Bruchstücke

4,60 Stern(e) 70 Bewertungen

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Küsse sind das, was von der Sprache des Paradieses übriggeblieben ist.
Joseph Conrad

Mir fehlen die Worte.
Drum komm,
geliebte Sprachforscherin,
lass uns paradiesen!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Weiß des Kondensstreifens
Erinnert mich an einen Kometen

Ich schließe die Augen
Und nehme auf ihm Platz

Lasse mich durch die Zeit treiben

Du
Am Fenster
Die Zigarette in deiner Hand glimmt
Wie ein Stern
‚Jetzt wäre der Augenblick‘
Sagst du

Sprichst wie immer
Seit deinem Tod
In Rätseln
Die du mit dem Zug an der Zigarette
Weghauchst

Ich bin nur der Rahmen
Den du mit Bildern ausfüllst

Keine Antworten

Keine Fragen
 

Scal

Mitglied
Poesie vermags.
Ein Bild entsteht, wie von blauem Schweigen umrahmt:
Ein Kondensstreifen versickert in einem aufglimmenden Stern.
Wünschte, ich wäre Maler.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
es geht die zeit

das erste grau
liegt in den sonnenstrahlen
die nächte malen
kaltes sternenlicht
gevatter herbst
mit allen seinen narben
berührt des sommers
wärmendes gesicht

der wind
der durch die bäume streicht
hat schon den schnee berührt

nein
auch der grille zirpen
ändert nichts

es geht die zeit
es kommt die zeit
und wir
wir ziehen mit
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
geliebte Sprachforscherin,
Tolles Tagebuch.
Ich bin bei der geliebten Sprachforscherin hängengeblieben.
Es liegt an einem Trauma.
Aus der Kindkeit.
Da sagte meine Oma: "Ass fei dei Dallalla laa."

Ich liebte diese Sprache, wenn ich auch den Teller nicht leeressen wollte.

Das Trauma war: Hochdeutsch. Genauer: Standarddeutsch.
Meine Eltern zogen nach Dresden. Aber statt Sächsisch lernte ich Hochdeutsch. Wie im Buch. Einschließlich der Übergeneralisierung von "König" statt "Könich". Nun hat eine Sprachforscherin geschrieben: "Ass fei dei Dallalla laa!" https://www.uni-kiel.de/de/universitaet/detailansicht/news/itzgruendisch . Ich könnte mich in Verena Sauer verlieben.
Aber ich bin schon in Christiane verliebt. Und sie kann sehr gut den preußischen Dialekt. Es kann nur eine geben.

Ich sehe Deinen Gevatter Herbst aus dem Gedicht und hoffe, dass ich nicht zu viel Schmanzkäubräu von mir gegeben habe. Möge es unter welkem Laub verschwinden.

Tolles Tagebuch. Dein Tagebuch --- is fei wos besunnarsch.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Bernd...ei gudde wie!

Ja...es kann nur eine geben. Ich kann da als Urhesse ein Lied von singen.

'Schmanzkäubräu'...liebe ich ;)

Danke für deine Worte.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Ich hab jetzt grad mit Gott gesprochen.
Hab ihm erzählt, dass er sich um mich keinen Kopp machen muss.
Von wegen alles im grünen Bereich und so.
Stattdessen solle er sich, bat ich ihn, doch mal um den Manfred kümmern.
Ei die weil der doch so fertig iss.
Der kommt einfach nicht drüber hinweg, dass sich seine Frau umgebracht hat.
Da kannste den noch so viel von wegen Depression iss ne Krankheit erzählen.
Der nickt zwar und sagt dass er das alles weiß, aber dann kommt immer ein: Ja aber.
Und all die ja aber betreffen ihn.
Von wegen, dass er hätte besser aufpassen müssen.
Und noch viel mehr Liebe schenken.
Und dass es bestimmt auch dran gelegen hat, weil er, der Manfred, der Manfred sei.
Ei die weil er selbst so oft verzweifelt war, wär er wie ein schwarzes Tuch für seine Frau gewesen.
Aber er wär´ sich so hilflos vorgekommen. So hilflos, wenn er in die Augen von seiner Frau schaute und dort kein Leben fand.
Aber vor allen Dingen hätte er merken müssen, dass ihn seine Frau aus dem Haus haben wollte, an jenem Tag.
Aus dem Haus, damit sie das alles regeln konnte,
von wegen dem Abschiedsbrief (es tut mir leid), dem Strick und dem Erhängen und so.
Überhaupt wäre er seiner Frau kein guter Mann gewesen.
Sonst hätte sie ja nie eine Depression bekommen.
Und hätte sich schließlich und endlich nicht umgebracht.
Du, lieber Gott, hab ich zum lieben Gott gesagt, du musst nur mal in deine Akten schauen.
Da wirste sehen, dass der Manfred ein guter Mensch iss und ein guter Ehemann war.
Und darum, hab ich zu Gott gesagt, wäre es jetzt an der Zeit, ihm war Gutes zu tun.
So im Sinne von ‚alles wird gut‘ in Herz und Seele betten.
Schließlich habe er ja die Mittel dazu. Wenn nicht er, wer sonst, hab ich dem lieben Gott gesagt.
Und jetzt warte ich mal auf die Zeichen.
So lange höre ich dem Manfred zu.
Und wenn er ganz schlimm auf sich herumhackt, hab ich auch ein paar ‚ja aber‘ für ihn auf Lager.
 

John Wein

Mitglied
Delkheimer Gespräch,
im Dorf, wo man einander kennt von der Windel bis zum Leichentuch, wo man mit- und übereinander spricht, mal so und mal so, so alles ein bisschen heile Welt, die man heute manchmal vermisst.
LG, John
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Man sagt, wer tot ist, wird ein Stern
Drum sterbe ich nicht gern
Ich möchte Blume werden, Baum
Ein Wolkenweich, ein Meeresschaum
Ich möchte fliegen, schwimmen
Möcht in allen Dingen dieser Erde sein
Nur nicht ein Stern
Weit fort von allem, was ich liebte
Hier im Sein.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Deine Eselsohrlesezeichen in dem alten Buch
Kommentare, Einwürfe, Ausrufe- und Fragezeichen
Eine Seite mit weißem Papier überklebt
Darauf deine Worte
In dieser typischen kaum lesbaren Apothekerschrift:
Vergeblichkeit allen Tuns
Wieder fühle ich mich tröstlich erschüttert
Wie damals
Als ich dich das erste Mal in der Klapse sah
Augen wie Fluchtpunkte
Du wirst mein Fluch sein
Musst mein Fluchtpunkt sein
Dachte ich
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die alten Weiber versperren mir mit sanften Gittern
die Sicht auf die herbstlichen Rottöne.

Na ja, eigentlich hatte ich ja heute schon genug Rottöne.
Auf der A66 zwischen Biebrich und Eltville.
Hase, Katze, Fuchs, Maus, Igel.
Und noch irgendwas anderes. Namenloses.
Wie sie alle in ihren roten Tönen schwammen.
Und links und rechts der Autobahn flogen gleichzeitig
die herbstlichen Töne vorüber.
Und ja…zwischen Fuchs und Hase erzählte der Sprecher im Radio
etwas von einer zerstückelten Leiche und einem Mann,
der sich vor einen ICE geworfen hatte.
Wohl, weil er vorher die Leiche zerstückelt hatte.
Und von den Fahrgästen erzählte er,
die sich furchtbar aufgeregt hatten, ob des unplanmäßigen Zwischen-
stopps. Und plötzlich brannte die Sonne in einem rotrotem Licht.
Und es war, als sei das ganze Auto davon erfüllt.
Von all dem Rot…drinnen und draußen.

Die alten Weiber versperren mir mit ihren sanften Gittern
die Sicht auf die herbstlichen Rottöne.
Gut so.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Herbst hat mein Herz
nach außen gestülpt.

Ich nehme es auf,
lege es in ein verwaistes Nest,
schreibe ‚Hoffnung
ist der Beweis dafür,
dass wir unglücklich sind‘
auf einen Zettel.
Bette ihn neben mein Herz,
in der Hoffnung auf Hoffnung.

Ein gefallener Engel setzt sich
auf den Ast mit dem Nest,
berührt das pochende Herz,
spricht: Da bist du ja.
Ich habe dich vermisst.
 



 
Oben Unten