Wald

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Lastro

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Vielen Dank, Mondnein, für deine Hinweise. Das Gedicht ist nach einer Wanderung durch den „New England National Park“ entstanden, ein mehrere Millionen Jahre alter Urwald (Gondwana). (Etwa auf halber Strecke zwischen Brisbane und Sydney, leider teilweise neulich den Feuern zum Opfer gefallen.)
Das Erlebnis dieses Waldes hat mich über Tage hin stark bewegt, die Atmosphäre ist noch heute in mir als Wesentliches meines Daseins präsent. Das Gedicht hat sich in den Tagen danach in einer Besinnung über das Erlebte in mir herauskristallisiert.

Auch Eatons Version finde ich sehr einfühlsam, sie hat etwas Erzählendes und vermittelt Inneres auf diese Weise wohl leichter an die Leser. Während bei mir die Worte meditativ über Tage wie ein Kristall gewachsen sind und mir wie zeitlos erscheinen, vermutlich auch durch die Verwendung der Partizipien (wie auch im Gedicht „schwerelos“). Eben gerade dieses Gefühl der Zeitlosigkeit ist dort Teil (wie auch im Gedicht „schwerelos“) meines Erlebens gewesen.

Die in diesem Wald empfundene Verbundenheit mit der Natur spiegelt sich in der Aussage „mein Leben“. Das ist, zurück in der Zivilisation, auch als politische Perspektive zu verwerten. Die meisten von uns wissen ja gar nicht mehr, welche lebendigen Empfindungswelten sie zubetonieren, für immer vernichten. Die Verbindung mit der Natur geht ja weit über die biologische Grundlage unseres eigenen Lebens hinaus.


Zum Thema „Dreck“ und die damit einhergehende rigide, verletzende Abwertung. Beruflich habe ich etwa zehn Jahre Kunsttherapie mit Dementen gemacht. Es hat mich erstaunt und innerlich vor die Frage gestellt, wie tief, und wo denn unsere Kreativität verankert ist. Menschen, die keinerlei gestaltenden Umriss mehr erkennen, wie den einfachen einer Blume, eines Fisches, eines Blattes, etc., doch mit ihrer Freude an den Farben diese vorgegeben Formen „blind“ überschreiten, überpinseln, produzieren keinen Dreck. Am Ende zeigt ihr Bild eine organische Ordnung und überraschenderweise kein Chaos. Die Quelle dieser ordnenden Kreativität liegt also tiefer, oder eben irgendwo anders, als im lernenden, gebildeten Gehirn. Denn das ist leider durch die Erkrankung zerstört worden.
Als Reaktion auf das Thema „Dreck“ habe ich übrigens den Text „nichts“ unter Erzählungen reingestellt. Es trifft das Thema wohl nur am Rande, soll aber zeigen, wie jemand, der im „Dreck“ der Gesellschaft existiert, etwas erfährt, dass das gesellschaftlich vorgegebene, erlaubte Dasein gänzlich überschreitet (Satori).

Einige von uns haben vermutlich als rein kreative Schreiber angefangen, so auch ich. Einfach geschrieben, was sich innerlich aufgetürmt hatte und raus musste. Heute schaue ich mehr auf die Architektur des Worthauses, versuche das zumindest, so als Amateur. Bei dem Gedicht „Wald“ sieht man vielleicht nur noch die Balken. Die Leser müssen den Klangraum selber füllen. Wie sollen sie das aber, wenn sie den Wald nicht mehr kennen? Das muss ich auch selbstkritisch hinterfragen.
 



 
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