Trautes Heim und Goldkettchen (gelöscht)

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eisblume

Gast
Hallo Val,

meine Güte, diese Geschichte hat etwas so Perfides, dass es mir am Schluss kalt den Rücken hinunter gelaufen ist.
Ich finde es klasse, wie du diese beiden alten Herrschaften zeichnest, dass sie (zumindest mir) je weiter die Geschichte voran schreitet, immer unsympathischer werden, obwohl sie eigentlich als Opfer Sympathie und Mitgefühl erwarten könnten. Wobei mir die Frau mit Silberlöckchen und ihrer betüternden Art gleich noch ein Stück weit unsympathischer ist.

Ein paar kleine Fehlerchen sind mir aufgefallen, aber nicht tragisch.

Mit dem Einstieg hatte ich übrigens kurzfristig ein kleines Problem, weil ich nicht gleich erkannte, dass jemand etwas erzählt, was jemand anderer zu ihm gesagt hat. Das hat sich dann aber schnell erklärt.

Sehr gelungen und sehr gern gelesen!

Lieben Gruß
eisblume
 

nanja

Mitglied
Hallo Val,

die Geschichte geht zu Herzen... gute Charakterschilderung, finde ich!
besonders gut gefallen mir deine Kreationen à la "Altchen" und "strahlte Sonnenschein". Ein Fehler ist mir aufgefallen: 2. Absatz, "zurecht" statt "zu Recht", müsste es heißen.
Meiner Meinung nach sind die Parts in direkter Rede etwas zu gehoben im Sprachgebrauch, besonders beim Hausherrn.
Und eine Frage blieb bei mir auch über: Warum hat das Mädchen "Papa" gesagt? Aber das war ja vermutlich beabsichtigt!

lg! nanja
 

Val Sidal

Mitglied
nanja,

danke für deinen Kommentar.
Zu deiner Bemerkung:
Meiner Meinung nach sind die Parts in direkter Rede etwas zu gehoben im Sprachgebrauch, besonders beim Hausherrn.
Die Routine, mit der die Gastgeber dem Fernsehteam begegnen, lässt mich denken, dass sie mit der Situation vertraut sind: sie haben ihre Geschichte schon oft erzählt, vielleicht sogar Berichte gehört/gelesen. Hinzu kommt, dass die Geschichte von Profis zu Werbezwecken verarbeitet wurde:
Anschließend betrieb ich eine kleine GmbH für häusliche Sicherheit: Training, Beschaffung, Installation und Wartung. Vor drei Jahren hat mein Sohn die Firma übernommen. Übrigens: Die Videoaufnahmen verwenden wir heute noch für die Werbung im Internet und Fernsehen. Wie ich eingangs schon sagte: unser Dorf wird weiter wachsen. Aber wir sind bestens aufgestellt.“
Der letzte Satz hier deutet es an: ein Slogan, dem Hausherren irgendwann in den Mund gelegt.
Zudem liegt das Ereignis Jahre zurück, die Altchen können etwas vergessen oder hinzugefügt haben.

Diese Parameter habe ich versucht auf die Sprache der Gastgeber abzubilden.
 

nanja

Mitglied
mhm, verstehe, was du meinst. vielleicht könnte man irgendwo noch explizit darauf hinweisen, dass seine Sprache eben künstlich wirken soll, weil einstudiert, gebetsmühlenartig,... ?
muss natürlich nicht sein...
lg! nanja
 

Val Sidal

Mitglied
nanja,

die Idee
vielleicht könnte man irgendwo noch explizit darauf hinweisen, dass seine Sprache eben künstlich wirken soll, weil einstudiert, gebetsmühlenartig,... ?
finde ich gut, habe sofort aufgegriffen, bin aber (bis jetzt) gescheitert.
Die einfachen Leute bei uns im Dorf, versuchen im Gespräch mit mir in eine (wie sie vielleicht glauben) "gehobene" Sprache umzuschalten.
Es wirkt natürlich sehr hölzern, sie verändern sogar den Tonfall. Da sie dafür das Alltagsrepertoir ihres Wortschatzes verlassen müssen, machen sie Fehler, die ihnen gar nicht bewusst werden. Sowas habe ich versucht einzubauen, aber es funktionierte nicht: das Mittel schießt über das Ziel hinaus, verursacht textatmosphärische Störungen und beschädigt die Figuren.
Ich bleibe noch dran. Vielleicht finde ich etwas.

Nochmal danke für den Hinweis.
 

nanja

Mitglied
ah ja, ich weiß genau, was du meinst! hab jetzt leider auch keinen konstruktiven Vorschlag, aber es muss ja auch nicht unbedingt eingebaut werden...
 

Andraika

Mitglied
Wahnsinn ist das ein genialer Text! Er liest sich sehr flüssig und ist absolut interessant, spannend und kurzweilig!
Mir gefiel die minutiöse, detaillierte Art, wie der Mann seine Vorbereitung und den Überfall beschrieb wahnsinnig gut. Ich dachte dabei an die Zeitlupen-Technik, die in der neuen Sherlock-Holmes-Hollywood-Verfilmung eingesetzt wird. Jedenfalls lief vor meinem Auge solch ein Film in Zeitlupe ab.
Doch schon beim Erzählen spürte ich eine Diskrepanz... einerseits war da die Faszination darüber, wie präzise der Mann vorging, aber man hatte schnell das ungute Gefühl, dass da etwas im Argen war. Irgend etwas MUSSTE schief gehen.
Aber was, das konntest du bis zum letzten Absatz geheim halten, hast ein paar Andeutungen reingestreut, die nichts verrieten, aber durch das Ende perfekt erklärt wurden.
Der Letzte Absatz an sich empfand ich dann aber als etwas abrupt.
Und im Nachhinein frage ich mich: Wieso ruft das Mädchen "Papa"? Es wird wohl nicht seine Tochter sein, denn sonst hätte er sie spätestens bei Licht erkannt. Und die Schwester, die Reporterin, hätte auch eine Tochter des Ehepaar sein müssen. Ist sie augenscheinlich aber nicht. Woher hat das Mädchen dann die Goldkette, wenn sie mit dem Ehepaar so nichts zu tun hatte?
Und: wurde das Ehepaar nicht aufgeklärt, wer der "Einbrecher" war? Normal hätte es doch einen Gerichtsfall gegeben, zu dem sie als Zeugen geladen worden wären und dann hätten sie ja mitbekommen was das ganze sollte. Wieso wissen sie nicht, was tatsächlich passiert ist?
 

Val Sidal

Mitglied
Andraika,

danke für den Kommentar.
Und im Nachhinein frage ich mich: Wieso ruft das Mädchen "Papa"?
Dieser Papa-Ausruf irritiert, das sehe ich ein. Beim Erzählen der Geschichte hatte ich die Vorstellung, das Mädchen würde unbewusst und verzweifelt nach seinem Papa rufen -- ein Hilferuf.
Es wird wohl nicht seine Tochter sein, denn sonst hätte er sie spätestens bei Licht erkannt. Und die Schwester, die Reporterin, hätte auch eine Tochter des Ehepaar sein müssen. Ist sie augenscheinlich aber nicht. Woher hat das Mädchen dann die Goldkette, wenn sie mit dem Ehepaar so nichts zu tun hatte?
Richtig. Das Mädchen stammt aus dem Nachbardorf. Sie war auf die "schiefe Bahn" geraten. Bei einem seiner zahlreichen Einbrüche hatte sie das Goldkettchen mitgehen lassen.
Und: wurde das Ehepaar nicht aufgeklärt, wer der "Einbrecher" war? Normal hätte es doch einen Gerichtsfall gegeben, zu dem sie als Zeugen geladen worden wären und dann hätten sie ja mitbekommen was das ganze sollte.
Wieso wissen sie nicht, was tatsächlich passiert ist?
Der Einbruch wurde damals nicht aufgeklärt.
Die Ermittlungen wurden (wie in solchen Fällen üblich) eingestellt. Die Polizei mutmaßte, dass es "streunende rumänische Zigeuner" waren (die mittlerweile für fast alle nicht aufgeklärten Delikte herhalten müssen).
Nur die Reporterin (die Schwester des Mädchens) wusste, wie es gelaufen war -- ihre Schwester hatte es ihr gebeichtet, als sie beschloss, das Kettchen zurückzugeben.

Vielleicht beschleunigt der letzte Absatz zu sehr -- zumindest im Verhältnis zum Zeitlupen-Tempo der Ablaufschilderung.
 
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