Ein Tag bei der Flotte - Teil 1

Ein Tag bei der Flotte (Der Menschenraum) - Teil 1

Kommandantin Azila san‘Mersuzen erlaubte sich an diesem Morgen den Luxus, im Bett liegen zu bleiben. Der lautstarke Alarm, der sie üblicherweise zur immer gleichen Zeit weckte, war zwar auch heute ertönt, aber sie hatte sich kurzerhand dazu entschlossen, ihn zu ignorieren. Da ihr Jägerschiff zurzeit an der Raumstation Kitsune Eins angedockt hatte, ging sie von der Annahme aus, es könne keine dringenden Probleme geben, die ihrer Anwesenheit bedürften. Wenn sie ehrlich mit sich war – was sie normalerweise anstrebte – dann beruhte diese Annahme vornehmlich auf der Hoffnung, es dürfe keine Probleme geben, vor allem, weil sie sich diese zusätzliche Zeit unbedingt gönnen wollte. Dies hatte allerdings weniger damit zu tun, dass sie noch keine Lust hatte, sich mit dem angesammelten virtuellen Papierkram zu beschäftigen, sondern mehr mit dem, was an diesem Tag sonst noch anstand. Außerdem war sie der Meinung, dass eine Kommandantin sich so etwas auch einmal herausnehmen konnte, wenn die Situation es erlaubte. So wie jetzt.

Statt sich also aus dem Bett zu erheben, reckte sie sich genüsslich, um sich dann zu dem Mann an ihrer Seite umzudrehen. Sie nahm sich einen ziemlich langen Moment Zeit, um einfach nur in der Betrachtung ihres unbekleideten Gefährten zu schwelgen und die Gewissheit zu genießen, dass sie es war, die die Bedingungen ihres Sexuallebens bestimmen konnte. Zumindest traf dies an Bord ihres eigenen Schiffes zu. Sie hatte lange genug darauf gewartet auf diesen Posten befördert zu werden und betrachtete es als ein nicht zu verachtendes Privileg, das sie als kommandierender Offizier eines Schiffes dieses Vorrecht genoss. Darauf hatte sie sich mindestens genauso gefreut, wie auf das Kommando, das sie übernehmen durfte.

Dann allerdings war diese Freude dadurch gedämpft worden, dass ihr Hajya – ihr Gefährte – sich zwar als Mann herausstellte, aber nicht als Mensch. Als er an Bord kam, musste sie feststellen, dass man ihr einen Azhuan zugeteilt hatte. Zwar war er ein Xho, aber im ersten Moment empfand sie das nicht als einen Vorteil, obwohl man ihnen nachsagte, sie wären den Umgang mit Menschen weit mehr gewöhnt als die restlichen Rudel. Das Problem bestand darin, dass Azila – trotz der liberalen Erziehung, die ihre Familie ihr hatte zukommen lassen – über eine eher konservative Einstellung verfügte. Aus diesem Grund hatte sie mit den Raubtierabkömmlingen ihrer Heimatwelt nur solche Erfahrungen gesammelt, die absolut nichts mit dem Bett und den Tätigkeiten zu tun hatten, die darin ausgeübt wurden. Auch wenn sie durchaus an den Anblick von Azhuan – und die Zusammenarbeit mit ihnen – gewöhnt war, so hatte sie einfach nicht damit gerechnet, einen von ihnen in dieser Position wiederzufinden. Es hatte sie schockiert.

Aber in der Zwischenzeit konnte sie über ihre damalige Reaktion nur noch lächeln, denn Ramax hatte sich als äußerst kompetent herausgestellt, sowohl außerhalb des Bettes als auch darin. Darüber hinaus hatte sie herausgefunden, dass die Kompatibilität von Azhuan und Menschen tatsächlich der Wahrheit entsprach. Dies war eine erstaunliche Tatsache, wenn man bedachte, wie unterschiedlich ihre Herkunft war. Diese Erkenntnis hatte dazu geführt, dass sie sich näher mit der Rasse ihres Gefährten beschäftigte und dabei hatte sie erfahren, dass er – mit seinem goldbraunen Fell und den dunkelgrauen Flecken – durchaus als gutaussehend galt.

Ihrem Azhuan-Stellvertreter war natürlich weder entgangen, dass sie bereits geweckt worden war, noch, dass sie sich ihm zugewandt hatte, denn seine mit feinen Haarbüscheln versehenen Ohren waren überaus empfindlich. Trotzdem hatte er seine Augen bisher nicht geöffnet. Er hatte nicht lange gebraucht, um zu lernen, er habe auf ihre Aufforderung zu warten, bevor er sie ansehen durfte. Sie hatte von ihrem Vorrecht Gebrauch gemacht und nicht vor drastischen Maßnahmen zurückgeschreckt, um dafür zu sorgen, dass er schnell lernte, was ihre Vorlieben waren. Sie war aber einfach nicht gewillt, ihren Standpunkt wer-weiß-wie-oft wiederholen zu müssen. Sie hatte dann aber festgestellt, dass er sich ihr schnell anpassen konnte. Vielleicht hatte er ja auch schon entsprechende Erfahrungen mit vorgesetzten Offizieren gemacht, aber eigentlich war ihr das egal. Allerdings bedauerte sie es schon fast, dass ihm das so schnell gelungen war, denn es erregte sie unweigerlich, ihren Bettgefährten zu bestrafen. Diese Möglichkeit hatte er ihr zwar genommen, aber sie tröstete sich damit, dass sie ihm trotzdem Schmerzen zufügen konnte. Und dies erregte sie ebenfalls.

Auch wenn sie zuvor keine diesbezüglichen Erfahrungen mit Azhuan gesammelt hatte, so benötigte sie nicht lange, um zu erkennen, dass er ebenfalls ein Jäger war. Er verfügte über die gleichen Instinkte und Vorlieben wie sie selbst, aber zu seinem Leidwesen war er nicht derjenige, der hier an Bord bestimmen durfte. Sie hatte schon darüber nachgedacht, ob er sich bereits auf die Suche nach einem Mitglied des Jagdrudels gemacht hatte, dem es im Gegensatz zu ihm gefiel bestraft zu werden. Vielleicht war es ihm aber inzwischen auch klargeworden – auch wenn sie nicht mit ihm darüber gesprochen hatte - dass sie nichts davon hielt, jemand anderen in ihr Bett zu lassen. Sie würde einer Veränderung niemals zustimmen, selbst wenn er fündig geworden sein sollte. Es war aber auch möglich, dass er nur nach jemanden suchte, der ihm dazu dienen konnte, seine Frustrationen loszuwerden. Gegen ein solches Arrangement hätte sie nichts einzuwenden, solange es ihn nicht daran hinderte, in ihrem Bett das Beste zu geben.

Azila musste grinsen, als ihr bewusst wurde, mit was sie sich beschäftigte, denn es hatte noch nicht wirklich irgendwelche Anzeichen dafür gegeben, dass er auf der Suche war. Es war nur so, dass sie das an seiner Stelle getan hätte und daher hatte sie beschlossen, ihm etwas Spielraum zu lassen. Sie wollte erst einmal abwarten, wie sich alles weiterentwickelte, bevor sie entschied, ob sie sich einmischen musste.

Diese Überlegungen führten unweigerlich dazu, dass Azila wieder mal daran erinnert wurde, wie Angehörige anderer Raumflotten die Art und Weise sahen, in der die Ymzhuaan die Interaktionen ihrer Flottenangehörigen regelten. Die harmloseste Bezeichnung dafür war seltsam, aber nicht wenige nannten es abartig. Allerdings hatten die meisten auch Probleme damit, sich an die Aggressivität und die Grausamkeit – und die sadistische Freude – der meisten Jägerinnen und Jäger zu gewöhnen. Diejenigen, die es geschafft hatten, dies zu akzeptieren, kämpften dann mit ihrer großen Verwirrung, sobald sie feststellten, dass sich an Bord der Ymzhuaan-Raumer auch Individuen befanden, die überhaupt nicht über irgendeine Aggressivität verfügten. Vor allem diejenigen, die aus Kulturen stammten, in denen sehr viel Wert auf persönliche Ausgeglichenheit gelegt wurde, konnten sich meist nicht so schnell daran gewöhnen, wie enorm die Unterschiede in den Persönlichkeiten der Ymzhuaan-Raumfahrer sein konnten.

Es entsprach leider der Wahrheit, dass die Ymzhuaan nur deshalb von den anderen akzeptiert wurden, weil sie äußerst effiziente und erfolgreiche Jäger waren. Dies war besonders wichtig bei der Verfolgung von Piraten und der Verbrecherbanden, die auf mehreren Planeten agierten. Trotzdem gab es viele Kritiker der Ymzhuaan, die bei der ganzen Angelegenheit allerdings nur zu gerne übersahen, dass Zhuan’jall ein souveräner Planet war, dessen Gesetze, Bräuche und Moralvorstellungen niemanden etwas angingen. Es war ja auch nicht so, als ob es nicht noch andere Völker gäbe, deren Sitten und Gebräuche den Menschen seltsam – und nicht nachvollziehbar - vorkamen. Aber es schien offenbar doch einen gewaltigen Unterschied zu machen, dass es sich bei diesen anderen ausschließlich um Rassen von Fremdwesen handelte, während auf Zhuan‘jall auch Menschen lebten, die sich tatsächlich erdreisteten, sich wie besagte Fremdwesen zu benehmen.

Die Kommandantin hatte eigentlich nicht vorgehabt, sich ausgerechnet an diesem Morgen Gedanken über die anderen raumfahrenden Nationen zu machen. Aber dies könnte tatsächlich etwas damit zu tun haben, dass sie hier an dieser Raumstation angedockt hatten. Trotzdem wollte sie sich jetzt nicht mehr länger damit beschäftigen, denn sie war ja nicht deswegen länger im Bett geblieben.

Nun wandte sie sich auch in Gedanken dem anderen zu und begann damit, mit ihren Fingerspitzen ganz leicht über die überaus empfindsamen Ränder von Ramax Bauchfalte zu streichen, unter denen sich sein Penis verbarg. In der Zeit, die er sich jetzt auf ihrem Schiff befand, hatte sie gelernt, dass die unbehaarte Haut über den Muskeln, welche die Falte geschlossen hielten, äußerst empfindlich auf taktile Reize reagierte. Dabei war es völlig irrelevant, welche Reize dies waren. An diesem Morgen berührte sie den Azhuan auf eine Weise, die ihn außerordentlich erregen würde, aber sie könnte ihm ebenso gut auch Schmerzen zufügen, allerdings hatte sie das gerade nicht vor. Selbstverständlich hatte sie alle Möglichkeiten bereits ausprobiert, schließlich musste sie Erfahrungen im Umgang mit ihm sammeln.

Es dauerte nur einen kurzen Moment, bis sie feststellen konnte, dass er auf diese Berührung reagierte. Gleichzeitig registrierte sie aber zu ihrer großen Zufriedenheit, dass er seine Augen immer noch geschlossen hielt. So wollte sie es haben. Als sie ihr Streicheln intensivierte, atmete er scharf ein. Es fiel ihm auch ganz offensichtlich außerordentlich schwer, so regungslos liegen zu bleiben. Aber er hielt sich daran, erst auf ihre Aufforderung zu warten – so wie sie es ihm beigebracht hatte – bevor er in irgendeiner Form reagierte. Und wenn sie ihn nicht aufforderte, dann wusste er, er habe ihre Aufmerksamkeiten passiv über sich ergehen zu lassen. Selbstverständlich war er nicht in der Lage, seinen Körper von einer Reaktion abzuhalten. Wenn sie auf diese Weise fortfuhr, dann würde er nicht verhindern können, dass seine Bauchfalte sich öffnete, während sich sein gut durchbluteter Penis aufrichtete. Sein Glied war ebenso empfindsam wie das eines Menschen und in Hinblick auf den Geschlechtsverkehr erfüllte es auch die gleiche Funktion. Damit endeten aber die Gemeinsamkeiten auch schon, denn das war seine einzige Aufgabe. Bei den Azhuan gab es keine Organe, die sowohl für die Fortpflanzung, als auch für die Ausscheidung zuständig waren. Ihre Rasse hatte dies eleganter gelöst als die Menschen. Die Kommandantin hatte festgestellt, dass sie dies schätzte.

In diesem Moment genoss sie es wieder einmal immens, eine derartige Kontrolle über ihn und seinen Körper auszuüben. Ehrlicherweise musste sie zugeben, dass ihr das sogar noch besser gefiel, als ihm zu gestatten sie zu berühren und daher gab sie ihm an diesem Morgen auch nicht die Erlaubnis dazu. Sie beobachtete, wie sich die Ränder seiner Bauchfalte langsam öffneten, dabei immer weiter voneinander entfernten und dadurch noch mehr der äußerst empfindsamen Hautpartien zum Vorschein kamen, die sie dann wiederum stimulieren konnte. Auf diese Weise konnte sie ihn noch weiter erregen. Schließlich löste sich aus seiner Kehle ein leises Stöhnen. Sie wusste, dass er solche Laute auch dann nicht würde zurückhalten können, wenn sie ihm befohlen hätte still zu bleiben. Vielleicht hätte sie das tun sollen, dann hätte sie einen legitimen Grund ihn zu bestrafen, aber ihr wurde schnell klar, dass sie dafür heute nicht in der richtigen Stimmung war. Würde er ihr für diese Entscheidung dankbar sein? Aber eigentlich benötigte sie seine Dankbarkeit nicht.

Ihre Fingerfertigkeit hatte dafür gesorgt, dass sich seine Bauchfalte inzwischen so weit geöffnet hatte, dass sein Penis sich aufrichten konnte und sie verlagerte ihre Aufmerksamkeit auf diesen. Als sie ihre Finger um seinen festen Stab schloss, konnte sie spüren, wie das Blut in ihm pulsierte. Ramax Stöhnen wurde erheblich lauter und seine Finger krümmten sich. Als sie ihm ins Gesicht blickte, entging ihr nicht, wie seine Augenlider zuckten und daraufhin schlich sich ein nicht besonders angenehm wirkendes Lächeln auf ihr Gesicht.

„Was liegt heute an?“, fragte sie ihn, was ihn gänzlich unerwartet traf. Aber weil sie ihm mit dieser Frage, die das Schiff betraf, die Erlaubnis dazu gegeben hatte, öffnete er nun seine Augen. Er wusste, sie erwartete eine Antwort und er versuchte ihr eine zu geben, ohne sich von den Reaktionen seines Körpers zu stark ablenken zu lassen. Naturgemäß fiel ihm das aber ziemlich schwer, was ihr wiederum gut gefiel. Genau aus diesem Grund hatte sie gerade diesen Zeitpunkt gewählt, ihm diese Frage zu stellen, während ihre Finger sein Glied immer noch fest umschlossen hielten.

„Heute steht das Treffen mit den Terranovern auf der Raumstation an“, brachte er schließlich hervor. Obwohl er sich redlich bemühte, konnte er ein erneutes Stöhnen nicht unterdrücken. Daraufhin steigerte sich ihre Erregung noch einmal, weil es ihr bewusst machte, dass sie ihn – wortwörtlich - in der Hand hatte, aber ganz plötzlich verflog dieses Gefühl wieder. Mit einem Mal erinnerte sie sich daran, wie sie sich in solchen Situationen immer gefühlt hatte. Eine Art von Schuldgefühl stieg in ihr auf – denn sie verfügte tatsächlich auch über ein Gewissen – und veranlasste sie, ihm endlich seinen Höhepunkt zu verschaffen. Dies bedeutete gleichzeitig auch das Ende ihrer gemeinsamen Nacht. Sobald sie sich erhoben hatte, befand sie sich auch schon im sogenannten Tagmodus, was an Bord der Raumschiffe der Ymzhuaan nichts anderes bedeutete, als den Beginn der Tagschicht von kommandierendem Offizier und dessen Stellvertreter. Diese beiden Personen waren im Gegensatz zum Rest des Jagdrudels nicht an feste Zeiten gebunden und könnten sich auch mitten in der Bordnacht im Tagmodus befinden. An ihren Positionen innerhalb der Befehlskette des Schiffes änderte sich dadurch allerdings nichts.

Nachdem sie sich erhoben hatte, stand er auch auf. Sie hatte es sich angewöhnt, ihn dabei im Auge zu behalten, zu beobachten wie er sich mit der lässigen Eleganz eines geborenen Jägers bewegte. Sie musste zugeben, die Art, wie er sich bewegte, zu lieben, so wie sie auch die tödliche Eleganz des Azhuan und das Spiel der Muskeln unter seinem gefleckten Fell liebte. Dies schloss auch die Art und Weise ein, wie seine Mähne den Rücken hinabfloss. Er besaß eine außerordentlich lange Mähne aus feinen, seidigen Haaren, die nicht nur seinen Schädel bedeckte, sondern auch seinen muskulösen Nacken und sogar den oberen Teil seiner Wirbelsäule. Wenn er wütend wurde, aber auch wenn er erregt war, stellten sich diese ungefähr fünfzehn Zentimeter langen Haare wie Borsten auf. Dies war ein Anblick, der wiederum sie erregte. Es gab so vieles, was sie an ihm faszinierend fand und dies wurde ihr gerade erst wieder so richtig bewusst. Sie konnte jetzt nicht mehr nachvollziehen, wieso sie sich so dagegen gesträubt hatte ihn in ihr Bett zu holen.

Sie konnte ihm gegenüber freimütig zugeben, dass sie dieses Treffen am liebsten ausfallen lassen würde. Während sie den Gürtel ihres Lemayns schloss, musste sie aber auch zugeben, dass sie ja deswegen hierhergekommen waren. Ihr aus besticktem Stoff gefertigter Lemayn zeigte ihren Status als Offizier an und die Kette, die sie angelegt hatte, ließ erkennen, dass sie die Kommandantin der „Semaja“ war. Gleichzeitig mit ihr hatte sich auch Ramax angekleidet, allerdings sah sein Lemayn nicht so edel aus wie ihr eigener und seine Kette kennzeichnete ihn selbstverständlich als Ersten Offizier.

In einer unbewussten Geste zog er noch einmal an den Beinen der kurzen Hose, die er unter dem kiltähnlichen Kleidungsstück trug, bevor er sich ihr zuwandte. An Bord von Raumschiffen waren auch die Azhuan gezwungen eine Hose zu tragen, die normalerweise nur zu den Kleidungsstücken ihrer menschlichen Mitbürger gehörte. Bei Ramax sah das allerdings etwas anders aus, denn als Angehöriger der Xho war ihm das nicht fremd. Sein Rudel hatte bereits vor einigen Jahrhunderten damit begonnen, etwas unter dem Lemayn zu tragen, während die anderen Azhuan dies nie für notwendig gehalten hatten. Schließlich schützten ihre Bauch- und Rückenfalten die empfindlichen externen Organe. An Bord eines Raumschiffes kam aber aus Sicherheitsgründen niemand darum herum.

Azila war schon auf dem Weg aus der gemeinsamen Kabine heraus, als Ramax sich leise räusperte. Daraufhin drehte sie sich um und blickte ihn fragend an.

„Es sind Terranover …“, mehr musste er nicht von sich geben, bevor ihr ein Seufzer entschlüpfte, denn ihr war sofort klargeworden, was er ihr sagen wollte. Aber sie wusste auch, dass er recht hatte und daher begab sie sich erneut zum Kleiderschrank. Sie hasste es zwar, eine Tunika tragen zu müssen, aber ihre Vorgesetzten hatten sie vor ihrer Abreise ziemlich ausdrücklich darauf hingewiesen, sie müssten Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Terranover nehmen. Und diese stießen sich nun einmal daran, wenn weibliche Angehörige der Ymzhuaan-Raumflotte nur einen Lemayn trugen. Natürlich hätte sie sich auch später noch umziehen können, aber was wäre der Sinn darin? Es hätte die ganze Angelegenheit ja nur um einige Stunden hinausgezögert. Außerdem war sie davon überzeugt, es wäre besser etwas Unangenehmes sofort hinter sich zu bringen.

„Hast du etwas darüber erfahren, auf wen genau wir treffen werden?“, wollte sie von ihrem Ersten Offizier wissen, während sie ihre Kette gegen die Tunika tauschte. Das bei ihr so unbeliebte Kleidungsstück besaß Rangabzeichen, daher konnte sie die Kette getrost weglassen.

Er schüttelte den Kopf. „Sie haben es nicht für nötig gehalten, uns darüber zu informieren. Wir können nur hoffen, sie gehören nicht zu denjenigen, die der Auffassung sind, wir schuldeten ihnen etwas dafür, dass bei der Wiederentdeckung von Zhuan‘jall einige Terranover bei uns geblieben sind.“ Ramax hatte unerfreuliche Erfahrungen dieser Art im ausreichendem Umfang gemacht.

Ihr selbst war es auch nicht anders ergangen, obwohl es nicht so oft geschah, dass sie mit den Angehörigen anderer Raumflotten – oder den Bewohnern der mit ihnen verbündeten Planeten – zusammentrafen. „Es wäre einmal eine angenehme Überraschung, wenn das nicht zur Sprache käme. Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben.“ Sie drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an. Und weil sie sich bereits im Tagmodus befanden und Arbeit auf sie beide wartete, beinhaltete dieses Lächeln keinerlei sexuelle Anspielungen. Schließlich verfügte sie über ausreichend Erfahrung, um die beiden Bereiche ohne Probleme strikt voneinander zu trennen. Ramax war seinerseits ebenfalls dazu in der Lage. Dies war auch etwas, dass die meisten Außenstehenden nicht verstehen konnten oder wollten. Aber sie waren – nach Azilas Meinung – selbst schuld daran, wenn sie aus diesem Grund die Ymzhuaan falsch einschätzten. Sie würde sich deswegen nicht den Kopf zerbrechen.

Mit einer Handbewegung wies sie Ramax an, die Kabine vor ihr zu verlassen und dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg zur Brücke und zu ihrem Büro. Bevor ihr Stellvertreter sich auf seinen Brückenposten begeben durfte, wartete erst noch einiges an administrativer Arbeit auf sie beide. Gleichzeitig würden sie die Zeit aber auch dafür nutzen, ein Frühstück zu sich zu nehmen. Sie hatten beide festgestellt, dass dieser Arbeitsablauf - der sich in den letzten Monaten herauskristallisiert hatte – ihnen entgegenkam und sie auf diese Weise mit mehr Effizienz arbeiten konnten. Wenn Ramax dann mit seinem Teil fertig war, konnte er sich auf die Brücke begeben, aber sie konnte sich das leider nicht leisten, denn sie musste sich ab diesem Zeitpunkt allein durch den restlichen Papierkram kämpfen. An diesem Tag hoffte sie nur, den bürokratischen Berg bezwungen zu haben, bevor sie zur Raumstation aufbrechen mussten.

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Die Tür zum Arbeitsraum der Kommandantin hatte sich erst wieder völlig geschlossen, als Ramax bereits die Hälfte der kurzen Strecke bis zum Sessel des kommandierenden Offiziers zurückgelegt hatte, der sich – natürlich - im Zentrum der Brücke befand. Dort in dem Raum hinter seinem Rücken hatte er eine Stunde damit verbracht, sich an der Seite seiner Vorgesetzten durch den obligatorischen Papierkram zu kämpfen, wobei ihm die ganze Zeit über bewusst war, dass sich bis zum nächsten Morgen wieder genauso viel angesammelt haben würde. Positiv war dabei nur zu vermerken, dass er nebenbei noch ein kräftiges Frühstück hatte zu sich nehmen können. Nachdem er vor ein paar Monaten den Posten des Ersten Offiziers an Bord dieses Schiffes angetreten hatte, musste er feststellen, dass sich der Energiebedarf seines Körpers immens erhöht hatte. Dies war ein Aspekt seines neuen Postens, über den er sich im Vorhinein nicht bewusst war, denn niemand hatte ihn auf diese Möglichkeit hingewiesen. Aber wahrscheinlich hätte er es auch nicht geglaubt.

Jetzt ließ er sich langsam und mit Bedacht auf dem Platz des Wachhabenden nieder, den Jägerin Madava gerade für ihn freigemacht hatte. Solange Kapitänleutnant Azila noch mit der restlichen administrativen Arbeit beschäftigt war, war dies hier sein Platz und bereits nach kurzer Zeit auf diesem Schiff war ihm klar geworden, es wäre der beste Platz auf der Brücke. Leider musste er ihn räumen, wenn die Kommandantin aus ihrem Arbeitsraum kam, was er jedes Mal bedauerte. Aber irgendwann würde auch er einen solchen Sessel sein Eigen nennen können, wenn er dann sein eigenes Kommando übernommen hatte. Dies war das Ziel, auf das er seit Jahren hinarbeitete.

Als er vor vier Monaten endlich die Beförderung zum Ersten Offizier erhielt, hätte er vor Glück schier platzen können, denn schließlich war das ein wichtiger und vor allem unerlässlicher Schritt auf dem Weg einmal ein eigenes Schiff kommandieren zu dürfen. Dann jedoch hatte ihn sein endgültiger Marschbefehl erreicht und seine Freude hatte sich schlagartig verflüchtigt. Entgegen der Erwartungen, die er aufgrund der Beziehungen seiner Familie gehegt hatte und entgegen aller Versprechungen seines Vaters, war er nicht auf eines der von ihm gewünschten Schiffe abkommandiert worden. Die ganze Zeit über war er davon ausgegangen, auf einen bestimmten Posten zu kommen oder besser gesagt, auf einen Posten auf ganz bestimmten Schiffen. Er hatte nicht verstehen können, wieso das nicht geklappt hatte, denn er war es als Angehöriger einer wichtigen alten Familie sein gesamtes Leben so gewöhnt. Immer hatten ihm die Beziehungen seiner Familie den Weg geebnet und nun war – aus für ihn unerfindlichen Gründen – gerade an diesem entscheidenden Punkt seiner Karriere damit Schluss. Er war am Boden zerstört.

Selbstverständlich hatte er die Versetzung auf ein Jägerschiff angestrebt, aber eben nicht als Erster Offizier, schließlich wusste er nur zu genau, was alles zu dessen Aufgaben gehörte. In der Raumflotte der Ymzhuaan war es nicht verboten, dass Mitglieder der Jagdrudel miteinander ins Bett stiegen – dies war, soweit er wusste, bei ihren Verbündeten anders – aber dies war immer alles freiwillig. Manche Raumfahrer waren der Meinung, dies wäre eine gute Gelegenheit, sich bei einem Vorgesetzten ins rechte Licht zu setzen, nur um dann feststellen zu müssen, dass dies gute Leistungen und Kompetenz nicht ersetzen konnte. In der Regel diente dies aber der Entspannung und förderte den Zusammenhalt des Jagdrudels. Ramax selbst hatte im bisherigen Verlauf seiner Karriere immer wieder erleben können, wie gut das funktionierte. Er hatte aber auch immer gewusst, dass es eine Ausnahme von dieser Freiwilligkeit gab und dies betraf die Position des Ersten Offiziers. Als die Ymzhuaan sich damals entschlossen hatten, eine eigene Raumflotte zu bilden, waren sie der Meinung, sie müssten trotzdem an ihren Traditionen festhalten. Aus diesem Grund hatte die Admiralität entschieden, kommandierenden Offizieren müsse die gleiche Art von Entspannung zustehen – oder zumindest die Möglichkeit davon Gebrauch zu machen - wie der Zhuaan’asaa oder dem k’Maliq. Seit alten Zeiten war es schließlich üblich, den Herrschern der Azhuan und der Nisu Hajyaa – Gefährten –anzubieten, was auch immer schon beinhaltet hatte, das Bett zu teilen. Die oberen Ränge der Raumflotte – die durchaus von sich selbst und denjenigen, die ihre Raumschiffe kommandieren würden, eingenommen waren - hatten dies dann den anderen Aufgaben eines Ersten Offiziers hinzugefügt.

Natürlich machte es bei einer solchen Beziehung einen erheblichen Unterschied, ob der kommandierende Offizier ein sanftes oder ein aggressives Naturell besaß. Dies war genau der Grund, wieso seine Familie ihm einen Posten bei der Heimatflotte besorgen sollte, denn die Admiralität neigte dazu, die Kommandanten mit eher sanftem Naturell dort einzusetzen. Stattdessen aber war er auf dieses Jägerschiff gekommen und darüber hinaus noch zu einer Kommandantin, die mit einem ausgeprägten aggressiven Naturell ausgestattet war. Damit war er im Bett einer Person gelandet, die ihm selbst sehr ähnlich war. Für seinen Geschmack war sie ihm viel zu ähnlich und darüber hinaus hatte er auch noch feststellen müssen, dass sie über einen Hang zum Sadismus verfügte. So etwas kam bei den Angehörigen der Nisu-Häuser durchaus häufiger vor und dann war eines der ersten Dinge, die ihm seine Kommandantin über sich selbst erzählte, ihre Zugehörigkeit zu einem dieser Häuser. All das änderte natürlich nichts für ihn, denn wenn er sich ihr widersetzte, dann würde das das sofortige Ende seiner Karriere bedeuten. Er hatte also nicht die Möglichkeit, sich einigen der Aufgaben eines Ersten Offiziers zu entziehen, wenn er nicht seine Chancen auf das Kommando eines eigenen Jägerschiffes wegwerfen wollte. Dabei könnte er noch nicht einmal vorbringen, dass ihn diese Regelung überrascht hatte. Es war nur so, dass er immer davon ausgegangen war, sie würde für ihn erst relevant werden, wenn er selbst der kommandierende Offizier war. Er hatte nicht damit gerechnet, sich in dieser Hinsicht so gründlich verschätzt zu haben.

In der ganzen Angelegenheit schien es nur einen einzigen Lichtblick zu geben. Zu seiner Erleichterung war er auf ein Schiff mit einem weiblichen kommandierenden Offizier versetzt worden, wobei es ihn nicht störte, dass sie eine Nisu war, ein Mensch. Schließlich gehörte er zu den Xho und seine Leute lebten bereits seit Generationen aufs engste mit der anderen Spezies zusammen. Ganz im Gegensatz zu den meisten Azhuan aus den östlichen und nördlichen Rudeln waren sie an Menschen gewöhnt. Dahingegen hätte er sich sehr schwer damit getan zu einem Mann ins Bett zu steigen. Natürlich hätte er seine vorherigen Missionen dazu nutzen können in dieser Hinsicht Erfahrungen zu sammeln, aber dazu hatte er sich irgendwie nie durchringen können. Wozu besaß seine Familie denn so viel Einfluss, wenn er ihn nicht zu seinem eigenen Vorteil nutzen konnte. Er war nie auf die Idee gekommen, dass dies nicht immer funktionierte. Aber nun fragte er sich schon seit Monaten, was bei der ganzen Angelegenheit schiefgelaufen war. Am wahrscheinlichsten war, dass ein Widersacher seiner Familie seinen Einfluss geltend gemacht hatte, um ihm das Leben schwer zu machen, obwohl er immer gedacht hatte, er wäre für so eine Art der Aufmerksamkeit viel zu unwichtig. Natürlich war es möglich, dass er sich in dieser Hinsicht nur etwas vorgemacht hatte. Eigentlich war es auch egal, welcher Grund hinter seine Versetzung steckte, es hatte ihm auf jeden Fall zum ersten Mal in seinem Leben gezeigt, dass die Zugehörigkeit zu einer Familie der oberen Gesellschaftsschicht nicht immer angenehm war.

Ramax hatte Mühe dabei, sich wieder auf das Geschehen hier auf der Brücke zu konzentrieren. Er hatte keine Ahnung, wieso er sich ausgerechnet an diesem Tag von seinen Problemen ablenken ließ, denn er war sich durchaus bewusst, dass er sich so etwas nicht leisten konnte. Er trug schließlich Verantwortung für dieses Schiff und für die Jäger, die ihm und der Kapitänleutnant unterstellt waren. Die anderen Mitglieder des Jagdrudels verließen sich darauf, dass er aufmerksam bei der Sache blieb, so wie er sich darauf verließ, dass sie ihre Aufgaben sorgfältig erledigten. Darüber hinaus wollte er auch nicht dadurch die Aufmerksamkeit seiner Kommandantin auf sich lenken, dass er durch Inkompetenz oder Nachlässigkeit auffiel. Es war daher besser, wenn er es jetzt fertigbrachte, sich zusammenzureißen.

Um auf andere Gedanken zu kommen, erkundigte er sich beim taktischen Offizier der Wache danach, was sich in den letzten Stunden an der Raumstation getan hatte.

Die junge Azhuan-Jägerin drehte sich halb zu ihm herum, bevor sie ihm antwortete. Er ließ das durchgehen, weil das Schiff angedockt war, aber er nahm sich vor, sie in einem ungestörten Moment darauf anzusprechen. „Wenn sich nicht unser Schiff und die Delegation der anderen Flotte hier aufhalten würden, dann wäre hier so gut wie nichts los. In der letzten Nacht ist ein einziger Frachter eingetroffen und in den sechsunddreißig Stunden davor hat es überhaupt keine Ankunft gegeben.“

Ramax erlaubte sich ein Schnauben, denn die Worte der Jägerin stellten die reinste Untertreibung dar. Das System, das von den beiden Admiralitäten als Treffpunkt ausgesucht worden war, lag in einem sehr abgelegenen Bereich des bekannten Weltalls. Tatsächlich befand es sich am äußersten Rand des Menschenraums, wie der Teil des Weltalls genannt wurde, der von Menschen kolonisiert worden war. Ungeachtet der Tatsache, dass die Azhuan nicht die einzige nichtmenschliche Spezies waren, die in diesem Bereich lebten.

Nachdem die „Semaja“ in das Kitsune-System eingetreten war, wurde jedem auf der Brücke sehr schnell klar, wie abgeschieden die Menschen hier lebten. Der Planet - der ebenfalls den Namen Kitsune trug - war vor ungefähr hundertfünfzig Jahren besiedelt worden, aber was immer sich die Kolonisten von ihrer neuen Welt erhofft hatten war ganz sicherlich nicht eingetreten. Zum damaligen Zeitpunkt war auch die Raumstation gebaut worden, die sich im Orbit um die Welt befand. Sie war – wie es so üblich war – aus einem der Kolonieschiffe entstanden und für die Anzahl an Schiffen, die sich in dieses System verirrten, viel zu groß geraten. Kitsune stellte das Ende einer Handelsroute dar, weil sich weiter draußen keine anderen besiedelten Welten befanden. Die Planung vor anderthalb Jahrhunderten hatte allerdings anders ausgesehen. Kitsune hatte ein Brückenkopf für die Kolonisierung des dahinterliegenden Raumes werden sollen. Aber als auf der gegenüberliegenden Seite des Menschenraums einige der terranischen Kolonien aneinandergerieten, waren diese Besiedelungspläne nie in die Tat umgesetzt worden. Aus dem Streit hatte sich nämlich der erste echte Raumkrieg entwickelt – der erste größere bewaffnete Konflikt – seitdem die Menschen von der Erde ins All aufgebrochen waren. Zhuan’jall hatte sich – genau wie Terranova – zum Glück aus diesem Krieg heraushalten können, trotzdem waren sie von dessen Auswirkungen auch nicht verschont geblieben. Aber fast nirgendwo sonst waren diese so gravierend ausgefallen wie auf Kitsune, sah man einmal von den kriegsführenden Parteien ab, über die heute niemand mehr sprach.

„Herr“, unterbrach der Kommunikationsoffizier Ramax Gedankengang und machte ihn damit darauf aufmerksam, dass er sich schon wieder hatte ablenken lassen. Wenn ihm das auch weiterhin passierte, dann musste er sich bald keine Sorgen mehr über die Zuwendungen der Kommandantin machen. „Kitsune Eins ruft uns.“

„Den Anruf zu mir“, befahl Ramax ihm sofort und aktivierte gleichzeitig den kleinen Bildschirm am Sessel des Wachhabenden. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis er in das Gesicht einer hellhäutigen und hellhaarigen Menschenfrau blickte.

„Ramax’so’Xho‘Mayho, Erster Offizier der ‚Semaja’m’Agadir‘“, stellte er sich vor, die Linguafranca der Menschen benutzend.

„Yamada Ayuka, Assistentin der Stationskommandantin“, war die Antwort der Gegenseite.

„Assistentin Yamada“, Ramax hatte nicht die geringste Ahnung, wie die Assistentin einer Stationskommandantin angeredet wurde. „Wie können wir dir behilflich sein?“

Sofort verzog sich das Gesicht der Frau und Ramax kam der Gedanke, dass sie offenbar nicht sehr geübt darin war, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. Dann kam ihm dies allerdings seltsam vor, wenn er bedachte, welche Position sie an Bord der Raumstation bekleidete. Erst danach fiel ihm reichlich verspätet ein, dass die meisten Menschen, die nicht von Zhuan’jall stammten, es nicht besonders leiden konnten, wenn sie derart informell angesprochen wurden. Diese Erkenntnis brachte ihn dann auch auf eine Idee, aus welchem Grund sie sich ihm gegenüber so nachlässig aufführte. Lag dies etwa daran, dass sie ihn nicht als ebenbürtig ansah? Oder war das nun Paranoia? Aber egal, was es nun war, es sorgte auf jeden Fall dafür, dass er sich nachträglich nicht mehr korrigieren wollte. Er würde den eingeschlagenen Weg nun einfach weiterverfolgen, ob es ihr gefiel oder nicht.

„Die Kommandantin informiert euch darüber, dass der Beginn des Treffens mit den Terranovern um zwei Stunden vorverlegt wurde. Ihr werdet in neunzig Minuten auf der Station erwartet. Die Kommandantin geht nicht davon aus, dass euch das Probleme bereiten wird. Ich wünsche noch einen schönen Tag.“ Der letzte Satz war nicht mehr als eine Floskel, aber bevor der Erste Offizier auf irgendetwas von dem reagieren konnte, was die Frau gesagt hatte, war die Verbindung von ihrer Seite aus unterbrochen worden.

Ramax konnte nur mit Mühe einen deftigen Fluch unterdrücken. Er verdammte diese menschliche Arroganz und fragte sich gleichzeitig, ob sie einen Nisu-Offizier ebenfalls so behandelt hätte. Irgendwie bezweifelte er das aber und er war sich jetzt auch sicher, dass er soeben nicht paranoid reagiert hatte. Immer wieder wurden die Azhuan so behandelt, als ob sie Wilde wären. Sein Ärger wurde noch dadurch verstärkt, dass Kitsune im Vergleich zu seinem Heimatplaneten wie ein Bauerndorf wirkte. Für einen Moment war seine Wut so groß, dass er ganz unwillkürlich seine Krallen ausgefahren hatte und es nun nur mit viel Mühe schaffte, sich so weit zu entspannen, dass er sie wieder einziehen konnte.

Erst dann fiel ihm ein, dass er die Kommandantin umgehend über diese Veränderung informieren musste.

„Madava, du hast die Brücke“, wies er den Taktischen Offizier an und erhob sich. Er bewegte sich so schnell, dass ihr „Sofort, Herr“ ihn erst erreichte, als er bereits vor der Tür des Arbeitsraums stand.

Er drückte nur kurz auf die neben der Tür angebrachte Ruftaste, um sich anzukündigen, war aber nicht gewillt, Azilas Reaktion abzuwarten. In solchen Situationen war er durchaus berechtigt, seine Vorgesetzte auch ohne ihre ausdrückliche Erlaubnis zu stören, wovon er jetzt Gebrauch machte.

Die rothaarige Frau hinter dem Schreibtisch blickte in dem Moment auf, als die Tür sich öffnete. Sie machte keinen erfreuten Eindruck, aber sie brachte ihr „Ja?“ mit ruhiger Stimme hervor.

„Die Station hat das Treffen mit den Terranovern um zwei Stunden vorverlegt“, teilte er ihr mit.

Augenblicklich machte sich auf ihren Zügen Ärger bemerkbar, der sich aber zum Glück nicht gegen ihn richtete. „War sonst noch etwas?“

„Sie gehen davon aus, das werde uns keine Probleme bereiten. Darüber hinaus fordern sie uns auf, in neunzig Minuten auf der Station zu erscheinen.“ Er selbst war noch immer nicht in der Lage, seinen Ärger zu verhehlen, aber dies könnte auch daran liegen, dass er dies als sinnlos ansah. Er war sich sicher, die Kommandantin würde ihn verstehen.

„Arrogante Idioten“, schimpfte sie nun und zeigte ihm damit, dass sie auch nichts davon hielt, sich zurückzuhalten. Außerdem war dies etwas, von dem sie beide auf die gleiche Weise dachten.

Sie hatten Glück in der Hinsicht, dass die „Semaja“ bereits an der Station angedockt hatte, daher würden sie zumindest keine Zeit wegen einer langen Anreise verlieren. Die Kommandantin hatte sich dazu entschlossen, weil ihr von Anfang an klar geworden war, dass sie bei dieser Mission sorgfältig planen musste und dies schloss leider auch die Hindernisse mit ein, die ihr die eigenen Verbündeten in den Weg legen mochten. Sie hatte allerdings nicht vorgehabt, unvorbereitet zu diesem Treffen zu gehen und es gab da noch einiges, das im Vorhinein zu besprechen war. Und jetzt musste sie feststellen, dass sie das nicht auf einen Zeitpunkt verschieben konnte, nachdem sie mit ihrem Papierkram fertig war.

Sie seufzte, weil sie an der Situation nichts mehr ändern konnte. „Setz dich“, wies sie deshalb ihren Ersten Offizier an und schob ihre Arbeit zur Seite. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns an deren Zeitplan anzupassen. Schließlich sind wir nur ein kleines Jägerschiff.“ Sie verdrehte die Augen.

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An diesem Tag stand Kapitänleutnant Azila nun bereits zum zweiten Mal vor dem Kleiderschrank. Einige Stunden zuvor war sie noch bereit, auf die Befindlichkeiten der Terranover Rücksicht zu nehmen, aber nachdem sie nun hatte feststellen müssen, dass die anderen auf keinen Fall auf sie Rücksicht nehmen wollten, hatte sie ihre frühere Entscheidung umgeworfen. Aus diesem Grund stand sie nun erneut in ihrer Kabine und machte sich darüber Gedanken, was sie tragen wollte. Normalerweise würde sie sich über eine solche Zeitverschwendung ärgern, aber dieses Mal wollte sie die Gelegenheit auch dafür nutzen, ihren Ersten Offizier dabei zu beobachten, wie er sich umzog. Im Gegensatz zu ihr hatte er nämlich keine Wahl, für ihn gab es bei dem, was er anziehen konnte, nur eine einzige Option. Die Regularien schrieben ihm vor, er habe seine Ausgehuniform zu tragen, wenn er das Schiff verließ. Er versuchte allerdings jedes Mal, darum herumzukommen, was sie ihm aber nie erlaubte. Dieser Gedanke vertrieb ihren Ärger – zumindest für eine Zeitlang - und brachte ein Lächeln auf ihr Gesicht.

„Die Kitsuner halten uns offenbar für Barbaren“, teilte sie ihre Überlegungen mit ihm, nur um dann festzustellen, mit was für einem unglücklichen Gesichtsausdruck er auf dem Bett hockte.

„Und?“, gab er grummelnd zurück, obwohl er genau wusste, worauf sie hinauswollte.

„In dem Fall bin ich dafür, ihnen die Barbaren zu geben!“ Sie grinste ihn an, aber er reagierte nicht darauf.

Stattdessen schüttelte er den Kopf. „Muss das wirklich sein, Herrin?“, wollte er dann von ihr wissen. Seine mangelnde Begeisterung war ihm deutlich anzusehen und die Ursache dafür war ihr nur zu gut bekannt. Und weil sie wusste, dass ihm das so unangenehm war, bestand sie immer auf der Einhaltung dieser Vorschriften. Am heutigen Tag kam aber noch etwas anderes hinzu, denn sie hatte beschlossen, die Kitsuner und mit ihnen die Terranover zu schockieren. Ursprünglich hatte sie vorgehabt, sich an die Empfehlungen ihrer Vorgesetzten in Hinblick auf ihr eigenes Erscheinungsbild zu halten, aber sie war eine Jägerin und diese waren für seltsame und unüberlegte Handlungen bekannt. Unter Umständen könnte ihr dies einen Tadel einbringen, aber genauso wahrscheinlich war es, dass dies keinerlei Auswirkungen für sie hatte, allerdings war ihr das in diesem Augenblick völlig egal. Jetzt zählte für sie nur, dass sie die herablassende Behandlung durch die Menschen einfach nur satt war.

„Du erinnerst dich, dass wir uns im Umgang mit den Terranovern zurückhalten sollen, oder?“ Er hatte nicht vor, sich so einfach geschlagen zu geben. Wenn sie sich im Tagmodus befanden, war es seine Pflicht sie auf Fehler und Versäumnisse hinzuweisen. Darüber hinaus diskutierte er diesen Punkt jedes Mal mit ihr, wenn er für ihn relevant wurde. Bislang aber immer ohne jeglichen Erfolg.

„Du musst nicht befürchten, dass dies auf dich zurückfallen wird. Die Verantwortung liegt, genau wie die Entscheidung, einzig bei mir.“ Sie hatte sich entschieden und begann jetzt damit verschiedene Dinge aus dem Schrank hervorzuholen.

„Aber niemand außer uns hält sich noch daran!“ Dieses Argument brachte er jedes Mal vor und sie musste zugeben, dass er noch nicht einmal unrecht damit hatte. Es stimmte, dass nur noch wenige Kommandanten der Raumflotte auf der Einhaltung dieser speziellen Regelung bestanden.

„Sie wurde aber nie aus den Vorschriften gestrichen, selbst wenn viele diese Regelung nicht mehr anwenden, weil sie sie als altmodisch ansehen“, antwortete sie ihm so sanft, wie sie dazu in der Lage war, weil sie genau wusste, wie sehr ihn das belastete.

„Weil sie genau wissen, dass man uns ansonsten für Barbaren hält“, hielt er ihr aufgebracht entgegen.

„Aber man hält uns doch auch so für Barbaren. Warum sollten wir ihnen also nicht diese Barbaren zeigen und dabei noch ein bisschen Spaß haben?“

„Spaß? Du hast vielleicht Spaß dabei, ich aber bestimmt nicht!“ Aber seinem Tonfall war nun zu entnehmen, dass er sich jetzt schon auf dem Rückzug befand. Wieder einmal hatte er sich ihr geschlagen geben müssen. In den letzten Monaten hatte er gelernt, dass er sich in diesem Punkt nicht gegen sie durchsetzen konnte, weil sie ihre Meinung in der Hinsicht niemals ändern würde.

Er richtete sich auf. „Nun denn, geben wir die Barbaren. Vielleicht hast du ja recht und wir haben tatsächlich Spaß.“ Das Grinsen, das er aufgesetzt hatte, konnte sie allerdings nicht überzeugen. Aber sie wusste, er würde sich ihrem Befehl auch dieses Mal nicht widersetzen.

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Als sie vor der Tür des Konferenzraums ankamen, war Ramax soweit zuzugeben, dass es auch ihm durchaus Spaß bereitet hatte, den schockierten Ausdruck auf den Gesichtern der Stationsbesatzung wahrzunehmen. Allerdings würde das Ganze ihm noch mehr Spaß machen, wenn er der Kommandant und nicht der Erste Offizier wäre. Weil er daran aber nichts ändern konnte, musste er sich mit den Reaktionen zufriedengeben, die er in seiner Rolle bei ihren Gastgebern auslöste.

Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf, auch wenn ihm das nur zu bewusst machte, dass er - zu seinem Leidwesen - dreizehn Zentimeter kleiner war als seine Kommandantin und achtete darauf, dass seine Mähne richtig lag, obwohl er niemals zugeben würde, dass er eitel war. Schließlich blieb er zwei Schritte hinter Azila stehen. Er konnte nicht leugnen, dass seine Vorgesetzte ziemlich gut in ihrem reichbestickten knöchellangen Lemayn mit dem breiten Gürtel aussah. Selbstverständlich steckte ein Dolch in dem Gürtel und dann trug sie natürlich auch die massive Kette, mit der ihr Rang angezeigt wurde. Da dies aber ihre ganze Kleidung war, hatte ihr Anblick bei den Terranovern offenbar zu großer Verlegenheit geführt. Weil sie auch ihre langen Haare zu der Art Zopf hochgesteckt hatte, wie sie von den Kriegern der Nisu bereits seit vielen Jahrhunderten getragen wurden, gab es nichts, was ihren nackten Oberkörper verhüllte. Darüber hinaus verstärkte das noch den Eindruck der Stationsbesatzung, es mit Barbaren zu tun zu haben, weil den wenigsten bekannt sein dürfte, was dies alles bedeutete. Auf jeden Fall hatte es dazu geführt, dass man sie auf dem ganzen Weg vom Schiff bis zu diesem Punkt anstarrte und auch die beiden Posten, die rechts und links von der Tür standen, reagierten nicht anders. Sie stierten ebenfalls auf Azila und Ramax, während diese warten mussten, dass man sie einließ.

Allerdings hatte jeder immer nur solange auf die Kommandantin gestarrt, bis er selbst in ihrem Blickfeld auftauchte. Dann schien es so, als wenn sie nicht mehr woanders hinsehen konnten. Ebenso wie seine Vorgesetzte trug er einen knöchellangen Lemayn, der natürlich nicht ganz so reich verziert war wie ihrer, der ebenfalls von einem Gürtel gehalten wurde, in dem selbstverständlich auch ein Dolch steckte. Die Halskette, die seinen Rang anzeigte, war nicht so massiv wie ihre. Genau wie sie trug auch er keine Fußbekleidung, daher klackten die fünf nicht einziehbaren Krallen seiner nackten Füße unüberhörbar auf dem harten Boden der Stationsflure. Die sechste Zehe, deren lange scharfe Kralle ihn beim Gehen und Laufen behindern würde – und daher nach hinten an den Fuß angelegt worden war - klappte er erst jetzt wieder aus, als er wartete.

Natürlich war ihm bewusst, dass sich seine mahagonifarbene Mähne etwas aufgestellt hatte, weil er trotz seiner Belustigung über die Reaktionen der Menschen etwas angespannt war. Dies lag auch daran, dass er durchaus verstanden hatte, dass er nicht etwa wegen seiner Kleidung angestarrt wurde, aber auch nicht, weil er ein Azhuan war. Ihm war klar, dass alle ihre Blicke nicht von den mit einer Kette verbundenen Fesseln abwenden konnten, die seine Handgelenke schmückten. Fesseln, die zu seinem großen Leidwesen immer noch zur offiziellen Ausgehuniform eines Ersten Offiziers der Flotte gehörten und die er jedes Mal anlegen musste, wenn er das Schiff verlassen wollte. Es nützte nichts, dass diese seiner Meinung nach in den letzten Jahrzehnten von niemandem mehr außerhalb von Zhuan’jall getragen worden waren, weil man einen kommandierenden Offizier, der darauf bestand, für einen Barbaren halten würde. Aber dies scherte seine Vorgesetzte nicht im Geringsten. Inzwischen hatte er begriffen, dass sie tatsächlich noch verrückter war, als er ursprünglich angenommen hatte. Und weil dies immer noch den Vorschriften entsprach, hatte er keine Möglichkeit, sich diesem Befehl zu widersetzen, auch wenn es ihn jedes Mal störte, dass ihn jemand in einer solchen Situation zu Gesicht bekam. Es war auch nicht leichter für ihn, nur weil ihn bisher nur Ymzhuaan so gesehen hatten. Und was er heute durchmachte, hatte er zuvor immer als eine Art Alptraum angesehen.

Aber bevor er Gelegenheit hatte, sich noch länger über die ganze Angelegenheit mit seiner Uniform aufzuregen, öffnete sich die Tür und Azila setzte sich in Bewegung, um den dahinterliegenden Raum zu betreten. Er folgte ihr mit den vorgeschriebenen zwei Schritten Abstand, nur um direkt hinter dem Durchgang wieder stehen bleiben zu müssen, weil sich die Kommandantin, die es offenbar darauf anlegte, die Anwesenden zu provozieren, nicht weiter in den großen Raum hineinbewegt hatte.

Ungefähr fünfundzwanzig Personen – Menschen beiderlei Geschlechts – blickten den Neuankömmlingen entgegen. Sie schafften es gerade noch so viel Disziplin aufzubringen, dass sie nicht mit offenem Mund starrten, aber keiner von ihnen konnte die Überraschung über den Anblick der beiden Offiziere des Jägerschiffes verbergen. Ganz eindeutig war dies etwas, was niemand von ihnen erwartet hatte. Und mit einem Mal war Ramax sehr froh darüber nicht der Kommandant zu sein. Er hatte ganz plötzlich eine gute Vorstellung davon, was die anderen denken würden und vor allem wie sie reagieren würden, wäre er hier mit einer menschlichen Frau als Begleitung aufgetaucht, die Handfesseln trug. Er war sich sicher, dass in diesem Fall keiner der Terranover, Kitsuner und wer sonst noch hier mit am Tisch saß, etwas mit ihm hätte zu tun haben wollen. Er konnte nicht verhindern, dass sich bei diesen Überlegungen seine Mähne noch weiter aufstellte und er würde sich sehr glücklich schätzen, wenn keiner der Anwesenden so viel über die Azhuan wusste, um zu verstehen, wieso seine Haare sich aufrichteten.

„Jägerin Azila san’Mersuzen, Kapitänleutnant und kommandierender Offizier des Jägerschiffes ‚Semaja’m’Agadir‘ und mein Erster Offizier und Hajya Ramax’so’Xho’Mayho“, stellte die Jägerin sich und ihn vor, als wenn sie nicht mitbekommen hätte, dass sie angestarrt wurden. Und dann wartete sie tatsächlich scheinbar ungerührt auf die Reaktion der anderen Personen.

Es war eine hochgewachsene dunkelhäutige Frau mit kurzem grauem Haar, die sich vernehmlich räusperte, während sie es gleichzeitig schaffte ihren Blick - wenn auch mit einiger Mühe - von den beiden Personen loszureißen, die gerade die Tür durchschritten hatten. „Konsularassistentin Illayuk Chakana, Leiterin der terranovischen Delegation“, stellte sie sich ihrerseits vor.

Sie wies dann mit einer Hand auf eine weitere ältere Frau hin, die ihr gegenübersaß. „Dies ist Unterhändlerin Kawashima Misao, die kitsunische Vermittlerin.“

Anschließend drehte sich Chakana halb zu dem Mann um, der links von ihr Platz genommen hatte. „Und dies ist mein Kollege, der stellvertretende Konsularassistent Kashtiliash Jowan Tremayne. Er wird für die Uruker sprechen.“

Ramax war bekannt, dass die Uruker eine Minderheit waren, die auf Terranova lebten. Er war sich nicht ganz so sicher, ob auch die Information, man könne sie unfehlbar an ihren antiken Vornamen erkennen, der Wahrheit entsprach, denn die Erklärung dafür – sie wollten damit ihre Verbundenheit mit der Vergangenheit der Erde, mit der Mutterwelt aller Menschen, demonstrieren – kam ihm etwas weit hergeholt vor. Es hieß auch, sie hätten sich selbst nach etlichen Jahrhunderten in ihrer neuen Heimat nicht mit dem Rest der Terranover vermischt.

Als sie die Vorstellungen hinter sich gebracht hatte, wies die Terranoverin schließlich auf zwei freie Stühle. „Nehmt Platz, dann können wir beginnen.“ Was sie nicht aussprach, aber was ihr Tonfall trotzdem implizierte, war die Tatsache, dass alle auf die beiden Jäger hatten warten müssen. Azila war dies durchaus bekannt, aber sie war mit voller Absicht einige Minuten zu spät eingetroffen, denn ihrer Meinung nach passte das vorzüglich zu ihrem barbarischen Auftreten. Ramax vermutete aber, dass sie damit auch ihre Verärgerung über die Behandlung der Ymzhuaan ausdrücken wollte.

Er wartete, bis seine Kommandantin sich niedergelassen hatte und setzte sich dann auf den Stuhl neben ihr. Und dann legte er seine mit den Fesseln geschmückten Handgelenke mit voller Absicht auf den Tisch, wo sie von niemandem übersehen werden konnten. Er verspürte eine gewisse – perverse – Genugtuung, als er feststellte, dass die meisten Anwesenden ihren Blick nur mit Mühe davon abwenden konnten.

„Können wir nun darüber sprechen, weswegen wir alle uns hier zusammengefunden haben?“, kam die Jägerin direkt zur Sache. Damit überraschte sie Chakana, die offenbar die Sprecherin der aus Terranovern und Urukern zusammengesetzten Gruppe war und wohl vorgehabt hatte, als Erste das Wort zu ergreifen.

Die Terranoverin räusperte sich erneut. „Wir sind hier zusammengekommen, … äh … Kapitänleutnant … äh …“ Sie stoppte sich selbst, während sie wohl in ihrem Gedächtnis nach den erforderlichen Informationen suchte.

Seine periphere Sicht zeigte ihm, wie Azila die ältere Frau anlächelte. Obwohl er sich in diesem Moment nicht sicher war, ob dieser Gesichtsausdruck nicht doch eher ein Grinsen war. „Die korrekte Bezeichnung lautet Jägerin Azila.“ Sie machte eine Pause, blickte kurz zu ihm hinüber und fuhr dann fort: „Und Hajya Ramax, solange mein Erster Offizier sich nicht an Bord der ‚Semaja‘ aufhält.“

„Und wie lautet die korrekte Bezeichnung an Bord eures Schiffes?“ Die Frage kam von dem Uruker, der seine Neugier nicht versteckte.

Nun blickte Azila ihn direkt an und dabei wandelte sich ihr Grinsen zu einem echten Lächeln. Sie hatte etwas übrig für Personen, die sich nicht verstellten. „An Bord wäre die korrekte Bezeichnung Jäger Ramax.“ Es war wohl Absicht, dass sie von weiteren Erläuterungen absah, denn sie waren nicht hierhergekommen, um sich den anderen in allen Einzelheiten vorzustellen.

Tremayne nickte und erweckte den Eindruck, alle seine Fragen wären damit beantwortet worden, etwas das Ramax allerdings bezweifelte. Aber der andere wollte offenbar auch nicht mehr Zeit vergeuden.

„Also dann, Jägerin Azila und Hajya Ramax“, Chakana hatte einige Probleme den Begriff aus dem Azhuan‘lugh korrekt auszusprechen, „wir sind hier zusammengekommen, um über eine potentielle Kolonisierung weiterer Welten jenseits von Kitsune zu sprechen. Vor allem wollen wir bei diesem Treffen darüber sprechen, wie die Sicherheit dieser Kolonien gewährleistet werden kann.“

Die Nisu richtete sich etwas weiter auf und straffte ihre Schultern, zeigte aber ansonsten kein Anzeichen von Überraschung bei den Worten der Terranoverin. Ramax wusste natürlich, dass sie von ihnen auch nicht überrascht worden war, schließlich hatte sie ihn ja selbst über den Zweck dieses Treffens aufgeklärt. Allerdings wäre es nicht das erste Mal, dass man den Ymzhuaan nicht alles mitgeteilt hätte. Es war schon fast ein Wunder, dass dies an diesem Tag nicht der Fall zu sein schien. In diesem Zusammenhang fragte er sich allerdings, aus welchem Grund die Regierungen auf Zhuan‘jall nur ein einzelnes Jägerschiff zu diesem Treffen geschickt hatten. Oder war das nicht die richtige Frage? Konnte es sein, dass ihm etwas Entscheidendes entgangen war? Sollte er sich lieber Gedanken darüber machen, wieso ausgerechnet die „Semaja“ für diese Mission ausgesucht worden war?

„Von wie vielen potentiellen Welten sprechen wir hier, Konsularassistentin?“ Azila blickte der Terranoverin direkt ins Gesicht.

„Damit sich die Kolonisierung dieses Raumabschnittes tatsächlich lohnt, müssen wir über mindestens zehn Welten nachdenken. Allerdings wird der Abschluss einer Besiedelung so vieler Planeten weit in der Zukunft liegen und ich bezweifle, dass irgendjemand von den Anwesenden das Ende einer solchen Kolonisierung noch miterleben wird. Hier und jetzt wollen wir nur über einen einzigen Planeten sprechen, der ungefähr neunzig Lichtjahre von Kitsune entfernt liegt.“

„Und wie sieht der Zeitrahmen in Hinsicht auf diesen Planeten aus, Konsularassistentin Chakana?“ Azilas Stimme klang so ruhig, dass Ramax sofort davon überzeugt war, sie verfüge über mehr Informationen als er.

„Im Prinzip können wir sofort loslegen, Jägerin Azila. Die Uruker stehen bereit und die Schiffe stehen ebenfalls bereit. Alles was noch fehlt, ist das Sicherheitskonzept. Und darüber wollen wir hier und heute sprechen. Weitab vom Schuss“, die Kitsunerin schaffte es, nur leicht zusammenzuzucken, „weil wir nicht wollen, dass jemand etwas von unseren Plänen mitbekommt. Eure Regierungen haben uns zugesagt, jemanden hierher zu entsenden, der mit uns verhandeln kann.“

„Die Uruker?“ Das Lächeln der Jägerin glich jetzt eher einem Zähnefletschen. „Wollen alle von ihnen Terranova verlassen?“

Chakana nickte, aber nun war es Tremayne, der das Wort ergriff. „Wir haben den Terranovern lange genug Platz auf ihrem Planeten weggenommen. Meine Vorfahren hatten nie vorgehabt, derart lange dort zu verbleiben. Aus diesem Grund wollen wir diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. Die Terranover unterstützen uns mit Schiffen, für alles andere haben wir keine Hilfe benötigt. Abgesehen von der Frage der Sicherheit, weil der Weltraum um Uruk herum berüchtigt dafür ist, eine Zuflucht für eine ganze Reihe von Piraten zu sein. Deshalb ist es unser Wunsch, dass eure Jägerschiffe beim …“, Tremaynes Lächeln ähnelte jetzt dem der Jägerin, „… Aufräumen behilflich sind.“

Azila nickte als Zeichen, dass sie verstanden hatte, was er sagen wollte und wandte sich dann Kawashima zu. „Was haben die Kitsuner damit zu tun, Unterhändlerin?“

Die zierliche, dunkelhaarige Frau erwiderte den Blick der Jägerin mit einem unschuldig wirkenden Gesichtsausdruck. „Wir haben uns nur für dieses Treffen angeboten, weil dafür ein abgelegener Ort gesucht wurde. Weder die Terranover noch die Uruker, aber auch nicht die Ymzhuaan, wollen die Kolonisierung von Uruk an die große Glocke hängen. Und was könnte auf dieser Seite des Menschenraumes abgelegener sein als Kitsune?“ Sie brachte es sogar fast fertig, ihre Unzufriedenheit über die mangelnde Wichtigkeit ihrer Heimatwelt zu verbergen.

„Über die Abgeschiedenheit dieses Systems will ich nicht streiten. Aber jedem hier ist klar, dass es damit vorbei ist, wenn die hinter Kitsune liegenden Welten tatsächlich kolonisiert werden sollten. Dann könnt ihr davon ausgehen, dass es endlich nicht nur mit eurer Wirtschaft aufwärts geht, sondern auch mit dem Stellenwert unter den Welten des Menschenraums. Dafür könnt ihr doch sicherlich noch ein letztes Mal in Kauf nehmen als unwichtig eingestuft zu werden, oder?“ Die Jägerin gab sich nicht die geringste Mühe mitfühlend zu klingen.

Aber Kawashima störte sich weder an Azilas Worten noch an ihrem Tonfall. Ihre einzige Reaktion bestand aus einem - erstaunlicherweise echt wirkendem – Lächeln, gefolgt von einem zustimmenden Nicken.

„In diesem Zusammenhang schadet es niemandem, wenn der Unterhändler auch einen Vorteil aus der Übereinkunft zieht. Schließlich wollen wir alle im Prinzip das Gleiche. Die Jäger eventuell ausgenommen. Allerdings hatte ich immer den Eindruck, es bereite euch Spaß, auf die Jagd zu gehen. Liege ich da etwa falsch?“

Nun war es an Azila, ein echtes Lächeln zu zeigen. „Wir nennen uns nicht ohne Grund Jäger, Unterhändlerin. Die Jagd auf Piraten hat etwas durch und durch Befriedigendes an sich. Es ist etwas das - wie du es ausgedrückt hast - Spaß macht. Und darüber hinaus ist es auch eine angemessene Beschäftigung für uns Barbaren, oder?“

Ramax genoss das Gefühl der Genugtuung, als er erkannte, dass die Kitsunerin nichts dagegen tun konnte, als ihre Schuld für jeden ersichtlich wurde. Auch wenn ihm schon zuvor klar geworden war, dass sie diejenige sein musste, die für die Vorverlegung des Termins verantwortlich war. Sicherlich hatte sie gedacht, die Verärgerung der Jäger in Kauf nehmen zu können, weil es sich bei ihnen schließlich nur um Barbaren handelte.

Er bewegte seine Arme, damit die Kette der Handfesseln auf der Platte des Konferenztisches klapperte. Die anderen zuckten zusammen, als hätte er sie geschlagen, denn sie hatten nicht damit gerechnet. Als sie zu ihm hinüberblickten schraken sie direkt ein weiteres Mal zusammen, denn er hatte seine Zähne gebleckt und gab sich auch keine Mühe, seine Reißzähne zu verbergen. Keinem von ihnen entging, dass dies kein freundschaftliches Raubtierlächeln war, denn er hielt seine Lippen nicht geschlossen. Alle Anwesenden kannten sich zumindest so weit mit Raubtieren aus, dass sie seine Geste als den Beginn eines lässigen Gähnens erkannten, welches ein Jäger dann zeigte, wenn er sich auf die Pirsch machen wollte. Es verwunderte ihn nicht, dass die meisten von ihnen schnell wieder wegsahen. Nur die Kitsunerin betrachtete ihn mit großem Interesse einen Augenblick länger und da ging ihm auf, dass diese Frau wohl sehr viel gefährlicher war, als er anfänglich gedacht hatte. Unterhändlerin war ein irreführender Titel und wahrscheinlich aus genau diesem Grund gewählt worden. Er verkniff sich allerdings einen Seitenblick zu seiner Kommandantin, denn er musste sich nicht vergewissern, ob sie diesen kurzen Informationsaustausch mitbekommen hatte. Einer Jägerin ihres Formats blieb so etwas nicht verborgen.

In diesem Moment stellte er aber auch fest, dass sie mit ihrer Behauptung recht gehabt hatte, es würde ihm Spaß machen, den Barbaren zu geben. Er hatte es im Vorfeld nicht glauben wollen, vor allem nicht im Hinblick auf seine eigene Rolle, aber es stimmte tatsächlich. Bei seiner anfänglichen Einschätzung hatte er einfach nicht bedacht, dass diese Menschen den Kontakt mit echten Raubtieren nicht gewöhnt waren. Und die Nisu-Jägerinnen konnten in dieser Hinsicht ohne Probleme mit den Azhuan mithalten. Ehrlicherweise musste er zugeben, dass er hier derjenige war, der sich anstrengen musste, um es seiner Vorgesetzten gleich zu tun, obwohl er als Raubtier auf die Welt gekommen war. Nie zuvor hatte er verstanden, wie zutreffend dieser alte Spruch über die Menschen wirklich war. Bei ihnen handelte es sich tatsächlich um die schlimmsten Raubtiere auf ihrem Ursprungsplaneten.

„Niemand hier hält die Ymzhuaan für Barbaren“, bemühte sich Chakana zu versichern, allerdings war sie dabei nicht sehr erfolgreich. Ihre Augen hatten sich geweitet und dies war eine unwillkürliche Reaktion, auf die sie keinen bewussten Einfluss nehmen konnte. Selbstverständlich hätte es sich dabei auch um Überraschung handeln können, aber nachdem es begonnen hatte hier im Raum nach Angst zu riechen, konnte es keinen Zweifel mehr geben.

Und dann stellte er auf einmal fest, dass alle anderen Azila anstarrten und daher blickte er dann auch zu ihr hinüber. Als er den Grund für die Reaktion der anderen erkannte, blieb ihm nichts anderes übrig als zuzugeben, dass die Art, wie sie die Lippen zurückzog, trotz ihres nicht übermäßig raubtierhaft anmutenden Gebisses auf jeden Fall dazu angetan war, den anderen deutlich zu machen, sie wäre eine ebenso erfolgreiche Jägerin wie ihr Erster Offizier.

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Azila wünschte sich, ihre Nase wäre ebenso empfindlich wie die ihres Ersten Offiziers. Wenn sie ihn nicht so gut kennen würde, dann wäre ihr sicherlich entgangen, dass seine breite flache Nase ganz kurz gezuckt hatte. Die beiden Nasenschlitze hatten sich kaum merklich zusammengezogen und er hatte kaum hörbar Luft eingesogen. Ihr war bekannt, dass dies eine von ihm nicht bewusst zu kontrollierende Reaktion auf die Situation in diesem Raum war und sie war sich sicher, er könne die Angst der Anwesenden tatsächlich riechen. Sie selbst konnte das nur anhand der geweiteten Pupillen oder der leicht geöffneten Lippen der anderen Personen schlussfolgern. Das kurze Einatmen seinerseits wäre ihr ebenfalls fast entgangen, denn er hatte ansonsten keine Reaktion gezeigt.

Sie hatte es sehr genossen, derart barbarisch aufzutreten und den anderen den Spiegel im Hinblick darauf vorzuhalten, was diese von ihrem Hajya und ihr dachten. Einerseits freute es sie, dass sie es tatsächlich geschafft hatte den anderen Delegierten Angst einzujagen, andererseits hatte sie es auch deswegen gut gefunden, weil ihr von vornherein klar war, es würde Ramax überhaupt nicht gefallen, die traditionelle Ausgehuniform eines Ersten Offiziers zu tragen. Natürlich hatte er recht, wenn er sie darauf hinwies, dass kaum noch jemand die entsprechenden Vorschriften anwandte, aber sie waren eben auch noch nicht abgeschafft worden. Und wenn es nach ihr ging – und in dieser Hinsicht hatte sie durchaus einigen Einfluss – würden sie auch weiterhin in Kraft bleiben. Inzwischen war sie sich auch sicher, dass er ebenfalls seinen Spaß hatte. Dies war allein an der Art ersichtlich, wie er sich am Tisch in Position gebracht und seine Handfesseln zur Schau gestellt hatte.

Aber wenn sie sich selbst gegenüber ehrlich war, dann musste sie zugeben, dass sie sich nicht ganz sicher hatte sein können, ob er es tatsächlich schaffen konnte, seine Gefühle zur Seite zu schieben. Schließlich war ihr bekannt, wie unangenehm es ihm war, vor Fremden in seiner Ausgehuniform erscheinen zu müssen. Genauso wenig war ihr verborgen geblieben, wie schwer er sich damit tat, sich als Erster Offizier auf einem Jägerschiff wiederzufinden. Ihr war bekannt, dass er die feste Überzeugung gehegt hatte, auf einem Schiff der Heimatflotte stationiert zu werden. Im Normalfall hätte der Einfluss seiner Familie auch ausgereicht, ihn nicht in seine jetzige unangenehme Situation zu bringen. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie so etwas ablief, denn auch in ihrer Familie wurde dies praktiziert. Und niemand sah etwas Schlimmes darin.

Nur dass es in Ramax Fall eben nicht so abgelaufen war. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach würde es nicht mehr lange dauern, bis er herausbekam, dass er mit dem Einverständnis seines Vaters auf die „Semaja“ versetzt worden war. Schließlich war er alles andere als dumm und würde ihr daher sicherlich bald die Frage stellen, wer dafür verantwortlich war, dass er ihr Erster Offizier wurde und die Antwort war dazu angetan, ihn zu erschüttern. Bei diesem Gedanken konnte sie gerade noch ein - in diesem Moment unangebrachtes - Lächeln unterdrücken. Dann aber rief sie sich zur Ordnung, denn hier und jetzt ging es um ganz andere Dinge.

„Aber ihr hättet gerne, dass wir Nicht-Barbaren für euch die Gegend säubern, bevor die Uruker ihren eigenen Planeten besiedeln? Das habe ich doch richtig verstanden, oder?“

Sowohl Chakana als auch Tremayne nickten. Es war dann allerdings die kitsunische Unterhändlerin, die wiederum das Wort ergriff.

„Im Gegenzug dafür, dass Zhuan’jall für die Sicherheit des Planeten ‚Uruk‘ sorgt, bieten die Uruker euch bevorzugte Handelsrechte an. Wir Kitsuner wiederum bieten an zwischen den beiden Parteien zu vermitteln, wobei wir die Terranover als der Partei der Uruker zugehörig ansehen. Es sei denn, eine der beiden Parteien wäre nicht damit einverstanden, dass wir diese Aufgabe übernehmen.“

„Wir haben kein Problem mit der Vermittlung durch die Unterhändlerin“, meldete sich Tremayne zu Wort, aber dann wandte er seinen Blick der Jägerin zu. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob die andere Partei hier durch jemanden vertreten ist, die befugt ist verbindliche Verhandlungen zu führen.“

Azila schnaubte und zog dann eine kurze schmale Lederröhre aus der Tasche ihres Gürtels, die sie der Kitsunerin zuwarf. Obwohl Kawashima davon überrascht wurde, hatte sie kein Problem damit, das gut gezielte Wurfobjekt aufzufangen. Ebenso wenig wie sie ein Problem damit hatte, die Lederröhre zu öffnen und das darin befindliche Pergament herauszuziehen. Vorsichtig entfaltete sie es und blickte auf einen kurzen, in kleiner Schrift gehaltenen Text, den in diesem Moment niemand außer ihr lesen konnte. Darunter prangten gut sichtbar die Siegel der drei Herrscher der Azhuan, der Nisu und der Xho.

Während Kawashima mit der Lederröhre beschäftigt war, hatte Azila ganz unauffällig ihre rechte Hand auf den Oberschenkel von Ramax gelegt. Damit wollte sie verhindern, dass er seine Überraschung über das Pergament sichtbar werden ließ. Vermutlich wäre es besser, hätte sie ihn bereits zuvor eingeweiht, aber man hatte ihr eingeschärft die Existenz ihrer Autorisierung so lange wie möglich geheim zu halten. Es hätte auch sein können, dass sie sie überhaupt nicht benutzen musste. Nur deshalb hatte sie sie ihm gegenüber nicht erwähnt und nun konnte sie daran nichts mehr ändern. Aber mit großer Wahrscheinlichkeit würde er an diesem Nachmittag noch andere Überraschungen erleben. Trotzdem war sie erleichtert, als er nicht zusammenzuckte, auch wenn sie nicht wissen konnte, ob dies an ihrer Berührung lag. Er blieb allerdings so ruhig, wie sie es sich wünschte und ihr wurde klar, dass er sich in den kommenden Nächten einige Belohnungen verdient hatte.

„Stellvertretender Konsularassistent Tremayne, ich kann Ihnen bestätigen, dass Jägerin Azila ausreichend für diese Verhandlungen autorisiert ist“, versicherte die Kitsunerin dem Uruker, nachdem sie das Pergament ausgiebig studiert hatte.

Aber auch ihre Worte konnten ihn offenbar nicht überzeugen. „Ich komme nicht umhin mich zu wundern, wieso nur ein einzelnes Jägerschiff zu diesen so ungemein wichtigen Verhandlungen geschickt wurde“, formulierte er seine Bedenken.

Azila konnte nur den Kopf schütteln, als sie begriff, dass diese Leute zwar bereit waren, ihre Sicherheit in die Hände der Jäger zu legen, aber trotzdem keine Ahnung hatten, mit wem sie es zu tun hatten. Überhaupt keine Ahnung.

Ihr war nicht entgangen, dass Ramax neben ihr ebenfalls reagiert hatte. Er hatte sich sichtbar versteift und seine orange-gelben Augen funkelten mit mühsam unterdrückter Wut über die aus den Worten des Urukers zu entnehmenden Verachtung für die Azhuan und die Nisu. Seine Mähne hatte sich nun vollends aufgerichtet und dies hätte die anderen am Tisch eigentlich in größere Furcht versetzen müssen als sein zuvor gezeigtes Gähnen. Falls denn einer von ihnen gewusst hätte, was dies bedeutete. Weil sie ihre Hand immer noch auf seinem Oberschenkel liegen hatte, konnte sie das Zittern seiner Muskulatur spüren. Da wurde ihr klar, dass es jetzt nur noch Sekunden dauern konnte, bis er sich auf seinen Widersacher werfen würde, wenn er sich in diesem Moment bei sich zu Hause im westlichen Wald befände. Aber hier – unter diesen zivilisierten Personen – musste er diesen Impuls zügeln. Ganz ahnungslos waren die Anwesenden allerdings nicht, denn keinem von ihnen war entgangen, dass sich seine Atmung beschleunigt hatte.

„Ich wollte damit niemanden beleidigen“, beeilte Tremayne sich daraufhin festzustellen.

„Ihr habt alle überhaupt keine Ahnung von den Jägern, die euch beschützen sollen“, diesmal gab sich Azila mit Absicht keine Mühe, die Verärgerung aus ihrer Stimme herauszuhalten. „Wäre dies anders, würdet ihr nicht die Wichtigkeit eines einzelnen Jägerschiffs anzweifeln. Selbst ohne dass ihr irgendetwas über die anwesenden Offiziere wisst.“

Sie machte eine kurze Pause, während derer sie jeden einzelnen am Tisch ansah und zum Schluss richtete sie ihren Blick auch auf ihren Ersten Offizier. Ramax blickte sie ebenfalls an, beruhigte seinen Atemrhythmus wieder und versuchte ganz offensichtlich aus dem Tunnel herauszukommen, in den seine Jägerinstinkte ihn eben geführt hatten. Während sie ihn aufmerksam beobachtete, wurde er zusehends ruhiger und dann nickte er ihr endlich kaum merklich zu. Damit teilte er ihr mit, dass er ihr vertraute und alles unterstützen würde, was sie unternahm.

„Unsere Regierungen sind sich durchaus der Wichtigkeit dieser Verhandlungen bewusst. Aber ihnen war auch bekannt, dass eure Seite dies zu diesem Zeitpunkt geheim halten will. Ansonsten hättet ihr euch nicht für diesen Treffpunkt entschieden. Dies ist der Grund, wieso von unserer Seite aus nur ein einzelnes Jägerschiff gesandt wurde. Ihr habt aber offensichtlich nicht verstanden, dass die ‚Semaja‘ nicht irgendein beliebiges Schiff ist, denn ihre Kommandantin und der Erste Offizier sind auch nicht irgendwelche beliebigen Jäger.“

Das einzige Anzeichen für die Überraschung, die ihre Worte bei Ramax auslösten, war das Anspannen seiner Muskulatur und sie selbst hatte dies nur mitbekommen, weil ihre Hand immer noch auf seinem Oberschenkel lag.

Tremayne war nicht der einzige, der die Stirn runzelte. „Was wollt ihr damit sagen, Jägerin Azila?“

Die ganze Situation hatte Azila durchaus amüsiert, denn wann bekam sie schon mal die Gelegenheit ihren oftmals so selbstgefälligen Verbündeten auf diese Weise den Spiegel vorzuhalten. Zu ihrem Leidwesen musste sie damit aber jetzt aufhören und das Geheimnis um die „Semaja“ lüften. Dann würde auch Ramax begreifen, dass er nicht zufällig auf ihr Schiff abkommandiert worden war. Er würde auch erkennen, dass dafür kein Widersacher seines Vaters verantwortlich zu machen war.

„Ich will dir damit Folgendes sagen, Kashtiliash Jowan Tremayne …“, der Uruker wedelte mit der Hand und warf kurz ein „Jowan reicht durchaus“, ohne die Jägerin damit tatsächlich zu unterbrechen, „… ich entstamme der Linie von Sediva und Jonas, und Ramax ist ein Nachfahre von Zyanok und seines Gemahls Misyn. Aber ich gehe nicht davon aus, dass euch diese Namen dabei weiterhelfen können, die Beweggründe unserer Regierungen zu verstehen, denn ihr wisst so gar nichts über uns.“

Tremayne machte tatsächlich nicht den Eindruck, als ob er mit ihrer Aussage etwas anfangen konnte und Chakana erging es nicht besser. Aber zu Azilas Überraschung nickte einer der anderen Terranover, als ob er damit ausdrücken wolle, ihm sage das etwas und das war der Konsularassistentin nicht verborgen geblieben. Sie wollte wissen, was los ist. „Leutnant Peterson, sagen Ihnen diese Namen etwas?“

Der junge, dunkelhaarige und dunkelhäutige Raumfahrer nickte ein weiteres Mal. „Ich kenne diese Namen, Mam, weil meine Familiengeschichte mit ihnen verbunden ist. Einer meiner Vorfahren war der Kommandant des Rettungsschiffes, das auf der Suche nach einigen verschollenen Wissenschaftlern Zhuan’jall wiederentdeckte. Aus diesem Grund habe ich mich mit den wichtigsten Personen beschäftigt, die damals in die ganzen Vorgänge verwickelt waren. Selbstverständlich waren dies in der Hauptsache Terranover wie mein Vorfahre Samson Peterson oder Dr. Rafael Dumont, der Leiter der wissenschaftlichen Expedition. Aber dabei habe ich natürlich auch die Namen anderer Personen erfahren. Unter ihnen befand sich Dr. Jonas Willowby, der offenbar ein Mitglied von Dumonts Expedition war und später irgendwie der Ehegatte einer örtlichen Herrscherin mit dem Namen Sediva wurde, wenn ich auch nichts darüber sagen kann, wie das geschehen ist. In diesem Zusammenhang fiel auch der Name Zyanok. Naturgemäß habe ich mich mit dem Teil der Geschichte auf Zhuan’jall selbst nicht eingehender beschäftigt, denn was wirklich wichtig war, hat sich auf Terranova abgespielt.“

‚Was für ein arroganter Idiot!‘ Azila war nicht in der Lage, diesen Gedanken zurückzuhalten. ‚Merkt er nicht, was er für einen Eindruck auf uns macht? Ich kann das nicht glauben! Den würde ich zu gerne in die Finger bekommen!‘

Zum Glück verfügte sie über ausreichend Erfahrung, dass es ihr möglich war, ihre Gedanken vor den anderen zu verbergen. „Zu der Zeit, als die Besatzung der ‚Umbra II‘ auf unserem Planeten notlanden musste war Sediva aus dem Haus Joron die k’Maliqa. Bis endlich ein Gesandter der Terranover mit dem Rettungsschiff ‚Shadowhunter‘ bei uns ankam hatte sie Dr. Jonas Willowby oder Jonas aus dem Haus Willowby, wie er sich inzwischen nannte, zu ihrem Alzawi, ihrem Gatten, erwählt. Ich stamme in direkter Linie von diesen beiden Personen ab. Zur gleichen Zeit war Ramax Vorfahre Zyanok der Zhuan’asa, der Führer der Xho, und damit ein Verbündeter der k’Maliqa und der damaligen Zhuaan’asaa der Azhuan. Viele von Zyanoks Nachkommen, also viele Vorfahren meines Ersten Offiziers, wurden ebenfalls zum Zhuan’asa der Xho gewählt. Wir sind also nicht bloß irgendwelche Jäger, die von unseren Regierungen autorisiert wurden.“

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Die Verhandlungen zwischen den Urukern und den Jägern – unauffällig moderiert von der kitsunischen Unterhändlerin – zogen sich dann über die nächsten Stunden hin, was Ramax genug Zeit gab, sich von der Überraschung zu erholen, die ihm die Worte seiner eigenen Kommandantin bereitet hatten. Zwischendurch fand er auch Zeit zu überlegen, auf welchem Weg er denn nun tatsächlich auf die „Semaja“ gekommen war. Nachdem er alles, was er wusste, mehrmals hin- und hergewendet hatte, war er sich nicht mehr sicher, ob tatsächlich ein Gegenspieler seines Vaters seine Finger im Spiel gehabt hatte, um ihn zum Ersten Offizier auf einem Jägerschiff zu machen. Je länger er sich die ganze Angelegenheit durch den Kopf gehen ließ für desto wahrscheinlicher hielt er es, dass es doch seine eigene Familie war, die für seine Versetzung gesorgt hatte. Er konnte nicht anders als zugeben zu müssen, dass die Verhandlungen mit den Urukern von sehr viel größerer Wichtigkeit waren als das Schicksal eines jungen Jägers, mochte er auch aus einer noch so bedeutenden Familie stammen. Sein Pech war nur ein paar Jahre zu jung zu sein, ansonsten hätte er das Kommando übernehmen können. Damit musste er nun aber leben und zwar mit großer Wahrscheinlichkeit noch etliche Monate. Wenn er dazu nicht in der Lage war, musste er seinen Traum von einem eigenen Jägerschiff begraben.

Schließlich vermittelten alle Anwesenden den Eindruck, dass diese Verhandlungsrunde abgeschlossen war. Beide Seiten vereinbarten mit dem erzielten Ergebnis in aller Heimlichkeit wieder nach Hause zurückzukehren, nicht ohne zuvor der anderen Seite absolute Vertraulichkeit zugesichert zu haben. Eigentlich gab es jetzt nichts mehr zu sagen und trotzdem hatte er das untrügliche Gefühl, seine Kommandantin habe noch etwas auf dem Herzen, denn sie machte keinerlei Anstalten aufzustehen. Aus diesem Grund blieb auch ihm nichts anderes übrig als Platz zu behalten und abzuwarten.

Und dann ergriff die rothaarige Jägerin tatsächlich noch einmal das Wort. „Wir müssen über dieses Problem reden. Über die Tatsache, dass ihr so wenig über uns wisst.“ In den letzten Stunden hatten sich die Terranover und die Uruker, aber auch die Kitsunerin zumindest soweit an den Anblick einer halbnackten menschlichen Frau gewöhnt, dass sie nicht mehr die ganze Zeit über entweder angestrengt irgendwo anders hinsahen oder - sobald ihr Blick auf sie fiel - mit weit aufgerissenen Augen starrten. Ramax war nicht in der Lage nachzuvollziehen, wieso dies ein solches Problem für sie darstellte, denn sicherlich hatten diese Männer und Frauen in ihrem Leben schon mal einen unbekleideten Frauenoberkörper zu Gesicht bekommen.

„Das muss doch überhaupt kein Problem sein“, ließ sich der junge Raumfahrer vernehmen, dessen Vorfahre die „Shadowhunter“ kommandiert hatte.

„Wie kommen Sie zu ihrer Meinung, Leutnant Peterson?“, wollte Illayuk Chakana wissen und dies nicht gerade in einem freundlichen Tonfall.

„Wenn wir einfach nur einen Personalaustausch arrangieren würden, Konsularassistentin, hätten wir damit eine Gelegenheit unser Wissen über befreundete Flotten, ihre Besatzungen und deren kulturellem Hintergrund zu erweitern.“

Ramax hatte den Eindruck, der junge Terranover sähe in der ganzen Angelegenheit tatsächlich keinerlei Schwierigkeiten.

Aber Chakana schüttelte den Kopf. „So einfach ist das nicht, Leutnant. Wir können unsere Leute nicht auf gut Glück auf Jägerschiffe schicken oder Jäger auf unsere Schiffe lassen.“ Ganz offensichtlich war sie nicht gewillt, die Idee des Raumfahrers weiterzuverfolgen.

Die Worte des jungen Mannes hatten jedoch bei Ramax eine Idee hervorgebracht. Der Xho hatte den ganzen Nachmittag über mehr oder weniger nichts anderes getan als seiner Kommandantin und den Terranovern bei den Verhandlungen zuzuhören, weil er nicht über ausreichend Informationen verfügte, um sich ebenfalls einzubringen. Und weil es auch nicht seine Aufgabe war, in dieser Angelegenheit zu sprechen. Aber dies hier war etwas, zu dem er sich durchaus äußern konnte. Darüber hinaus wollte er sich auch äußern, denn die Arroganz des Leutnants hatte ihn immens verärgert.

Aus diesem Grund hielt er sich nun nicht mehr zurück. „Ich habe eine Frage, Leutnant Peterson“, fing er vorsichtig an.

Peterson machte eine auffordernde Handbewegung und vermittelte damit den Eindruck, er würde mit einem Untergebenen sprechen.

„Offenbar bist du der Meinung, dieser Austausch ließe sich ganz einfach arrangieren und für das involvierte Personal gäbe es keine Probleme. Habe ich das richtig verstanden?“

Der junge Terranover nickte enthusiastisch. „Warum sollten dabei Probleme auftreten?“

Ramax lächelte, diesmal aber hielt er seine Lippen geschlossen, um sich dann an Illayuk Chakana zu wenden. „Konsularassistentin, du hingegen bist der Meinung, man könne eurem und unserem Flottenpersonal einen derartigen Austausch zurzeit nicht zumuten. Habe ich das ebenfalls richtig verstanden?“

Die ältere Terranoverin nickte, enthielt sich aber eines Kommentars. Offensichtlich wollte sie abwarten, wohin seine Worte führen würden.

Der Jäger richtete sich auf und schüttelte seine Mähne. Er hielt seine Augen auf den Leutnant gerichtet, aber sein peripherer Blick zeigte ihm das leichte Lächeln auf den Lippen seiner Kommandantin. Er selbst musste sich zusammenreißen, um nicht seine Zähne zu zeigen.

„Bist du, Leutnant Peterson, der Auffassung, dass du ohne Probleme auf einem Jägerschiff Dienst tun könntest?“, wandte er sich erneut an den jungen Mann.

Offenbar war dies genau die Frage auf die der terranovische Raumfahrer gewartet hatte. „Davon bin ich fest überzeugt. Schließlich bin ich ein gut ausgebildeter Angehöriger der terranovischen Raumflotte und habe daher keinerlei Probleme damit mich auch schwierigen Situationen anzupassen.“ Dem jungen Mann war ganz offenbar überhaupt nicht bewusst, wie viel von seiner Arroganz er den Anwesenden gerade gezeigt hatte.

Nun war der Jäger mit dem gefleckten Fell an einem Punkt angelangt, an dem er den Tunnelblick, der ihm eine potentielle Beute zeigte, nicht mehr völlig unterdrücken konnte. Und der Druck von der Hand seiner Kommandantin, die diese noch nicht von seinem Oberschenkel genommen hatte, machte ihm klar, dass sie genau wusste, worauf er hinauswollte. Wenn sie damit nicht einverstanden war, dann würde sie jetzt etwas sagen, daher ließ er sich noch einen kurzen Augenblick Zeit. Aber sie blieb stumm.

„Konsularassistentin Chakana, wieso erlaubst du es diesem jungen Mann nicht uns Jägern zu beweisen, wie gut eure Flottenangehörigen ausgebildet werden? Meine Kommandantin und ich würden Leutnant Peterson gerne bei uns an Bord willkommen heißen. Heute noch und dies nicht etwa als Gast, sondern als vollwertiges Mitglied unserer Besatzung, mit allen Rechten und Pflichten. Wir sind bereit einen verantwortungsvollen Posten für ihn frei zu machen, wobei der jetzige Posteninhaber sich auf eine erklärende Funktion zurückziehen würde.“ Inzwischen war er nicht mehr in der Lage etwas anderes als den jungen Mann wahrzunehmen. Er versuchte die äußeren Anzeichen für seine Jagdlust zu unterdrücken, aber er wusste, dass seine Mähne sich schon wieder aufgestellt hatte, denn dagegen konnte er nichts ausrichten.

Bei seinen Worten hatten die Augen des jungen Mannes angefangen zu leuchten und nun wandte er sich selbst an die Leiterin der terranovischen Delegation. „Ich bitte um die Erlaubnis an Bord des Jägerschiffes ‚Semaja‘ gehen zu dürfen, Mam. Bitte stellen Sie mich von meinen jetzigen Aufgaben frei.“

Ramax konnte seinen Blick nur mit Mühe der Terranoverin zuwenden, nur um dann festzustellen, dass Illayuk Chakana nicht gerade begeistert wirkte. Aber da war noch etwas anderes in ihrem Gesichtsausdruck, was der Azhuan nicht genau identifizieren konnte. Er glaubte allerdings Genugtuung erkannt zu haben. Aber worüber?

„Sollte ich Ihnen diese Erlaubnis erteilen, Leutnant, dann nur unter der Voraussetzung, dass sie tatsächlich als Besatzungsmitglied an Bord des Jägerschiffes gehen würden, mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die anderen Besatzungsmitglieder. Ganz unabhängig davon, auf welchem Posten man Sie einsetzen wird.“

Bevor Peterson darauf antworten konnte, ließ sich Jägerin Azila vernehmen. „Ich versichere dir, dass wir ihn auf dem Posten eines Offiziers einsetzen werden. Gesetz den Fall, er erklärt sich damit einverstanden, nein, er gelobt, sich an alle unsere Vorschriften zu halten und alle rechtmäßigen Befehle zu befolgen.“ Der Azhuan merkte, wie sich seine Atmung beschleunigte und er hoffte, der junge arrogante Terranover bekäme davon nichts mit. Allerdings ging er nicht davon aus, dass er sich in dieser Hinsicht Sorgen machen musste.

„Damit habe ich kein Problem, Jägerin Azila.“ In dem Moment schnappte die Falle hinter dem unbedarften Opfer zu. Und gleichzeitig huschte ein wissendes Lächeln über Chakanas Gesicht. Auf einmal verstand der junge Jäger, dass die Leiterin der terranovischen Delegation mehr von den Bräuchen der Azhuan und Nisu wusste als sie ihnen gegenüber hatte zeigen wollen. Er verstand aber auch, dass ein gewisser junger Leutnant ganz offensichtlich nicht nur ihn und seine Vorgesetzte mit seiner Arroganz verärgert hatte.

„Wenn das so ist, habe ich kein Problem damit meine Erlaubnis zu erteilen. Wie sieht es aus, Jägerin Azila? Kann ich Leutnant Peterson in zwei Stunden zu euch schicken? Ich glaube nämlich nicht, dass ich diesen eifrigen jungen Offizier länger zurückhalten kann.“ Chakanas Lächeln würde jedem Jäger zur Ehre gereichen.

Azilas Lächeln stand ihrem allerdings in nichts nach. „Für uns stellen zwei Stunden kein Problem dar. Wir erwarten Leutnant Peterson dann pünktlich an Bord. Allerdings erfordert dies, dass mein Erster Offizier und ich uns jetzt empfehlen müssen. Aber meiner Meinung nach ist auch über alles gesprochen worden. Mir bleibt jetzt nur noch das Ergebnis dieser Verhandlungen den Regierungen meines Heimatplaneten zu übermitteln.“ Mit diesen Worten erhob sie sich, verbeugte sich kurz vor Illayuk Chakana und drehte sich zur Tür um. Ramax tat es ihr gleich und verließ zwei Schritte hinter ihr den Raum.

Wird fortgesetzt in "Ein Tag bei der Flotte (Der Menschenraum) - Teil 2"
 
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