Wasserholen - Rosamunde(15)

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Lobut

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Da war sie nun, ein stolzes Küchenmädchen auf der nagelneuen ANS Splendor.
Ist doch klar, dass ich das machen muss, dachte sie, während sie sich mit aller Kraft durch das Gebüsch vorwärts bewegte.
Wer sonst, als das Küchenmädchen wird wohl zum Wasserholen losgeschickt?, versuchte sie sich in Gedanken zu beruhigen.
In Wirklichkeit war Rosamunde sowas von wütend. Wütend auf Leutnant Sponer, den Kommandanten des Luftschiffes, wütend auf Bootsmann Kai, der ihr unentwegt nachstellte, wütend auf diesen blöden Auftrag, den sie gerade auszuführen hatte und ganz besonders wütend auf sich selbst.
Hatte sie sich doch immer wieder vorgenommen, dass sie sich nie demütigen lassen wollte. Nie mehr im ganzen Leben. Lieber hatte sie strafweise die Latrinen in den Kasernen geputzt, als einem beliebigen Vorgesetzten in irgendeiner nicht formal korrekten Weise gefällig sein zu müssen.
Ihr Bruder hatte ihr schon oft vorgehalten, dass sie da eventuell ein wenig überkorrekt, ja schon fanatisch darauf bedacht sei nur ja nicht übervorteilt zu werden. Aber das war ihr egal. So war sie nun mal.
Und jetzt das. Nur weil die Besatzung der Splendor nicht mit einem aufmüpfigen Mädchen umzugehen wusste, hatte man sie in der Bordküche kaltgestellt. Den ganzen Tag durfte sie am Herd stehen und den gnädigen Herren heiße Getränke und warme Speisen reichen, damit sie ihren ach so wichtigen Aufgaben gestärkt die volle Aufmerksamkeit widmen konnten.
„Rosamunde der Kaffee ist kalt.“
„Rosamunde, die Gabel ist verbogen!“
„Rosamunde, kannst du davon noch ein wenig mehr kochen? Das ist köstlich.“
Sie hörte die Stimmen sogar schon im Schlaf und nur ein eiserner Wille und der Beschluss ihr Praktikum auf dem Schiff erfolgreich abzuschließen, damit sie auch mit der Bootsmannausbildung beginnen konnte, hielt sie davon ab den Leuten einen dicken Brei so tief in den Hals zu stecken, dass sie daran ersticken würden.
Während sie einem kleinen Wildtierpfad folgte, vor sich das ferne Plätschern des Flusses und hinter ihr ein bedrohliches Knacken im Gebüsch vernahm, schweiften ihre Gedanken weiter ab und landeten beim lüsternen Bootsmann. Wie oft hatte sie ihm schon gesagt, dass er doch Manns genug sein sollte zu erkennen, dass er kein ‚Leiberl‘ bei ihr hätte. Aber der schien nur hormongesteuert zu sein. Und Leutnant Sponer hatte überhaupt kein Verständnis für ihre Situation gezeigt, als Bootsmann Kai plötzlich drei gebrochene Finger gehabt hatte.
Mit, für Rosamunde unerklärlichem Gerechtigkeitssinn musste sie ab dann auch alle Arbeiten des Bootsmannes erledigen. Das brachte ihr bis zu vier Mehrstunden am Tag in den Seilen des Luftschiffes ein, was sie aber, ohne es offen zuzugeben, sehr genoss.
Die Arbeit außerhalb der Küche, bräunte ihre Haut, stärkte die Muskeln und erhöhte ihre Geschicklichkeit ungemein.
Dabei war ihr immer klarer geworden, dass die Luftschifferei genau ihres war und sie genau wie ihr Bruder einmal das Kommando über so ein Schiff haben wollte. So beobachtete sie den von ihr verachteten Leutnant Sponer auch immer sehr genau. Denn obwohl er ein sehr unsympathischer Kerl war, so hatte er ein gutes Händchen für das Schiff. Das musste man ihm lassen.
Jetzt kam sie dem Fluss schon recht nahe. Laut plätscherte es inzwischen vor ihr und das fast undurchdringliche Gebüsch war einer Sumpfwiese gewichen. Bis zu den Knöcheln stakste sie jetzt durch brachiges Wasser. Dazwischen gab es immer wieder Grasinseln, die aber von stacheligen Disteln verteidigt wurden und darum besser nicht betreten wurden. Hinter sich fühlte sie mehr als sie es sah, dass sich etwas bewegte, aber dieses Gefühl war noch sehr unbewusst und wurde immer noch von den starken Gedanken ihrer Wut verdrängt.
Die ANS Splendor war ein kleines Schiff der Olbiaklasse. Als Aufklärer konzipiert war es schnell und wendig. Für Rosamundes Anspruch etwas zu klein. Sie bevorzugte eigentlich die größeren Schiffe der Welfbutklasse. Aber als sie gefragt worden war, ob sie anheuern wollte, war sie sofort mit dabei. Eigentlich war es fast unmöglich einen Platz auf einem der ersten Luftschiffe der neuen Flotte zu bekommen. Zu lange war die Warteschlange Interessierter. Aber Rosamunde hatte eine Fertigkeit, die sie besonders auszeichnete: Sie konnte ein Hippogriff reiten. Und da jedes Luftschiff ein Hippogriff mitführte, waren Hippogriffreiter stark gefragt. Trotz dieses Bonus hatte sie ganz unten anfangen müssen und musste neben dem Hippogriff jetzt eben auch die ganze Besatzung versorgen und seit dem Unfall mit Kai’s Fingern auch den Luftschiffballon pflegen.
Etwas viel für eine Fünfzehnjährige, grollte sie und zog den linken Fuß mühsam aus einem Schlammloch. Mit einer Hand griff sie tief in den Schlamm und holte den verlorenen Stiefel daraus hervor, leerte ihn aus und zog ihn mühsam über. Dabei verlor sie das Gleichgewicht und landete mit ihrem Hintern in einer morastigen Pfütze. Ein paar Frösche hüpften erschrocken von Dannen.
Als sie sich wieder hoch arbeitete und dabei fast an allen Körperstellen etwas modriges Wasser und Schlammspritzer abbekam erinnerte sie sich, an ihren Streit mit Leutnant Sponer. Er hatte eine außerplanmäßige Landung angeordnet, als sie ihm mitgeteilt hatte, dass sein Kaffee leider nicht gebrüht werden könne, weil es kein Trinkwasser mehr gäbe. Ihr Vorschlag war gewesen Nutzwasser abzukochen und seine Anordnung eben die Landung. Als sie ihn auf die Risiken hinwies und dabei auch einige Vorschriften aufgezählt hatte befahl er ihr trocken zu schweigen und ordnete an, dass sie alleine von der Landestelle zum Fluss zu gehen hätte um Trinkwasser für seinen Kaffee zu holen.
Für Rosamunde war dies eindeutig eine sadistische Strafmaßnahme. Und sie hatte sich geschworen den Leutnant in Arca-Nihil für sein verantwortungsloses Handeln zu verklagen. Ein Luftschiff durfte niemals in unbekanntem Gelände tiefer gehen oder gar landen, wenn dies nicht unbedingt notwendig war. Und auch dann nur nach einer gründlichen Aufklärung durch das bordeigene Hippogriff.
Etwas raschelte hinter ihr.
Rosamunde war inzwischen der Geräusche gewahr geworden. In ihrer Fantasie kroch eine grässliche Kreatur an sie heran.
Wer das wohl war?
Es war ganz klar!
„Er hat knotige Knie, eine grässliche Tatze,
und vorn im Gesicht eine giftige Warze.“
"Wo triffst du ihn denn?"
"Gleich hier unten am Fluss.
Und er isst gerne Rosamunde mit Zuckerguss"(Quelle: Der Grüffelo von Julia Donaldson)
Während ihrer Kindheit hatte sie viel Zeit im Baumhaus ihres Bruders verbracht. Eines Tages war Bilok freudestrahlend mit einem kleinen Buch gekommen und sie hatten es gemeinsam im Baumhaus durchgeblättert und gelesen. Es handelte vom Grüffelo.
„Jetzt war er also hinter ihr her, mit feurigen Augen und Stacheln am Rücken, da wird’s einem bang" (Quelle: Der Grüffelo von Julia Donaldson).
Rosamunde stürzte schnell weiter voran, um dem Untier zu entgehen, doch sie kam nur langsam voran und während Panik hochzusteigen begann, klärte sich etwas in ihrem Kopf und sie verstand.
Nicht der sagenumwobene Grüffelo und vermutlich auch kein anderes wildes Tier war hinter ihr her. Nein, vermutlich war es Leutnant Sponer.
Wie Schuppen fiel es ihr jetzt von den Augen.
Sie hatte ihn mit der angedrohten Klage in die Enge getrieben. Und wie einfach wäre es für ihn sie hier mitten im Urwald zu verfolgen und endgültig zum Schweigen zu bringen.
Der grässliche Kapitän war es also der ihr nachstellte und ihr vermutlich den glänzenden Stahl seines Breitschwertes in den Brustkorb treiben würde, bevor er sie ins Brackwasser drücken und jämmerlich ertrinken lassen würde.
Du elender Hund, heulte sie in Gedanken.
„Wie kannst du es nur wagen sowas zu tun“, flüsterte sie hasserfüllt.
„Der Grüffelo soll dich holen!“, fluchte sie laut.
„Und Schlangenragout aus dir machen!“, schrie sie und drehte sich mit zornfunkelnden Augen um.
Sie drehte sich gerade schnell genug, damit sie miterleben konnte wie der Schiffshund, welcher ihr anscheinend in treuer Ergebenheit gefolgt war von einer ungeheuren Kraft in Sekundenschnelle zu einem Knochen-Fleisch-Fellknäuel deformiert wurde.
Entsetzt und erschöpft glitt Rosamunde zu Boden und besah sich das Blutbad, erzeugt von ihren Gedanken.
Nachdem sie Abschied vom treuen Begleiter genommen hatte, füllte die sie mitgeführten Behälter am Fluss an, arbeitete sich schweigend zurück zum gelandeten Luftschiff, ignorierte die Anspielungen auf ihr beeinträchtigtes Äußeres, kochte einen guten heißen Kaffee für Leutnant Sponer und erfüllte ihren Dienst ohne jeden weiteren Widerspruch bis zu ihrer Rückkehr zu dem Luftschiffhafen Westend.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Hallo Lobut, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit dir.

Um dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von jon
Redakteur in diesem Forum


Ergänzung: Bessere mal bitte noch die Kommafehler in diesem Text aus!
 

FrankK

Mitglied
Hallo Lobut
Auch von mir zunächst ein herzliches Willkommen auf und unter der Leselupe.

Ich hatte mich gefreut, endlich mal wieder etwas neues in der Science Fiction, leider hat mich dieser Text nicht überzeugt.
Ich wurde bereits bei der ersten Lesung das Gefühl nicht los: Dies ist nur ein kleiner Teil eines größeren Werkes.

Als Charakterstudie hätte es interessant sein können, die Figur (Rosamunde, 15 Jahre alt) überzeugt mich aber nicht. Sie wirkt jähzornig und egozentrisch, keine Figur, mit der ich mich als Leser identifizieren möchte.
Ihre Lebensumstände (woher kommt sie, was hat sie – so jung – auf dieses „Schiff“ verschlagen) werden faktisch nicht beleuchtet.
Sie hat einen Bruder, mit ihm hat sie (auf der Erde?) ein Kinderbuch kennengelernt ...
Wurde sie irgendwann in diese Welt (in dieses Geschichten-Universum) verschleppt? Entführt? Kam sie zufällig dorthin?
Ihr Bruder (vermutlich etwas älter – siehe gemeinsames Kinderbuch) hat bereits das Kommando über ein Luftschiff. Scheint insgesamt sehr junges Personal zu sein. Hat er auch paranormale Kräfte?
Haben alle Menschen ihrer Art (Erdlinge?) auf dieser Welt (in diesem Universum) ähnliche paranormale Fähigkeiten?
Inwiefern ist sie mit diesen Fähigkeiten vertraut? Sie wirkt nur geringfügig über das „Blutbad“ entsetzt.

Diese ganze „Luftschiff-Szene“ wirkt auf mich eher wie „Steampunk“ und ist (für meinen Geschmack) damit stärker der Fantastik (auch unter Bezug auf den Hippogriff) und weniger der Science Fiction zuzuordnen.


Die wichtigste Frage, die sich mir stellt:
Macht es überhaupt Sinn, sich hier diffizil mit dem Text auseinander zu setzen?
Neben der Zeichensetzung sind mir auch Schnitzer im Storyablauf aufgefallen. Lohnt es sich, darüber ein Wort zu verlieren?
Die hier ausgestellte Passage ist doch ein Bestandteil einer vorhandenen Romanreihe?


Neugierig grüßend
Frank


PS:
Die hier von Jon bereits angesprochenen Probleme mit der Komma-Setzung finden sich auch auf deiner Webseite und den „Blick ins Buch“ – Angeboten zu deinen Romanen ...
 

Lobut

Mitglied
Hallo Frank, hallo Jon

Erstmal vielen Dank dafür, dass ihr euch da echt so ausführlich mit meiner kleinen Geschichte auseinandergesetzt habt und so viele konstruktive Kritiken und Anregungen bringt. Das finde ich toll!
Unschwer zu erkennen bin ich recht neu beim schreibenden Handwerk und anderswo publizierte Texte von mir blieben in der Regel unkommentiert. Darum hilft mir euer Feedback umso mehr.
Jetzt gehe ich auf Franks Antwort ein:
Meine hier Story ist nicht Teil eines Romans. Ich schreibe ab dem dritten Lebensjahr von Rosamunde alle zwei Jahre eine kurze Geschichte, um ihre Entwicklung und indirekt ein wenig die Vergangenheit zu meinen Romanen einfließen zu lassen.
Alle Fragen von dir sind berechtigt. Die Kurzgeschichte wirft viele Fragen auf, weil ich sie ohne Erklärungen schreibe. Das wäre ja auch blöd, weil zu viel zu erklären wäre, oder?
Sollte ich der Geschichte eine Erklärung voranstellen? Aber ich dachte man soll hier einfach die Geschichte an sich posten. Oder wäre es gut, wenn ich alle Geschichten vom 3'ten Lebensjahr beginnend publizieren würde? Oder spamme ich da euer Forum?
Wegen Fantasy vs. SF:
Ich hadere selber, weil ich ein wenig dazwischen bin. Aber die Haupthandlung ist für mich eindeutig SF. Die Fantasy verschwindet mit der Zeit. Darum habe ich mich für SF entschieden -> die Fantasyelemente sollen zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Erklärung finden.
Zu deiner wichtigsten Frage:
Mir gibt es viel Sinn, wenn du dich mit dem Text auseinandersetzen willst. Nur steht er halt nicht für sich allein, sondern ist eingebettet in mein erfundenes und relativ komplexes Universum.
Wegen der Kommafehler:
Ich bemühe mich redlich und habe auch Leute (inklusive bezahlte) Korrektoren. Darum ist es mir peinlich wegen der Kommafehler. Werde dem natürlich nachgehen.
Danke und
Ehre dem RAN
Lobut

PS: Es freut mich, dass Rosamunde unangenehm rüberkommt. Sie wurde in der Zukunft zu einer sehr unangenehmen Person. Ich weiß, dass man eher über Sympathieträger schreiben soll, aber ich finde es einfach viel spannender, wenn man unterschiedliche Haupt-Charaktäre abbilden darf. Ein Unterstützer meinte Rosamunde sei ein wenig wie die späte Arya Stark. Hm.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Zu den Fragen:

Nein, bitte keine Erklärungen vorab. Poste es so, wie es auch in einer Anthologie erscheinen würde.

Wir haben in der Leselupe kein Forum für Steampunk. Der Herkunft nach ist das eher ein Subgenre zur SF (auch wenn die Fantasy sich solcher Settings auch immer wieder mal bedient). Darum hab ich es (trotz der Fantasy-Elemente) fürs SF-Forum angenommen.


Stimmt, zu viel zu erklären, ist nicht gut. Wie alles, was zu viel ist. Wenn aber etwas fehlt, um die Story zu verstehen, dann ist das schlecht.
Das grundlegendere Problem für mich besteht eher im Zuviel, wobei ich nicht mal die Faktenmenge meine, sondern deren Darbietung. Es gibt fast keine Handlung und als es sie endlich gibt (Rosamunde fühlt sich verfolgt und flieht), ist sie raztfatz vorbei. Und obwohl da emotional angeblich richtig was abgeht (Furcht, Wut, Entsetzen, Trauer) passiert das im Text so gut wie gar nicht - es wird (vor allem das Letztere) lediglich schnell mal erwähnt.
Die Idee, ein Leben in Episoden zu erzählen, hat schon was. Aber das hier ist nicht wirklich eine Episode, sondern schwach getarntes Infodumping. Du solltest deine innere Erzählhaltung auf "Film machen" statt "Biografie mitteilen" umstellen - vielleicht hilft das.

Die Idee, dass die Hauptfiguren Sympathieträger sein müssen, lese ich immer wieder. Das stimmt natürlich nicht. Abgesehen davon, dass jeder etwas anderes sympathisch findet, befassen sie sich viele der größten Werke mit Typen, die nicht unbedingt sympathisch sind. Diese Typen sind viel spannender als die "Netten".
Es gibt Genres, bei denen gehört der (vorwiegend) sympathische Held zum erwarteten Ensemble - bei der klassischen Queste z. B. oder bei Romance. Bei Kurzgeschichten ist das nicht unbedingt so. Im Extremfall könnte man den Leser sogar damit ködern, dass er den Protagonisten unbedingt scheitern sehen will.
 

simbad

Mitglied
Ich habe gerade nochmal über den Text geschaut, weil ich nach dem ersten Lesen schon irgendwie das Gefühl hatte, es wäre zu viel Text für zu wenig Handlung.
Oft erzeugt man solchen Effekt mit Füllwörtern. Aber hier ist es, denke ich jedenfalls, einfach weil du die Handlung immer wieder unterbrichst um Informationen über das bisherige Leben von Rosamunde einfließen zu lassen.
Damit musst du die Sätze, die die eigentliche Handlung ausmachen, immer wieder neu aufsetzen und kannst sie nicht aneinander reihen. Damit wird die Textmenge automatisch mehr, ohne das die Handlung voranschreitet.
Das gleiche gilt auch für die „Einleitung“, die du dazwischen streust.
Wenn du die beiden Teile trennst würde es, so wäre meine Erwartung, kompakter und somit besser lesbar werden.
Das mit der Teilung in Einleitung und Handlung hat noch einen anderen Effekt.
Wenn man in einer Einleitung eine Person beschreibt, erwartet man nicht zwingend einen Handlungsfortschritt, aber so bald die abgeschlossen ist sollte es dann auch losgehen.
Das untergräbst du durch die Verteilung.

Hoffe ich liege damit nicht völlig daneben. Bin ja auch keine Literaturleuchte.
 

Lobut

Mitglied
Die Idee war es gewesen eine Handlung zu teilen in jenen Teil der schon geschehen war und jenen, der gerade passierte.
Dadurch hätte es spannender und weniger lienar werden sollen.
Das ist mir scheinbar misslungen.
Und Jon hat mich da echt nachdenklich gemacht. Es sollte wirklich kein Infodumping sein.
Film statt Biografie - das nehme ich mit. Danke.
 

Lobut

Mitglied
Hallo Frank!

Eine Bitte hätte ich:
Kannst du mir bitte auf die entdeckten Schnitzer im Storyablauf hinweisen. Das würde mich mächtig interessieren.
 

FrankK

Mitglied
Hallo Lobut
Entschuldige die verspätete Antwort, ich war anderweitig beschäftigt.
Na, dann will ich mich mal auf deine Geschichte stürzen ... ;)

Grundsätzliches:
Eine Figur / ein Charakter, den du erschaffen hast, muss nicht zwingend ein Sympathieträger sein.
Für „Unsympathen“ gibt es durchaus gelungene Beispiele – allen voran der „Don“ Corleone (aus Mario Puzos ‚Der Pate‘). Kann ein Mafia-Boss eine Hauptrolle spielen? Definitiv!


Ich lasse absichtlich die Komma-Problematik außen vor, weil ich glaube, hier sollte sich zunächst die Struktur / der Aufbau deutlich überarbeitet präsentieren.


Die Story:
Ein (Küchen-)Mädchen wird zum Wasserholen ausgeschickt. Kurz bevor sie den Fluss erreicht, erlebt sie die Vernichtung des Schiffshundes mit und kehrt etwas demütiger zurück zum Schiff.

Der Plot:
Hier scheint es „Die Reise“ zu sein, komplett mit Rückkehr.


Charaktere:
Hier lerne ich als Leser nur Rosamunde kennen, allerdings nicht sehr detailliert, dafür ist die Story nicht umfassend genug. Ich bekomme aber eine leise Ahnung von ihr.
Erwähnt wird Rosamundes Bruder Bilok, Leutnant Sponer (Kommandant des Schiffes), Bootsmann Kai. Diffus erscheint „die Besatzung“.

Aufbau:
Leider nicht szenisch und auch sehr fragmentarisch, weshalb das Kopfkino nicht so richtig mit dem gelesenen Text mitkommt.

Möglichkeiten zur Verbesserung:
- Nicht einfach nur Gedankensprünge und entsprechend beschrieben Gefühlsregungen erzählen, sondern wirklich aus ihren Erinnerungen heraus die einzelnen Momente (weswegen sie so „aufmüpfig“ wirkt) darstellen und dem Leser „zeigen“.
- Die einzelnen Fragmente, die sich über den ganzen Text verteilen, könnten eher zusammengefasst und in einer Art von „Rückblende“ szenisch aufgearbeitet werden.
- Mir (persönlich) fehlt eine schlüssige Begründung, warum Rosamunde überhaupt an Bord dieses Schiffes ist.
- Mir (persönlich) fehlt eine schlüssige Motivation für ihr Verhalten vor und nach dem Exodus des Tieres.
- Der Einstieg in die Story (Einleitung – wer ist das Mädchen?) verteilt sich ungefähr über die erste Hälfte der Story, der Weg zum Höhepunkt (Konflikt-Aufbau) läuft von Anfang an mit und geht über nahezu vier fünftel des Textes. Der Höhepunkt selbst (Konflikt-Ausbruch) ist mit wenigen Worten abgehandelt. Der Ausklang der Geschichte ist sehr stark gerafft und in einem stark distanzierten Stil abgehalten.

Storylogik:
Ich habe ein paar Probleme mit der Geschichte, was ihren Ablauf anbelangt oder das Verhalten der Figuren wie dem Schiffshund:

# Ihr Auftrag ist seltsam.
Du schreibst keine Details über das Schiff, fokussierst direkt auf die Protagonistin. Es wird nicht deutlich, wie groß dieses Schiff ist, wie groß die Besatzungsstärke. Ich theoretisiere einmal ... regulärer Betrieb 4 Personen, Schichtbetrieb im Dreifachwechsel, zusätzlich der Kommandant – macht in Summe 13 Personen. Zusätzlich ein Hippogriff und ein Schiffshund.
Die alle wollen Trinkwasser haben. Geschätzt etwa 30 Liter täglich (2 Liter pro Kopf). Wenn sie (wie geschildert) kein Trinkwasser mehr an Bord haben muss das Mädchen einige Liter Wasser alleine schleppen (sie wurde alleine ausgeschickt!). Ich kann nur vermuten, dass ein Aufklärungsschiff über genügend Reservoir verfügt, dass nicht täglich(!) Trinkwasser aufgenommen werden muss, sondern vielleicht nur einmal in der Woche. Unter diesem Umstand müsste sie dann (geschätzt) 210kg zurück zum Schiff schleppen ...

# Ihr Weg ist seltsam.
... während sie sich [blue]mit aller Kraft durch das Gebüsch[/blue] vorwärts bewegte.
Anscheinend muss sie sich zunächst durch dichtes Buschwerk kämpfen bevor sie
... einem kleinen Wildtierpfad folgte, vor sich das ferne Plätschern des Flusses ...
und schließlich plötzlich wieder
... das fast undurchdringliche Gebüsch war einer Sumpfwiese gewichen.
Warum ist sie nicht auf dem „Wildtierpfad“ geblieben? Solche Pfade führen üblicherweise zu den Wasserstellen.

# Ihre Wahrnehmung und ihre Reaktion darauf.
Während sie einem kleinen Wildtierpfad folgte, vor sich das ferne Plätschern des Flusses und [blue]hinter ihr ein bedrohliches Knacken im Gebüsch vernahm[/blue], schweiften ihre Gedanken weiter ab und landeten beim lüsternen Bootsmann.
Hier hat sie das „bedrohliche Knacken“ noch wahrgenommen ...
Hinter sich fühlte sie mehr als sie es sah, dass sich etwas bewegte, aber dieses Gefühl war noch [blue]sehr unbewusst[/blue] und wurde immer noch von den starken Gedanken ihrer Wut verdrängt.
... dann wurde es nur noch unbewusst wahrgenommen ... und schließlich:
Etwas raschelte hinter ihr.
Rosamunde war inzwischen der Geräusche gewahr geworden.
Mein Hauptproblem damit ... ein Hund verursacht andere Geräusche als ein Mensch (auch wenn der Hund gerade nicht bellt) und ist sehr viel schneller (insbesondere da Rosamunde bereits einen Weg gebahnt hat).

# Der Höhepunkt wirkt seltsam.
Tja, bei den Fähigkeiten dieses jungen Mädels (es scheint sich um Telekinese zu handeln) bin ich zunächst recht stark an Perry Rhodan und dort an die junge Betty Toufry erinnert worden.
Wenn Rosamunde solche Fähigkeiten besitzt und sich deren bewusst ist – wieso hat sie auf dem Weg nicht bereits davon Gebrauch gemacht?
Wenn sie sich dieser Fähigkeiten nicht bewusst ist – wieso ist ihr Entsetzen über das Geschehene nicht deutlich größer?


Details:
Ein paar winzige Anmerkungen, speziell einige merkwürdige Formulierungen, habe ich noch.

Hatte sie sich doch immer wieder vorgenommen, dass sie sich [blue]nie demütigen lassen wollte[/blue].
Okay, das ist soweit klar. Guter, verständlicher Vorsatz. Aber unmittelbar darauf heißt es:
[blue]Nie mehr[/blue] im ganzen Leben.
Also ... ist sie schon mal gedemütigt worden.
(„Im ganzen Leben“ wirkt für eine 15jährige auch schon etwas überspannt ... ;) )

Lieber hatte sie strafweise die Latrinen in den Kasernen geputzt, als einem beliebigen Vorgesetzten in [blue]irgendeiner nicht formal korrekten Weise gefällig[/blue] sein zu müssen.
Militärisch betrachtet ist die „formal korrekte Weise“ schlicht: Befehl und Gehorsam.
Sie muss niemals einem Vorgesetzten „gefällig“ sein. Sie muss aber (im Rahmen ihres Einsatzes, zum Beispiel als Küchenmädchen) „zu Diensten“ sein.
Insgesamt wirkt der Satz aber dermaßen gestelzt, dass ich eher an ein Bundeswehrhandbuch als an die Gedankenwelt einer 15jährigen glauben könnte.

Und noch kurz zwei „echte“ Rechtschreib-Ausrutscher:
Zu [red]lange[/red] war die Warteschlange Interessierter.
Korrektur: „lang“

Nachdem sie Abschied vom treuen Begleiter genommen hatte, füllte [red]die sie[/red] mitgeführten Behälter am Fluss [red]an[/red] ...
Korrektur: füllte „sie die“
Korrektur: vermutlich sollte es „auf“ heißen.

Störend:
Ja, leider, aber die doppelten Hinweise auf den Grüffelo empfinde ich als störend, so in den Fließtext eingebunden ... als notwendiger Querverweis hätte auch eine entsprechende Information am Ende des Textes ausgereicht.


Fazit:
Die Geschichte hat Potenzial, muss aber (für meinen Geschmack) deutlich überarbeitet werden.


Tipp:
Kleiner Hinweis am Rande:
Um Formulierungsschwächen vorzubeugen, hilft es mitunter, sich die eigene Geschichte laut vorzulesen. Laut genug, damit du es selber hörst. Das ist ein kleiner psychologischer Effekt. Das Gehirn ist mit dem „Bild“ des Textes vertraut, die Augen werden vom Gehirn „überlagert“ (dies wird in Fachkreisen auch als „Betriebsblindheit“ bezeichnet). Wenn du den Text aber vorliest, werden andere Hirnareale, die vorher nicht benötigt wurden, angesprochen und deine persönliche Wahrnehmung des Textes verändert sich.


Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen und habe dich jetzt nicht zu sehr entmutigt. ;)


Viel Erfolg
und aufmunternde Grüße

Frank
 



 
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