Wege zum Wir

4,00 Stern(e) 3 Bewertungen

Yeti

Mitglied
Wege zum Wir


Hinweg

leben, lieben, lernen, lachen,
miteinander Unsinn machen.
Schulter geben, Seele heilen,
fallen lassen, Alltag teilen.

Hände öffnen, Arme reichen,
allen bösen Worten weichen.
Tränen trocknen, Stirnen kühlen,
und auch in Vergangnem wühlen.

Ehrlich sein und gänzlich offen.
Trauen, glauben und auch hoffen.
Ängste nehmen, Ängste zeigen,
immer reden - manchmal schweigen.


Umweg

Bin ich dann zum Wir gekommen,
mehrfach um mein ich geschwommen,
gönne ich mir eine Pause;
denn wir sind ja jetzt zu Hause.

Doch wir bleiben nicht alleine.
Untermieter, anfangs kleine,
wie: der Zweifel und das Schweigen
nisten bald in allen Zweigen.

Nagen an der Ewigkeit
und stürzen uns in Dunkelheit.


Ankunft

Gegen diese Fluchtursachen
hilft es, ständig neu entfachen:
Lernen, Lachen, Lieben, Leben
und noch alles fein verweben.




*********************************
Großen Dank an den Morgenlandfahrer, der mich mit seiner kreativen und konstruktiven Kritik zur letzten Zeile inspirierte,
die doch alles noch ein wenig runder macht.
(Geht nicht gibts nicht)
 
Zuletzt bearbeitet:

Tenebrula

Mitglied
Hallo Yeti,

Das ist ein rundes und stimmiges Gedicht!
So natürlich ist der Fluss der Worte, mit denen du schlicht, aber nicht beiläufig die großen Höhen und Tiefen des Wir beschreibst.

Auch Wunderbares geschieht ganz selbstverständlich:
immer reden - manchmal schweigen.
Das bedeutet (zumindest nach meiner Interpretation), dass das für einander offene lyrische Wir mehr Zeit oder mehr Leben hat als es eigentlich gibt, denn zu dem "immer" des Redens kommt noch das "manchmal" des Schweigens dazu, als Zeit, die von keinen Uhren gemessen wird.

Und V5, S2-4
Untermieter, anfangs kleine,
wie: der Zweifel und das Schweigen
nisten bald in allen Zweigen.
ist so bildhaft und greifbar beschrieben, dass man die schleichende Invasion wie von schwarzen Vögeln sehen kann.

Doch als Ermutigung, immer neu anzufangen, schließt sich am Ende der Kreis, nur das aus dem Tun (Verben) mittlerweile ein Sein (Nomen) geworden ist!
So ist die "Ankunft" dann ein ewiger Neubeginn.

Lieben Gruß,
Tenebrula
 

Yeti

Mitglied
Hallo Tenebrula!

Die Einfachheit ist eines meiner großen Ziele!
Wahrscheinlich hab ich deswegen auch schon bei Aufsätzen in der Schule und heute mit Prosa so meine Probleme. (nur schreiben, nicht lesen)
Und meine Intentionen hast Du wunderbar herausgehoben.
Danke dafür und schön, daß es Dir gefällt!

Liebe Grüße,
Yeti
 
Hallo Yeti,

freut mich sehr, dass du meinem Vorschlag etwas abgewinnen konntest. Mir gefällt die Umgestaltung der letzten Strophe jetzt noch besser als zuvor, so gewinnt das Gedicht zum Abschluss nochmal mehr an Stimmigkeit, wie ich finde!

Liebe Grüße,
Morgenlandfahrer
 



 
Oben Unten