Christopher Wallace
Mitglied
Große Gewinne begleitet von noch größeren Verlusten; jeder Sieg hat die Niederlage als Nachbarn. Unsere Leben, verzockt an Spieltischen. Entscheidungen. Karten. Chips. Dealer. Während einer lacht, trauen acht weitere. Eine Stadt, im inneren, finster wie die Nacht, wird einzig von dem künstlichen Licht, aus den LED-Röhren, am Leben gehalten. Las Vegas. Erdrückende Hitze. Falsche Hoffnungen. Casinos.
Mittendrin, ich, ein einfacher Mann, aus einfachen Verhältnissen, der einfach mal tun wollte, worauf er Lust hatte. Geplant war ein zehntägiger Urlaub. Nach dem dritten Tag wusste ich, dass es an der Zeit war abzureisen. Zu bleiben wäre fatal gewesen. 5000 Doller am ersten Tag, 10.000 am zweiten und am dritten weitere 5000; ich war mit bescheidenen 1000 Euros hierher geflogen, jetzt sollte ich das Paradies der Sünde, als glücklicher, um 20.000 US-Doller reicherer Mann, verlassen. Länger zu bleiben, würde heißen sein Glück herauszufordern. Nein, Vegas war großzügig zu mir.
Am dritten Tag, kurz bevor ich mich entscheiden sollte abzureisen, besuchte ich in ein Stripclub. Dort waren die Drinks teurer, aber die Versuchung zu spielen am geringsten. Ich erzählte einer Angestellten von meinem Glück. Sie fing an zu lachen. Dann, sie zog ihren roten BH aus, frage sie mich, ob ich mir denn kein „Happy End“ wünschte. Ich lehnte dankend ab und sagte ihr, dass meine Freundin zuhause auf mich warte und etwas dagegen hätte. Die Stripperin fragte mich, was ich jetzt mit all dem Geld machen würde. Ich sagte ihr, dass ich mir nie vorgestellt hatte, so viel Geld zu besitzen und erstmal eine Nacht darüber schlafen müsse. Sie sagte, dass sie in mir einen ehrlichen Mann sehe, ich mit dem Geld meiner Freundin, eine Freude machen könne und Vegas verlassen sollte. „Diesen Ort als glücklicher Mensch zu verlassen, dass passiert den wenigsten. Sie müssen etwas Besonderes sein!“ Ich befolgte ihren Ratschlag. Jetzt sitze ich im Flieger, zurück nach Deutschland und in meiner Hand, behutsam von meinen Fingern umklammert, ein Verlobungsring im Wert von 11.000 Doller.
Zurück Zuhause bestelle ich einen Uber. Die Straßen sind überfüllt, lebendig, aber nicht halb so glamourös wie in Las Vegas. Düsseldorf fehlt es an Glanz, aber was es an Glanz fehlt, macht es durch Authentizität wett. Die eine Stadt wirkt prunkvoll, lügnerisch und verschwenderisch, in einem Wort: aufgesetzt. Die andere Stadt ist schlicht, genauso wie die Menschen hier, genauso wie das Wetter, ja, genauso wie ich. Ich steige aus dem Wagen aus, gebe den Fahrer ein Trinkgeld und laufe auf meine Wohnung zu. Licht, aus der Wohnung im Erdgeschoss, meine zukünftige Verlobte ist zuhause. Ich suche nach meinen Hausschlüssel, finde ihn nicht und klingle an. Dreimal, aber keiner öffnet die Tür. Ich laufe um das Haus herum, mit der Absicht ans Wohnzimmerfenster zu klopfen. Meine erhoffte Überraschung, wird spätestens jetzt in die Hose gehen.
Der Blick ins Wohnzimmer wirft in mir Fragen auf, vor deren Antwort ich mich fürchte. Es sind natürlich nicht die zwei Weingläser, nicht das Fondue, nicht der auf Netflix pausierte Film und erst recht nicht ihre Unterwäsche, Tanga auf dem Boden, BH auf dem Tisch, keines dieser Dinge macht mich stutzig. Es sind die Timberlands, Männerschuhe, die mich förmlich hypnotisieren und von denen ich nicht mein Blick abwenden kann. Ich stehe wie angewurzelt da und bewege mich erst, als ich eine Männerstimme sagen höre „kann es sein, dass es gerade an der Tür geklingelt hat“? Ich ducke mich, aber nur so weit, dass ich immer noch in den Wohnzimmer blicken kann. Da steht er, in meinen Hausschuhen und ich weiß, dass er auf meiner Couch saß, meinen Wein getrunken hat und meine Verlobte, mit seinen dreckigen Händen, angefasst hat. Ich koche, aber zu toben, bringt nichts. Ich sollte die Sache auf sich ruhen lassen, zumindest für den Moment. Sie betrügt mich. Ich habe auf das falsche Pferd gesetzt. Wenn mir Vegas eines gelehrt hat, dann folgendes: Regen ist kein Grund sich unterzustellen; Sonne keiner, um sich nach draußen zu begehen. Es ist so einfach. Das Beste wäre, jetzt zu gehen. Ich schiebe meine Hand in meine Jackentasche, auf der Suche nach meinem Handy, finde aber letztlich etwas, dass 11.000 Doller schwer ist. Mein Herz erstarrt. Ist es Hass, Wut oder Trauer, ich bin mir dessen nicht sicher; eines aber bin ich mir sicher, dass ich lieber José anrufen sollte. José weiß, was in so einer Situation zu tun ist. Und sollte ich jetzt tatsächlich José anrufen, wüsste ich auch, dass dieser Abend hässlich enden wird.
Bei José in der Wohnung, er hatte mich mit den Worten „hast wohl deine Seele in Vegas verloren, Esé?“ begrüßt, setzte ich mich schweigend auf seiner Couch. José lispelt. Ich erzählte ihm davon, was ich in meiner Wohnung gesehen habe. José schien ein Detail besonders wichtig zu sein, denn er hatte mich dreimal danach gefragt „Esé, in deinen Hausschuhen?“ Über die geplante Verlobung und die Fehlinvestition von 11.000 Doller, verlor ich kein Wort. Warum, dass weiß ich selbst nicht. Schlampen sind nun mal Schlampen, sage ich ihm und bitte ihn darum, mir seinen Ballermann auszuleihen.
„Esé, diese Dinger sind gefährlich. Und deine Augen … ich sehe, du bist Loco.“ Ich sage ihm, dass ich den beiden nur Angst machen möchte. Es ist eine Lüge.
Zurück vor meiner Wohnung. José hatte darauf bestanden mich zu begleiten. Draußen machte sich die nächtliche kälte bemerkbar und ein leichter Regen zog auf. Der Plan war simpel, José sollte sich um den Typen kümmern und ich mich um die Betrügerin. José klingelte, bis die Tür geöffnet wurde. Es war der Typ, in meinem Bademantel und meinen Hausschuhen. José gefiel der Anblick nicht, er stürzte sich auf ihn und sagte „du fickst die Frau eines anderen, in seinen Hausschuhen. Esé?“
Ich springe an beiden vorbei, mit der Wumme in der rechten, und schließe die Tür mit der linken. Meine angehende Verlobte sieht mich. Schock, Angst, Ratlosigkeit, ich sehe es in ihren Augen. Aber sie ist schnell. Sie hascht an mir vorbei, ehe ich die Knarre auf sie richten kann. Sie rennt ins Schlafzimmer und schreit: „Hilfe! Hilfe!“ Ich hinterher. Sie hämmert mit der Faust ans Fenster, schreit und weint. Ich sage ihr, dass ihr niemand helfen wird, dass jede Hilfe zu spät kommen wird. Sie fragt, warum ich schon nach drei Tagen zurück bin. „Weil ich dich liebe“, meine Stimme klingt kalt. Unbeabsichtigt.
Es fallen Schüsse. Ich weiß nicht wem es getroffen hat. José oder der Typ? Ich spucke aus. Ab jetzt gibt es kein Zurück mehr. Martinshörner heulen aus der Ferne. Ich schau ihr in die Augen und sag ihr, dass es wohl unser Ende naht. Sie geht auf die Knie und bittet weinend um Vergebung. Ich kann den Anblick nicht ertragen und drücke ab. Ein sauberer Schuss, gleich zwischen die Augen. Ich bin mir sicher, dass sie nicht leiden musste. Die Sirenen werden lauter, blau-rotes Licht flutet die Straßen. Es erinnert mich an Las Vegas.
Ich setze mich auf den Boden, gleich neben ihr und streichle ihr Haar. Sich keucht, ich zuck zusammen. Ich fang an zu weinen, es ist jetzt alles egal. Ich höre die Bullen rufen „legen sie die Waffe runter“. Sekunden später fallen Schüsse. Ich hole den Verlobungsring aus meiner Tasche und stelle ihr die Frage. Keine Antwort. Mir ist bewusst, wie grotesk die Szene von außen Aussehen muss, trotzdem, ich will sie bis zum bitteren Ende zu ende spielen. Die Bullen sind jetzt in der Wohnung. Ich steck ihr den Ring an und küsse sie. Ich versuche den Moment zu genießen. Jetzt nehme ich Waffe und lege mir die Mündung an die Schläfe. Ich schließe meine Augen, zähle bis zwei, sehe für einen Augenblick, der sich ewig anfühlt, meine Verlobte, unsere zukünftigen Kinder und mich, im Lichte der Sonne spielen. Dann drücke ich ab.
Mittendrin, ich, ein einfacher Mann, aus einfachen Verhältnissen, der einfach mal tun wollte, worauf er Lust hatte. Geplant war ein zehntägiger Urlaub. Nach dem dritten Tag wusste ich, dass es an der Zeit war abzureisen. Zu bleiben wäre fatal gewesen. 5000 Doller am ersten Tag, 10.000 am zweiten und am dritten weitere 5000; ich war mit bescheidenen 1000 Euros hierher geflogen, jetzt sollte ich das Paradies der Sünde, als glücklicher, um 20.000 US-Doller reicherer Mann, verlassen. Länger zu bleiben, würde heißen sein Glück herauszufordern. Nein, Vegas war großzügig zu mir.
Am dritten Tag, kurz bevor ich mich entscheiden sollte abzureisen, besuchte ich in ein Stripclub. Dort waren die Drinks teurer, aber die Versuchung zu spielen am geringsten. Ich erzählte einer Angestellten von meinem Glück. Sie fing an zu lachen. Dann, sie zog ihren roten BH aus, frage sie mich, ob ich mir denn kein „Happy End“ wünschte. Ich lehnte dankend ab und sagte ihr, dass meine Freundin zuhause auf mich warte und etwas dagegen hätte. Die Stripperin fragte mich, was ich jetzt mit all dem Geld machen würde. Ich sagte ihr, dass ich mir nie vorgestellt hatte, so viel Geld zu besitzen und erstmal eine Nacht darüber schlafen müsse. Sie sagte, dass sie in mir einen ehrlichen Mann sehe, ich mit dem Geld meiner Freundin, eine Freude machen könne und Vegas verlassen sollte. „Diesen Ort als glücklicher Mensch zu verlassen, dass passiert den wenigsten. Sie müssen etwas Besonderes sein!“ Ich befolgte ihren Ratschlag. Jetzt sitze ich im Flieger, zurück nach Deutschland und in meiner Hand, behutsam von meinen Fingern umklammert, ein Verlobungsring im Wert von 11.000 Doller.
Zurück Zuhause bestelle ich einen Uber. Die Straßen sind überfüllt, lebendig, aber nicht halb so glamourös wie in Las Vegas. Düsseldorf fehlt es an Glanz, aber was es an Glanz fehlt, macht es durch Authentizität wett. Die eine Stadt wirkt prunkvoll, lügnerisch und verschwenderisch, in einem Wort: aufgesetzt. Die andere Stadt ist schlicht, genauso wie die Menschen hier, genauso wie das Wetter, ja, genauso wie ich. Ich steige aus dem Wagen aus, gebe den Fahrer ein Trinkgeld und laufe auf meine Wohnung zu. Licht, aus der Wohnung im Erdgeschoss, meine zukünftige Verlobte ist zuhause. Ich suche nach meinen Hausschlüssel, finde ihn nicht und klingle an. Dreimal, aber keiner öffnet die Tür. Ich laufe um das Haus herum, mit der Absicht ans Wohnzimmerfenster zu klopfen. Meine erhoffte Überraschung, wird spätestens jetzt in die Hose gehen.
Der Blick ins Wohnzimmer wirft in mir Fragen auf, vor deren Antwort ich mich fürchte. Es sind natürlich nicht die zwei Weingläser, nicht das Fondue, nicht der auf Netflix pausierte Film und erst recht nicht ihre Unterwäsche, Tanga auf dem Boden, BH auf dem Tisch, keines dieser Dinge macht mich stutzig. Es sind die Timberlands, Männerschuhe, die mich förmlich hypnotisieren und von denen ich nicht mein Blick abwenden kann. Ich stehe wie angewurzelt da und bewege mich erst, als ich eine Männerstimme sagen höre „kann es sein, dass es gerade an der Tür geklingelt hat“? Ich ducke mich, aber nur so weit, dass ich immer noch in den Wohnzimmer blicken kann. Da steht er, in meinen Hausschuhen und ich weiß, dass er auf meiner Couch saß, meinen Wein getrunken hat und meine Verlobte, mit seinen dreckigen Händen, angefasst hat. Ich koche, aber zu toben, bringt nichts. Ich sollte die Sache auf sich ruhen lassen, zumindest für den Moment. Sie betrügt mich. Ich habe auf das falsche Pferd gesetzt. Wenn mir Vegas eines gelehrt hat, dann folgendes: Regen ist kein Grund sich unterzustellen; Sonne keiner, um sich nach draußen zu begehen. Es ist so einfach. Das Beste wäre, jetzt zu gehen. Ich schiebe meine Hand in meine Jackentasche, auf der Suche nach meinem Handy, finde aber letztlich etwas, dass 11.000 Doller schwer ist. Mein Herz erstarrt. Ist es Hass, Wut oder Trauer, ich bin mir dessen nicht sicher; eines aber bin ich mir sicher, dass ich lieber José anrufen sollte. José weiß, was in so einer Situation zu tun ist. Und sollte ich jetzt tatsächlich José anrufen, wüsste ich auch, dass dieser Abend hässlich enden wird.
Bei José in der Wohnung, er hatte mich mit den Worten „hast wohl deine Seele in Vegas verloren, Esé?“ begrüßt, setzte ich mich schweigend auf seiner Couch. José lispelt. Ich erzählte ihm davon, was ich in meiner Wohnung gesehen habe. José schien ein Detail besonders wichtig zu sein, denn er hatte mich dreimal danach gefragt „Esé, in deinen Hausschuhen?“ Über die geplante Verlobung und die Fehlinvestition von 11.000 Doller, verlor ich kein Wort. Warum, dass weiß ich selbst nicht. Schlampen sind nun mal Schlampen, sage ich ihm und bitte ihn darum, mir seinen Ballermann auszuleihen.
„Esé, diese Dinger sind gefährlich. Und deine Augen … ich sehe, du bist Loco.“ Ich sage ihm, dass ich den beiden nur Angst machen möchte. Es ist eine Lüge.
Zurück vor meiner Wohnung. José hatte darauf bestanden mich zu begleiten. Draußen machte sich die nächtliche kälte bemerkbar und ein leichter Regen zog auf. Der Plan war simpel, José sollte sich um den Typen kümmern und ich mich um die Betrügerin. José klingelte, bis die Tür geöffnet wurde. Es war der Typ, in meinem Bademantel und meinen Hausschuhen. José gefiel der Anblick nicht, er stürzte sich auf ihn und sagte „du fickst die Frau eines anderen, in seinen Hausschuhen. Esé?“
Ich springe an beiden vorbei, mit der Wumme in der rechten, und schließe die Tür mit der linken. Meine angehende Verlobte sieht mich. Schock, Angst, Ratlosigkeit, ich sehe es in ihren Augen. Aber sie ist schnell. Sie hascht an mir vorbei, ehe ich die Knarre auf sie richten kann. Sie rennt ins Schlafzimmer und schreit: „Hilfe! Hilfe!“ Ich hinterher. Sie hämmert mit der Faust ans Fenster, schreit und weint. Ich sage ihr, dass ihr niemand helfen wird, dass jede Hilfe zu spät kommen wird. Sie fragt, warum ich schon nach drei Tagen zurück bin. „Weil ich dich liebe“, meine Stimme klingt kalt. Unbeabsichtigt.
Es fallen Schüsse. Ich weiß nicht wem es getroffen hat. José oder der Typ? Ich spucke aus. Ab jetzt gibt es kein Zurück mehr. Martinshörner heulen aus der Ferne. Ich schau ihr in die Augen und sag ihr, dass es wohl unser Ende naht. Sie geht auf die Knie und bittet weinend um Vergebung. Ich kann den Anblick nicht ertragen und drücke ab. Ein sauberer Schuss, gleich zwischen die Augen. Ich bin mir sicher, dass sie nicht leiden musste. Die Sirenen werden lauter, blau-rotes Licht flutet die Straßen. Es erinnert mich an Las Vegas.
Ich setze mich auf den Boden, gleich neben ihr und streichle ihr Haar. Sich keucht, ich zuck zusammen. Ich fang an zu weinen, es ist jetzt alles egal. Ich höre die Bullen rufen „legen sie die Waffe runter“. Sekunden später fallen Schüsse. Ich hole den Verlobungsring aus meiner Tasche und stelle ihr die Frage. Keine Antwort. Mir ist bewusst, wie grotesk die Szene von außen Aussehen muss, trotzdem, ich will sie bis zum bitteren Ende zu ende spielen. Die Bullen sind jetzt in der Wohnung. Ich steck ihr den Ring an und küsse sie. Ich versuche den Moment zu genießen. Jetzt nehme ich Waffe und lege mir die Mündung an die Schläfe. Ich schließe meine Augen, zähle bis zwei, sehe für einen Augenblick, der sich ewig anfühlt, meine Verlobte, unsere zukünftigen Kinder und mich, im Lichte der Sonne spielen. Dann drücke ich ab.