Ralf Langer
Mitglied
Versuch über einige Fragen des Dichterischen
Über das Dichterische
Was ist das eigentlich ein Gedicht? Was hat es, was nicht? In wessen Besitz ist es, dieses Gebilde aus Form, Klang und Inhalt, dieses zerbrechlich Zusammengefügte und doch – wenn es vollendet ist – die Zeiten überdauernde.
Es hat, vor allen Dingen, das Wort. Im originären hat es nur das Wort.
Um den Unterschied zu anderen Formen der Kunst zu betrachten hilft es, das Lrische dem Prosaischen gegenüber zu stellen.
Der Prosaiker schreibt, er benutzt dieselben Worte, und doch ist das Gedicht etwas ganz anderes. Der Romancier hat einen Stoff. Er benutzt die Worte um über etwas zu schreiben. Worte sind ihm Vokabel, Transporteure eines Ausgedachtem. Dem Lyriker aber ist das Wort heilig. Es ist Geist und Sinn, und es ist ihm etwas transzendentes, das Wort weist auf etwas hin, das durch die Faszination am Wirklichen entstand.
Der Inhalt eines Gedichtes ist im Besitz aller Menschen, sei es das melancholische des Herbstes,
die Stimmung eines Sonnenaufgangs, oder das pathologische der Seele. Alles Gefühl, alles Sinnliche erfährt ein Jeder. Aber das ist noch kein Gedicht. Das richtige Wort, die richtige Form, der Klang, dabei entsteht ein Gedicht.
Und eigentlich entsteht es nicht. Es wird gemacht. Ein Gedicht entsteht nicht aus Gefühlen, es wird aus Worten gemacht (Mallarme).
Hier betreten wir den Bereich des Transzendenten:
Denn es gibt wohl Farben, es gibt Klänge in der Natur, aber Worte gibt es nicht. Worte sind das Ergebnis, eine Disziplin des Geistes. So ist denn auch das Verhältnis des Dichters zum Wort primär. Es ist eine Beziehung die nicht vermittelbar ist. Man hat es, oder man hat es nicht. Man kann lernen über Scherben zu laufen, Seiltanz, Bälle jonglieren, aber das Wort zu setzen ist Talent, es schließt die Übung aus.
Der Dichter ist im Wort verwurzelt, es ist sein Wortschatz. Und er muss seine Worte kennen. Er findet sie, klopft sie ab, setzt sie in Szene.
Das macht das Gedicht zu etwas besonderem auch im weiteren Vergleich mit den Künsten.
Bilder, Skulpturen, Sinfonien, all diese Werke sind international, das Gedicht ist an seine Sprache, an sein Verstehen, an die Körperschaft des nationalen Gebrauches gebunden. In diesem Sinne ist ein Gedicht monologisch. Es ist im eigentlichen Sinne das nicht Übersetzbare.
Vergessen ist nicht „oublier“, ist nicht „to forget“, und das berühmte poe`sche „nevermore“ ist nicht „nimmermehr“. „Nevermore“, zwei kurze verschlossene Silben und dann das lange, dunkle, strömende „more“. Der Deutsche lässt sich entrücken. Er sieht zusätzlich das „Moor“, der Franzose erkennt „ la mort“.
„Nimmermehr“ hingegen ist beim Wasser, ist an der See, erkennt das „Meer“.
So sind die Worte sie bergen mehr als nur eine Nachricht, transportieren mehr als Inhalt. Worte schlagen immer mindestens zwei Seiten an:
eine akustische, dem Klang folgende, und eine emotionale dem Bewusstsein folgende.
Hier spannt sich seine Welt auf. Und sie ist zeitlos. Wer will glauben, das die alten Griechen anders empfanden, wer meint das die Wikinger andere Dinge sahen, als sie das Noordmeer durchquerten? Mit der Sprache, war das Gedicht, und es war da, es war stets in seiner Gänze vorhanden.
Immer schon brauchte die Lyrik nur einen Schöpfer, und er verlässt seine Schöpfung wenn er sie für vollendet erklärt. Danach entsteht alles aus dem Zusammenhang von Leser und Wort. Der Dichter ist als Autor, wie eine Schildkröte die nach der Eiablage ihr Gehege für immer verlässt.
Was dem Gedicht innewohnt, was bleibt ist das lyrische ich, ein Wesen, etwas zwitterhaftes das in das Sein tritt, durch das hinterlassene Wort, und es bleibt der Leser auf den es immer wieder, und immer wieder neu, trifft.
„Daß du nicht enden kannst, das macht dich groß,
Und daß du nie beginnst, das ist dein Los.
Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe,
Anfang und Ende immerfort dasselbe,...“
Über das Dichterische
Was ist das eigentlich ein Gedicht? Was hat es, was nicht? In wessen Besitz ist es, dieses Gebilde aus Form, Klang und Inhalt, dieses zerbrechlich Zusammengefügte und doch – wenn es vollendet ist – die Zeiten überdauernde.
Es hat, vor allen Dingen, das Wort. Im originären hat es nur das Wort.
Um den Unterschied zu anderen Formen der Kunst zu betrachten hilft es, das Lrische dem Prosaischen gegenüber zu stellen.
Der Prosaiker schreibt, er benutzt dieselben Worte, und doch ist das Gedicht etwas ganz anderes. Der Romancier hat einen Stoff. Er benutzt die Worte um über etwas zu schreiben. Worte sind ihm Vokabel, Transporteure eines Ausgedachtem. Dem Lyriker aber ist das Wort heilig. Es ist Geist und Sinn, und es ist ihm etwas transzendentes, das Wort weist auf etwas hin, das durch die Faszination am Wirklichen entstand.
Der Inhalt eines Gedichtes ist im Besitz aller Menschen, sei es das melancholische des Herbstes,
die Stimmung eines Sonnenaufgangs, oder das pathologische der Seele. Alles Gefühl, alles Sinnliche erfährt ein Jeder. Aber das ist noch kein Gedicht. Das richtige Wort, die richtige Form, der Klang, dabei entsteht ein Gedicht.
Und eigentlich entsteht es nicht. Es wird gemacht. Ein Gedicht entsteht nicht aus Gefühlen, es wird aus Worten gemacht (Mallarme).
Hier betreten wir den Bereich des Transzendenten:
Denn es gibt wohl Farben, es gibt Klänge in der Natur, aber Worte gibt es nicht. Worte sind das Ergebnis, eine Disziplin des Geistes. So ist denn auch das Verhältnis des Dichters zum Wort primär. Es ist eine Beziehung die nicht vermittelbar ist. Man hat es, oder man hat es nicht. Man kann lernen über Scherben zu laufen, Seiltanz, Bälle jonglieren, aber das Wort zu setzen ist Talent, es schließt die Übung aus.
Der Dichter ist im Wort verwurzelt, es ist sein Wortschatz. Und er muss seine Worte kennen. Er findet sie, klopft sie ab, setzt sie in Szene.
Das macht das Gedicht zu etwas besonderem auch im weiteren Vergleich mit den Künsten.
Bilder, Skulpturen, Sinfonien, all diese Werke sind international, das Gedicht ist an seine Sprache, an sein Verstehen, an die Körperschaft des nationalen Gebrauches gebunden. In diesem Sinne ist ein Gedicht monologisch. Es ist im eigentlichen Sinne das nicht Übersetzbare.
Vergessen ist nicht „oublier“, ist nicht „to forget“, und das berühmte poe`sche „nevermore“ ist nicht „nimmermehr“. „Nevermore“, zwei kurze verschlossene Silben und dann das lange, dunkle, strömende „more“. Der Deutsche lässt sich entrücken. Er sieht zusätzlich das „Moor“, der Franzose erkennt „ la mort“.
„Nimmermehr“ hingegen ist beim Wasser, ist an der See, erkennt das „Meer“.
So sind die Worte sie bergen mehr als nur eine Nachricht, transportieren mehr als Inhalt. Worte schlagen immer mindestens zwei Seiten an:
eine akustische, dem Klang folgende, und eine emotionale dem Bewusstsein folgende.
Hier spannt sich seine Welt auf. Und sie ist zeitlos. Wer will glauben, das die alten Griechen anders empfanden, wer meint das die Wikinger andere Dinge sahen, als sie das Noordmeer durchquerten? Mit der Sprache, war das Gedicht, und es war da, es war stets in seiner Gänze vorhanden.
Immer schon brauchte die Lyrik nur einen Schöpfer, und er verlässt seine Schöpfung wenn er sie für vollendet erklärt. Danach entsteht alles aus dem Zusammenhang von Leser und Wort. Der Dichter ist als Autor, wie eine Schildkröte die nach der Eiablage ihr Gehege für immer verlässt.
Was dem Gedicht innewohnt, was bleibt ist das lyrische ich, ein Wesen, etwas zwitterhaftes das in das Sein tritt, durch das hinterlassene Wort, und es bleibt der Leser auf den es immer wieder, und immer wieder neu, trifft.
„Daß du nicht enden kannst, das macht dich groß,
Und daß du nie beginnst, das ist dein Los.
Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe,
Anfang und Ende immerfort dasselbe,...“