zwischen zwei:tropfen glücksgefühle

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Ralf Langer

Mitglied
zwischen zwei:tropfen glücksgefühle


tage am urinal
pissrinnengezwitscher
die schnauze voll
lehre begriffe
führen kachelgespräche
ein mann sagt
spiel mit ihm aber sprich nicht mit ihm
harndrang als dopamin

die toilettenfrau
summt das lied
vom fluß ohne wiederkehr
beim zählen der münzen
fällt der groschen
panta rhei
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo marie,

es ist nicht zu ehrenrührig gedacht:

man kann nicht zweimal ans selbe pissoir treten.

in abwnadlung der großen griechischen worte....

ralf
 

ENachtigall

Mitglied
Der philosophische Funke springt an öffentlich-diskreten Orten deutlich höher als man denkt.
Ich find´s himmlisch!

LG
Elke

(ist halt mitten ins Leben gegriffen, Marie-Luise)
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo elke,
ja sehr nah am "wirklichen" leben.

so war es gedacht... und selbst empfunden.

off topic:

ich frage mich immer warum vor einem pissoir keine spiegel hängen!
soll man das selbstvergessene gesicht nicht sehen dürfen?


ralf
 

ENachtigall

Mitglied
Off topic reply:

Ja, soll man nicht! Weil wegen der Gefahr! des DanebenPinkelns und aus Gründen der Diskretion: meist sind ja die Becken so angelegt, dass die Eintretenden diejenigen, die schon vor ihnen austreten gegangen sind, nur von hinten sehen. Das wäre mit Spiegeln hinfällig.

Obwohl: bei all dem Schnickschnack, den die Pissoirs sonst so aufweisen - ich denke da den Ball am Bändchen, den Mann ins Tor pinkeln kann - verliert die Erklärung an Plausibilität ...

Schönes Thema!
 
panta rhei – alles fließt

Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen

kann ich einfach nicht mit dem fließenden Urin assoziieren.

Gruß
Marie-Luise

Zu deinem Kommentar:
Man kann [blue]wohl[/blue] zweimal an dasselbe Pissoir treten.
 
Es war kein Gewinn, dass ich dein Gedicht gelesen habe.

Ich werde wohl, wenn ich die Worte panta rhei höre, die man ja Heraklit zuschreibt und die ich bis heute sehr liebte, immer dein [red]Pissoir – Gedicht [/red]vor Augen habe.

Äääääääärgerlich.
 

Ralf Langer

Mitglied
dann bitte ich höflich
um entschuldigung. aber sei dir gewiss,
das ich vor allen philosophen größte hochachtung habe.

und ich sehe hier in meinem stück viel mehr
als nur eine posse

lg
ralf
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Ralf,

um mir diese Zeilen etwas verständlicher zu machen, nur eine Frage:
lehre begriffe
führen kachelgespräche
Müsste es nicht "leere" heißen?

Gruß Ciconia
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo ciconia,

hm besagte stelle dachte ich mir so:

"die schnauze voll
lehre begriffe
führen kachelgespräche"

zum einen :
die schnauze voll lehre

also das angefüllt sein mit wissen, aber mit
auschließlich gelehrigem, schlaugemeinten hülsen



zuma anderen
leere begriffe :
also bildlich das sich entleeren, lossagen von begriffen
und auch der vorgang als das "urinieren"
und das meinermeinung nach "offensichtliche"
füheren nichtsagender "leerer" gespräche auf der toilette
an sich

(schwierig ist hier eher für mich das wort: "begriff". da werd ich demnächst einmal in meinem tagebuch etwas zu veröffentlichen.
ich finde ihn ungemein spannend und vielschichtig..)

hm, eigentlich müsste ich vielleicht wirklich "leere" schreiben, weil hier das hauptaugenmerk drauf liegt.

werde das noch einmal überdenken

ralf
 

revilo

Mitglied
Panta watt??? Klär mich auf, Schalka... Übrigens Glückwunsch .. Der Sieg war verdient...
LG revilo
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Ralf,

grundsätzlich möchte ich hier keine neue Diskussion über Groß- und Kleinschreibung in der Lyrik anfangen, ich gebe nur zu, dass mir die Missachtung von Sprachregelungen nicht gefällt.

Deshalb lese ich normalerweise solche Texte auch nicht, nur in diesem Fall, wegen der Empfehlung, habe ich es mal versucht. Was für mich dabei allein durch Groß- und Kleinschreibung und Zeichensetzung herausgekommen ist, ist diese Variante.

Tage am Urinal, Pissrinnengezwitscher.
Die Schnauze voll.
Leere Begriffe führen Kachelgespräche.
Ein Mann sagt: „Spiel mit ihm, aber sprich nicht mit ihm.“
Harndrang als Dopamin.

Die Toilettenfrau summt das Lied vom Fluss ohne Wiederkehr.
Beim Zählen der Münzen fällt der Groschen.
panta rhei


Ich muss sagen, der Inhalt klingt ziemlich profan. Allein der zweite Teil hat einen gewissen Witz. Über das "panta rhei" ist schon genügend gesprochen worden.

Vielleicht verstehe ich aber auch noch zu wenig von Lyrik, um den Inhalt in seiner ganzen von Dir beabsichtigten Tiefe erfassen zu können. Deshalb nimm mir meinen Kommentar bitte nicht übel.

So, und nun könnt Ihr Euch weiter über Fußball unterhalten.

Gruß Ciconia
 

Ralf Langer

Mitglied
hi oli,
pnta rhei, dein altgriechisch ist wirklich eingerostet.
der ausspruch wird herklit einem vorsokratiker des fünften jahrhunderts vor christus zugerechnet:

heißt: wie sollte es am pissoir anders sein:

alles fließt.

meint damit das sich alles sein in ständiger bewegung befindet,
nichts ist alles wird, entwickelt sic etc.

hier als anspielung auf:

"man kann nicht zweimal in den selben fluß steigen", gedacht.

ach ja, danke für den schalker gruß, das war spitz af knopf

und außerdem, wußtest du das. aber ich habs sehr gern noch mal erklärt.
:)

ralf
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ralf,

ich habe an diesem Ort schon an alles Mögliche gedacht - aber noch nicht an Heraklit.

Trotzdem - feines Gedicht!

Liebe Grüße
Manfred
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Liebe Leser und Kommentatoren,

ich denke, ich spreche noch ein offenes Wort der Erklärung, warum ich dieses Gedicht so empfehlenswert finde:

es setzt mit der Philosophie und dem/einem Männerklo zwei Gebiete miteinander in Beziehung, die konträrer nicht scheinen können und untermauert damit fundamental die Grundaussage des Poems: Alles fließt. Eben auch die Sprache - ins Denken. Das Denken - in Sprache. Ungeachtet der Bedeutung eines Ortes, einer Zeit und bis weit über jedwede politische Korrektheit dieser Begebenheiten hinaus.
Auch die Sprache des Gedichtes fließt - speziell zum Ende hin - in die Erkenntnis.
die toilettenfrau
summt das lied
vom fluß ohne wiederkehr
beim zählen der münzen
fällt der groschen
panta rhei
Hier ist es längst einerlei, wer die Münzen zählt und bei wem der Groschen fällt.
In der Wiederholung, der Bewegung des Abzählens, fließt "es" äquivalent; und was bleibt, ist das Glücksgefühl, etwas "praktisch" verstanden zu haben, was zuvor theoretisch erfasst worden war.
Erst, wenn die Philosophie in dein Alltagsleben vordringt, dich körperlich erfasst (Durchdringung), durchschaust du sie wirklich, wird sie "wirksam".

So schließt sich am Ende das Gedicht mit dem gefühlten Rückbezug auf das Glück im Titel wie ein Kreislauf- und ist doch nicht mehr das selbe Gedicht, das du zunächst gelesen hast, wenn du es zum zweiten mal liest!

Und hier, für alle, die das Lied vom Fluß nicht kennen http://www.youtube.com/watch?v=SMPzo-vGkoc

Mit herzlichem Gruß

Elke

P.S. Sprachlich noch prägnanter wäre
ein mann sagt
spiel[blue]e[/blue] [strike]mit ihm[/strike] aber sprich nicht mit ihm
 



 
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