Liebe Marilu,
Du hast das Gefühl der Angst, jemanden zu verletzen, der krank ist, sehr gut ausgedrückt. Mit einer schweren Krankheit in Kontakt zu kommen, ist immer schwierig, sei dies nun als Aussenstehender oder als Betroffener. Dasselbe Gefühl kenne ich im Umgang mit geistig Behinderten. Während meiner 2. Schwangerschaft musste ich mich intensiv mit dem Gedanken auseinandersetzen, ein behindertes Kind zu gebären. Da öffnest du deine Augen ganz anders, wenn du ein behindertes Kind siehst. Und doch, weisst du nicht, wie dich benehmen, eben ähnlich, wie du's mit diesen Frauen erlebt hast, die du im Krankenhaus angetroffen hast.
Lieber Dirk
Ich bin von deinen Zeilen sehr berührt. Ich nehme an, dass du es geschafft hast, deinen Krebs zu besiegen und ich gratuliere dir dazu, denn bestimmt ist die Einstellung des Patienten in solchen Fällen sehr wichtig.
Es gibt aber Krankheiten, die sind noch heute nicht heilbar, die töten dich vielleicht nicht unbedingt oder erst in hoffentlich ferner Zukunft. Sie können dir aber schreckliche Schmerzen zuführen und sich schleichend, langsam, immer mehr ein Stück von deinem Körper und von deinem Willen abschneiden, dich zermürben. Du musst deine Gewohnheiten umstellen, um mit diesen Schmerzen zu leben, deinen Kindern erklären, dass du sie momentan nicht in die Arme nehmen kannst. In diesen Fällen ist es manchmal schwierig, den Mut und die Hoffnung zu behalten.