Bruchstücke

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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
ihr gesicht
reibungslos
wie die see

im kopf
dieses eine wort
konträr zu allem
was ihre augen ausmachen

vor ihr im sand
ein modemagazin
das durch eine plötzliche brise
wie von geisterhand
methodisch durchgeblättert
die welt bewegt

raum und Zeit ent -
koppeln sich
der horizont löst sich auf

früher
hätte sie einer muschel gelauscht
in jedem sandkorn ein universum
erkannt

heute hört sie allein
das atonale kreischen der möwen

am rand der düne ein alter autoreifen
in dessen schwarzen rund
ein unbestimmter kadaver ruht

den schädel auf den gummi gebettet
blicken die leeren augen über die see

willkommen in meiner welt
denkt sie bei deren anblick
und macht sich auf keinen weg
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Den Herbst
Aus den Augen gerieben
Aneinander geschmiegt
Herzen gelauscht
Uns den Frühling geliebt

Herbste überdauert
Laub weggekehrt

Immer wieder
Aneinander geschmiegt
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Unaussprechlich

Das Blatt wurde von den Dornen des Brombeerstrauches aufgespießt
Ich hatte es dem Wind überlassen, damit es überhaupt von Bedeutung war
Wie es nun da hing, an den Rändern vom Wind gezehrt, unabdingbar,
als hätte es nur für mich diesen Weg gewählt, nahm ich es wahr
Ich ging hin und betrachtete es
Ein Dorn hatte sich durch das Wort Liebe gebohrt
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Kein wort
Aus dem du nicht sprichst
Kein gedanke
Der nicht an dir vorbei führt
Kein Ich
In dem dein Du nicht verborgen wäre

Du bist an meiner seite
Bis die nacht sich neigt



 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gestern war wieder einer jener Tage.
Weißt schon…so einer, wo du vom Leben besoffen, durch die Irre geisterst
und du dir wünschst, dass dich die gerechte Strafe ereilen möge.
In Form von so einem unbesudelten Engel, der dir sein Schwert ins Herz rammt, wobei er irgend was vom ewigen Fegefeuer braten labert und du denkst:
Leck mich, du himmlischer Wixer.

Wie zur Antwort begann es zu regnen.

All meine herbstlichen Gedichte kamen mir in den Sinn.

[In keinem Wort finde ich mich wieder.
In keinem Wort, keinem Tag, keinem Leben.]

Und überall fallen Bomben
Und Menschen schreien
Und das Leben geht weiter


Und die Kreuzzüge haben wieder begonnen.
Alle ziehen sie ins Feld.
Ein jeder für sein Kreuz.
Sein wahrhaftig einzig wahres Kreuz.

Und hier in mir tobt die grausamste aller Schlachten.
Und ich bin mein Kreuz. Das einzig wahre Kreuz.

Und ich warte und warte auf den Gesandten des Herren
aber die Himmel sind tot und leer.
 

John Wein

Mitglied
Wahnsinn! Ich habe das ganze Tagebuch von der ersten bis zur letzten Seite gelesen. Nun bin ich buchstäblich wortbesoffen. Was soll ich dazu sagen, außer mir fehlen die Worte, Worte und die Bilder in ihnen, die dir so unnachahmlich und trefflich gelingen. Ich glaube, mir träumte!
Danke!
JW
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo John!

Ich danke dir für deine Ausdauer und deine lobenden Worte.

Tut gut.

Alles Liebe dir

Otto

P.S. Hoppla...jetzt hätte ich 'fast' die liebe Heike vergessen

Merci!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es war einmal ein Gefühl.
Das Gefühl war so ein sanftes Kribbeln, kaum spürbar, aber da.
Das Gefühl selbst war sich seines kleinen Seins nicht bewusst.
Für das Gefühl selbst war sein Gefühl ein ganz mächtiges Kribbeln,
das sein ganzes Sein durchflutete.
Es wusste es halt nicht besser.
Eines Tages nun spürte das Gefühl, dass sich etwas änderte.
Zuerst dachte es an Unwohlsein.
Dieses Unwohlsein machte sich durch ein verstärktes Kribbeln bemerkbar.
‚Fieber‘ dachte das Gefühl.
Der nächste Gedanke war ‚sehr hohes Fieber‘, da sich das Kribbeln immer weiter verstärkte.
‚Ich halte dieses Gefühl nicht aus‘ dachte das Gefühl.
Es überschwemmte immer mehr sein Sein.
‚Na ja, schlimmer kann´s jetzt aber nicht mehr werden‘ war sein nächster Gedanke.
Es kam schlimmer.
Aber gleichzeitig verschlimmbesserte sich das Gefühl für das Gefühl.
Er gewöhnte sich an die Stärke, nein, es verwöhnte sein Sein.
‚Wow, wow, wow‘ elektrifizierte das Gefühl.
Und dann: ‚He, das ist ja geil, kann´s nicht noch ein wenig mehr sein‘!?
Und es wurde mehr. Und mehr. Und mehr.
Und schließlich, als das Gefühl vollkommen war, bekam es einen Namen.
Von nun an hieß es Liebe.

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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
natürlich

natürlich stolpere ich
in den viel zu großen schuhen
aber ich muss protestieren
schließlich hast du sie mir ausgesucht
genau wie diesen grässlichen anzug
der sein muss
wie du dich ausdrückst
von wegen dem eindruck
den ich machen muss
weil
wie du sagst
der erste eindruck der wichtigste ist
und ich
gelinde gesagt [sagst du]

ich hasse es übrigens
dieses ‚gelinde gesagt‘

einen unmöglichen geschmack habe
worauf ich (wie immer)
auf meine wahl bezüglich meiner frau
alleine aus dem zwang
zur kommunikation heraus
zu sprechen komme
worauf du (wie immer)
lächelst und antwortest

vergiss den schirm nicht
es ist herbst
man weiß ja nie

und zum ersten mal denke ich:
ja
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wohin hat es deine Sprache verschlagen, fragst du.
Verzettelt, denke ich und gehe.
Zukünftig werde ich mein Leben
der Illusion vom Weltuntergang widmen.
Im Untergang braucht es nichts.
Keine Sprache, keine Zukunft, keine Liebe. Dich nicht.

Es regnet und regnet Mitternacht und ich warte auf einen Grund.
Auf irgendeinen Grund. Für irgendetwas. Plötzlich reißen die die Wolken auf.
Dahinter eine in kaltes Plejadenblau getauchte Nacht.
Siebengestirn. Sieben.
Die Addition von drei und vier, von Geist und Seele einerseits
sowie Körper andererseits, also das Menschliche.

Schwachsinn, denke ich. Alles!
Keine Sprache, keine Gedanken, keine Liebe. Nichts.

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