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18. Entführt!?
Wie oft hatte sie sich diesen Moment vorgestellt. Getrieben von Furcht und Sehnsucht sich zurückgezogen, fest entschlossen, alles abzublasen. Die Angst vor ihren Gefühlen standen im Wettstreit mir ihren Plan. Lagen ihr im Wege, wie die Untiefe vorm rettenden Ufer. Die Jahre der Partnerschaft klopften an ihre Seele. Die Zeit der Trennung schnurrte zu einen Wimpernschlag zusammen.
Tanjas Fingernägel schwebten über Aishes Taille »Und du hast es niemanden erzählt?«, fragte Tanja.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein! Niemandem.«
Die Lider halb geschlossen spielte sie mit Aishes Perlenkette. »Du hast es mir versprochen!«
»Ich halte meine Versprechen«, gab sie zurück. »Solange du deins hältst!«
»Als ich erfahren habe, dass du den Langweiler geheiratet hast«, meinte Tanja sarkastisch, »habe ich mir vor Lachen in die Hose gemacht!«
Aishe rieb ihr Becken an ihr und steckte ihre Hand in Tanjas Gesäßtasche. »Woher weißt du, dass er ein Langweiler ist?«, lachte sie und grub ihre blau lackierten Fingernägel in das Hinterteil. »Ihr kennt euch erst einige Woche!«
Tanja stupste sie mit der Nase an. »Hast du mir erzählt!« Damit leckte sie über ihre himbeerrot bemalten Lippen, bis ihre Zungen sich trafen.
Aishes schokoladenbraune Iris fixierten Tanjas Augen »Du und Stephen?«
Tanja riss die Hand aus der Hosentasche, griff in ihr Haar, drehte eine Strähne zu einer Locke. »Das hat andere Gründe, die kennst du«. Sie senkte den Kopf. »Nichts mit mir oder dir zu tun.«
Aishe legte ihre Stirn in Falten »Dabei bist du, wie du mir geschrieben hast, mit Jannette zusammen«, wisperte sie, »Oder habt ihr euch getrennt?«, erkundigte sie sich, verschränkte die Arme, griff an ihr Kinn und schmunzelte.
Sie betastete Aishes Busen. »Gut«, hauchte sie. »Sie ist erst einmal in den Staaten.«
Ihre Freundin schlang ihre Arme um Tanjas Hals. »Das du den Stephen heiratest«, stöhnte sie.
»Hey sehe ich da ein Leuchten in deinen Augen«. Tanja zwinkerte ihr zu. »Kannst ihn gerne haben.«
Die Wangen gespannt presste Aishe ihre Stirn an Tanjas. »Für ein Mannsbild ist er echt süß«, flüsterte sie, drückte ihr einen Kuss auf den Mund. »Besser als Friedl, der Macho.«
»Für mich ist der nichts. Entweder ein richtiger Kerl oder ...« Tanja liebkoste den Busen der Freundin.»Eine süße Puppe!«
Sie umfasste ihre zarte Taille, zog sie eng an ihren Körper. Ihre bebenden Lippen berührten ihren erregten Mund.
Aishe trennte sich von ihr, zog ihre Zunge aus Tanjas Mundhöhle.»Sehnsucht?«, wisperte sie,
Sie schmatzte ihr einen Kuss auf den Hals, schloss die Augen und lies, die Finger über ihr Dekolleté gleiten. »Ein wenig!«, murmelte sie.
Aishe nahm sie bei der Hand. »Dich bedrückt irgendetwas?«
Tanja sah zur Seite. Ihre sonst vollen Lippen verformten sich zu schmalen Bändern. »Er ist wieder da!«, flüsterte sie kaum hörbar.
Die Stirn gefaltet, die Augenbrauen zusammengezogen schaute Aishe auf ihren bebenden Mund. »Das Monster ist doch ...« , raunte sie.
Tanja presste ihre Fingerspitzen auf ihre Schläfen. »Ja! Nein!«, stotterte sie. »Warum jetzt? Warum hier?« Sie legte ihre rechte Hand auf Aishes Schulter, starrte ihr in die Augen. »Er wusste damals so viel.«, zischelte sie.
Aishes Mundwinkel erschlafften. »Ich verstehe dich nicht?«
Sie berührte ihren Brustkorb. »Rechne einmal nach?«, sprach sie mehr zu sich selbst. »Ich habe eine fürchterliche Vermutung!«
Den Kopf schwingend nahm ihre Freundin sie in die Arme. »Ach. Alles Phantome!«, wisperte sie ihr ins Ohr.
Tanja löste die Umarmung, tupfte sich ein paar Tränen von der Wange und sah durch den Türspalt.
»Die Mädchen kommen!«.
»Die Mädchen«, gluckste Aishe, ergriff ihre Hand und zog sie aus dem Zimmer.
Ein Mädchen schlug mit ihren Fäusten auf ein rosa geblümtes weißes Kleid. »Nein! Nein! Ich ziehe das nicht an«, schrie sie.
Die Frau im roten Minikleid strauchelte, fing sich, hielt erneut dem Kind das Kleidchen entgegen und streifte ihr schwarzes Haar über ein Ohr. Unbeachtet des Lächelns der Schwarzhaarigen, stampfte das Mädchen mit ihrem Fuß auf den Bodenbelag. »Ihr habt gesagt, wir gehen Eis essen«, brüllte sie.
Aishe faste Alina an der Schulter. »Gehen wir, versprochen. Deine Mutter möchte, dass du morgen was Anständiges trägst«, redete sie beschwichtigend auf sie ein.
Seit fast einer Stunde immer wieder das gleiche Ritual. Torben war genervt, wie Alina sich anstellte. Warum entschied sie sich nicht für ein Outfit. Sagte ja? Und, wenn es nur ihre Schwägerin beglückte.
Aishe, das hatte er herausgefunden, war die Ehefrau von Valentins Sohn aus erster Ehe. Sie war nett, scherzhaft und bildhübsch, mit ihren honigfarbenen Teint, ihren weiblichen Kurven sowie der Stupsnase, die ihr ein schelmisches mädchenhaften Aussehen verlieh. Er verdrehte die Augen. Hätte ihr keine Bitte ausgeschlagen, jedes Verlangen von ihr ohne Zögern erfüllt. Alina bockte, trotze. Warum?
Er selbst war vor einer Woche in fast derselben Situation gewesen, stur und ablehnend. Dann, hatte er sich treiben lassen, wie eine Planke, die eine stürmische Nacht von einem Boot gerissen hatte. Zum Lohn hatte er ein Gefühl von Glück empfangen, tief im Herzen. Es waren nicht die Kleider, die er von der Schwester über seinen Körper gestreift, bekommen hatte, sondern, dass er im Mittelpunkt gestanden hatte. Keine Randfigur, die mitgeschleppt wurde.
Dabei hatte alles harmonisch angefangen, vor fast einer Stunde. Wie bei Damen üblich, waren Aishe und seine Schwester, nach ihrer Ankunft in Passau, in ein Schuh- und Handtaschengeschäft gestürmt. Die beiden Damen stürzten sich kreischend auf exotisches Schuhwerk. Alina hatte ihn an die Hand genommen, um Taschen in Augenschein zu nehmen. Sie hatte sofort was gefunden, einen zierlichen ledernen Rucksack, derweil er einen Ständer mit Umhängetaschen inspizierte. Bei dem Anblick von Alinas Beute fiel ihm wieder das Mysterium seines Gepäcks ein. Mit einer mintgrünen Handtasche, die er nur genommen hatte, weil sie von ihrer Farbe zum Rock passte, war er zu Tanja spaziert, um ihr die Frage zu stellen.
Sie beantwortete sogar das Anliegen, aber erst, nachdem sie Torbens Geschmack gelobt hatte, ihm das lütte mintgrünen Objekt, in dem kaum eine Geldbörse Platz fand, sowie Alinas Fang erworben hatte. Tanja besann sich nicht, wo sie ihren Harry-Potter-Rucksack zuletzt gesehen hatte. Mehr vermochte er aus ihr nicht herauszulocken.
Aishe drückte die Arme an ihren Körper, presste ihre Lippen. »Alina es reicht. Wir nehmen dieses Kleid, damit basta und wenn es dir nicht steht, dein Pech!«, haderte sie, obwohl ihr Grollen eher dem Gesang einer Meise glich.
Es hätte nicht viel gefehlt, Alina wäre kreischend zu Boden gegangen. Tanja rettete die Situation, sie brachte dem Kind einen Hosenanzug. Die Freude der Beglückten hielt sich anfangs in Grenzen, da soweit hatte sie dann nicht mitgedacht, besagter Anzug in Rosa gehalten war. Nachdem sie nochmals verschwunden war, um eine Kombination in Grau zu holen, formte sich ein Lächeln in Alinas Gesicht.
Torben war kein Mensch, der gesteckte Ziele außer Sichtweite verschwinden ließ. Seine meist wirren Gedanken, entpuppten sich im Nachhinein vom Ergebnis ausgesehen, überlegt und zielstrebig. Wenn er Memory spielte, dann deckte er nicht die Paare, die zusammen gehörten auf. Nein! Das unternahm er nie. Er berechnete, dass der letzte Schlag, der entscheidende bei diesem Spiel war. Somit merkte er sich alle Karten. Erst in dem Augenblick, wenn seine Mitspieler sich in Sicherheit wiegten, zockte er sie ab.
Diesmal schlug sein Matsch fehl. Anstatt, dass sie gemeinsam die Genüsse italienischer Spezialitäten genossen, verabschiedeten sich Tanja und Aishe, ließen die Mädchen vorm Eiscafé zurück. Alina und Torben setzten sich an einen Tisch. Die Frauen überquerten die Straße, an dem sie die Kinder zurückgelassen hatten.
Aishe marschierte voraus, Tanja folgte mit Abstand, da ein Schuhgeschäft sie kurz ablenkte. Eine schwarze Limousine fuhr vor, hielt an einer Bushaltestelle mehrere Schritte von dem Laden entfernt. Der Fahrer öffnete das Beifahrerfenster, warf einen Gegenstand in einen Mülleimer. Er setzte seine Fahrt fort, nachdem ein Bus ihn mit Lichthupe verscheuchte. Parkte dann ein paar Meter weiter, gegenüber des Cafés ohne aus dem Wagen auszusteigen. Tanja kam hinter dem Bus hervor, schloss zu Aishe auf, harkte sich bei ihr unter und schlenderte davon.
Alina irgendetwas Brauchbares zu entlocken, unmöglich. Sie war weiterhin lausig gelaunt. Schnatterte ohne Pause. Torben überschlug die Beine, verschränkte die Arme und betrachtete die Schaumbläschen seiner Erdbeermilch, die im Takt ihrer Worte, zerplatzten. Nach ihrer Ansicht hatte die ganze Welt sich gegen sie verschworen. Alle behandelten sie wie ein kleines Kind, obwohl sie fast Erwachsen war. Eine Aussage, die ihn zum Schmunzeln anregte, da Alina nur ein paar Tage älter war. Eine Tirade, ließ ihn aufhören, dass Stephen in einer Art mit ihr umging, wie ein Vater zu seiner bösen Tochter. Einen Umstand, den er nachfühlte.
Alina schaute auf die andere Straßenseite, meinte, eine Schulfreundin gesehen zu haben. Sie gab ihm Bescheid, dass sie kurz zu ihr wolle. Er solle ihr eine zweite Bananenmilch bestellen. Sie stand auf, trottete zu dem Überweg, über den Tanja und Aishe gegangen waren, überschritt die Straße. Sie kam an der schwarzen Limousine vorbei, deren Fahrer Zeitung lass, blieb an dem Wagen stehen, schaute durch das geöffnete Beifahrerfenster ins Innere. Ein Laster hielt auf der Linksabbiegerspur an der Ampel vom Fußüberweg, sodass dieser vor dem finsteren Gefährt zum Halten kam. Die Kraftfahrzeuge, die bei Rot gehalten hatten, fuhren, nachdem sie grünes Licht bekamen, an. Die schwarze Limousine war verschwunden.
Alinas Getränk stand unangetastet auf dem Tisch, der Schaum hatte sich aufgelöst und das Glas, aus dem Torbens den Erdbeershake getrunken hatte, ruhte mit einem letzten rosa Schleier daneben. Er rutschte nervös auf dem Stuhl. Kurzzeitig kam er auf die Idee, sie anzurufen, aber wie? Er kannte ihre Nummer nicht, außerdem lag sein Handy bei den Obermeier. Liegengelassen hatte er es. Ohne Taschen? Seine Finger tasteten über die Handtasche. Hätte er sich nur eine von der Schwester geliehen. Er zuckte mit den Schultern. Dann, er sah auf das Glas mit der Bananenmilch, bestand zumindest die Chance sie anzurufen. Er erhob sich, tänzelte zum Kellner, die Speisen bezahlen, denn Geld hatte er. Tanja hatte es ihm zugesteckt, er es in sein neues Assessor verwahrt.
Torben rannte über den Überweg, die Straße hoch und herunter. Schaute in die Seitenstraßen, drückte die Schulter an den Hals. Die Stadt war ihm unbekannt und sein Orientierungssinn war! Er presste die Lippen aufeinander. Sein Mund entspannte sich kurz, er grinste, obwohl die Situation ihn auf keinen Fall amüsierte. War mädchenhaft. Um der Gefahr zu entgehen, dass er sich verlief, rannte er zurück zum Eiscafé. Von Alina fehlte jede Spur. Der Tisch, an dem sie gesessen hatten, abgeräumt. Er setzte sich auf den Rand eines Blumenkübels, erfasste die Tasche, quetschte sie, die Knie zusammen gepresst, zwischen seine Oberschenkel. Die Ellen eng am Oberkörper, den Blick ausweichend, den ihm die Passanten zuwarfen, wartete er auf ihre Rückkehr oder zumindest auf die Ankunft der Schwester.
Ein schelmisches Lächeln verzierte sein Gesicht. Er rieb sich die Hände und schlug im Geiste einen Purzelbaum. Geschafft hatte er es. Seine Genialität, die Dominanz hatten gesiegt. Wie doof und naive Mädchen waren. Erst Recht, wenn sie sich als Erwachsende aufspielten. Er brauchte sie nicht, diese dummen, einfältigen Frauen, stand über ihnen. Denn er war ein Kind, das wusste, was es war. Ein Junge aber nicht dusslig und plump, wie die Knaben in seiner Klassen. Mit festem Ziel am Horizont steuerte er das Piratenschiff, machte keine Gefangenen. Er war der schlitzohrige Kapitän Torben Raubein, schrecken der sieben Weltmeere.
Ohne ein tropfen Blut hatte er die Sophia geentert. Blutvergießen, mit Gewalt ein Schiff zu übernehmen, eine Sache für Anfänger. Der geniale Pirat arbeitete mit dem Verstand, überließ es den Feinden mit Freude, die Beute auszuhändigen. Als wäre es ihr Bestreben gewesen und er der Verlierer. Er stand über dem Geschehen. Das Wochenende als brave Tochter würde er auf einer Backe absitzen. Ihnen einen winzigen Gefallen entgegenbringen.
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