlassen. Zeig ihre Fröhlichkeit, lasse sie tanzen.

als Toni das Gebäude des Tierheims betrat, kam ihr eine Wolke von Tier-Geruch entgegen und eine Welle von Lebendigkeit, ein wildes Wirrwarr von Gefühlen der Tiere in den Käfigen.
Toni betrat das Tierheim, ein Geruch aus einer Mischung von Tierkot und vergammelten Hundefutters kroch ihr in die Nase. Kläffende Mäuler sprangen an die Gitterstäbe und Unmengen von ausgemergelten Katze stritten um das letzte Futter.
[Strike] Fast[/Strike] Beinahe hätte sie [Strike] sofort[/Strike] die Flucht ergriffen [Strike], aber[/Strike]. Das [Strike] erlaubte[/Strike] verbat sie sich [Strike] nicht[/Strike]. Schließlich war dieses ihr ›Plan B‹ [Strike] und der wollte vorbereitet werden.[/Strike] Ein wenig plagte sie [Strike] das schlechte[/Strike] ihr (es plagt bereits) Gewissen, diese Institution für ihre Zwecke auszunutzen [Strike], aber nicht sehr[/Strike]. Immerhin hatten [Strike] ja[/Strike] beide Seiten etwas davon.

Sie (über)reichte den Führerschein [Strike] über den Tresen zu[/Strike] der hübschen jungen Frau, die ihr [Strike] sofort[/Strike] (Sie haben sich bereits unterhalten) sympathisch war und setzte ihr liebstes und erfolgsgewohntestes Lächeln auf, das, mit dem sie ihre Eltern um den kleinen Finger wickeln konnte. [Strike] alle beide[/Strike] Die Frau schaute sie unbeeeindruckt (Ein e zuviel) und prüfend an. (Unbeeindruckt und prüfend beiß sich einwenig)
Toni konnte sich [Strike] gut[/Strike] vorstellen, was in deren Kopf vorging: Impulsive Handlungen passen nicht zu der dauerhaften Verantwortung, die das Halten eines Haustiers bedeutete. Das Probe-Gassi-Gehen sollte ja die Chance haben (Chance haben?), zu einer längeren Freundschaft mit dem betreffenden Tier zu führen, am besten dazu, dass das Tier ein neues Zuhause bekam. Toni versuchte, solchen Bedenken abzuhelfen:

In dem Hundezwinger, [Strike] zu dem er sie führte,[/Strike] herrschte ein reges Treiben. Aufgeregt [Strike] kamen einige der Hunde nach vorn gelaufen[/Strike] liefen einige Hunde auf sie zu. [Strike] sicherlich wussten sie[/Strike] In Erwartung [Strike] dass das ihre Chance war, [/Strike] ein wenig Abwechslung zu bekommen. Wenig interessiert guckte Toni in den Käfig (Ein Hundezwinger ist ein Käfig!. Guckte interessiert! Mehr Gestik und Mimik, Toni ist ein Mensch!) Ein kleiner weißer Hund [Strike] gebärdete sich besonders wild[/Strike] (Bisschen schleimig) tollte am wildesten. Er sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften. [Strike], machte einen verzweifelten Eindruck [/Strike] (Beschreiben oder weglassen!). Ein anderer, etwas größerer Brauner hatte es anscheinend schon aufgegeben. Er stand nur da und blickte mäßig interessiert (Mäßig interessiert – gähn!) zu ihr herüber. Ein anderer Brauner (Noch ein Brauner – gähn! Es gibt Hunderassen!) und ein gefleckter kümmerten sich gar nicht um sie. Die beiden spielten miteinander und schienen [Strike] ganz[/Strike] vertieft darin zu sein, sich gegenseitig in den Schmutz zu werfen (Wie wirft ein Hund?).
Xavier mehr Fantasie!

Sie hatte es eilig, wollte sich das [Strike] aber[/Strike] nicht anmerken lassen. Da half nur die Flucht nach vorn. Der braune (Welcher von beiden) würde am wenigsten Ärger machen. (Woher weiß sie das?)


Um 13:30 Uhr. Nachmittags sollen die Hunde hier sein, damit sie eine Chance haben, ein neues Zuhause zu finden. Sie hätten ihn aber schon um 10 abholen können. Fürs nächste Mal.
Geht gar nicht!
Um halb zwei, erklärte ihr der Pflege, denn am Nachmittag sollten die Hunde im Zwinger sein, damit sie eine Chance haben ein neues Zuhause zu bekommen. Sie könnte das Tier beim nächsten Mal um zehn abholen.



Da müsste sie [Strike] wohl[/Strike] hinterher mit dem Staubsauger seine Haare beseitigen.
Nur schnell, schnell, sonst ging ihr der Traum-Mann [Strike] noch[/Strike] durch die Lappen!
Alles nur Ideen eines Lesers der deine Geschichten verschlingt!

Klopfe morgen Mal per E-Mail an!

Ahorn
 

xavia

Mitglied
2. Rudolf

Toni kommt auf den Hund

So schnell ihre Beine sie trugen eilte sie zurück nach Hause. Wäre der wohlbekannte Fremde ihr wieder entgegengekommen, hätte es siche einen erneuten Zusammenprall gegeben, aber das Schicksal wollte es anders.
[ 5] Sie erreichte das Haus, in dem sie wohnte und erklomm die oberste Etage – drei Stockwerke zu Fuß, ihr täglicher Sport: Das war für sie ausschlaggebend gewesen, diese Wohnung zu mieten. Das, und die Aussicht auf den Fluss. Und der Preis. So günstig konnte man nahe der Innenstadt kaum anderswo wohnen. Keuchend ließ sie sich aufs Bett fallen. Als sie wieder langsamer atmen konnte, klappte sie ihren Laptop auf, der nach dem Ausdruck des Romans – ihres Romans! – im Warte-Modus bereitgelegen hatte.
[ 5] Mit schnellen Fingern tippte sie den Namen ihrer Stadt und den Suchbegriff ›Psychotherapeut‹ in die Suchmaschine ein und freute sich, dass ihr sogleich Psychotherapeuten und Psychologen angeboten wurden, manche sogar mit Foto. Allerdings umfasste die Liste 162 Personen. Keine leichte Aufgabe, den Richtigen herauszufinden. Wenn er überhaupt dabei war. Egal, irgend etwas musste sie schließlich tun, während sie auf Sarah wartete. Sie stellte eine Liste der Männer zusammen, 58 an der Zahl. ›Ein helfender Beruf und schon gibt es einen Frauenüberschuss‹, dachte sie. ›Nur gut für mich, dann habe ich nicht so viele zu überprüfen.‹ Zwei hatten ein Bild dabei, die konnte sie streichen. Die übrigen 56 druckte sie aus.
[ 5] Sechsundfünfzig Anrufe! Sollte sie sich als Patientin ausgeben und dann nach dem Aussehen des Therapeuten fragen? Wohl kaum. Eine gute Geschichte musste her! Das sollte doch ein Leichtes sein für eine Schriftstellerin!
[ 5] Darüber hinaus brauchte sie einen ›Plan B‹. Wie oft hatte sie schon in problematischen Situationen erlebt, dass erst der ›Plan B‹ zum ersehnten Erfolg führte. Vielleicht lief ihr Traum-Mann gerade in diesem Moment unten an ihrer Haustür vorbei und sie sah ihn nicht. Sie sollte draußen telefonieren, auf der Straße auf und ab gehen. – Nein, das wäre zu auffällig.
[ 5] Ein Hund musste her! So schnell wie möglich. Ein Hund ist ein wunderbarer Vorwand, auf der Straße herumzulungern. Sarah war ganz verrückt nach Tieren. Sie hatte ihr davon erzählt, dass man sich im Tierheim einen Hund oder eine Katze ausleihen konnte, wenn man sich nicht sicher war, ob man damit zurechtkam, ein Haustier zu halten. Sie war sich damals ganz sicher gewesen, dass sie kein Haustier brauchte, aber jetzt – schon hatte sie ihre Jacke und den Autoschlüssel geschnappt und eilte die Stufen hinunter. Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen.
[ 5] Froh über ihre gute Idee steckte sie die Liste mit den Telefonnummern in die Tasche für den Fall, dass sie unterwegs schon eine Gelegenheit finden würde, mit ›Plan A‹ zu beginnen.

Als Toni das Gebäude des Tierheims betrat, kam ihr eine Wolke von Tier-Geruch entgegen und eine Welle von Lebendigkeit, ein wildes Wirrwarr von Gefühlen der Tiere in den Käfigen. Fast hätte sie sofort die Flucht ergriffen, aber das kam nicht in Frage. Schließlich war dieses ihr ›Plan B‹ und der wollte vorbereitet werden. Ihr Gewissen meldete sich: ›Du nutzt diese Institution für deine Zwecke aus‹, aber sie besänftigte es: ›Beide Seiten profitieren davon‹.
[ 5] »Guten Tag, ich möchte einen Hund zum Gassi-Gehen ausleihen. Geht das? Jetzt gleich?«
[ 5] »Wir sind für jede helfende Hand dankbar. Sind Sie Mitglied in unserem Tierschutzverein? Sind Sie gegen Tetanus geimpft? Haben Sie Ihren Personalausweis dabei?« Die Frau am Empfang schien diese Liste schon oft präsentiert zu haben, denn sie wirkte ein wenig gelangweilt, brachte aber dennoch ein professionelles Lächeln zustande.
[ 5] »Alles nein, nur den Führerschein, leider. Es ist mein erstes Mal. Ich wusste das nicht mit dem Perso. Ich werde mich um alles kümmern. Bitte, machen Sie eine Ausnahme für mich! Ich bin heute morgen aufgewacht und hatte das Gefühl, dass mein Leben eine entscheidende Wendung nehmen wird. Es ist extrem wichtig für mich, das heute in die Tat umzusetzen. Ich weiß, es ist das Richtige und ich weiß, es muss jetzt sein, unbedingt heute!«
[ 5] Sie schob der hübschen jungen Frau hinter dem Tresen ihren Führerschein hinüber und setzte ihr liebstes und erfolgsgewohntestes Lächeln auf, das, mit dem sie ihre Eltern um den kleinen Finger wickeln konnte. Diese schaute sie unbeeindruckt und prüfend an.
[ 5] Toni konnte sich vorstellen, was in deren Kopf vorging: Impulsive Handlungen passen nicht zu der dauerhaften Verantwortung, die das Halten eines Haustiers bedeutete. Das Probe-Gassi-Gehen sollte ja nach Möglichkeit zu einer längeren Freundschaft mit dem betreffenden Tier führen, am besten dazu, dass das Tier ein neues Zuhause bekam. Toni versuchte, solchen Bedenken abzuhelfen:
[ 5] »Ich weiß wohl, dass ich noch manches lernen muss, aber dazu brauche ich einen Hund, das kann ich nicht allein. Ich habe mit Zimmerpflanzen angefangen, Verantwortung zu lernen. Die gedeihen jetzt ganz prächtig bei mir. Heute ist der Moment für den nächsten Schritt, der Anfang eines neuen Lebensabschnitts, das weiß ich ganz genau. Ich fühle mich reif dafür.« Sie hoffte, nicht zu dick aufgetragen zu haben, die Worte waren nur so aus ihr herausgesprudelt.
[ 5] »Na gut, dieses eine Mal. Aber merken Sie es sich für das nächste Mal. Wir haben unsere Vorschriften.«
[ 5] »Ja, klar, das verstehe ich. Ich werde eintreten in den Verein, geben Sie mir gleich ein Formular mit. Und was war das noch? Impfen? Ja, mache ich auch. Und es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor, dass ich hier ohne Perso erscheine.«
[ 5] Sie kam sich gemein vor, weil ohne ihr Zutun in ihrem Kopf der Gedanke entstand: ›Es kommt hoffentlich überhaupt nicht vor, dass ich hier noch mal erscheinen muss.‹
[ 5] Wie aus dem Nichts war ein hagerer junger Mann in Arbeitskleidung an ihre Seite getreten. »Kommen Sie, suchen Sie sich einen aus. Haben Sie Erfahrungen mit Hunden?«
[ 5] »Nein, nicht direkt. Ich … hatte mal einen Goldfisch. Als Kind.« Sie folgte dem Mann und überlegte fieberhaft, wie sie diesen schlechten Start auswetzen konnte, machte einen neuen Anlauf: »Ich habe mir immer einen Hund gewünscht, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt. Jetzt habe ich eine eigene Wohnung. Und ich will mir einen Schrebergarten zulegen.« – Armselig. Nicht besonders originell. Ach, was soll's. Das ist nur ein Helfer, der trifft hier keine Entscheidungen.

Er führte sie an einigen Hundezwingern vorbei in denen sofort einige Tiere aufgeregt zum Gitter liefen. Sicher hofften sie auf ein wenig Abwechslung. Auch in dem Zwinger, bei dem er stehenblieb, herrschte ein reges Treiben. Toni warf einen flüchtigen Blick in den Käfig. Ein kleiner weißer Hund sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften, machte einen verzweifelten Eindruck. Ein anderer, etwas größerer brauner hatte es anscheinend schon aufgegeben. Er stand nur da und blickte mäßig interessiert zu ihr herüber. Ein anderer brauner und ein gefleckter kümmerten sich gar nicht um sie. Die beiden spielten miteinander und schienen ganz vertieft darin zu sein, sich zusammen im Schmutz zu wälzen.
[ 5] Sie hatte es eilig, wollte sich das aber nicht anmerken lassen. Da half nur die Flucht nach vorn. Der einsame braune würde wohl am wenigsten Ärger machen. »Der da, der braune, kann ich den mitnehmen? Ich habe das Gefühl, der hat nur auf mich gewartet. Ich mag ihn« , log sie.
[ 5] Der Mann sah sie zweifelnd an. – Oder kam ihr das nur so vor, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte? »Wenn Sie meinen. Der wird Ihnen keine Probleme machen. Er ist sehr anspruchslos und gutmütig. Er ist schon fünf Jahre alt, zwei davon hier bei uns. Seine Besitzerin ist gestorben. Normalerweise hätte man ihn einschläfern sollen. So alte Hunde sind schwer zu vermitteln.«
[ 5] ›Oh weh, er will mir jetzt doch wohl nicht dessen ganze Lebensgeschichte erzählen?‹ dachte sie, sagte aber: »Ach, der Ärmste! Dann hat er doch einen Spaziergang verdient. Holen Sie ihn mir bitte heraus. Ich nehme ihn gleich mit. Wann muss er zurück sein?«
[ 5] »Um halb zwei«, erkklärte ihr der Pfleger, »denn am Nachmittag sollen die Hunder im Zwinger sein, damit sie eine Chance haben, ein neues Zuhause zu bekommen. – Sie hätten ihn aber schon um 10 abholen können. Fürs nächste Mal.«
[ 5] ›Ein nächstes Mal wird es hoffentlich nicht geben‹, dachte sie und kam sich wie eine Verräterin vor. Mit den Worten »Ah ja, gut zu wissen, danke« nahm sie die Leine entgegen und wandte sich schnell dem Ausgang zu. Der braune Hund folgte ihr ohne zu zögern.
[ 5] »Sein Name ist Rudolf!« rief der dünne Mann ihr hinterher. – Noch so ein Fauxpas, dass sie nicht danach gefragt hatte!
[ 5] »Ja, klar, danke schön und bis nachher!« – Schlimmer ging es ja nun wohl wirklich nicht. Sie kam sich schrecklich blöd vor, als sie der freundlichen Dame an der Rezeption möglichst fröhlich zuwinkte und mit Rudolf das Haus verließ.

Der dünne Mann hatte nicht übertrieben: Rudolf war wirklich so unkompliziert, wie er ihn angepriesen hatte. Brav sprang er auf die Rückbank ihres Minis, als sie den Vordersitz vorklappte. Er benahm sich, als sei er immer schon in Kleinwagen durch die Gegend gefahren worden und legte sich dort nieder. Eine Hundedecke hätte sie mitnehmen sollen, Mist. Da müsste sie hinterher mit dem Staubsauger seine Haare beseitigen.
[ 5] Egal. Nur schnell, schnell, sonst ging ihr der Traum-Mann durch die Lappen! Was die Parkplatz-Suche anging, schien heute ihr Tag zu sein: Sie fand einen freien Platz direkt vor ihrer Haustür, ein seltener Glücksfall um diese Zeit. Zufrieden machte sie sich mit Rudolf auf den Weg. Sie gingen zum Briefkasten, verweilten dort eine Zeitlang, als wenn der Hund sein Geschäft machen wollte. Da fiel ihr ein, dass sie gar nicht an Plastikbeutel gedacht hatte. Was, wenn er nun wirklich sein Geschäft machte? Als er verdächtig lange an einer Stelle schnupperte, zog sie ihn eilig fort, ging mit ihm zurück bis zu ihrem Haus und noch ein Stück weiter, bis die Straße sich gabelte und sie nicht wusste, welche Richtung ihr Traum-Mann nach dem Zusammenstoß eingeschlagen hatte. Dann ging es zurück zum Briefkasten und noch ein Stück weiter und wieder denselben Weg zurück. Hoffentlich sah niemand aus dem Fenster. Rudolf schien es nicht zu stören, dass es immer derselbe Weg war. Er schnüffelte begeistert an immer denselben Stellen der Häuser, die er längst schon selbst markiert hatte, las sicherlich ganze Geschichten mit seiner Nase dort ab. Toni überlegte sich derweil eine Geschichte, die sie den Sprechstundenhilfen der Psychotherapeuten auftischen wollte. Dann wählte sie die erste Nummer auf ihrer Liste.
 

xavia

Mitglied
Hallo Ahorn,

Bitte verzeihe mir im Voraus, dass meine Kommentare ein kleines wenig überspitz sind!
Kein Problem, tu dir keinen Zwang an. Ich bin dankbar, dass du so aufmerksam liest und mein Text gewinnt durch deine Kommentare, so oder so.

Hier kommen nun meine Anmerkungen zu deinen Anmerkungen.

nachhause: Nicht falsch, aber vom Duden empfohlene Schreibweise:
nach Hause

der nach dem Ausdruck des Romans – ihres Romans! (interessiert das irgendwen.)
Ja, es interessiert Toni, aus deren Sicht ich schreibe. Für sie ist der Laptop sofort eine Erinnerung an ihren Roman.

Allerdings umfasste die Liste 162 Personen.
[strike]allerdings[/strike] Die Liste umfasste 162 Personen.
Das Wort „allerdings“ soll ausdrücken, dass sie es trotz der Fotos nicht leicht haben würde.

Hier und da hast du Streichungen vorgenommen, wo mir die Betonung wichtig ist. Zum Beispiel:
Sie war sich damals ganz sicher gewesen,
Ich könnte „ganz“ in italic setzen, aber weglassen möchte ich es nicht, es drückt ja etwas aus, das ich sagen möchte.

Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen (Ist ja schön, aber interessiert das jemanden?).
Wenn ich das weglasse, wird mir jemand vorwerfen, dass eine Frau, die sich nicht für Tiere interessiert, wohl kaum ohne Recherche aus dem Haus laufen kann und das Tierheim findet.

Ich weiß nicht? Bin ja keine Frau. Die ich kenne, packen erst ihre Handtasche, bevor sie das Haus verlassen.
Oh. Ja, meine Mutter hat zwei Handtaschen dabei, wenn sie hinausgeht. Die sind beide schon gepackt. Aber ich nehme normalerweise keine mit. Toni auch nicht.
Bei der Gelegenheit: Du nennst mich „Xavier“, warum eigentlich?

Zeig ihre Fröhlichkeit, lasse sie tanzen.
Zum Tanzen hat sie jetzt keine Zeit, es ist ihr eilig, ihre Pläne umzusetzen.

Toni betrat das Tierheim, ein Geruch aus einer Mischung von Tierkot und vergammelten Hundefutters kroch ihr in die Nase. Kläffende Mäuler sprangen an die Gitterstäbe und Unmengen von ausgemergelten Katze stritten um das letzte Futter.
Brr, in welchem Tierheim warst du denn? Schick doch mal den Tierschutz-Verein dort vorbei!

verbat sie sich ? verbot sie sich (habe ich jetzt anders gelöst)

Wenig interessiert guckte Toni in den Käfig (Ein Hundezwinger ist ein Käfig!)
Das verstehe ich nicht: Ja, ein Hundezwinger ist ein Käfig. Und da guckte sie wenig interessiert hinein.

Ein kleiner weißer Hund gebärdete sich besonders wild (Bisschen schleimig) tollte am wildesten. Er sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften. , machte einen verzweifelten Eindruck (Beschreiben oder weglassen!).
Ich habe das Verhalten des Hundes beschrieben und danach den Eindruck benannt, den Toni davon hatte. Was, wenn nicht das, meinst du mit „Beschreiben“?
Mit „tollte am wildesten“ assoziiere ich ein sinnloses Im-Kreis-Herumlaufen. Dieser hat aber ein Ziel.

Zu den Hunderassen: Ja, die gibt es. In Tierheimen sind es aber meistens keine Rassehunde. Und selbst wenn, würde Toni die nicht kennen. Ich schreibe ja aus ihrer Perspektive. Sie ist keine Tierfreundin.
Und meinst du wirklich, dass es von Fantasie kundete, wenn ich anstelle eines weiteren braunen Hundes (viele sind eben braun) einen schwarzen kreieren würde?

Sie hatte es eilig, wollte sich das [strike]aber[/strike] nicht anmerken lassen.
Das „aber“ will ich nicht streichen, das würde den Sinn entstellen. Denkbar wäre in anderer Situation ohne „aber“ so etwas wie:
„Sie hatte es eilig, wollte sich noch die Haare ondulieren lassen.“
Hier geht es (aber) um einen Zwiespalt. Auf letzteres „aber“ könnte ich verzichten ;)

Ansonsten: Einverstanden und umformuliert. Vielen Dank und herzliche Grüße Xavia.
 

ahorn

Mitglied
Hallo Xavia,

du fragtest was ich unter Beschreibung meinte.
Alles ist erlaubt!
Du sagst du schreibst aus Sicht von Toni. Gut so!
Dennoch macht es manchmal Sinn, wenn du in der dritten Person schreibst, die Möglichkeiten des Erzählers auszunutzen. Beispiel Hunde. Sie weiß es nicht, aber vielleicht der Erzähler, denn für den Leser sind ohne Anhaltspunkte nach ein paar Sätzen alle Katzen grau.

Ahorn
 

xavia

Mitglied
Hallo Ahorn,
es mag sein, dass alles erlaubt ist, aber ich möchte die Perspektiven nicht vermischen. Es ist noch nicht so lange her, dass ich gelernt habe, sie zu erkennen und bevor ich sie nicht beherrsche, will ich nicht dagegen verstoßen. Du kannst bei FrankK nachlesen, was es damit auf sich hat, ich finde diese Einteilung sehr hilfreich und die Beschränkung auf jeweils eine Perspektive gerechtfertigt. https://www.leselupe.de/lw/titel-Wer-hat-s-erzaehlt------Die-Erzaehlperspektive-132418.htm
Ich hoffe, Toni hat auch ohne dass sie sich mit Hunderassen auskennt genug zu bieten ;)
LG Xavia.
 

xavia

Mitglied
2. Rudolf

Toni kommt auf den Hund

So schnell ihre Beine sie trugen eilte sie zurück nach Hause. Wäre der wohlbekannte Fremde ihr wieder entgegengekommen, hätte es sicher einen erneuten Zusammenprall gegeben, aber das Schicksal wollte es anders.
[ 5] Sie erreichte das Haus, in dem sie wohnte und erklomm die oberste Etage – drei Stockwerke zu Fuß, ihr täglicher Sport: Das war für sie ausschlaggebend gewesen, diese Wohnung zu mieten. Das, und die Aussicht auf den Fluss. Und der Preis. So günstig konnte man nahe der Innenstadt kaum anderswo wohnen. Keuchend ließ sie sich aufs Bett fallen. Vielleicht sollte sie sich neben dem Treppensteigen noch für eine weitere Sportart entscheiden. Als sie wieder langsamer atmen konnte, setzte sie sich an den Schreibtisch, wo ihr Laptop noch im Warte-Modus bereitlag.
[ 5] Mit schnellen Fingern tippte sie den Namen ihrer Stadt und den Suchbegriff ›Psychotherapeut‹ in die Suchmaschine ein und freute sich, dass ihr sogleich Psychotherapeuten und Psychologen angeboten wurden, manche sogar mit Foto. Allerdings umfasste die Liste 162 Personen. Keine leichte Aufgabe, den Richtigen herauszufinden. Wenn er überhaupt dabei war. Egal, irgend etwas musste sie schließlich tun, während sie auf die Lagebesprechung mit ihrer Freundin Sarah wartete. Sie stellte eine Liste der Männer zusammen, 58 an der Zahl. ›Ein helfender Beruf und schon gibt es einen Frauenüberschuss‹, dachte sie mit gerunzelter Stirn. ›Nur gut für mich, dann habe ich nicht so viele zu überprüfen.‹ Zwei hatten ein Bild dabei, die konnte sie streichen. Die übrigen 56 druckte sie aus.
[ 5] Sechsundfünfzig Anrufe! Sollte sie sich als Patientin ausgeben und dann nach dem Aussehen des Therapeuten fragen? Wohl kaum. Eine gute Geschichte musste her! Das sollte doch ein Leichtes sein für eine Schriftstellerin!
[ 5] Darüber hinaus brauchte sie einen ›Plan B‹. Wie oft hatte sie schon erlebt, dass erst der ›Plan B‹ zum ersehnten Erfolg führte. Vielleicht lief ihr Traum-Mann gerade in diesem Moment unten an ihrer Haustür vorbei. Sie sollte draußen telefonieren, auf der Straße auf und ab gehen. – Nein, das wäre zu auffällig, die Nachbarn würden reden.
[ 5] Ein Hund musste her! So schnell wie möglich. Ein Hund ist ein wunderbarer Vorwand, auf der Straße herumzulungern. Sarah war ganz verrückt nach Tieren. Sie hatte ihr davon erzählt, dass man sich im Tierheim einen Hund oder eine Katze ausleihen konnte, wenn man sich nicht sicher war, ob man damit zurechtkam, ein Haustier zu halten. Sie war sich damals ganz sicher gewesen, dass sie kein Haustier brauchte, aber jetzt – schon hatte sie ihre Jacke, die Liste mit den Telefonnummern und den Autoschlüssel geschnappt und eilte die Stufen hinunter. Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen.

Als Toni das Gebäude des Tierheims betrat, kam ihr eine Wolke von Tier-Geruch entgegen und eine Welle von Lebendigkeit, ein wildes Wirrwarr von Gefühlen der Tiere in den Käfigen. Fast hätte sie sofort die Flucht ergriffen, aber das kam nicht in Frage. Schließlich wollte ihr ›Plan B‹ vorbereitet werden. Sie sah eine hübsche junge Frau mit kupferrotem, glänzenden Haar hinter einem Tresen sitzen und auf geschäftig einen Monitor blicken. Ihr Gewissen meldete sich: ›Du nutzt diese Institution für deine Zwecke aus‹. Aber sie besänftigte es: ›Beide Seiten profitieren davon‹ und ging zu dem Tresen hinüber.
[ 5] »Guten Tag, ich möchte einen Hund zum Gassi-Gehen ausleihen. Geht das? Jetzt gleich?«
[ 5] »Wir sind für jede helfende Hand dankbar. Sind Sie Mitglied in unserem Tierschutzverein? Sind Sie gegen Tetanus geimpft? Haben Sie Ihren Personalausweis dabei?« Die Frau schien diese Liste schon oft präsentiert zu haben, denn sie wirkte ein wenig gelangweilt, brachte aber dennoch ein professionelles Lächeln zustande.
[ 5] Toni setzte ihr liebstes und erfolgsgewohntestes Lächeln auf, das, mit dem sie ihre Eltern um den kleinen Finger wickeln konnte. Sie blickte der Frau direkt in ihre schönen tiefbraunen Augen und gestand: »Alles nein, nur den Führerschein, leider. Es ist mein erstes Mal. Ich wusste das nicht mit dem Perso. Ich werde mich um alles kümmern. Bitte, machen Sie eine Ausnahme für mich! Ich bin heute morgen aufgewacht und hatte das Gefühl, dass mein Leben eine entscheidende Wendung nehmen wird. Es ist extrem wichtig für mich, das heute in die Tat umzusetzen. Ich weiß, es ist das Richtige und ich weiß, es muss jetzt sein, unbedingt heute!« Sie schob ihren Führerschein über den Tresen. Die Empfangsdame schaute sie unbeeindruckt und prüfend an.
[ 5] Toni konnte sich vorstellen, was in deren Kopf vorging: Impulsive Handlungen passen nicht zu der dauerhaften Verantwortung, die das Halten eines Haustiers bedeutete. Das Probe-Gassi-Gehen sollte ja nach Möglichkeit zu einer längeren Freundschaft mit dem betreffenden Tier führen, am besten dazu, dass das Tier ein neues Zuhause bekam. Toni versuchte, solchen Bedenken abzuhelfen:
[ 5] »Ich weiß wohl, dass ich noch manches lernen muss, aber dazu brauche ich einen Hund, das kann ich nicht allein. Ich habe mit Zimmerpflanzen angefangen, Verantwortung zu lernen. Die gedeihen jetzt ganz prächtig bei mir. Heute ist der Moment für den nächsten Schritt, der Anfang eines neuen Lebensabschnitts, das weiß ich ganz genau. Ich fühle mich reif dafür.« Sie hoffte, nicht zu dick aufgetragen zu haben, die Worte waren nur so aus ihr herausgesprudelt.
[ 5] »Na gut, dieses eine Mal. Aber merken Sie es sich für das nächste Mal. Wir haben unsere Vorschriften.«
[ 5] »Ja, klar, das verstehe ich. Ich werde eintreten in den Verein, geben Sie mir gleich ein Formular mit. Und was war das noch? Impfen? Ja, mache ich auch. Und es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor, dass ich hier ohne Perso erscheine.«
[ 5] Sie kam sich gemein vor, weil ohne ihr Zutun in ihrem Kopf der Gedanke entstand: ›Es kommt hoffentlich überhaupt nicht vor, dass ich hier noch mal erscheinen muss.‹
[ 5] Wie aus dem Nichts war ein hagerer junger Mann in Arbeitskleidung an ihre Seite getreten. »Kommen Sie, suchen Sie sich einen aus. Haben Sie Erfahrungen mit Hunden?«
[ 5] »Nein, nicht direkt. Ich … hatte mal einen Goldfisch. Als Kind.« Sie folgte dem Mann und überlegte fieberhaft, wie sie diesen schlechten Start auswetzen konnte, machte einen neuen Anlauf: »Ich habe mir immer einen Hund gewünscht, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt. Jetzt habe ich eine eigene Wohnung. Und ich will mir einen Schrebergarten zulegen.« – Armselig. Nicht besonders originell. Ach, was soll's. Das ist nur ein Stallbursche, der trifft hier keine Entscheidungen.

Er führte sie an einigen Hundezwingern vorbei in denen sofort einige Tiere aufgeregt zum Gitter liefen. Sicher hofften sie auf Abwechslung. Auch in dem Zwinger, bei dem er stehenblieb, herrschte ein reges Treiben. Toni warf einen flüchtigen Blick in den Käfig. Ein kleiner weißer Hund sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften, machte einen verzweifelten Eindruck. Ein anderer, etwas größerer brauner hatte es anscheinend schon aufgegeben. Er stand nur da und blickte mäßig interessiert zu ihr herüber. Ein anderer brauner und ein gefleckter kümmerten sich gar nicht um sie. Die beiden spielten miteinander und schienen ganz vertieft darin zu sein, sich zusammen im Schmutz zu wälzen.
[ 5] Sie hatte es eilig, wollte sich das aber nicht anmerken lassen. Da half nur die Flucht nach vorn. Der einsame braune Hund würde wohl am wenigsten Ärger machen. »Der da, der braune, kann ich den mitnehmen? Ich habe das Gefühl, der hat nur auf mich gewartet. Ich mag ihn« , log sie.
[ 5] Der Mann sah sie zweifelnd an. – Oder kam ihr das nur so vor, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte? »Wenn Sie meinen. Der wird Ihnen keine Probleme machen. Er ist sehr anspruchslos und gutmütig. Er ist schon fünf Jahre alt, zwei davon hier bei uns. Seine Besitzerin ist gestorben. Normalerweise hätte man ihn eingeschläfert. So alte Hunde sind schwer zu vermitteln.«
[ 5] ›Oh weh, er will mir jetzt doch wohl nicht dessen ganze Lebensgeschichte erzählen?‹ dachte sie, sagte aber: »Ach, der Ärmste! Dann hat er doch einen Spaziergang verdient. Holen Sie ihn mir bitte heraus. Ich nehme ihn gleich mit. Wann muss er zurück sein?«
[ 5] »Um halb zwei«, erklärte ihr der Pfleger, »denn am Nachmittag sollen die Hunder im Zwinger sein, damit sie eine Chance haben, ein neues Zuhause zu bekommen. – Sie hätten ihn aber schon um 10 abholen können. Fürs nächste Mal.«
[ 5] ›Ein nächstes Mal wird es hoffentlich nicht geben‹, dachte sie und kam sich wie eine Verräterin vor. Mit den Worten »Ah ja, gut zu wissen, danke« nahm sie die Leine entgegen und wandte sich schnell dem Ausgang zu. Der braune Hund folgte ihr ohne zu zögern.
[ 5] »Sein Name ist Rudolf!« rief der dünne Mann ihr hinterher. – Noch so ein Fauxpas, dass sie nicht danach gefragt hatte!
[ 5] »Ja, klar, danke schön und bis nachher!« – Schlimmer ging es ja nun wohl wirklich nicht. Sie kam sich schrecklich blöd vor, als sie der freundlichen Dame an der Rezeption möglichst fröhlich zuwinkte und mit Rudolf das Haus verließ.

Der dünne Mann hatte nicht übertrieben: Rudolf war wirklich so unkompliziert, wie er ihn angepriesen hatte. Brav sprang er auf die Rückbank ihres Minis, als sie den Vordersitz vorklappte. Er benahm sich, als sei er immer schon in Kleinwagen durch die Gegend gefahren worden und legte sich dort nieder. Eine Hundedecke hätte sie mitnehmen sollen, Mist. Da müsste sie hinterher mit dem Staubsauger seine Haare beseitigen.
[ 5] Egal. Nur schnell, schnell, sonst ging ihr der Traum-Mann durch die Lappen! Was die Parkplatz-Suche anging, schien heute ihr Tag zu sein: Sie fand einen freien Platz direkt vor ihrer Haustür, ein seltener Glücksfall um diese Zeit. Zufrieden machte sie sich mit Rudolf auf den Weg. Sie gingen zum Briefkasten, verweilten dort eine Zeitlang, als wenn der Hund sein Geschäft machen wollte. Da fiel ihr ein, dass sie gar nicht an Plastikbeutel gedacht hatte. Was, wenn er nun wirklich sein Geschäft machte? Als er verdächtig lange an einer Stelle schnupperte, zog sie ihn eilig fort, ging mit ihm zurück bis zu ihrem Haus und noch ein Stück weiter, bis die Straße sich gabelte und sie nicht wusste, welche Richtung ihr Traum-Mann nach dem Zusammenstoß eingeschlagen hatte. Dann ging es zurück zum Briefkasten und noch ein Stück weiter und wieder denselben Weg zurück. Hoffentlich sah niemand längere Zeit aus dem Fenster. Rudolf schien es nicht zu stören, dass es immer derselbe Weg war. Er schnüffelte begeistert an immer denselben Stellen der Häuser, die er längst schon selbst markiert hatte, las sicherlich ganze Geschichten mit seiner Nase dort ab. Toni überlegte sich derweil eine Geschichte, die sie den Sprechstundenhilfen der Psychotherapeuten auftischen wollte. Dann wählte sie die erste Nummer auf ihrer Liste.
 

xavia

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2. Rudolf

Toni kommt auf den Hund

So schnell ihre Beine sie trugen eilte sie zurück nach Hause. Wäre der wohlbekannte Fremde ihr wieder entgegengekommen, hätte es sicher einen erneuten Zusammenprall gegeben, aber das Schicksal wollte es anders.
[ 5] Sie erreichte das Haus, in dem sie wohnte und erklomm die oberste Etage – drei Stockwerke zu Fuß, ihr täglicher Sport: Das war für sie ausschlaggebend gewesen, diese Wohnung zu mieten. Das, und die Aussicht auf den Fluss. Und der Preis. So günstig konnte man nahe der Innenstadt kaum anderswo wohnen. Keuchend ließ sie sich aufs Bett fallen. Vielleicht sollte sie sich neben dem Treppensteigen noch für eine weitere Sportart entscheiden. Als sie wieder langsamer atmen konnte, setzte sie sich an den Schreibtisch, wo ihr Laptop noch im Warte-Modus bereitlag.
[ 5] Mit schnellen Fingern tippte sie den Namen ihrer Stadt und den Suchbegriff ›Psychotherapeut‹ in die Suchmaschine ein und freute sich, dass ihr sogleich Psychotherapeuten und Psychologen angeboten wurden, manche sogar mit Foto. Allerdings umfasste die Liste 162 Personen. Keine leichte Aufgabe, den Richtigen herauszufinden. Wenn er überhaupt dabei war. Egal, irgend etwas musste sie schließlich tun, während sie auf die Lagebesprechung mit ihrer Freundin Sarah wartete. Sie stellte eine Liste der Männer zusammen, 58 an der Zahl. ›Ein helfender Beruf und schon gibt es einen Frauenüberschuss‹, dachte sie mit gerunzelter Stirn. ›Nur gut für mich, dann habe ich nicht so viele zu überprüfen.‹ Zwei hatten ein Bild dabei, die konnte sie streichen. Die übrigen 56 druckte sie aus.
[ 5] Sechsundfünfzig Anrufe! Sollte sie sich als Patientin ausgeben und dann nach dem Aussehen des Therapeuten fragen? Wohl kaum. Eine gute Geschichte musste her! Das sollte doch ein Leichtes sein für eine Schriftstellerin!
[ 5] Darüber hinaus brauchte sie einen ›Plan B‹. Wie oft hatte sie schon erlebt, dass erst der ›Plan B‹ zum ersehnten Erfolg führte. Vielleicht lief ihr Traum-Mann gerade in diesem Moment unten an ihrer Haustür vorbei. Sie sollte draußen telefonieren, auf der Straße auf und ab gehen. – Nein, das wäre zu auffällig, die Nachbarn würden reden.
[ 5] Ein Hund musste her! So schnell wie möglich. Ein Hund ist ein wunderbarer Vorwand, auf der Straße herumzulungern. Sarah war ganz verrückt nach Tieren. Sie hatte ihr davon erzählt, dass man sich im Tierheim einen Hund oder eine Katze ausleihen konnte, wenn man sich nicht sicher war, ob man damit zurechtkam, ein Haustier zu halten. Sie war sich damals ganz sicher gewesen, dass sie kein Haustier brauchte, aber jetzt – schon hatte sie ihre Jacke, die Liste mit den Telefonnummern und den Autoschlüssel geschnappt und eilte die Stufen hinunter. Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen.

Als Toni das Gebäude des Tierheims betrat, kam ihr eine Wolke von Tier-Geruch entgegen und eine Welle von Lebendigkeit, ein wildes Wirrwarr von Gefühlen der Tiere in den Käfigen. Fast hätte sie sofort die Flucht ergriffen, aber das kam nicht in Frage. Schließlich wollte ihr ›Plan B‹ vorbereitet werden. Sie sah eine hübsche junge Frau mit kupferrotem, glänzenden Haar hinter einem Tresen sitzen und auf geschäftig einen Monitor blicken. Ihr Gewissen meldete sich: ›Du nutzt diese Institution für deine Zwecke aus‹. Aber sie besänftigte es: ›Beide Seiten profitieren davon‹ und ging zu dem Tresen hinüber.
[ 5] »Guten Tag, ich möchte einen Hund zum Gassi-Gehen ausleihen. Geht das? Jetzt gleich?«
[ 5] »Wir sind für jede helfende Hand dankbar. Sind Sie Mitglied in unserem Tierschutzverein? Sind Sie gegen Tetanus geimpft? Haben Sie Ihren Personalausweis dabei?« Die Frau schien diese Liste schon oft präsentiert zu haben, denn sie wirkte ein wenig gelangweilt, brachte aber dennoch ein professionelles Lächeln zustande.
[ 5] Toni setzte ihr liebstes und erfolgsgewohntestes Lächeln auf, das, mit dem sie ihre Eltern um den kleinen Finger wickeln konnte. Sie blickte der Frau direkt in ihre schönen tiefbraunen Augen und gestand: »Alles nein, nur den Führerschein, leider. Es ist mein erstes Mal. Ich wusste das nicht mit dem Perso. Ich werde mich um alles kümmern. Bitte, machen Sie eine Ausnahme für mich! Ich bin heute morgen aufgewacht und hatte das Gefühl, dass mein Leben eine entscheidende Wendung nehmen wird. Es ist extrem wichtig für mich, das heute in die Tat umzusetzen. Ich weiß, es ist das Richtige und ich weiß, es muss jetzt sein, unbedingt heute!« Sie schob ihren Führerschein über den Tresen. Die Empfangsdame schaute sie unbeeindruckt und prüfend an.
[ 5] Toni konnte sich vorstellen, was in deren Kopf vorging: Impulsive Handlungen passen nicht zu der dauerhaften Verantwortung, die das Halten eines Haustiers bedeutete. Das Probe-Gassi-Gehen sollte ja nach Möglichkeit zu einer längeren Freundschaft mit dem betreffenden Tier führen, am besten dazu, dass das Tier ein neues Zuhause bekam. Toni versuchte, solchen Bedenken abzuhelfen:
[ 5] »Ich weiß wohl, dass ich noch manches lernen muss, aber dazu brauche ich einen Hund, das kann ich nicht allein. Ich habe mit Zimmerpflanzen angefangen, Verantwortung zu lernen. Die gedeihen jetzt ganz prächtig bei mir. Heute ist der Moment für den nächsten Schritt, der Anfang eines neuen Lebensabschnitts, das weiß ich ganz genau. Ich fühle mich reif dafür.« Sie hoffte, nicht zu dick aufgetragen zu haben, die Worte waren nur so aus ihr herausgesprudelt.
[ 5] »Na gut, dieses eine Mal. Aber merken Sie es sich für das nächste Mal. Wir haben unsere Vorschriften.«
[ 5] »Ja, klar, das verstehe ich. Ich werde eintreten in den Verein, geben Sie mir gleich ein Formular mit. Und was war das noch? Impfen? Ja, mache ich auch. Und es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor, dass ich hier ohne Perso erscheine.«
[ 5] Sie kam sich gemein vor, weil ohne ihr Zutun in ihrem Kopf der Gedanke entstand: ›Es kommt hoffentlich überhaupt nicht vor, dass ich hier noch mal erscheinen muss.‹
[ 5] Wie aus dem Nichts war ein hagerer junger Mann in Arbeitskleidung an ihre Seite getreten. »Kommen Sie, suchen Sie sich einen aus. Haben Sie Erfahrungen mit Hunden?«
[ 5] »Nein, nicht direkt. Ich … hatte mal einen Goldfisch. Als Kind.« Sie folgte dem Mann und überlegte fieberhaft, wie sie diesen schlechten Start auswetzen konnte, machte einen neuen Anlauf: »Ich habe mir immer einen Hund gewünscht, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt. Jetzt habe ich eine eigene Wohnung. Und ich will mir einen Schrebergarten zulegen.« – Armselig. Nicht besonders originell. Ach, was soll's. Das ist nur ein Stallbursche, der trifft hier keine Entscheidungen.

Er führte sie an einigen Hundezwingern vorbei in denen sofort einige Tiere aufgeregt zum Gitter liefen. Sicher hofften sie auf Abwechslung. Auch in dem Zwinger, bei dem er stehenblieb, herrschte ein reges Treiben. Toni warf einen flüchtigen Blick in den Käfig. Ein kleiner weißer Hund sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften, machte einen verzweifelten Eindruck. Ein anderer, etwas größerer brauner hatte es anscheinend schon aufgegeben. Er stand nur da und blickte mäßig interessiert zu ihr herüber. Ein anderer brauner und ein gefleckter kümmerten sich gar nicht um sie. Die beiden spielten miteinander und schienen ganz vertieft darin zu sein, sich zusammen im Schmutz zu wälzen.
[ 5] Sie hatte es eilig, wollte sich das aber nicht anmerken lassen. Da half nur die Flucht nach vorn. Der einsame braune Hund würde wohl am wenigsten Ärger machen. »Der da, der braune, kann ich den mitnehmen? Ich habe das Gefühl, der hat nur auf mich gewartet. Ich mag ihn« , log sie.
[ 5] Der Mann sah sie zweifelnd an. – Oder kam ihr das nur so vor, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte? »Wenn Sie meinen. Der wird Ihnen keine Probleme machen. Er ist sehr anspruchslos und gutmütig. Er ist schon fünf Jahre alt, zwei davon hier bei uns. Seine Besitzerin ist gestorben. Normalerweise hätte man ihn eingeschläfert. So alte Hunde sind schwer zu vermitteln.«
[ 5] ›Oh weh, er will mir jetzt doch wohl nicht dessen ganze Lebensgeschichte erzählen?‹ dachte sie, sagte aber: »Ach, der Ärmste! Dann hat er doch einen Spaziergang verdient. Holen Sie ihn mir bitte heraus. Ich nehme ihn gleich mit. Wann muss er zurück sein?«
[ 5] »Um halb zwei«, erklärte ihr der Pfleger, »denn am Nachmittag sollen die Hunder im Zwinger sein, damit sie eine Chance haben, ein neues Zuhause zu bekommen. – Sie hätten ihn aber schon um 10 abholen können. Fürs nächste Mal.«
[ 5] ›Ein nächstes Mal wird es hoffentlich nicht geben‹, dachte sie und kam sich wie eine Verräterin vor. Mit den Worten »Ah ja, gut zu wissen, danke« nahm sie die Leine entgegen und wandte sich schnell dem Ausgang zu. Der braune Hund folgte ihr ohne zu zögern.
[ 5] »Sein Name ist Rudolf!« rief der dünne Mann ihr hinterher. – Noch so ein Fauxpas, dass sie nicht danach gefragt hatte!
[ 5] »Ja, klar, danke schön und bis nachher!« – Schlimmer ging es ja nun wohl wirklich nicht. Sie kam sich schrecklich blöd vor, als sie der freundlichen Dame an der Rezeption möglichst fröhlich zuwinkte und mit Rudolf das Haus verließ.

Der dünne Mann hatte nicht übertrieben: Rudolf war wirklich so unkompliziert, wie er ihn angepriesen hatte. Brav sprang er auf die Rückbank ihres Minis, als sie den Vordersitz vorklappte. Er benahm sich, als sei er immer schon in Kleinwagen durch die Gegend gefahren worden und legte sich dort nieder. Eine Hundedecke hätte sie mitnehmen sollen, Mist. Da müsste sie hinterher mit dem Staubsauger seine Haare beseitigen.
[ 5] Egal. Nur schnell, schnell, sonst ging ihr der Traum-Mann durch die Lappen! Was die Parkplatz-Suche anging, schien heute ihr Tag zu sein: Sie fand einen freien Platz direkt vor ihrer Haustür, ein seltener Glücksfall um diese Zeit. Zufrieden machte sie sich mit Rudolf auf den Weg. Sie gingen zum Briefkasten, verweilten dort eine Zeitlang, als wenn der Hund sein Geschäft machen wollte. Da fiel ihr ein, dass sie gar nicht an Plastikbeutel gedacht hatte. Was, wenn er nun wirklich sein Geschäft machte? Als er verdächtig lange an einer Stelle schnupperte, zog sie ihn eilig fort, ging mit ihm zurück bis zu ihrem Haus und noch ein Stück weiter, bis die Straße sich gabelte und sie nicht wusste, welche Richtung ihr Traum-Mann nach dem Zusammenstoß eingeschlagen hatte. Dann ging es zurück zum Briefkasten und noch ein Stück weiter und wieder denselben Weg zurück. Hoffentlich sah niemand längere Zeit aus dem Fenster. Rudolf schien es nicht zu stören, dass es immer derselbe Weg war. Er schnüffelte begeistert an immer denselben Stellen der Häuser, die er längst schon selbst markiert hatte, las sicherlich ganze Geschichten mit seiner Nase dort ab. Toni überlegte sich derweil eine Geschichte, die sie den Sprechstundenhilfen der Psychotherapeuten auftischen wollte. Dann wählte sie die erste Nummer auf ihrer Liste.

Weiter zu 3. Langeweile
 

xavia

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2. Rudolf

Toni kommt auf den Hund

So schnell ihre Beine sie trugen eilte sie zurück nach Hause. Wäre der wohlbekannte Fremde ihr wieder entgegengekommen, hätte es sicher einen erneuten Zusammenprall gegeben, aber das Schicksal wollte es anders.
[ 5] Sie erreichte das Haus, in dem sie wohnte und erklomm die oberste Etage – drei Stockwerke zu Fuß, ihr täglicher Sport: Das war für sie ausschlaggebend gewesen, diese Wohnung zu mieten. Das, und die Aussicht auf den Fluss. Und der Preis. So günstig konnte man nahe der Innenstadt kaum anderswo wohnen. Keuchend ließ sie sich aufs Bett fallen. Vielleicht sollte sie sich neben dem Treppensteigen noch für eine weitere Sportart entscheiden. Als sie wieder langsamer atmen konnte, setzte sie sich an den Schreibtisch, wo ihr Laptop noch im Warte-Modus bereitlag.
[ 5] Mit schnellen Fingern tippte sie den Namen ihrer Stadt und den Suchbegriff ›Psychotherapeut‹ in die Suchmaschine ein und freute sich, dass ihr sogleich Psychotherapeuten und Psychologen angeboten wurden, manche sogar mit Foto. Allerdings umfasste die Liste 162 Personen. Keine leichte Aufgabe, den Richtigen herauszufinden. Wenn er überhaupt dabei war. Egal, irgend etwas musste sie schließlich tun, während sie auf die Lagebesprechung mit ihrer Freundin Sarah wartete. Sie stellte eine Liste der Männer zusammen, 58 an der Zahl. ›Ein helfender Beruf und schon gibt es einen Frauenüberschuss‹, dachte sie mit gerunzelter Stirn. ›Nur gut für mich, dann habe ich nicht so viele zu überprüfen.‹ Zwei hatten ein Bild dabei, die konnte sie streichen. Die übrigen 56 druckte sie aus.
[ 5] Sechsundfünfzig Anrufe! Sollte sie sich als Patientin ausgeben und dann nach dem Aussehen des Therapeuten fragen? Wohl kaum. Eine gute Geschichte musste her! Das sollte doch ein Leichtes sein für eine Schriftstellerin!
[ 5] Darüber hinaus brauchte sie einen ›Plan B‹. Wie oft hatte sie schon erlebt, dass erst der ›Plan B‹ zum ersehnten Erfolg führte. Vielleicht lief ihr Traum-Mann gerade in diesem Moment unten an ihrer Haustür vorbei. Sie sollte draußen telefonieren, auf der Straße auf und ab gehen. – Nein, das wäre zu auffällig, die Nachbarn würden reden.
[ 5] Ein Hund musste her! So schnell wie möglich. Ein Hund ist ein wunderbarer Vorwand, auf der Straße herumzulungern. Sarah war ganz verrückt nach Tieren. Sie hatte ihr davon erzählt, dass man sich im Tierheim einen Hund oder eine Katze ausleihen konnte, wenn man sich nicht sicher war, ob man damit zurechtkam, ein Haustier zu halten. Sie war sich damals ganz sicher gewesen, dass sie kein Haustier brauchte, aber jetzt – schon hatte sie ihre Jacke, die Liste mit den Telefonnummern und den Autoschlüssel geschnappt und eilte die Stufen hinunter. Sie kannte den Weg zum Tierheim, war mit Sarah schon einmal dort gewesen.

Als Toni das Gebäude des Tierheims betrat, kam ihr eine Wolke von Tier-Geruch entgegen und eine Welle von Lebendigkeit, ein wildes Wirrwarr von Gefühlen der Tiere in den Käfigen. Fast hätte sie sofort die Flucht ergriffen, aber das kam nicht in Frage. Schließlich wollte ihr ›Plan B‹ vorbereitet werden. Sie sah eine hübsche junge Frau mit kupferrotem, glänzenden Haar hinter einem Tresen sitzen und auf geschäftig einen Monitor blicken. Ihr Gewissen meldete sich: ›Du nutzt diese Institution für deine Zwecke aus‹. Aber sie besänftigte es: ›Beide Seiten profitieren davon‹ und ging zu dem Tresen hinüber.
[ 5] »Guten Tag, ich möchte einen Hund zum Gassi-Gehen ausleihen. Geht das? Jetzt gleich?«
[ 5] »Wir sind für jede helfende Hand dankbar. Sind Sie Mitglied in unserem Tierschutzverein? Sind Sie gegen Tetanus geimpft? Haben Sie Ihren Personalausweis dabei?« Die Frau schien diese Liste schon oft präsentiert zu haben, denn sie wirkte ein wenig gelangweilt, brachte aber dennoch ein professionelles Lächeln zustande.
[ 5] Toni setzte ihr liebstes und erfolgsgewohntestes Lächeln auf, das, mit dem sie ihre Eltern um den kleinen Finger wickeln konnte. Sie blickte der Frau direkt in ihre schönen tiefbraunen Augen und gestand: »Alles nein, nur den Führerschein, leider. Es ist mein erstes Mal. Ich wusste das nicht mit dem Perso. Ich werde mich um alles kümmern. Bitte, machen Sie eine Ausnahme für mich! Ich bin heute morgen aufgewacht und hatte das Gefühl, dass mein Leben eine entscheidende Wendung nehmen wird. Es ist extrem wichtig für mich, das heute in die Tat umzusetzen. Ich weiß, es ist das Richtige und ich weiß, es muss jetzt sein, unbedingt heute!« Sie schob ihren Führerschein über den Tresen. Die Empfangsdame schaute sie unbeeindruckt und prüfend an.
[ 5] Toni konnte sich vorstellen, was in deren Kopf vorging: Impulsive Handlungen passen nicht zu der dauerhaften Verantwortung, die das Halten eines Haustiers bedeutete. Das Probe-Gassi-Gehen sollte ja nach Möglichkeit zu einer längeren Freundschaft mit dem betreffenden Tier führen, am besten dazu, dass das Tier ein neues Zuhause bekam. Toni versuchte, solchen Bedenken abzuhelfen:
[ 5] »Ich weiß wohl, dass ich noch manches lernen muss, aber dazu brauche ich einen Hund, das kann ich nicht allein. Ich habe mit Zimmerpflanzen angefangen, Verantwortung zu lernen. Die gedeihen jetzt ganz prächtig bei mir. Heute ist der Moment für den nächsten Schritt, der Anfang eines neuen Lebensabschnitts, das weiß ich ganz genau. Ich fühle mich reif dafür.« Sie hoffte, nicht zu dick aufgetragen zu haben, die Worte waren nur so aus ihr herausgesprudelt.
[ 5] »Na gut, dieses eine Mal. Aber merken Sie es sich für das nächste Mal. Wir haben unsere Vorschriften.«
[ 5] »Ja, klar, das verstehe ich. Ich werde eintreten in den Verein, geben Sie mir gleich ein Formular mit. Und was war das noch? Impfen? Ja, mache ich auch. Und es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor, dass ich hier ohne Perso erscheine.«
[ 5] Sie kam sich gemein vor, weil ohne ihr Zutun in ihrem Kopf der Gedanke entstand: ›Es kommt hoffentlich überhaupt nicht vor, dass ich hier noch mal erscheinen muss.‹
[ 5] Wie aus dem Nichts war ein hagerer junger Mann in Arbeitskleidung an ihre Seite getreten. »Kommen Sie, suchen Sie sich einen aus. Haben Sie Erfahrungen mit Hunden?«
[ 5] »Nein, nicht direkt. Ich … hatte mal einen Goldfisch. Als Kind.« Sie folgte dem Mann und überlegte fieberhaft, wie sie diesen schlechten Start auswetzen konnte, machte einen neuen Anlauf: »Ich habe mir immer einen Hund gewünscht, aber meine Eltern haben es nicht erlaubt. Jetzt habe ich eine eigene Wohnung. Und ich will mir einen Schrebergarten zulegen.« – Armselig. Nicht besonders originell. Ach, was soll's. Das ist nur ein Stallbursche, der trifft hier keine Entscheidungen.

Er führte sie an einigen Hundezwingern vorbei in denen sofort einige Tiere aufgeregt zum Gitter liefen. Sicher hofften sie auf Abwechslung. Auch in dem Zwinger, bei dem er stehenblieb, herrschte ein reges Treiben. Toni warf einen flüchtigen Blick in den Käfig. Ein kleiner weißer Hund sprang, so hoch er konnte und bellte aus Leibeskräften, machte einen verzweifelten Eindruck. Ein anderer, etwas größerer brauner hatte es anscheinend schon aufgegeben. Er stand nur da und blickte mäßig interessiert zu ihr herüber. Ein anderer brauner und ein gefleckter kümmerten sich gar nicht um sie. Die beiden spielten miteinander und schienen ganz vertieft darin zu sein, sich zusammen im Schmutz zu wälzen.
[ 5] Sie hatte es eilig, wollte sich das aber nicht anmerken lassen. Da half nur die Flucht nach vorn. Der einsame braune Hund würde wohl am wenigsten Ärger machen. »Der da, der braune, kann ich den mitnehmen? Ich habe das Gefühl, der hat nur auf mich gewartet. Ich mag ihn« , log sie.
[ 5] Der Mann sah sie zweifelnd an. – Oder kam ihr das nur so vor, weil sie ein schlechtes Gewissen hatte? »Wenn Sie meinen. Der wird Ihnen keine Probleme machen. Er ist sehr anspruchslos und gutmütig. Er ist schon fünf Jahre alt, zwei davon hier bei uns. Seine Besitzerin ist gestorben. Normalerweise hätte man ihn eingeschläfert. So alte Hunde sind schwer zu vermitteln.«
[ 5] ›Oh weh, er will mir jetzt doch wohl nicht dessen ganze Lebensgeschichte erzählen?‹ dachte sie, sagte aber: »Ach, der Ärmste! Dann hat er doch einen Spaziergang verdient. Holen Sie ihn mir bitte heraus. Ich nehme ihn gleich mit. Wann muss er zurück sein?«
[ 5] »Um halb zwei«, erklärte ihr der Pfleger, »denn am Nachmittag sollen die Hunder im Zwinger sein, damit sie eine Chance haben, ein neues Zuhause zu bekommen. – Sie hätten ihn aber schon um 10 abholen können. Fürs nächste Mal.«
[ 5] ›Ein nächstes Mal wird es hoffentlich nicht geben‹, dachte sie und kam sich wie eine Verräterin vor. Mit den Worten »Ah ja, gut zu wissen, danke« nahm sie die Leine entgegen und wandte sich schnell dem Ausgang zu. Der braune Hund folgte ihr ohne zu zögern.
[ 5] »Sein Name ist Rudolf!« rief der dünne Mann ihr hinterher. – Noch so ein Fauxpas, dass sie nicht danach gefragt hatte!
[ 5] »Ja, klar, danke schön und bis nachher!« – Schlimmer ging es ja nun wohl wirklich nicht. Sie kam sich schrecklich blöd vor, als sie der freundlichen Dame an der Rezeption möglichst fröhlich zuwinkte und mit Rudolf das Haus verließ.

Der dünne Mann hatte nicht übertrieben: Rudolf war wirklich so unkompliziert, wie er ihn angepriesen hatte. Brav sprang er auf die Rückbank ihres Minis, als sie den Vordersitz vorklappte. Er benahm sich, als sei er immer schon in Kleinwagen durch die Gegend gefahren worden und legte sich dort nieder. Eine Hundedecke hätte sie mitnehmen sollen, Mist. Da müsste sie hinterher mit dem Staubsauger seine Haare beseitigen.
[ 5] Egal. Nur schnell, schnell, sonst ging ihr der Traum-Mann durch die Lappen! Was die Parkplatz-Suche anging, schien heute ihr Tag zu sein: Sie fand einen freien Platz direkt vor ihrer Haustür, ein seltener Glücksfall um diese Zeit. Zufrieden machte sie sich mit Rudolf auf den Weg. Sie gingen zum Briefkasten, verweilten dort eine Zeitlang, als wenn der Hund sein Geschäft machen wollte. Da fiel ihr ein, dass sie gar nicht an Plastikbeutel gedacht hatte. Was, wenn er nun wirklich sein Geschäft machte? Als er verdächtig lange an einer Stelle schnupperte, zog sie ihn eilig fort, ging mit ihm zurück bis zu ihrem Haus und noch ein Stück weiter, bis die Straße sich gabelte und sie nicht wusste, welche Richtung ihr Traum-Mann nach dem Zusammenstoß eingeschlagen hatte. Dann ging es zurück zum Briefkasten und noch ein Stück weiter und wieder denselben Weg zurück. Hoffentlich sah niemand längere Zeit aus dem Fenster. Rudolf schien es nicht zu stören, dass es immer derselbe Weg war. Er schnüffelte begeistert an immer denselben Stellen der Häuser, die er längst schon selbst markiert hatte, las sicherlich ganze Geschichten mit seiner Nase dort ab. Toni überlegte sich derweil eine Geschichte, die sie den Sprechstundenhilfen der Psychotherapeuten auftischen wollte. Dann wählte sie die erste Nummer auf ihrer Liste.
 



 
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