Halloween

3,40 Stern(e) 5 Bewertungen

Ord

Mitglied
Halloween

„Neumodischer Kram!“ – Rentner Dorn mustert mit zusammengekniffenen Lippen die Gestalten draußen auf der Straße. Nur zu gut erinnert er sich an die Ketchup-Fratze, die er letztes Jahr mühsam von der Haustür schrubben musste. „Diese Rotzlöffel! Zu meiner Zeit hat’s das nicht gegeben!“
Die leere Teetasse in der Hand schlurft er grummelnd in die Küche und reißt die Abwaschbürste aus der Halterung. Die Tasse rutscht ihm aus den Fingern und fällt klirrend ins Becken. „Herrgott noch mal, nur Scherereien!“
Während er nach dem Klebstoff für den abgebrochenen Henkel kramt, klingelt es – „Na wartet, ihr Gören, ich werd‘ euch beibringen, wie man sich zu benehmen hat!“

Das Teufelchen und die kleine Hexe schaudern, als sie dem alten Mann in die Augen blicken.
„Ja?!“, knurrt der.
Die Steppkes zögern kurz, holen tief Luft und singen: „Jack O'Lantern … “ – „Das haben wir in der Schule gelernt.“
Kein süßsaurer Spruch? – argwöhnt der Alte, doch die beiden sehen ihn nur erwartungsvoll an. Milder als geplant meint er: „Ich habe nichts. Und nun?“
Das Hexlein macht große Augen. – Keine Süßigkeiten im Haus? Der arme Opa! – „Also … ich könnte Sie einmal drücken, wenn Sie wollen.“
Eifrig nickt der Junge und hält ihm sein Körbchen hin: „Möchten Sie vielleicht ein paar Bonbons?“
 
Zuletzt bearbeitet:

FrankK

Mitglied
Hallo Ord
Diese Lebensszene gefällt mir außerordentlich gut.
Sowohl der Alte als auch die beiden Kinder stehen mir plastisch vor meinem inneren Auge.

Ganz wenig dazugetextet - und es wäre eine ausgewachsene Kurzgeschichte, der überraschende Twist ist schon vorhanden.


Irgendwas finde ich Erbsenzähler doch immer ;) :
Mir persönlich missfallen mehrere Satzendezeichen wie „?!“
Bei „Ja?“ klingt für meinen Geschmack ein „... bitte“" hinterher, wie bei einer höflich distanzierten Begrüßung eines Boten.
Hier hätte ich ein „Was wollt ihr?“ erwartet, abgekürzt zu einem „Was?“
Ohne nachfolgendem Ausrufezeichen, welches ausschließlich auf eine erhobene Stimme hindeutet.
Er ist aber wütend, zerknirscht, emotional geladen und voller Unverständnis für dieses obskure Fest. Seinem Alter und seiner Stimmung gemäß würde er Kinder vielleicht "anranzen" (Duden: mit groben Worten laut, heftig und befehlend)
Also:
  • „Was?“, ranzt er.

Keine Süßigkeiten im Haus[blue]?![/blue]
Diese Aussage gehört vermutlich zur Gedankenwelt des „Hexleins“. Dann ist aber der Zeilenwechsel überflüssig bzw. eine Umstellung durchaus sinnvoller.
  • Das Hexlein macht große Augen. Keine Süßigkeiten im Haus? Der arme Opa! „Also ... ich könnte Sie einmal drücken, wenn Sie wollen.“
Auch die wörtliche Rede macht Sinn ohne Zeilenwechsel, weil die Sicht auf das Hexlein gerichtet bleibt. (Die Kamera meines Kopfkinos auf dem Hexlein gerichtet bleibt)


Abendliche Grüße
Frank
 

Ord

Mitglied
Hallo Frank,

ich danke Dir sehr für die gefundenen Erbsen.

Die Umstellung der Hexlein-Gedanken gefällt mir ausgezeichnet! Ich übernehme sie gerne.

Deinen Vorschlag für den „Ja?!“-Ersatz habe ich durchdacht und ausprobiert.
Den Zusatz „ranzt er.“ empfinde ich zu herb. Die Lütten müssen sich schon beim „Ja?!“ überwinden, überhaupt das Lied vorzutragen.
Würden sie zu wütend angesprochen, trauten sie sich nicht mehr zu singen, drucksten nur verlegen und versuchten, irgendwie zu entkommen.
Ich suchte nach ähnlichen Wörtern, keins sagte mir zu.
Nur „Was?“ oder „Was!“ passt jedoch meiner Meinung nach auch nicht.
Ich überlege noch.

Freundliche Grüße
Ord
 

Ord

Mitglied
Halloween

„Neumodischer Kram! Zu meiner Zeit hat’s das nicht gegeben!“
Rentner Dorn mustert mit zusammengekniffenen Lippen die Gestalten auf der Straße.
Dann schlurft er grummelnd in die Küche und spült das Geschirr. Eine Tasse rutscht ihm aus der Hand, der Henkel bricht ab.
„Herrgott noch mal, nur Scherereien!“
Letztes Jahr meinte irgendeiner dieser Rotzlöffel, er müsse sich mit einer Ketchup-Fratze auf der Haustür verewigen.
Da, es klingelt! Dieses Mal wird er den frechen Gören gehörig den Kopf waschen!
Dem Teufelchen und der kleinen Hexe vergeht schlagartig das Lächeln, als sie dem alten Mann in die Augen blicken.
„Ja?!“
Die Steppkes zögern kurz, holen tief Luft und singen: „Jack o'lantern …“
„Das haben wir in der Schule gelernt.“
Milder als geplant meint Herr Dorn: „Ich habe nichts. Und nun?“
Das Hexlein macht große Augen. Keine Süßigkeiten im Haus? Der arme Opa! „Also … ich könnte Sie einmal drücken, wenn Sie wollen.“
Eifrig nickt der Junge und hält ihm sein Körbchen hin: „Möchten Sie vielleicht ein paar Bonbons?“
 

Val Sidal

Mitglied
@Ord

Nicht jede kurze Prosa ist Kurzprosa.
Ausgeschmückt und mit etwas Beiwerk fände der Text einen würdigen Platz im Forum „Fantasy und Märchen“.
 
A

aligaga

Gast
Dass man Texte mit allerlei Adverbien, Adjektiven oder lautmalerischen Verben "aufpeppen" könnte, ist ein sehr weit verbreiteter Irrthum. Ein schlechter Text bleibt immer schlecht.

Hier haben wir's aber mit einem sehr guten zu thun.

Ein schlichtes "Was?!" oder "Ja?!" ist aussagekräftig genug; der Leser ist gehalten, sich den Tonphall des Grantlers selbst vorzustellen und hat gerade deshalb Spaß an dem G'schichterl.

Es steht mit seiner hübschen Pointe ganz für sich; wer meint, es zu einer Art Weihnachtsgeschichte auswalzen zu können, ist schwer auf dem Holzwege. Es zählt hier der Moment, nicht die Sage. Ein G'schichterl wie ein saurer Bonbon, dessen Kern süß auf der Zunge schmilzt. So muss Kurzprosa!

Heiter

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Hallo Ord
„Die Kunst des Schreibens besteht (unter anderem) nicht nur darin, die Fantasie des Lesers zu beflügeln, sondern sie mit wenigen Worten ganz genau zu lenken.“

Mein Kopfkino:
Ich nehme mal deine Geschichte als Beispiel – zunächst der Anfang:
„Neumodischer Kram! Zu meiner Zeit hat’s das nicht gegeben!“
Rentner Dorn mustert mit zusammengekniffenen Lippen die Gestalten auf der Straße.
Mein Kopfkino rattert sofort los – ich sehe den verbiesterten Alten in abgetragenen Klamotten fröstelnd auf der Straße zwischen all den Gestalten – und das aus seiner Blickrichtung.
Dann schlurft er grummelnd in die Küche und spült das Geschirr. Eine Tasse rutscht ihm aus der Hand, der Henkel bricht ab.
Ups! Mein Kopfkino flackert, die Szene ändert sich.
Es geht noch so gerade eben, der „Blick des Alten“ zoomt rückwärts und ich stehe mit ihm im Wohnzimmer und schaue durchs Fenster. Kopfkino gerettet.

Und dann, etwas später, folgt dieser Moment:
Auf Basis der zuvor geschilderten Gedanken sehe ich in meinem Kopfkino den Alten, wie er zur Tür geht, sich aufplustert wie ein Grizzly und losbrüllt ...
Die Steppkes zögern kurz, holen tief Luft und singen: „Jack o'lantern …“
Ups! Mein Kopfkino flackert, die Szene ändert sich.
Der Film reißt, ich muss ein Stück zurückspulen, neu ansetzen.
Der Tonfall muss doch etwas milderer sein, nicht ganz so aggressiv, wie es zunächst den Anschein hatte.

Die Rechtschreibung:
Duden und sonstige Quellen lassen sich nicht darüber aus, ob diese Fragezeichen-Ausrufezeichen – Kombination erlaubt oder verboten sei.
Nicht erlaubt ist die Kombination mehrerer Satzendezeichen zur Steigerung der Aussage:
„Ich erwarte von dir eine ehrliche Antwort!!!“
oder
„Wo warst du die ganze Nacht???“

Dies lässt sich viel besser durch Verwendung der sogenannten „Inquit-Formen“ darstellen:
„Ich erwarte von dir eine ehrliche Antwort!“, pochte seine Freundin auf ihr Recht.
oder
„Wo warst du die ganze Nacht?“, fragte ihre Mutter mit Nachdruck.

Viele ähnlich Beispiele lassen sich für den Nichtgebrauch finden.
Aber nicht die Kombination von Frage- und Ausrufezeichen.
Im amerikanischen hat sich das Interrobang [blue]( ? )[/blue] entwickelt, der übereinandergelegten Kombination von Frage- und Ausrufezeichen. Im deutschen Sprachraum hat sich dieses Symbol nie etabliert.
Siehe hierzu auch den Wikipedia-Artikel: Interrobang

Ich kann mich nicht erinnern, eine derartige Verwendung („?!“ oder „!?“) jemals in einem belletristischen Werk gesehen zu haben, zumindest in keinem professionell lektorierten und korrigierten Werk.
Aber natürlich mag es mir nicht bekannte Ausnahmen geben ...

Wie gesagt, meine persönliche Aversion gegen diese merkwürdige Satzende-Zeichen-Kombination.
Bei einer einfachen Frage würdest du doch auch nicht auf die Idee kommen, einen Punkt dahinter zu setzen, oder?.

Aber du wolltest ja noch einmal darüber nachdenken, und das ist gut so.


Hallo Val
Wieso glaubst du, die Geschichte wäre – Ausgebaut zur Kurzgeschichte – etwas für das Fantasy- und Märchen-Forum?


Hallo Willibald
Oder das Süddeutsche "granteln".
Von „grantig“ ... durchaus denkbar für meinen Geschmack, möglicherweise in dieser Form nur einen Hauch zu regionallastig.
Auch gut in Frage kämen „griesgrämig“, „bärbeißig“, „knurrig“, „knorrig“.


Herzlich Grüßend
Frank
 

Willibald

Mitglied
Tja.
Das Solo-was gefällt mir gut. Das Zweifachsatzzeichen signalisiert die Mischung aus Frage und Ärger und Drohung.
Das geht übrigens durchaus auch mit Punkt oder Fragezeichen ...
@Frank
Was für eine sprachliche Färbung schmückt dieses "ranzen"?
 

Val Sidal

Mitglied
@FrankK

du fragst:
Wieso glaubst du, die Geschichte wäre – Ausgebaut zur Kurzgeschichte – etwas für das Fantasy- und Märchen-Forum?
– nun, eine gute Kurzgeschichte wird dieser erbarmungslose Text durch keine wie auch immer geartete Maßnahme. War auch nicht mein Vorschlag. Die grellen Walt-Disney-Figuren, wie aus einer Programmzeitschrift ausgeschnibbelt, ein primitiver Plot, mit einer geschmacklos-schmierigen und erwartbaren Pointe sowie der tief Moralin-getauchte erhobene Zeige-(oder Mittel?)finger, lassen mir sehr wenig Möglichkeiten, Gutes zum Text zu bemerken.

Mehr als mein Vorschlag ist nicht drin.
 

Ord

Mitglied
Hallo Willibald,

vielen Dank für Deine Vorschläge. Knurren gefällt mir recht gut:
„Was?“, knurrt er.
„Ja?“, knurrt er.
Doch beides sieht für mich immer noch zu sehr nach einer Frage aus.
„Was!“, knurrt er. Das könnte funktionieren.
Das Zweifachsatzzeichen signalisiert die Mischung aus Frage und Ärger und Drohung.
Richtig. Genau das wollte ich erreichen.
„Was?!“, knurrt er.
„Ja?!“, knurrt er.
Hier brauche ich dann den Zusatz „knurrt er“ nicht mehr, weil die Satzzeichen-Kombination bereits alles aussagt.


Hallo aligaga,

Ich freue mich, dass Dir der Bonbon schmeckt und stimme mit Dir überein, es besser jedem Leser selbst zu überlassen, sich den Tonfall vorzustellen.


Hallo Frank,

vielen Dank für die Beschreibung Deines Kopfkinos. Dass für Dich das „Ja?!“ so herb klingt, hat mich überrascht. Ich empfinde es weicher als „Was“.
Das Interrobang gefällt mir sehr gut. Gäbe es das nicht schon, dann müsste es erfunden werden.



Nu habe ich hin und her probiert, gelöscht und wieder eingesetzt, oft durchdacht und beschlossen:
Ich bleibe beim „Ja?!“

Ich danke Euch für die Auseinandersetzung mit meinem Text und wünsche Euch einen schönen Abend.

Ord
 

FrankK

Mitglied
Salute Willibald
Erwischt!

Der OnLine-Duden nennt es einfach als "salopp", mein Dudenlexikon bezeichnet es als "umgangssprachlich".
Ich kann aber nicht beurteilen, ob das (an)ranzen eher hier aus dem Ruhrgebiet stammt oder doch etwas weitere Verbreitung besitzt.

Dein "granteln" ist aber laut Online-Duden definitiv süddeutsch, österreichisch umgangssprachlich.

Ich hätte dich irgendwann mal im Diskussionsfaden "Text und Kritik" erwartet ... aber was solls.

Schönen Abend noch.


Hallo Val
Na, das nenne ich aber ein vernichtendes Statement.
Disney-Stile?
Erhobener Mittelfinger?
Autsch!

Ich wünsche dir noch einen schönen Abend.


Hallo Ord
... und beschlossen:
Ich bleibe beim „Ja?!“
Na, dann ist ja alles geklärt.


Viel Erfolg mit deinem nächsten Text - bis demnächst.

Herzlich grüßend
Frank
 
A

aligaga

Gast
– nun, eine gute Kurzgeschichte wird dieser erbarmungslose Text durch keine wie auch immer geartete Maßnahme. War auch nicht mein Vorschlag. Die grellen Walt-Disney-Figuren, wie aus einer Programmzeitschrift ausgeschnibbelt, ein primitiver Plot, mit einer geschmacklos-schmierigen und erwartbaren Pointe sowie der tief Moralin-getauchte erhobene Zeige-(oder Mittel?)finger, lassen mir sehr wenig Möglichkeiten, Gutes zum Text zu bemerken.
Wem zu den hübschen Bildchen, die uns hier gezeigt werden, nix anderes einfällt als plump-verunglimpfende Abwertung, muss sich sagen lassen, dass an seiner Tür wohl noch nie Kinder geklopft oder geklingelt haben.

Sonst wüsste er, dass man für die hier gezeichneten kleinen Typen ebenso wie für den Knurrhahn keinen Walt Disney zum Vorbild braucht. Sowas liefert einem das ganz normale Leben heute frei Haus, falls man sich in der Gesellschaft befindet und nicht an deren Rand.

Von Moralinsäure findet sich in dem Text nicht ein Spürchen, schon gar kein erhobener Zeigefinger. Wir sehen am Ende das "trick or treat" liebenswürdig auf den Kopf gestellt. Es gibt tatsächlich Kinder, die prosoziales Verhalten zeigen und von Geburt an zur Empathie neigen. Alle Kinder wollen geliebt werden und sind auf dem Weg dorthin mitunter sehr einfallsreich. Einen Opi zu "drücken" und ihm einen Bonbon anzubieten ist hier eine literarisch ganz große, ganz kleine Sache.

Heiter

aligaga
 

Val Sidal

Mitglied
@aligaga

Wem zu den hübschen Bildchen, die uns hier gezeigt werden, nix anderes einfällt als plump-verunglimpfende Abwertung, muss sich sagen lassen, dass an seiner Tür wohl noch nie Kinder geklopft oder geklingelt haben.
Der zornig-dornige „Opa Dorn“, „Hexlein“ und „Teufelchen“, „Steppkes“, „Rotzöffel“ und „freche Gören“ usw. – das sind also die „hübschen Bildchen“, die begeistern sollen? Besser verarbeitet -- vielleicht in einem Märchen … Und wenn die Einfallslosigkeit der Plotführung („Dann schlurft er grummelnd in die Küche und spült das Geschirr. Eine Tasse rutscht ihm aus der Hand, der Henkel bricht ab.“) bemerkt wird, dann soll das verunglimpfende Abwertung sein? Es soll auch verunglimpfende Lobhudelei geben …

Sonst wüsste er, dass man für die hier gezeichneten kleinen Typen ebenso wie für den Knurrhahn keinen Walt Disney zum Vorbild braucht. Sowas liefert einem das ganz normale Leben heute frei Haus, falls man sich in der Gesellschaft befindet und nicht an deren Rand.
Ob das Sujet eines Textes vom „normalen“ Leben oder aus der (ggf. wahnhaften) Wirklichkeit des Autorengeistes entnommen wird, hat bzgl. der sprachlichen Verarbeitung und der literarischen Qualität keinerlei Bedeutung – auch die Börsennachrichten werden nicht dem Film „Wall Street“ entnommen, dennoch erheben sie nicht den Anspruch, eine kunstvolle Produktion zu sein. Und, bitte – nichts gegen den Film!
 
A

aligaga

Gast
Deine [red]verunglimpfende[/red] Abwertung las sich wie folgt:
– nun, eine gute Kurzgeschichte wird dieser [red]erbarmungslose[/red] Text durch keine wie auch immer geartete Maßnahme. War auch nicht mein Vorschlag. Die [red]grellen Walt-Disney-Figuren[/red], wie [red]aus einer Programmzeitschrift ausgeschnibbelt[/red], ein [red]primitiver[/red] Plot, mit einer [red]geschmacklos-schmierigen[/red] und erwartbaren Pointe sowie [red]der tief Moralin-getauchte erhobene Zeige-(oder Mittel?)finger[/red], lassen mir sehr wenig Möglichkeiten, Gutes zum Text zu bemerken.
Wir haben's hier nicht mit einer Geschichte oder gar einer Novelle zu thun, sondern einer köstlichen, kleinen Impression, wo der kundige Leser die kleinen Typen und den knurrigen Greis sofort erkennt (weil die um Halloween alle so rumlaufen und an den Türen klopfen).

So weit, so banal. Auf die Idee, dass die kleinen Monster, die "Geld oder Leben!" forden, gedankenschnell umgepolt werden, muss man erst mal kommen. Dass Kinder (freilich nicht alle!) etwas teilen können, um sich damit Wohlwollen, Freundschaft und Liebe zu erkaufen, weiß jeder, der schon mal mit den Kleinen öfters zu thun gehabt hat.

Wenn sie hier von einem Opa gemocht werden wollen, der sie erstmal nur anblafft, dann ist das nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern durchaus verständlich.

Dank deiner verunglimpfenden Abwertung scheint das Lichtlein am Ende dieses Stückerls Kurzprosa nur umso heller. Würde @ali Noten geben wie du, bekäme der Autor von ihm eine 11 plus. So muss Halloween!

Heiter wiewder weiter

aligaga
 

Ord

Mitglied
Hallo Val Sidal,

Die grellen Walt-Disney-Figuren, wie aus einer Programmzeitschrift ausgeschnibbelt, ein primitiver Plot, mit einer geschmacklos-schmierigen und erwartbaren Pointe sowie der tief Moralin-getauchte erhobene Zeige-(oder Mittel?)finger, lassen mir sehr wenig Möglichkeiten, Gutes zum Text zu bemerken.
Der zornig-dornige „Opa Dorn“, „Hexlein“ und „Teufelchen“, „Steppkes“, „Rotzöffel“ und „freche Gören“ usw. – das sind also die „hübschen Bildchen“, die begeistern sollen?
„Rentner Dorn, alter Mann, Herr Dorn, Opa“ und
„Gestalten, Rotzlöffel, freche Gören, Teufelchen, kleine Hexe, Steppkes, Hexlein, Junge“ –
Begriffe, um Wiederholungen zu vermeiden.
Ich hebe in meinem Text weder meinen Zeige- geschweige denn meinen Mittelfinger. Warum auch?
Durch die Reaktion der Kinder wird die Situation entschärft und nimmt eine überraschende Wendung. Darum geht es, nicht mehr und nicht weniger.


Hallo aligaga,

schön dass die Wendung am Ende so leuchtend für Dich scheint.


Einen schönen Halloween-Abend wünsche ich Euch!
Ord
 

Val Sidal

Mitglied
@Ord

Selbstverständlich hätte die Idee eine Kurzprosa werden können – dagegen kein Einwand.

Doch, wenn der Protagonist auf eine Stereotyp-Position reduziert wird (in der Vergangenheit behaftet, alleinlebend, kleine Rente, motorisch defizitär), dann kann er in der Pointe seine Perspektive nicht plausibel wenden – er ist und bleibt der Stereotyp-Opa, in einer peinlichen SItuation.

Bekäme die Figur eine weitere Dimension, die die emotionale Aufmerksamkeit zum Beispiel auf für seine Beziehung zu Kindern bestimmende Eigenarten richten könnte (z. B. eigene Kindheit, eigene Kinder, Enkel usw. verbunden mit Gefühlen wie Nostalgie, Traurigkeit, Trauer, Schmerz ), oder auf seine Erinnerungen und/oder Enttäuschungen o. Ä. mit Blick auf traditionelle Rituale, dann könnte die Figur in der Pointe den Leser an einer sympatischen Wende eines Menschen teilhaben lassen. So nicht.

Würde der Erzähler die Szene leiser und deutlich zurückhaltender begleiten, dann wären die Protagonisten die Determinanten der Atmosphäre und nicht Kommentare auf dem Sprachniveau eines Achtklässlers, wie „Letztes Jahr meinte irgendeiner dieser Rotzlöffel, er müsse sich mit einer Ketchup-Fratze auf der Haustür verewigen.“ oder „Da, es klingelt! Dieses Mal wird er den frechen Gören gehörig den Kopf waschen!“

Und schließlich: Dass Opa keine Bonbons bereit hält, ist für die Kinder eine Enttäuschung. Ihnen die Fähigkeit zuzuschreiben, in no-time auf eine empatisch überschwängliche, körperliche Zuneigungsäußerung zu wechseln, ist gewagt. Denkbar, aber wenig überzeugend, und eigentlich nur mit dem Nachahmungsdruck des Jungen, auch etwas Gutes tun zu wollen, zu rechtfertigen, ist sein Angebot: „Möchten Sie vielleicht ein paar Bonbons?“ – die eigentlich beste Stelle des Textes.

Platte, stereotype Figuren plätten auch eine gute Idee – wie hier geschehen.
 
A

aligaga

Gast
Hier hat offensichtlich jemand immer noch nicht kapiert, dass "Kurzprosa" etwas ganz anderes ist als ein fetter Schweinebraten mit Knödel und Sauerkraut, der Fressnarkose erzeugt und einem die Herzkranzgefäße dicht macht. Kein Ölschinken!

Wir habn's hier mit einer Skizze zu thun, einem wohlgelungenen Petit Four - nichts für Gourmands, die wie immer meinen, viel hülfe viel, sondern für jene, denen man zutrauen darf, nicht bloß zu fressen, sondern zu kosten. Wer seiner Geschmackssinne halbwegs mächtig ist, braucht hier keine Gebrauchsanweisung, die ihm erklärte, wie und warum Opis und Kinder so und nicht anders funktionieren.

Wie schon gesagt - das alberne Wüten gegen diesen hübschen, witzigen Text hilft mit, ihn erst recht zu genießen. Er hebt sich wohltuend aus dem einphallslosen Brei heraus, der hier sonst immer wieder angerührt wird. Wie schön, dass unser tapf'rer @Willibald die alberne Drei egalisiert hat. Offenbar versteht der Junge etwas von Feinkost!

TTip, o @Val: Zeig uns doch, mit welchen formidablen Zutaten du aus dieser reizenden Arabesque die von dir gewünschte Schlachtschüssel zu formen wüsstest, damit wir alle etwas zu lachen haben.

Quietschend vor Vergnügen

aligaga
 



 
Oben Unten