Ein Tag bei der Flotte - Teil 2

Ein Tag bei der Flotte (Der Menschenraum) - Teil 2 - Fortsetzung von "Ein Tag bei der Flotte (Der Menschenraum) - Teil 1"

Kapitänleutnant Azila befand sich ungefähr zwei Stunden nachdem sie die Station verlassen hatte, erneut vor der geöffneten inneren Luke der Luftschleuse wieder, dem Zugang zur Station - ihren Ersten Offizier an ihrer Seite. Inzwischen trug sie wieder ihre reguläre Uniform und Ramax hatte sich selbstverständlich ebenfalls umgezogen. Sie hatten sich hier nun eingefunden, um den jungen Terranover in Empfang zu nehmen, dessen bevorstehende Ankunft ihnen vor einigen Minuten angekündigt worden war.

Die Jägerin blickte den kleineren Azhuan an. „Da du ja so begeistert davon warst uns diese Verstärkung an Bord zu holen, hast du dir bestimmt auch schon Gedanken darüber gemacht, wo wir ihn einsetzen können.“ Auch wenn sie diese Frage jetzt an Ramax richtete, hatte sie bereits eine Vermutung in Hinblick auf seine Antwort.

„Selbstverständlich habe ich mir Gedanken darüber gemacht, Herrin“, gab er in einem förmlichen Tonfall zurück. „Und da Leutnant Peterson ja offensichtlich ein äußerst gut ausgebildeter und kompetenter Flottenangehöriger ist, hatte ich auch keine Schwierigkeiten dabei, den richtigen Posten für ihn zu finden. So schwer es mir auch fallen mag, bin ich dennoch der Meinung seine Qualitäten kämen am besten als Erster Offizier zum Tragen. Also werde ich ihm meinen Posten abtreten und ihm beratend zur Seite stehen.“

„Erster Offizier? Mit allen Rechten und Pflichten an Bord eines Jägerschiffs?“, vergewisserte sie sich.

„Selbstverständlich erst nachdem er seine Einverständniserklärung unterzeichnet hat, Herrin!“

Sie konnte nicht anders, sie musste einfach laut lachen. „Das hätte ich dir überhaupt nicht zugetraut, Ramax. Ich habe dich ganz offensichtlich unterschätzt. Ich bin sehr stolz auf dich.“

Er richtete sich zu seiner vollen Größe von 168 Zentimetern auf, bevor er sie anblickte. Sie konnte das Funkeln in seinen Augen erkennen, die Vorfreude auf das Spektakel, das sich ihnen gleich bieten würde und sich – wenn sie sich nicht täuschte – über mehrere Monate hinziehen würde.

Aber dann wurde er wieder völlig ernst. „Herrin, darf ich dich etwas fragen?“

Sie nickte nur.

„War es mein Vater, der mich auf die ‚Semaja‘ hat versetzen lassen?“

Sie blickte ihn erneut an, während sie daran dachte, wie sie ihn in ihren gemeinsamen Nächten behandelt hatte. Dabei musste sie zugeben, dass dies auch daran gelegen hatte, weil sie eigentlich keinen Azhuan als Ersten Offizier hatte haben wollen. Ihre Familie hatte ihr aber in der Hinsicht keine Wahl gelassen. All das hatte sie an ihm ausgelassen und trotzdem war er ihr tagsüber stets ein sehr guter Erster Offizier, auch wenn er die Nächte hasste. Allerdings nicht alle.

„Ja“, gab sie zu und versuchte dabei ihre Stimme so sanft wie möglich klingen zu lassen. „Es war eine politische Entscheidung, der er sich nicht entziehen konnte. Ich weiß, du hattest etwas anderes erwartet. Und es wird dich nicht trösten, wenn ich dir sage, ich war mit der Entscheidung meiner Familie auch nicht zufrieden.“

Einen Augenblick lang blickte er sie weiterhin mit ernster Miene an, aber dann verzog er seinen geschlossenen Mund zu einem Lächeln. „Nein, das tröstet mich tatsächlich nicht. Besonders, da du trotzdem alle Vorteile dieser Situation genießen kannst.“ Er machte aber nicht den Eindruck, als ob er dies als Vorwurf meinte.

„Alle Vorteile befinden sich also auf meiner Seite? Wirklich? Vielleicht steht dir dann vielleicht tatsächlich eine Entschädigung zu. Auch dafür, dass du für unseren terranovischen Freund so selbstlos Platz machst. Ich glaube, ich könnte mich darauf einlassen einige Nächte auf meinen neuen Ersten Offizier zu verzichten.“ Sie wusste, dass sie in diesem Moment kein freundliches Lächeln zeigte. Aber dann konnte sie feststellen, dass es sich in seinem Lächeln widerspiegelte, denn jetzt waren seine Zähne zu sehen.

Bevor sie noch etwas dazu sagen konnte, warf er einen Blick auf die externen Anzeigen der Luftschleuse. „Unser Gast steht vor der Tür.“

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Als Gabriel Peterson die Luftschleuse erreichte, blieb er noch einmal kurz stehen und holte tief Luft, um seine Aufregung unter Kontrolle zu bekommen. Er konnte sich noch sehr gut daran erinnern, wie seine Mutter ihm, als er ein Kind war, von seinem Vorfahren erzählte. Seit damals beschäftigte er sich mit den Geschichten über den Planeten, den die Menschen ursprünglich auf den Namen „Umbra“ getauft hatten, der aber heutzutage offiziell „Zhuan’jall“ hieß, genau wie mit denen über seine Bewohner. Zu seinem Leidwesen waren die Berichte, auf die er von Terranova aus Zugriff hatte, nicht sehr zahlreich. Besonders über die Epoche der Wiederentdeckung existierten nur wenige Unterlagen, aber er hatte wenigstens herausfinden können mit wem sein Vorfahre, Kapitän der Flotte Samson Peterson, auf dem Planeten zu tun gehabt haben sollte. In Ermangelung weiterer Informationen hatte er dann damit begonnen nach Möglichkeiten zu suchen, etwas über die heutigen Bewohner des Planeten herauszufinden. Aber obwohl die Azhuan, Nisu und Xho inzwischen auch – oder im Fall der Nisu, wieder – zu den raumfahrenden Nationen gehörten und obwohl Terranova offiziell mit dem anderen Planeten verbündet war, gab es kaum Kontakte. Zumindest nicht für einfache Terranover, aber auch nicht für Angehörige der Flotte unter einem gewissen Rang. Und ein Leutnant gehörte nicht zu denjenigen, die sich viel Hoffnung auf Begegnungen machen konnten.

Aber als er von einem seiner Freunde erfuhr, dass die Ymzhuaan an einer Konferenz auf Kitsune Eins teilnehmen würden, zu der auch eine terranovische Delegation reisen würde, hatte er alles darangesetzt dieser Abordnung anzugehören. Dies hatte zwar bedeutet, sich mit einer Menge ziemlich eingebildeter Zivilisten abgeben zu müssen und den Befehlen der Konsularassistentin zu gehorchen, aber schließlich hatte sich das alles doch gelohnt, denn nun stand er vor dem Zugang zu dem Jägerschiff und würde gleich an Bord gehen. Er konnte immer noch nicht wirklich glauben, dass er tatsächlich die Gelegenheit erhalten hatte, an Bord dieses Schiffes Dienst zu tun und nicht nur als Gast mitzufliegen. Damit eröffnete sich ihm die Möglichkeit, die Nachfahren derjenigen Personen aus der Nähe kennenzulernen, mit denen sein Vorfahre zu tun gehabt hatte. Da war es kein Wunder, dass er seine Aufregung kaum zügeln konnte, obwohl ihm gleichzeitig klar war, er müsse dies schaffen, denn er wollte auf jeden Fall einen guten Eindruck auf Jägerin Azila und ihren Ersten Offizier machen. So kurz vor Erreichen seines Ziels wollte er sich keinen Fehler mehr erlauben.

Endlich war er der Meinung, sich wieder so weit unter Kontrolle zu haben, dass er es wagen konnte seine Anwesenheit anzukündigen. Nur wenige Sekunden später öffnete sich bereits die Außenluke der Luftschleuse und auf der anderen Seite der bereits geöffneten Innenluke erkannte er die beiden Offiziere des Jägerschiffes, die ihn offenbar willkommen heißen wollten. Rasch nahm er seine Tasche wieder auf, trat durch die Luke und bewegte sich zügig auf die beiden Personen zu. Dabei behielt er die rothaarige Nisu und den mehr als zehn Zentimeter kleineren Azhuan die ganze Zeit über im Blick. Die Frau hatte ihre Haare immer noch hochgesteckt und trug noch immer nicht mehr als einen oberschenkellangen Kilt – den Lemayn, korrigierte er sich selbst – einen Gürtel und eine Kette. Ihr Erster Offizier war genauso gekleidet und von den zeremoniellen Handfesseln, die er so provozierend zur Schau gestellt hatte, war nichts mehr zu sehen. Peterson war so stark auf Azila und Ramax konzentriert, dass er fast nicht mitbekam, wie sich hinter ihm die Luke wieder schloss, obwohl damit die einzige Verbindung zu seinem bisherigen Leben getrennt wurde.

„Ich heiße dich an Bord des Jägerschiffes ‚Semaja’m’Agadir‘ willkommen, Leutnant Peterson“, begrüßte ihn die menschliche Kommandantin des Schiffes. Bei ihrem Anblick ging dem Terranover kurz die Frage durch den Kopf, ob es Zufall oder Absicht war, dass diese beiden Offiziere nicht nur die beiden Spezies ihres Heimatplaneten repräsentierten, sondern auch beide Geschlechter. Und dann wünschte er sich - zum wiederholten Mal - mehr über die Bräuche der Nisu und der Azhuan, aber auch der Xho zu wissen. Ihm war bewusst, er hatte mit Wissen angegeben, das er nicht besaß und hoffte, dies werde ihn nicht zu Fall bringen. Er hoffte aber auch genügend Zeit zu bekommen, um mehr zu lernen. Genug auf jeden Fall, um sich nicht zu blamieren. Aber auch genug, um keinen schlechten Eindruck zu machen, denn das wollte er unter allen Umständen vermeiden.

„Danke für die Erlaubnis an Bord kommen zu dürfen, Jägerin Azila“, antwortete er ihr.

„Du wartest bestimmt ungeduldig darauf deinen Dienst aufzunehmen, aber leider sind vorher noch einige Formalitäten zu erledigen. Deshalb möchte ich dich bitten mir in mein Büro zu folgen.“

Die Nisu wartete nicht, ob er etwas dazu sagen wollte, sondern drehte sich auf der Stelle um und bewegte sich schnellen Schrittes den Gang hinunter. Gabriel setzte sich ebenfalls in Bewegung und folgte ihr, mit Ramax an seiner Seite. Unauffällig blickte der Terranover auf den Azhuan hinab. Der Erste Offizier war nicht nur mehr als zwanzig Zentimeter kleiner als er selbst, er war auch längst nicht so kompakt gebaut. Trotzdem machte er nicht den Eindruck eines Schwächlings. Für den geschulten Blick von Peterson waren die Muskeln unter dem kurzem goldbraunen mit dunkelgrauen Flecken durchsetztem Fell nicht zu übersehen und darüber hinaus bewegte der andere sich auch mit einer lässigen und tödlichen Eleganz, die er ganz gewiss von den Raubtieren geerbt hatte, aus denen sich seine Spezies entwickelt hatte. Von oben war Gabriel auch in der Lage, die lange mahagonifarbene Mähne des Azhuan in Augenschein zu nehmen, die den Eindruck erweckte als würde sie den Rücken des kleineren Mannes hinunterfließen. Bei dem Treffen am Nachmittag hatte er eine Zeitlang geglaubt zu sehen, dass die Mähne sich aufgestellt hatte, aber nachdem er nun die feinen Haare aus der Nähe betrachten konnte, kam er zu dem Schluss, dies müsse etwas mit der Lüftung im Konferenzraum zu tun gehabt haben.

Kommandantin Azila war ihnen einige Schritte voraus und hatte bereits die Brücke erreicht, wo sie auf die beiden Männer wartete. Als Gabriel Peterson ebenfalls dort ankam, schaute er sich sofort neugierig um, aber dann empfand er eine leichte Enttäuschung. Auf den ersten Blick sah es hier nicht anders aus als auf den kleineren Schiffen seiner eigenen Flotte, auf dem terranovischen Äquivalent eines Jägerschiffes. Allerdings wirkte es auf ihn sehr seltsam, dass alle Besatzungsmitglieder nicht mehr als den Lemayn – diesen kurzen kiltähnlichen Rock der Azhuan – einen Gürtel und eine Kette trugen. Er hatte gelesen, Raumfahrer müssten unter dem Lemayn auch eine kurze Hose tragen, aber von dieser war nichts zu erkennen. Er war es gewohnt Hose, Hemd, Uniformjacke und Schiffsstiefel zu tragen und so kam er sich vor, als wenn er sich unter Halbnackten befände. Noch nicht einmal die weiblichen menschlichen Angehörigen der Mannschaft trugen mehr als das und er musste feststellen, dass ihm das äußerst unangenehm war. Seiner Meinung nach gehörte es sich einfach nicht, dass Menschen derart unbekleidet herumliefen.

Auf dem Kommandostand in der Mitte der Brücke saß ein junger Mann, der sich umgehend erhob, als die drei eintraten und dann wartete er augenscheinlich darauf, abgelöst zu werden.

„Sassijei, ich habe die Brücke“, hörte er Ramax Stimme von hinter seinem Rücken.

„Du hast die Brücke, Herr“, bestätigte der junge Mann, bevor er sich vom Sessel weg und auf eine der Brückenkonsolen hinbewegte, während der Erste Offizier an Gabriel vorbeischritt und seinerseits auf den Kommandosessel Platz nahm.

„Begleite mich in mein Büro“, bat Azila den Terranover und er löste seinen Blick von der Brücke, um ihr durch eine weitere Tür zu folgen. Dahinter kam ein Büro zum Vorschein, das groß genug war für einen mit allerlei Dokumenten übersäten Schreibtisch, eine dazu gehörende Computerarbeitsstation und etliche Sitzgelegenheiten. Azila wies mit der Hand auf einen dieser Stühle, bevor sie sich dann um den Schreibtisch herumbewegte und Platz nahm.

Gabriel hatte gewartet, bis sie sich gesetzt hatte, bevor er selbst auf dem Stuhl Platz nahm, den sie ihm zugewiesen hatte.

„Ich benötige noch deine Einverständniserklärung, bevor du offiziell ein Teil dieser Besatzung werden kannst. Verbal und als Unterschrift unter dieses Dokument.“ Die Kommandantin wedelte mit einem Blatt, das bereits auf der Platte des Schreibtischs gelegen hatte, bevor sie fortfuhr: „Bist du bereit, dich den Regularien und Vorschriften an Bord dieses Jägerschiffes zu unterwerfen, so wie du es an Bord eines terranovischen Raumschiffes tun würdest?“ Sie blickte ihn fragend an.

Er nickte. „Selbstverständlich!“, versicherte er ihr. Sie musterte ihn noch einen langen Moment, aber dann nickte sie ebenfalls.

Sie betätigte einen Schalter und begann dann mit deutlicher Stimme in ein verborgenes Mikrofon zu sprechen. „Leutnant Gabriel Peterson, wirst du aus freiem Willen alle Pflichten eines Offiziers des Jägerschiffes ‚Semaja’m’Agadir‘ übernehmen und alle Rechte eines Offiziers in Anspruch nehmen, wirst du alle rechtmäßigen Befehle befolgen und dich an alle Regularien und Vorschriften halten, die für Besatzung und Offiziere eines Jägerschiffes gelten?“

„Das werde ich, Kommandantin Azila“, antwortete er in dem gleichen formellen Tonfall, den sie auch angeschlagen hatte.

„Dann erkläre ich hiermit, dass du ab diesem Zeitpunkt als Offizier ein offizieller Teil der Besatzung der ‚Semaja’m’Agadir‘ geworden bist, mit allen Rechten und Pflichten.“ Sie betätigte den Schalter erneut und beendete damit offensichtlich die Aufzeichnung, dann schob sie ihm das Dokument hinüber und reichte ihm einen Stift.

„Hier steht nichts anderes als das, was wir gerade aufgenommen haben. Die Aufzeichnung wird ein Teil des Logbuches werden, aber dieses Dokument ist für deine Personalakte gedacht. Bürokratie eben, Jäger Gabriel“, erklärte sie mit einem entschuldigenden Lächeln.

Ihre Worte erreichten ihn nicht wirklich, denn ihm war in diesem Moment bewusst geworden, dass sie ihn das erste Mal nicht als Leutnant, sondern als Jäger angeredet hatte. Nun war es Wirklichkeit geworden, er war tatsächlich ein Teil der Besatzung dieses Jägerschiffes. Aber dann wurde seine Freude wieder gedämpft, als ihm auf einmal aufging, dass er sich nicht sicher war wie die korrekte Anrede für eine Vorgesetzte an Bord dieses Schiffes war. Hatte Ramax die Kommandantin in seiner Gegenwart angeredet? Er konnte sich nicht daran erinnern. Doch dann verspürte er eine gewisse Erleichterung, als ihm einfiel wie der junge Mann Ramax auf der Brücke angesprochen hatte. Er hatte die erste Hürde genommen.

„Lass uns auf die Brücke zurückkehren!“ Auch wenn dies nicht wie ein Befehl formuliert war, fasste Gabriel es trotzdem als einen auf.

„Ja, Herrin!“, bestätigte er auf der Stelle, um ihr dann aus dem Büro hinaus zu folgen. Er glaubte Anerkennung in ihrem Blick entdeckt zu haben, aber sie bewegte sich zu schnell, um sich tatsächlich sicher sein zu können. Auf der anderen Seite tadelte sie ihn aber auch nicht, also war die von ihm gewählte Anrede wohl doch korrekt.

Er betrat die Brücke gerade noch rechtzeitig, um den Wachwechsel mitzuerleben. Ein Azhuan - er konnte nicht erkennen, ob männlich oder weiblich - stand vor Ramax, der sich schon erhoben hatte.

„Jägerin Yetini, bereit die Nachtwache zu übernehmen“, ließ sie sich vernehmen und da fiel Gabriel - etwas verspätet - ein, dass bei den Azhuan die Frauen in der Regel das größere der beiden Geschlechter waren. Diese Azhuan war fast so groß wie er selbst.

„Jägerin Yetini, du hast die Brücke“, erwiderte Ramax mit militärischer Förmlichkeit und trat von dem Sessel zurück.

„Ich habe die Brücke, Herr“, bestätigte sie ebenso förmlich, bevor sie sich auf dem Kommandosessel niederließ.

Er fragte sich, ob mit diesem Wachwechsel auch der Bordtag endete, wunderte sich aber gleichzeitig, weil ganz offensichtlich sowohl Kommandantin Azila als auch ihr Erster Offizier der Tagwache angehörten und somit nun beide dienstfrei hatten. Dies war eine Regelung, die ihm seltsam vorkam. Er würde gerne den Grund dafür erfahren.

Offenbar hatte Azila der Wachhabenden ein Zeichen gegeben, das er verpasst hatte, denn diese wandte sich jetzt an den Kommunikationsoffizier. „Syros, öffne bitte einen Interbordkanal für die Kommandantin!“

„Ja, Herrin, sofort“, bestätigte der Azhuan, der während dieser Wache für die Kommunikation des Jägerschiffes verantwortlich war, um gleich darauf bekanntzugeben: „Kanal geöffnet, Herrin!“

Azila trat näher an den Kommandosessel heran, um das dort installierte Mikrofon zu nutzen.

„Jägerinnen und Jäger“, begann sie, „ich möchte euch ein neues Mitglied unseres Jagdrudels vorstellen. Leutnant Gabriel Peterson von der terranovischen Flotte wird für die nächsten Monate an Bord der ‚Semaja‘ seinen Dienst versehen. Jäger Ramax ist bereit, ihm den Posten des Ersten Offiziers zu überlassen und er wird stattdessen eine beratende Funktion übernehmen. Daher fungiert Jäger Gabriel ab sofort als Erster Offizier der ‚Semaja‘, mit allen damit zusammenhängenden Rechten und Pflichten. Azila, Ende.“

Sie blickte auf die Azhuan und Nisu, die sich auf der Brücke aufhielten. „Weitermachen!“, befahl sie dann, wandte sich ab und verließ den Raum, aber nicht ohne Gabriel signalisiert zu haben, er möge ihr folgen. Aus den Augenwinkeln bekam er mit, dass der Erste Offizier – der ehemalige Erste Offizier, korrigierte er sich – ihr ebenfalls folgte, aber dies interessierte ihn gerade nur am Rande, weil er sich immer noch in einem Zustand freudigen Schocks befand. Erster Offizier. Damit hatte er gewiss nicht gerechnet und einen Augenblick lang verspürte er Angst. Angst vor der Aufgabe, die vor ihm lag. Angst vor der Verantwortung, die er übertragen bekommen hatte, ohne dass er tatsächlich wusste, welches seine Pflichten waren. Aber dann fiel ihm ein, dass Azila ja ebenfalls Verantwortung trug und zwar dem ganzen Schiff gegenüber. Daher war er fest davon überzeugt, dass sie ihn so schnell wie möglich über seine neuen Pflichten aufklären würde.

Er folgte ihr den gleichen Gang hinunter, den sie von der Luftschleuse kommend in umgekehrter Richtung benutzt hatten. Aber bereits nach wenigen Metern bog sie in einen anderen Gang ab, um dann vor einer Kabinentür stehenzubleiben. Als Ramax auch bei ihr ankam, ließ die Jägerin ihm den Vortritt und er öffnete die Tür, um die dahinterliegende Kabine als erster zu betreten. Azila ließ auch dem Terranover den Vortritt und er trat ebenfalls ein. Die Kommandantin folgte schließlich den beiden Männern und schloss die Kabinentür hinter sich.

Gabriel blickte sich unauffällig um. Die Kabine war in einen Wohn- und einen Schlafbereich aufgeteilt und sehr viel größer, als er sich die Unterkunft eines Ersten Offiziers auf einem Jägerschiff vorgestellt hatte. Im Wohnbereich befand sich eine Tisch-Sessel-Kombination, daneben standen einige Vitrinen sowie zwei Arbeitsplätze mit Computern. ‚Zwei Arbeitsplätze? Was machte Ramax hier?‘ Dann riskierte Peterson einen Blick in den Schlafbereich, wo er einen großen, in die Wand eingelassenen Kleiderschrank entdeckte, aber auch ein riesiges Bett. Dieser Anblick erstaunte ihn so sehr, dass er darüber fast den Kopf geschüttelt hätte. In der hinteren Wand befand sich noch eine weitere Tür, die wahrscheinlich in das Bad führte, das zu dieser Kabine gehörte.

„Nehmt bitte Platz“, bat der Azhuan ihn und Azila. Während die beiden sich setzten, brachte er Gläser und eine Karaffe mit etwas, das wie ein Fruchtgetränk aussah und auch so schmeckte, als Gabriel kurz darauf daran nippte.

„Diese Umgebung ist viel besser dafür geeignet, über deine Zukunft hier an Bord zu sprechen, Jäger Gabriel“, fing Azila an. „Ramax und ich hatten zwar nicht sehr viel Zeit, aber wir haben es trotzdem geschafft einiges für dich vorzubereiten.“ Sie blickte ihn an. „Du bist nun ein Mitglied dieses Jagdrudels und das bedeutet, du bist allen Vorschriften unterworfen, die für die anderen hier an Bord gelten. Das fängt mit der Uniform an.“ Sie machte eine Pause und wartete offensichtlich, ob er etwas dazu zu sagen hatte. Aber er beschränkte sich auf ein Nicken, denn sie hatte bisher nichts Überraschendes von sich gegeben.

„Ich bin mir bewusst, dass die Terranover den Lemayn nicht mit dem Wort ‚Uniform‘ in Verbindung bringen, trotzdem stellt er in unserer Flotte genau das dar. Aus diesem Grund bist auch du verpflichtet, einen zu tragen. Dazu gehört ein Gürtel und die Kette, die deinen Rang anzeigt.“

Azila machte erneut eine Pause. Diesmal allerdings nicht nur, um Gabriel die Möglichkeit zu einer Frage zu geben, sondern auch, damit Ramax Gelegenheit erhielt, etwas aus dem Kleiderschrank zu holen. Als er zurückkehrte, kämpfte der Terranover immer noch mit der Vorstellung das Gleiche tragen zu müssen wie die Nisu und der Azhuan. Irgendwie hatte er dies in seinem Eifer, an Bord des Jägerschiffes zu gelangen, nicht bedacht.

„Ich werde dir beim Anziehen helfen.“ Der Azhuan legte mehrere Kleidungsstücke auf den niedrigen Tisch.

„Hier und jetzt?“ Wurde von ihm tatsächlich verlangt, dass er sich vor den Augen seiner Vorgesetzten auszog?

„Hier und jetzt! Stellt dies für dich ein Problem dar? Du solltest dir merken, dass für … wie nennt ihr Terranover das? … Prüderie an Bord dieses Schiffes kein Platz ist. Es können jederzeit Situationen auftreten, in denen Bekleidung schnell gewechselt werden muss. Dabei besteht nicht immer die Möglichkeit, sich ins Private zurückzuziehen. Daher lautet meine Maxime, dass jedes Besatzungsmitglied in der Lage sein muss, sich auch in der Öffentlichkeit umzuziehen.“

Obwohl er gegen die Begründung nicht wirklich etwas einwenden konnte, behagte es ihm trotzdem nicht, ihr in diesem Punkt zuzustimmen. Schließlich bedeutete dies, sich vor ihr zu entkleiden. Leider blieb ihm nichts anderes übrig und so stand er dann nackt da, der Kommandantin den Rücken zudrehend, und wartete darauf, dass Ramax ihm die Hose reichte, die unter dem Lemayn getragen wurde. Der andere ließ sich allerdings Zeit damit und musterte erst einmal mehrere Exemplare in verschiedenen Größen, bevor er ihm eine davon reichte. Nachdem Gabriel Gelegenheit hatte, sie ebenfalls eingehend zu betrachten, musste er sich die Frage stellen, was hinten und was vorne war. Die Hose vor sich haltend blickte er den Azhuan hilfesuchend an, weil das Kleidungsstück auf beiden Seiten einen Schlitz aufwies.

Ramax Augen funkelten, aber in seiner Stimme war kein Anzeichen für Belustigung zu vernehmen. „Die Hosen sind so geschnitten, dass sowohl Azhuan als auch Nisu sie ohne Probleme tragen können. Daher gibt es weder ein Vorne noch ein Hinten.“ Er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, als der Terranover auch schon äußerst erleichtert in das Kleidungsstück stieg. Er hatte es zwar als seltsam empfunden, dass die Hose auch hinten einen Schlitz aufwies, aber sobald sie richtig saß, merkte er davon nichts mehr.

Ramax hielt bereits das nächste Kleidungsstück in der Hand. Auch von dem Lemayn hatte er mehrere Exemplare in verschiedenen Größen mitgebracht, die er nun ganz genau betrachtete. Am Ende entschied er sich dann für eines von ihnen, welches er Gabriel aber nicht sofort überließ. Stattdessen zeigte er ihm, wo sich die Verschlüsse des rockähnlichen Kleidungsstückes befanden. Gabriel stellte fest, dass der Lemayn aus mehreren Stoffstreifen bestand, die einander überlappten. Vorne verdeckte ein besonders breites Stück Stoff den Bereich, an dem die beiden Enden des Rockes aufeinandertrafen. Am Bund des Kleidungsstückes entdeckte der Terranover eine Reihe von Schlaufen, deren Funktion ihm aber noch entging. Ramax demonstrierte ihm, wie der vordere Teil rechts und links mit den darunterliegenden Stoffbahnen verbunden wurde. Dies galt allerdings nur für die oberen zwei Drittel der Rocklänge, denn das untere Drittel blieb offen.

Gabriel nahm den Lemayn entgegen und wickelte ihn um seine Hüften und Oberschenkel. Nachdem er die Verschlüsse geschlossen hatte, blickte er kritisch an sich herunter, denn er war es nicht gewohnt, seine nackten Beine und Füße zu sehen, wenn er Uniform trug.

Der Azhuan betrachtete ihn ebenfalls kritisch und zog den Lemayn dann noch einmal etwas zu einer Seite hinüber. Er wies Gabriel auf eine kaum sichtbare Markierung hin und erklärte ihm, dass diese sich in direkter Linie unter seinem Bauchnabel befinden musste. Dann zeigte er ihm, wozu die Schlaufen dienten. Gabriel verstand, dass der Gürtel mit Hilfe von auf der Innenseite versenkten Haken an ihnen befestigt wurde und auf diese Weise Gürtel und Lemayn zusammenhielten. Schließlich wurde ihm noch ein Dolch gereicht, dessen Klinge in die in den Gürtel eingearbeitete Scheide gehörte. Als Gabriel all dies angelegt hatte, nickte Ramax ihm zustimmend zu.

„Dreh dich einmal um“, ließ Azila sich vernehmen, die die ganze Zeit über stumm geblieben war und er befolgte diesen Befehl unverzüglich, auch wenn er sich in seiner neuen Uniform nicht wirklich wohlfühlte.

Die Kommandantin musterte ihn mit einer derartigen Intensität, dass Gabriel das Gefühl überkam, er wäre immer noch völlig nackt. Dann aber nickte Azila ebenfalls zustimmend, um ihn anschließend freundlich anzulächeln. „Das fühlt sich für dich bestimmt seltsam an, oder? Ihr Terranover hüllt euch ja immer in so viel Stoff, als wäre der Winter an Bord eurer Schiffe ausgebrochen.“

„Es ist in der Tat sehr ungewohnt, Herrin“, gab er zu.

„Ich gehe davon aus, dass dieses Gefühl in kurzer Zeit vergeht, Gabriel. Eine Sache fehlt allerdings noch.“ Sie holte etwas aus ihrer Gürteltasche, was sich als eine lange Kette herausstellte. „Wenn du keine Tunika zu deinem Lemayn trägst, dann dient so eine Kette als Rangabzeichen. Dies hier ist die gleiche, die Ramax trägt und sie wird dich als Ersten Offizier der ‚Semaja‘ ausweisen.“ Sie stand auf, um ihm die Kette über den Kopf zu streifen. Dabei nutzte sie die Gelegenheit, ihm mit den Fingern durch sein schulterlanges glattes Haar zu gehen.

„In unserer Flotte gibt es keine Vorschriften hinsichtlich der Haarlänge. Du darfst deine Haare also länger wachsen lassen als es in der terranovischen Flotte erlaubt wäre. Vielleicht kann ich dir auch später erlauben, deine Haare in der Art hochzustecken, wie ich sie trage. Es ist die Art unserer Krieger. Aber das hängt von deinem Naturell ab. Mir ist bekannt, dass ihr Terranover so gut wie überhaupt nicht darauf achtet, aber bei uns sieht das anders aus. Ich kann zwar jetzt schon sagen, dass du nicht als sanft gelten würdest, aber um dich als Krieger anzusehen, müsstest du noch viel deutlicher zur aggressiven Seite tendieren. Ob dies vielleicht der Fall ist, kann ich jetzt noch nicht entscheiden, denn dafür kenne ich dich nicht gut genug. Noch nicht.“ Das Lächeln, das sie ihm zeigte, wirkte auf ihn auf einmal seltsam, denn er glaubte, Erwartung darin zu erkennen. Das konnte er aber nicht nachvollziehen.

Er hatte bereits gewusst, dass das Konzept des Naturells eine große Rolle in der Kultur – oder in den Kulturen – von Zhuan’jall spielte, aber offensichtlich war es noch viel wichtiger, als er gedacht hatte. Ihm persönlich kam es zwar seltsam vor jemanden aufgrund dieser so wenig fassbaren Charaktereigenschaft als Krieger einzustufen oder was auch immer, aber er ging nicht davon aus, dass dies für ihn persönlich wichtig werden würde.

„Setzt euch wieder. Wir haben noch ein paar Dinge zu besprechen.“ Nun vermittelte ihm Azila den Eindruck sie befände sich in ihrer eigenen Kabine. Sie ließ aber keinen Zweifel daran, wer hier das Sagen hatte und die beiden Männer hatten auch sofort reagiert.

„Du hast sicherlich mitbekommen, dass der Bordtag zu Ende gegangen ist. Kommandant und Erster Offizier an Bord eines Jägerschiffs gehören beide der Tagschicht an. Dies mag dir seltsam vorkommen, aber es gibt gute Gründe dafür und ich versichere dir, du wirst das bald verstehen. Du solltest dir aber jetzt nicht den Kopf darüber zerbrechen, zumal es nun Zeit für dich ist zu Bett zu gehen.“ Wieder schenkte sie ihm dieses erwartungsvolle Lächeln, mit dem er immer noch nichts anfangen konnte. Und wieso wies sie ihn darauf hin, es wäre jetzt Zeit ins Bett zu gehen? Sie war doch nicht seine Mutter.

„Ich habe eines der Gästequartiere für mich ausgesucht“, mischte sich Ramax ganz unvermittelt ein. „Ich nehme mir nur noch einige Dinge aus dem Schrank.“ Er erhob sich und begab sich noch einmal in den Schlafbereich.

„Nimm Gabriels Tasche mit“, befahl ihm die Jägerin. „Er braucht die Dinge darin nicht, solange er an Bord ist und sie würden ihn nur an sein altes Leben erinnern.“

„Ja, Herrin“, erklang die Stimme des Azhuan von der anderen Seite der Kabine und dann kehrte er an den Tisch zurück, einen Stapel Kleidungsstücke unter einem Arm und schnappte sich die Tasche, in der sich inzwischen auch wieder die alte Kleidung des Terranover befand. „Ich wünsche dann eine gute Nacht.“ Er verschwand durch die Tür, bevor Gabriel die Chance hatte zu reagieren.

Er erwartete Azila werde nun ebenfalls die Kabine verlassen, aber sie rührte sich nicht und er wusste nicht, was er machen konnte. Was war ihm in dieser Situation erlaubt?

Wieder betrachtete sie ihn auf eine derart prüfende Weise, als wäre er ein Ausstellungsstück in einem Geschäft. Zumindest war es dieses Gefühl, das ihm durch ihren Blick und ihr Lächeln vermittelt wurde.

„Du bist einem Irrtum unterlegen, Gabriel“, ließ sie sich unvermittelt hören, wobei ihre Stimme ganz sanft klang. „Du bist davon ausgegangen dies wäre Ramax Kabine, ist es nicht so?“

Er nickte, obwohl er sich keinen Reim auf ihre Worte machen konnte.

„Dies ist nicht Ramax Kabine, sondern unsere gemeinsame. Hier haben sowohl ich als auch Ramax gelebt.“ Sie machte eine Pause und wartete offensichtlich auf seine Reaktion.

‚Die gemeinsame Kabine von ihr und Ramax?‘ Was sollte das denn jetzt bedeuten? Diese Worte ergaben für ihn überhaupt keinen Sinn.

„Eine gemeinsame Kabine? Aber wieso?“ Er konnte diese Frage nicht zurückhalten und musste dabei feststellen, dass seine Stimme selbst in seinen eigenen Ohren dünn und nicht besonders entschlossen klang.

Erneut lächelte sie ihn auf diese erwartungsvolle Art an. „Ab jetzt ist es unsere gemeinsame Kabine.“ Noch einmal gab sie ihm die Gelegenheit, sich zu äußern, aber er war nicht in der Lage, etwas von sich zu geben. Deshalb fuhr sie schließlich mit ihrer Erklärung fort. „Nicht nur auf unseren Jägerschiffen, sondern auf allen Schiffen unserer Flotte teilen sich nach den geltenden Vorschriften Kommandant und Erster Offizier eine Kabine. Der Grund dafür ist die besondere Stellung dieser Offiziere. Du musst wissen, dass es seit jeher den Traditionen der Azhuan entspricht, ihren Anführern Gefährten anzubieten. Dies geschieht in erster Linie aus Respekt, allerdings dienten diese Gefährten auch immer schon der Entspannung der Herrscher. Die Nisu haben diese Tradition dann übernommen und bei ihnen war die Rolle der Gefährten auch die gleiche. Als unsere gemeinsame Flotte gegründet wurde, hat man diese Tradition übernommen. Aus diesem Grund ist der Erste Offizier tagsüber der Vertreter der Kommandantin, aber nachts besteht seine Hauptaufgabe darin für die Entspannung seiner Vorgesetzten zu sorgen. Du hast dich verpflichtet alle Rechte und Pflichten dieses Postens an Bord meines Schiffes wahrzunehmen. Daher wirst du mich nun in dieses Bett dort hinten begleiten.“

Gabriel war so schockiert, dass er zu nicht mehr in der Lage war, als sie anzustarren. Er konnte nicht glauben, dass sie das tatsächlich ernst meinte. Dies lag vor allem daran, dass er für so etwas nicht an Bord dieses Schiffes gekommen war. Nicht für so etwas. Aber als er nun in das Gesicht der Nisu blickte, wurde ihm mit einem Mal klar, dass sie beileibe nicht scherzte. Gleichzeitig begriff er, dass sie ihrer Meinung nach keine Probleme mit ihm bekommen würde.

Schlagartig wurde ihm kalt, weil er sich plötzlich daran erinnerte, dass die Kommandantin ihm an diesem Nachmittag schon wie ein Raubtier auf der Pirsch vorgekommen war und mit einem Mal war er sich selbst auch sicher, er wäre nicht in der Lage, ihr Probleme zu bereiten. Er glaubte auch nicht, ihr widersprechen zu können. Nun musste er erkennen, dass er sich nicht geirrt hatte. Die Jägerin hatte sich tatsächlich auf der Pirsch befunden, ihm war nur entgangen, dass es sich bei ihrer Beute um ihn selbst gehandelt hatte. Aber nun verstand er auf einmal, dass Ramax und Konsularassistentin Chakana ihr das Wild zugetrieben hatten.

Dieser Gedankengang reichte aus, um ihn erstarren zu lassen, denn in diesem Moment fiel ihm auch ein, wie viele Monate vor ihm lagen, die er an Bord dieses Schiffes verbringen musste. Auf einmal wusste er wie sich ein Beutetier fühlen musste, aber trotz dieser plötzlichen Erkenntnis blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass die Jägerin ihre Beute aus der Falle holte. Danach würde sie mit ihm machen, was immer sie wollte und es interessierte sie mit Sicherheit nicht, ob er damit einverstanden war. Das Schlimmste daran war aber, dass er all dem auch noch zugestimmt hatte.

Ende
 
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