Fatou und Julia (Sonett)

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SánchezP

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Ach Julia, Schatz, du bist chaotisch doch perfekt
Der Fixpunkt meiner Welt bist du, Fatou, zumal
So superattraktiv, stabil und doch vital
Wir lieben uns so sehr, es blieb noch unentdeckt.

Doch Julia mein Geschlecht zollt deinem nicht Respekt
Und dein Familienkreis ist leider nicht normal
So ist doch unser Glück gesellschaftlich fatal
Ich tötete sogar den Tybalt im Affekt.

Du ähnelst dir im Schlaf selbst hier noch in der Gruft
Dein Puls nicht abzählbar, drum nehm' ich mir die Luft
Oh Julia nun mit Gift, und steig' auf Charons Fähre.

Mein Innerstes ist leer nun ohne dich, Fatou
Ich greife nach dem Dolch und stoße kräftig zu
Im Tod umfassen wir vereint die ganze Sphäre.
 
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SánchezP

Mitglied
Hallo,

analog zu Ich lebe also zahl ich und dem Jawort habe ich auch hier versucht, die sprachliche Gestaltung zu verbessern.

Was haltet ihr von der modifizierten Version?

Falls jemand am Inhalt Interesse hat: Den literarischen Part muss ich hier wohl keinem erklären; das Gedicht ist in erster Linie aber mathematischer Natur. Meine Intention bestand darin, die Geschichte von Romeo und Julia mit zwei mathematischen Objekten, der Fatou-Menge und der Julia-Menge, zu kombinieren. Diese sind nach zwei französischen Mathematiker benannt: Pierre Fatou und Gaston Julia. Neben der (hoffentlich korrekt) verkürzten Widergabe der Tragödie habe ich insgesamt neun Eigenschaften der Fatou- bzw. der Julia-Menge eingebaut. In der Reihenfolge ihres Auftretens im Gedicht sind dies:
  • Punkte aus der Julia-Menge weisen eine chaotisches Langzeitverhalten unter der wiederholten Anwendung der zugrundeliegenden Funktion auf.
  • Die Julia-Menge ist im mathematischen Sinne eine perfekte Menge.
  • Die Fatou-Menge enthält alle superattraktiven Fixpunkte der zugrundeliegenden Funktion.
  • Im Gegensatz zu Punkten aus der Julia-Menge zeichnen sich Punkte aus der Fatou-Menge durch ein stabiles Langzeitverhalten unter der wiederholten Anwendung der zugrundeliegenden Funktion aus.
  • Die Julia-Menge ist definiert als die Menge aller Punkte, an denen die Familie der Iterierten der zugrundeliegenden Funktion eine nicht-normale Familie ist.
  • Julia-Mengen sind oft selbstähnlich (hierzu gibt es wunderschöne Bilder; durch die Möglichkeit, solche Bilder mittels Computern erstellen zu können, hat das zugehörige, eher theoretische, Forschungsfeld seit der letzten Hälfte des letzten Jahrhunderts wieder mehr Interesse angezogen).
  • Die Julia-Menge ist überabzählbar.
  • Das Innere der Julia-Menge ist leer.
  • Da Julia- und Fatou-Menge komplementär definiert sind, umfasst ihre Vereinigung alles; im Falle einer zugrundeliegenden rationalen Funktion also die gesamte Sphäre.
 



 
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