Wenn es Nacht wird

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onivido

Mitglied
Julio starb trotz seines jugendlichen Alters, - er war erst 13-, eines natürlichen Todes; eines in Venezuela natürlichen Todes. Schuld daran war Emilda, seine Mutter, wenigstens glaubte sie das. Heute hatte sie ihre Arbeit bei einer Reingungsfirma verloren, weil sie nach eineinhalbstündiger Anfahrt zehn Minuten zu spät gekommen war. Natürlich war das nicht der Grund für ihren Raussschmiss gewesen. Ihrem Chef war es einfach leid geworden, dass sie seine Einladungen in das Bumshotel um die Ecke immer abgelehnt hatte.
Es war Regenzeit, aber es regnete nicht. Nur eine Wolke Smog lag über der Stadt Kein Windhauch. Emilda war übel gelaunt.
“Caray, muchacho, schaff endlich mal den Abfall weg”, fuhr sie ihren Sohn an.
“Morgen früh mach ich das, Mamá” .
“Mañana, mañana! Nein, nicht morgen, gleich jetzt, verschiebe nicht immer alles auf Morgen!”
Emilda wollte wenigstens Ordnung in ihre kümmerliche Behausung bringen. Der Abfall verbreitete einen üblen Mief in der dumpfen Abendhitze.
Missmutig fasste Julio den Plastikkübel und verlies die Wohnung im vierten Stock. Er stieg die nach vertrocknetem Urin stinkende Treppe des verkommene Wohnblocks hinab, und überquerte die Strasse. Die Abfallkontainer, die dort abgestellt waren und wie so oft vergeblich auf die Müllabfuhr warteten, quollen über und stanken nach Fäulinis. Angewidert rümpfte Julio die Nase und entleerte seinen Kübel neben dem Kontainer. Er machte kehrt, warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf die, zum greifen nahe Bergkette im Dämmerlicht. Schatten auf der anderen Strassenseite, Pistolenschüsse, zwei junge Männer suchten Deckung hinter dem eisernen Kontainer und erwiderten das Feuer. Julio brach zusammen.
Augenblicke später waren die Gangster verschwunden..
Emilda stürmte auf die Strasse. Aufheulend sank sie neben der Leiche ihres Kindes auf die Knie in den Abfall.
“Mañana, mamá,” hörten die Gaffer sie immer wieder wimmern.
 

onivido

Mitglied
Julio starb trotz seines jugendlichen Alters, - er war erst 13-, eines natürlichen Todes; eines in Venezuela natürlichen Todes. Schuld daran war Emilda, seine Mutter, wenigstens glaubte sie das. Heute hatte sie ihre Arbeit bei einer Reingungsfirma verloren, weil sie nach eineinhalbstündiger Anfahrt zehn Minuten zu spät gekommen war. Natürlich war das nicht der Grund für ihren Raussschmiss gewesen. Ihrem Chef war es einfach leid geworden, dass sie seine Einladungen in das Bumshotel um die Ecke immer abgelehnt hatte.
Es war Regenzeit, aber es regnete nicht. Nur eine Wolke Smog lag über der Stadt Kein Windhauch. Emilda war übel gelaunt.
“Caray, muchacho, schaff endlich mal den Abfall weg”, fuhr sie ihren Sohn an.
“Morgen früh mach ich das, Mamá” .
“Mañana, mañana! Nein, nicht morgen, gleich jetzt, verschiebe nicht immer alles auf Morgen!”
Emilda wollte wenigstens Ordnung in ihre kümmerliche Behausung bringen. Der Abfall verbreitete einen üblen Mief in der dumpfen Abendhitze.
Missmutig fasste Julio den Plastikkübel und verlies die Wohnung im vierten Stock. Er stieg die nach vertrocknetem Urin stinkende Treppe des verkommene Wohnblocks hinab, und überquerte die Strasse. Die Abfallkontainer, die dort abgestellt waren und wie so oft vergeblich auf die Müllabfuhr warteten, quollen über und stanken nach Fäulinis. Angewidert rümpfte Julio die Nase und entleerte seinen Kübel neben dem Kontainer. Er machte kehrt, warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf die, zum Greifen nahe Bergkette im Dämmerlicht. Schatten auf der anderen Strassenseite, Pistolenschüsse, zwei junge Männer suchten Deckung hinter dem eisernen Kontainer und erwiderten das Feuer. Julio brach zusammen.
Augenblicke später waren die Gangster verschwunden..
Emilda stürmte auf die Strasse. Aufheulend sank sie neben der Leiche ihres Kindes auf die Knie in den Abfall.
“Mañana, mamá,” hörten die Gaffer sie immer wieder wimmern.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo onivido,

wieder eine bedrückende Episode aus dem offensichtlich schießwütigen venezolanischen Großstadtmilieu.
Ich finde, man muss aus dieser Geschichte gar nicht mehr machen, die Schilderung ist für eine Kurzprosa völlig ausreichend.

Ein paar kleine Verbesserungsvorschläge, die Du mir hoffentlich nicht übel nimmst:

Julio starb trotz seines jugendlichen Alters, - er war erst 13-,
Hier entweder Kommas oder Gedankenstricke, beides zusammen ist nicht möglich.

auf [red]Morgen[/red][blue] morgen[/blue]

Den Kontainer schreibt man heute Container.

[red]verlies[/red] [blue]verließ[/blue] (oder zumindest mit Doppel-s, wenn Du kein ß hast)

Er machte kehrt, warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf die, [blue](kein[/blue] [blue]Komma)[/blue] zum Greifen nahe Bergkette im Dämmerlicht

Gruß Ciconia
 

onivido

Mitglied
Hola Ciconia,
vielen Dank fuer deine Hinweise. Meine Rechtschreibefehler aergern mich immer. Ich kann 10 mal darueber hinweglesen und merke immer noch nichts. Die Sache mit dem Morgen---morgen wusste ich nicht und bringe das immer durcheinander. Im Fall des "Kontainers" glaubte ich mich sehr deutsch auszudruecken, weil das Ding bei uns "container" heisst und ich meinte es mit einem "K" zu verdeutschen. Mit den Satzzeichen stehe ich auf Kriegsfuss.
Ja leider, hier wird viel geschossen. Dieses Jahr haben wir es bis jetzt auf 27.875 Morde gebracht. Das ist eine ganze Menge bei einer Einwohnerzahl von ungefaehr 31.000.000
Gruesse///Onivido
 

onivido

Mitglied
Hallo Norbert,
danke fuer den Kommentar. Der Text wollte nur ein Schnappschuss sein, der einen Augenblick der Wirklichkeit in einer venezolanischen Grossstadt einfaengt.
Gruesse///Onivido
 
A

aligaga

Gast
Hola @onivido,

@ali hat dein kleines und gottlob ohne den üblichen Betroffenheitsschwulst sehr cool hingeschriebenes Drama sorgfältig gelesen, ein paar Kleinigkeiten ausgebessert und ein paar Formulierungsvorschläge gemacht. Schau mal:
Julio starb trotz [blue]seiner erst dreizehn Ja[/blue]hre eines in Venezuela natürlichen Todes. Schuld daran war Emilda, seine Mutter[blue]. W[/blue]enigstens glaubte sie das.

Sie [blue]hatte an jenem Tag [/blue]ihre Arbeit bei einer Reingungsfirma verloren, weil sie nach eineinhalbstündiger Anfahrt zehn Minuten zu spät gekommen war. Natürlich war das nicht der Grund für [blue]die Kündigung [/blue]gewesen. Ihr[strike]em[/strike] Chef war es einfach leid [strike]geworden[/strike], dass sie seine Einladungen in das Bumshotel um die Ecke immer [blue]wieder[/blue] [blue]ablehnte[/blue].

Es war Regenzeit, aber es regnete nicht. Nur eine Wolke Smog lag über der Stadt[blue].[/blue] Kein Windhauch. Emilda war übel gelaunt.

“Caray, muchacho, schaff endlich mal den Abfall weg[blue]![/blue]”, fuhr sie ihren Sohn an.

“Morgen früh mach ich das, Mamá[blue]."[/blue]

“Mañana, mañana! Nein, nicht morgen, gleich jetzt[blue]! V[/blue]erschiebe nicht immer alles auf Morgen!”

Emilda wollte [strike]wenigstens[/strike] Ordnung in ihre[blue]r[/blue] kümmerliche[blue]n[/blue] Behausung [blue]haben[/blue]. Der Abfall verbreitete einen üblen Mief in der dumpfen Abendhitze.

Missmutig fasste Julio den Plastikkübel und verlie[blue]ß[/blue] die Wohnung im vierten Stock. Er stieg die nach vertrocknetem Urin stinkende Treppe des verkommene[blue]n[/blue] Wohnblocks hinab[blue](,)[/blue] und überquerte die Stra[blue]ß[/blue]e. Die Abfall[blue]c[/blue]ontainer, die dort abgestellt waren und wie so oft vergeblich auf die Müllabfuhr warteten, quollen über und stanken nach Fäulinis. Angewidert rümpfte Julio die Nase und entleerte seinen Kübel neben dem [blue]C[/blue]ontainer. Er machte kehrt, warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf die[blue](,) [/blue][blue]im Dämmerlicht [/blue]zum Greifen nahe Bergkette. Schatten auf der anderen Strassenseite, Pistolenschüsse[blue];[/blue] zwei junge Männer suchten Deckung hinter dem eisernen [blue]C[/blue]ontainer und erwiderten das Feuer. Julio brach zusammen.

Augenblicke später waren die Gangster verschwunden.[blue](.)[/blue]

Emilda stürmte auf die Strasse. Aufheulend sank sie neben [blue]dem leblosen Körper[/blue] ihres Kindes [blue]im Abfall [/blue]auf die Knie. “Mañana, mamá,” hörten die Gaffer sie immer wieder wimmern.
Ein guter Kurzprosatext enthält nichts Überflüssiges.

Das hier ist ein guter.

Heiter

aligaga
 

ThomasStefan

Mitglied
Hallo onivido!
Ich mag deine kleinen Texte, Schlaglichter aus einer Welt, die uns hier so fremd ist. Denn man spürt, dass diese Schilderungen keine Erfindungen sind, sondern Abbildungen eurer Wirklichkeit.
Schöne Grüsse nach Venezuela! Thomas
 

onivido

Mitglied
Danke Thomas. Ich bin kein Schriftsteller, besitze keine begnadigte Fantasie noch Kreativitaet. Da mus ich mich an die Realitaet anlehnen.
Gruesse///Onivido
 
S

steky

Gast
Hallo, @onivido,

die Form Deines Textes gefällt mir ausgezeichnet - echte Kurzprosa, da gebe ich @aligaga recht!

Was mich stört, ist der Inhalt, der eigentlich gar nicht vorhanden ist. Du zeigst uns hier eine Szene, wie man sie im Fernsehen - Ross Kemp lässt grüßen - beinahe jeden Tag zu Gesicht bekommt. Verstehst Du? Du zeigst nur.

Selbst Ross Kemp hält am Ende immer eine Schlussrede; so gibt er der Sendung einen Inhalt, einen Wert.

Ich hoffe, Du kannst damit was anfangen.

Gruß
Steky
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo onivido,

sehe ich auch so: nichts Überflüssiges, gut gemacht!

Ich hoffe, du findest noch die Zeit, die guten Vorschläge (der vorangegangenen Kommentare), wie du den Zeilen noch etwas Feinschliff verleihen kannst, in deinen Text zu übernehmen. Dann würde er nochmal deutlich an Attraktivität gewinnen.

lg wüstenrose
 

onivido

Mitglied
Hallo, @steky,
vielen Dank fuers Lesen, den Kommentar und die Links. Die Reportage von Ross Kemp ( der mir unbekannt war) finde ich sehr gut , wirklichkeitsgetreu und ohne die sonst uebliche Einseitigkeit. Ich wohne in Petare, nicht im Slum sondern in einer Enklave des Mittelstands, der eingekreist von Slums ist. Das hat seine Schattenseiten. Natuerlich habe ich noch ein paar Geschichten geschrieben, die die gleichen Themen wie die Reportage haben. Vielleicht ueberlasten sie das Forum. Wenn Protest kommt merke ich es dann schon.
Den Text des Raps ( Lied wuerde ich sowas nicht nennen) finde ich entsetzlich.
Zu deinem Kommentar: Ich weiss nicht was ich abschliessend noch schreiben koennte. Offensichtlich fehlt mir das Gefuehl und Gespuer dafuer.
Beste Gruesse///Onivido
 

onivido

Mitglied
Hallo @wüstenrose,
ich bedanke mich sehr fuer den Kommentar. Bezueglich der Verbesserungen muss ich sagen, dass ich die von Ciconia und aligaga komplett uebernommen habe. Leider fehlt es mir an Koennen und Einfuehlungsvermoegen, die anderen Vorschlaege zu verwirklichen.
Gruesse///Onivido
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo onivido,

also für mich sichtbar in der Leselupe - heute am 7.1.2016 - ist deine (danach nicht mehr aktualisierte) Textfassung vom 29.12. - ich nehme mal stark an, dass das für alle User heute so sichtbar ist.
Deshalb Frage: Hast du deine Änderungen auch in den Leselupe-Text übernommen oder nur in deinen "Privattext" ???

lg wüstenrose
 
S

steky

Gast
Fang doch mal damit an: indem Du die Kommas im ersten Satz entfernst, die die Gedankenstriche umzingeln. Das ist nicht gut so.

Was mein Lied betrifft, so ahnte ich schon, dass es nicht ankommt. Man muss Hip-Hop erstmal verstehen lernen, ehe man ihn genießen kann. Aber das nur am Rande.

Gruß
Steky
 

onivido

Mitglied
Julio starb trotz seiner erst dreizehn Jahre eines in Venezuela natürlichen Todes. Schuld daran war Emilda, seine Mutter. Wenigstens glaubte sie das.

Sie hatte an jenem Tag ihre Arbeit bei einer Reingungsfirma verloren, weil sie nach eineinhalbstündiger Anfahrt zehn Minuten zu spät gekommen war. Natürlich war das nicht der Grund für die Kündigung gewesen. Ihr Chef war es einfach leid, dass sie seine Einladungen in das Bumshotel um die Ecke immer wieder ablehnte.

Es war Regenzeit, aber es regnete nicht. Nur eine Wolke Smog lag über der Stadt. Kein Windhauch. Emilda war übel gelaunt.

“Caray, muchacho, schaff endlich mal den Abfall weg!” fuhr sie ihren Sohn an.

“Morgen früh mach ich das, Mamá."

“Mañana, mañana! Nein, nicht morgen, gleich jetzt! Verschiebe nicht immer alles auf Morgen!”

Emilda wollte Ordnung in ihrer kümmerlichen Behausung haben. Der Abfall verbreitete einen üblen Mief in der dumpfen Abendhitze.

Missmutig fasste Julio den Plastikkübel und verließ die Wohnung im vierten Stock. Er stieg die nach vertrocknetem Urin stinkende Treppe des verkommenen Wohnblocks hinab und überquerte die Straße. Die Abfallcontainer, die dort abgestellt waren und wie so oft vergeblich auf die Müllabfuhr warteten, quollen über und stanken nach Fäulinis. Angewidert rümpfte Julio die Nase und entleerte seinen Kübel neben dem Container. Er machte kehrt, warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf die im Dämmerlicht zum Greifen nahe Bergkette. Schatten auf der anderen Strassenseite, Pistolenschüsse; zwei junge Männer suchten Deckung hinter dem eisernen Container und erwiderten das Feuer. Julio brach zusammen.

Augenblicke später waren die Gangster verschwunden.

Emilda stürmte auf die Strasse. Aufheulend sank sie neben dem leblosen Körper ihres Kindes im Abfall auf die Knie. “Mañana, mamá,” hörten die Gaffer sie immer wieder wimmern.
 

onivido

Mitglied
@wüstenrose,@steky
ich wusste nicht, dass man den eingestellten Text im Sinne der Kommentare korrigieren darf. Jetzt habe ich die Versión aligagas eingestellt. Ich habe das Gefuehl , ich schmuecke mich mit fremden Federn.
Gruss///Onivido
 



 
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