John Wein
Mitglied
Montag, 9. September 2019, Galisteo – Carcaboso 12 km
Über den Dächern von Galisteo wölbt sich ein tiefblau kolorierter Herbstmorgen, sonnengeflutet und frisch. Eine Jammergestalt zerrt mich am Ärmel aus den Tiefen eines Traums ins grelle Licht. Ich liege in einer schrägen Kammer mit spärlicher Möblierung. Mein Kopf ist noch verbarrikadiert. Im Radio-Wecker singt eine traurige Stimme vom wundervollen Leben. Vorsichtig taste ich mich in das meine zurück. Draußen erfindet die Turmuhr ihre eigene Zeit.
Galisteo, ein Städtchen wie aus der Zeit gefallen, eingefasst in seinen Mauergürtel. Baulichkeit und Gefüge atmen Geschichte, es sind die Erzählungen aus alten Zeiten und anderen Welten. Um diese Stunde ist kein Leben in den Gassen, da nisten neben den Schwalben, nur Stille und Leere.
Ich turne auf der Mauerkrone, lasse meine Gedanken ihren Lauf, fliege mit Ihnen hinüber zum Horizont, dorthin, von wo ich gestern noch über dieses Meisterwerk gestaunt habe. Jetzt sitze ich hier oben auf den Zinnen und wandere in meiner Erinnerung zurück. Vor mir hat eine Grille ihren Platz genommen. Beide schauen wir in die gleiche Ferne, wo der staubige Weg unter dem makellosen Morgenhimmel über dem Horizont klettert. „Was denkst du“, frage ich den Hüpfer, ist das hier alles Kulisse oder ist das echt?“ Für einen Moment scheint er innezuhalten, nachzudenken, dann krabbelt und husch, hüpft er todesmutig nach unten ins gleißende Sonnenlicht. Das war’s dann! Ein schneidiger Mauersegler, unter dem Torbogen ist seine Heimstatt, hat ein paar Schnäbel zu stopfen.
Die Strecke nach Cascarboso ist mit 12 km nur wenig herausfordernd, was macht es schon, dass sie asphaltiert sind. Guter Dinge mache ich mich auf den Weg durch das nördliche Tor und über den Rücken einer aus allen Zeiten gefallenen Brücke in eine Landschaft ganz ohne Höhepunkte. Gegen 13 Uhr, die Siesta des Tages ist gerade eingeläutet, ist mein Ziel um die Ecke in Carcaboso. Da ist viel Zeit für das Alimentario, um mich ein bisschen um Proviant zu kümmern.
Am Abend, es ist Twilight Time, jene Stunde zwischen hell und dunkel, eine Zeit, an dem sich der Tag noch nicht entscheiden kann zum so oder so. Ich sitze, frisch geduscht, im Gestühl auf dem Bürgersteig vor dem Restaurant des Hostal Ciudad de Cáparra bei einem Glas Bier und warte, dass man mich zum Abendessen, la cena, in den Comedor bittet. Es ist inzwischen 21 Uhr. In Spanien isst man spät, sehr spät!
Vor mir, auf der Dorfstraße, schneidet ein Motorrad knatternd in die Abendstille und über mir, man mag es kaum glauben nach diesen letzten, wolkenlos heißen Tagen, grasen ein paar Schäfchen über die hellblaue Himmelswiese und künden vom Wetterumschwung. Ich fühle mich gut. Die Temperatur ist angenehm. Sacht fächelt der Wind in den Zweigen der Königspalmen im kleinen Park gegenüber und auf der Bank darunter erzählen ein paar Frauen ihre Geschichte vom Tag. Nach Valdeobispo weist das Straßenschild am Abzweig der Hauptsstraße, er ist mein Wegweiser morgen früh.
Und während ich noch warte, dass der Camaréro mit einer Geste zum Essen winkt, zieht die Dämmerung im Osten einen Stern nach dem anderen auf die Himmelswiese Carcabosos.
Der erste Gang ist Gazpacho Andaluz.
-Fortsetzung folgt -
Über den Dächern von Galisteo wölbt sich ein tiefblau kolorierter Herbstmorgen, sonnengeflutet und frisch. Eine Jammergestalt zerrt mich am Ärmel aus den Tiefen eines Traums ins grelle Licht. Ich liege in einer schrägen Kammer mit spärlicher Möblierung. Mein Kopf ist noch verbarrikadiert. Im Radio-Wecker singt eine traurige Stimme vom wundervollen Leben. Vorsichtig taste ich mich in das meine zurück. Draußen erfindet die Turmuhr ihre eigene Zeit.
Galisteo, ein Städtchen wie aus der Zeit gefallen, eingefasst in seinen Mauergürtel. Baulichkeit und Gefüge atmen Geschichte, es sind die Erzählungen aus alten Zeiten und anderen Welten. Um diese Stunde ist kein Leben in den Gassen, da nisten neben den Schwalben, nur Stille und Leere.
Ich turne auf der Mauerkrone, lasse meine Gedanken ihren Lauf, fliege mit Ihnen hinüber zum Horizont, dorthin, von wo ich gestern noch über dieses Meisterwerk gestaunt habe. Jetzt sitze ich hier oben auf den Zinnen und wandere in meiner Erinnerung zurück. Vor mir hat eine Grille ihren Platz genommen. Beide schauen wir in die gleiche Ferne, wo der staubige Weg unter dem makellosen Morgenhimmel über dem Horizont klettert. „Was denkst du“, frage ich den Hüpfer, ist das hier alles Kulisse oder ist das echt?“ Für einen Moment scheint er innezuhalten, nachzudenken, dann krabbelt und husch, hüpft er todesmutig nach unten ins gleißende Sonnenlicht. Das war’s dann! Ein schneidiger Mauersegler, unter dem Torbogen ist seine Heimstatt, hat ein paar Schnäbel zu stopfen.
Die Strecke nach Cascarboso ist mit 12 km nur wenig herausfordernd, was macht es schon, dass sie asphaltiert sind. Guter Dinge mache ich mich auf den Weg durch das nördliche Tor und über den Rücken einer aus allen Zeiten gefallenen Brücke in eine Landschaft ganz ohne Höhepunkte. Gegen 13 Uhr, die Siesta des Tages ist gerade eingeläutet, ist mein Ziel um die Ecke in Carcaboso. Da ist viel Zeit für das Alimentario, um mich ein bisschen um Proviant zu kümmern.
Am Abend, es ist Twilight Time, jene Stunde zwischen hell und dunkel, eine Zeit, an dem sich der Tag noch nicht entscheiden kann zum so oder so. Ich sitze, frisch geduscht, im Gestühl auf dem Bürgersteig vor dem Restaurant des Hostal Ciudad de Cáparra bei einem Glas Bier und warte, dass man mich zum Abendessen, la cena, in den Comedor bittet. Es ist inzwischen 21 Uhr. In Spanien isst man spät, sehr spät!
Vor mir, auf der Dorfstraße, schneidet ein Motorrad knatternd in die Abendstille und über mir, man mag es kaum glauben nach diesen letzten, wolkenlos heißen Tagen, grasen ein paar Schäfchen über die hellblaue Himmelswiese und künden vom Wetterumschwung. Ich fühle mich gut. Die Temperatur ist angenehm. Sacht fächelt der Wind in den Zweigen der Königspalmen im kleinen Park gegenüber und auf der Bank darunter erzählen ein paar Frauen ihre Geschichte vom Tag. Nach Valdeobispo weist das Straßenschild am Abzweig der Hauptsstraße, er ist mein Wegweiser morgen früh.
Und während ich noch warte, dass der Camaréro mit einer Geste zum Essen winkt, zieht die Dämmerung im Osten einen Stern nach dem anderen auf die Himmelswiese Carcabosos.
Der erste Gang ist Gazpacho Andaluz.
-Fortsetzung folgt -