hi mondnein,
ein spannendes Werk, das uns wieder einmal unter Anknüpfung an basalste Themen hinaus in die Ungewissheit der Zukunft wirft. Anbei ein paar Gedanken dazu:
1. Ich lese ein vielschichtige und metaphorische Darstellung, die sich sowohl auf physische als auch metaphysische Aspekte einer Weltraumschlacht beziehen könnte. Das Gedicht scheint sowohl mit archaischen Mythologien als auch mit hochmodernen physikalischen Prinzipien zu spielen und dabei tief in die menschliche Natur und ihre Beziehung zum Universum einzutauchen.
2. Die Erwähnung von "Pollox", einem antiken griechischen Halbgott, ruft für mich sogleich die Verbindung zur griechischen Mythologie hervor. Pollux und sein Zwillingsbruder Castor, bekannt als die Dioskuren, waren die Schutzpatrone der Seefahrer. Hier könnten sie eine ähnliche Rolle für die Raumfahrer spielen, was eine Neuinterpretation des Mythos in einem kosmischen Kontext darstellt. Diese Vorstellung einer zeitgenössischen Mythologie könnte erinnern an Carl Jungs Konzept der Archetypen, die sich über Zeiten und Kulturen hinweg manifestieren, indem Rückgriffe des "ewigen Mythos" in die Jetztzeit gebracht werden, wobei die Essenz ihrer Geschichte eng mit Themen wie Brüderlichkeit, Opfer und Unsterblichkeit zusammenhängt. In beiden Versionen ihrer Geschichte wird die tiefe Bindung zwischen den Brüdern und ihre Bereitschaft, Opfer für den anderen zu bringen, betont.
3. In der kosmischen "Schlacht", die das Gedicht darstellt, könnten die Kämpfer ähnlich wie Castor und Pollux tief verbunden sein, vielleicht durch eine gemeinsame Mission oder ein gemeinsames Ziel, wobei sie bereit sind, Opfer für das größere Wohl zu bringen. Dies könnte die Notwendigkeit darstellen, Einheit und Zusammenhalt in Zeiten großer Herausforderungen und Unsicherheit, wie sie durch eine "Weltraumschlacht" dargestellt werden könnten, zu bewahren. Darüber hinaus könnte die Bezugnahme auf Pollux als Symbol für den Übergang zwischen Sterblichkeit und Unsterblichkeit gesehen werden. In der rauen und feindlichen Umgebung des Weltraums, wie sie in den Versen des Gedichts dargestellt wird, könnten die "Krieger" möglicherweise mit Konzepten des Lebens und des Todes, der Vergänglichkeit und Unsterblichkeit konfrontiert werden, ähnlich wie Pollux in der Mythologie, wobei der Vers "zerfiedern nun strahlen zu schnee" metaphorisch eine Art Zerlegung oder Aufspaltung suggeriert, während "Strahlen" auf Licht oder Energie hindeuten könnte. Das Bild des Schnees könnte eine Transformation oder eine Form von Reinigung darstellen.
Eine mögliche Interpretation könnte sein, dass die zerstörerischen Kräfte (möglicherweise die Folgen der zuvor erwähnten Weltraumschlacht) nun dazu führen, dass Energie oder Licht (die "Strahlen") aufgespalten werden und sich in eine Art kosmischen "Schnee" transformieren. Diese Transformation könnte sowohl einen Zustand des Endes als auch einen des Neubeginns darstellen. Der Schnee könnte die Stille nach der Schlacht symbolisieren und dabei auch eine Reinigung oder Erneuerung anzeigen. Es könnte aber auch eine Anspielung auf die Umwandlung von Energie in Materie sein, wie es im Universum nach der Theorie der Relativität geschieht, in der Energie und Materie als austauschbar angesehen werden.
Darüber hinaus könnte es eine philosophische Dimension geben. Die Transformation von "Strahlen" zu "Schnee" könnte die transitorische Natur des Seins darstellen und die ewige Veränderung der Dinge - ein Thema, das im philosophischen Denken, zum Beispiel in Heraklits Konzept des "Panta Rhei" ("alles fließt"), zentral ist.
4. Im Gegensatz dazu, zu diesen "unbewegten, menschlichen Konstanten" im ersten Vers, die über die Zeiten reichen und das Thema des Spielens mit der Veränderung aufgreifend, steht für mich die Zeile "Der nackte Stein ist Mode", die für mich eine profunde historische Resonanz besitzt. Sie erinnert an das Verlangen der Menschheit, sich der natürlichen Ressourcen zu bemächtigen, ein Thema, das in verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte hervortritt. Dieser Bezug zur Ausbeutung der Natur durch den Menschen findet sich auch in den Schriften Heideggers, der das Unbehagen der Moderne hervorhob, wenn der Mensch die Natur als "Bestand" für seine Zwecke behandelt.
5. Die Formulierung "Das Licht bricht aus" hat für mich Anklänge an Einsteins Theorie der Relativität, die besagt, dass Licht durch Schwerkraft beeinflusst wird. In ähnlicher Weise scheinen die "vulkanisierten Gummilarven" auf die Prinzipien der Materie- und Energieumwandlung bei kosmischen Ereignissen wie Supernovae hinzuweisen. Möglicherweise ließe sich diese organische Entwicklung des Gedichts mit dem Satz Antoine Lavoisiers zusammenfassen: "Nichts geht verloren, nichts wird geschaffen, alles wird umgewandelt."
6. Schließlich könnte der Aufruf "Wir müssen den Raum retrorenovieren" ein Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses sein, bekannte Muster und Strukturen auf neue und unbekannte Umgebungen zu übertragen. Dieser Drang zur Strukturierung des Unbekannten ist ein zentrales Thema zum Beispiel in der Philosophie von Kant, der argumentierte, dass unser Verständnis der Welt durch a priori Strukturen geformt ist, während die Schlusszeilen, die von Juwelen sprechen, die schmelzen und dann kristallisieren, auf die Zyklik von Zerstörung und Wiedergeburt hinzuweisen scheinen, einem zentralen Thema in Friedrich Nietzsches Konzept des ewigen Wiederkehrens.
7. Insgesamt handelt es sich bei "Weltraum Schlachten" um ein tiefgründiges und komplexes Werk, das in seiner Darstellung einer kosmischen Schlacht sowohl eine Neukonstruktion antiker Mythen als auch ein Spiegelbild moderner wissenschaftlicher und philosophischer Konzepte ist. Es wirft für mich Fragen nach der Rolle des Menschen im Universum, der Natur der Realität und dem unaufhörlichen Zyklus von Zerstörung und Neuschöpfung auf, ohne sie zu beantworten, jedoch Grenzpflöcke einzuziehen, in deren Wirkbereichen es sich zu lohnen sucht.
mes compliments
Dio