Herbert Tamban - Kopflos auf dem Deister - 2. Gejagt Teil 2

ahorn

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Hugen


Achter de Füürtoorn

Herbert wies nach vorn. „Der Schnellste ist er nicht!“
„Ich würde eher sagen, der Jüngste.“ Monika hakte sich bei ihm ein. „Sage mir endlich, was du auf der Insel vorhast.“
„Wie geht es deinem Magen?“
„Nach dem zweiten Grog besser. Ich habe dir schon beim Betreten der Fähre gesagt, dass ich beim Anblick von Booten bereits seekrank werde.“
„Hier sünd ji.“
Nachdem der sonnengegerbte, vollbärtige Mann eine Reisetasche von seinem Bollerwagen genommen, diese vor Herberts Füßen abgestellt hatte, zückte er einen Schlüssel aus seinem Regenmantel und überreichte diesen Monika. Er nickte, schnappte sich seine Wagen und trottete davon.
„Viel reden tut der nicht“ , ergriff Herbert das Wort, während er ihm nachsah.
„De an de Küst snacken nich to fööl“, amüsierte sich Monika, derweil sie die Tür zum Ferienhaus aufschloss.
Herbert ergriff die Reisetasche, trat hinein und rümpfte die Nase. „Lüften hätten sie können.“
„Herbert! Ist halt neu.“
„Wie?“
„Hat mir die Wirtin gesteckt.“
„Die kann sprechen?“
Monika verdrehte ihre Augen. „Beim letzten Herbststurm sind die alten Häuser dermaßen beschädigt worden, dass sie neue gebaut haben. Ihr Sohn ist Architekt.“ Sie drängte sich an Herbert vorbei. „Wir sind die ersten Gäste.“
„Aha!“
Ohne auf ihn weiter einzugehen, steckte sie ihren Kopf durch eine Türzarge. „Schlafzimmer.“ Monika wandte sich um, hob ihren rechten Arm. „Wohnzimmer mit Küchenzeile …“
Herbert öffnete eine Tür. „Bad!“
„Was braucht man mehr? Schau.“ Sie verschwand aus seinem Gesichtsfeld. „Diese Aussicht. Direkt am Meer.“
Er trat ins Wohnzimmer, stellte die Reisetasche auf einen Couchtisch ab, ging zur Terrassentür und drückte seine Nase platt. „Ich sehe nur einen Deich.“
„Herbert, ist das nicht eher eine Düne. Du sagst mir immer, ich soll mehr Fantasie haben.“
„Trotzdem sehe ich das Meer nicht.“
„Dahinter!“ Sie öffnete die Terrassentür. „Komm! Lass uns an den Strand gehen!“
„Jetzt?“
„Nachher ist es dunkel.“
„Aber?“
„Nichts aber.“

Monika eilte vorweg.
Er rief ihr zu: „Sollten wir nicht zumindest abschließen?“
Sie drehte sich kurz um und antwortete: „Glaubst du, hier klaut dir jemand deine Unterhose und deine Zahnbürste?“
Im nächsten Moment verschwand sie hinter einem Busch.
Herbert war mehr als verwundert, wie sie es schaffte. Er kam im Sand kaum voran. Als er sie wieder erblickte, lief sie bereits über den Strand. Wie ein Mädchen, welches das erste Mal, oder für ein Kind gefühlt nach langer endloser Zeit, tollte sie.
Er hatte sie gerade eingeholt, da schlüpfte sie aus ihren Turnschuhen, warf sich in den Sand und zerrte sich ihre Wollstrumpfhose von den Beinen.
Er zog seine Augenbrauen zusammen. „Willst du etwa schwimmen gehen?“
„Warum nicht?“
„Weißt du, welche Jahreszeit wir haben?“
„Ja.“
„Du holst dir den Tod.“
„Dann kannst du trauern. Sei kein Spielverderber. Runter mit deiner Hose.“
„Bitte?“
Sie blinzelte ihm zu. „Schämst dich?“ Monika stand auf und schritt in die seichte Brandung. „Nur mit den Füßen.“
„Du trägst ja einen Rock.“
Sie lüpfte den Saum ihres karierten Minirockes. „Kannst dir ausleihen. Ich habe kein Problem damit in Unterhose …“
Mehr vernahm er nicht mehr von ihr, denn sie stürmte bereits ins Wasser. Er zog sich seine Schuhe, seine Socken aus, krempelte die Hosenbeine um und schritt so weit vor, bis das Meerwasser seine Füße umspülte und schrie: „Das ist schweinekalt.“
Sie kehrte zurück. „Ihr Männer seid einfach Weicheier.“
Herbert zog sich seine Windjacke fester um den Leib. „Es ist kalt.“
Er zwirbelte seinen Schnauzer. Sie hatte gut reden, immerhin trug sie unter ihrer Jacke einen derben, weiten, lila Rollkragenpullover, um ihren Hals einen Schal, ihren Kopf schütze eine Pudelmütze und ihre Hände Wollhandschuh.
Er? Er schüttelte sich und rief: „Komm, lass den Quatsch. Ich habe dir etwas zu sagen.“
Eigentlich hatte er sich vorgenommen, erst am Abend mit ihr zu sprechen, jedoch die Aussicht auf Eisfüße und eine heftige Erkältung verlangten von ihm, den Zeitplan zu ändern.
„Ich auch.“
Wie erfreut sie ihm dies entgegenwarf, ließ es ihn ahnen, was sie ihm zu sagen hatte. Bestimmt hatte sie einen Termin beim Standesamt reserviert. Dabei wollte er ihr eingestehen, dass er von der Hochzeit endgültig Abstand genommen hatte.
„Herbert, du zuerst“, gab sie ihm zu verstehen und eilte erneut in die Fluten.
Wie ein glückliches Schulmädchen hüpfte sie über die Wellen, trat nach ihnen. Herbert zweifelte. Immerhin war es ein dienstlicher Grund, der sie nach Norderney verschlug.
Außer Atem kam sie zurück. „Und?“
„Und was?“
„Du wolltest mir etwas sagen?“
„Ach ja! Den Grund, weshalb wir auf Norderney sind.“
„Wegen der Toten im Watt.“
„Woher weißt du?“
„Herbert, wir teilen uns ein Büro.“
„Lass uns zurückgehen. Sonst erkältest du dich wirklich.“
Er zog sich seine Socken, seine Schuhe über, während sie ihren Turnschuh sowie die Strumpfhose ergriff und aufbrach.

„Wenn du die Akte studiert hast, dann weißt du ja, worum es geht.“
Sie zog ihren Mund schief. „Nee!“
„Wie nee?“
„Ich weiß nicht, was die Tote mit diesem Kopflosen vom Deister zu tun haben soll. Außerdem ist das nicht unser Fall.“
„Ich habe einen Fehler gemacht.“
„Du machst Fehler?“ Sie grinste.
„Das ist nicht witzig! Ich habe Dirk eine Akte zu spät gegeben. Er wäre schon viel weiter.“
„Wie?“
Herbert erklärte ihr das Nötigste.

„Hier stinkt es immer noch“, fluchte er, als er das Ferienhaus betrat.
„Eine Nacht wirst du es wohl aushalten. Machst du uns einen Tee.“ Sie runzelte die Stirn. „Das trinkt man doch an der Nordsee. Ich gehe mich erst einmal duschen.“
Herbert bereitete den Tee.

Gerade war die Ziehzeit erreicht, da erschien sie, gehüllt in einem Badetuch, im Wohnzimmer.
„Eins verstehe ich nicht?“
Er reichte ihr das Teeglas. „Trink erst!“
Sie nahm einen Schluck und verzog ihr Gesicht. „Schmeckt widerlich.“
„Habe einen Schuss Rum hineingeschüttet. Die Flasche stand im Schrank.“
„Das meine ich nicht. Den Zucker hättest du weglassen können. Ich hasse süßen Tee.“
Sie stellte ihr Glas ab, öffnete die Reisetasche und warf deren Inhalt auf das Sofa. Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Was sie alles in diese Tasche hineingestopft hatte, sogar ein Paar Stiefel brachte sie hervor.
Monika erfasste einen Slip, schob diesen über ihre Beine. „Wenn dieser Ingenieur ...“
„Paul Riemer.“
„Wenn dieser Paul Riemer erst nach dem Mord auf die Insel gekommen ist, kann er nicht ihr Mörder sein.“ Herbert beobachtete sie, wie sie sich, ihm ihren Rücken zugewandt, einen Büstenhalter, sowie ein weißes T-Shirt überzog.
„Wenn?“
„Herbert, du weißt, was für ein Chaos herrscht, wenn man eine Reihenuntersuchung durchführt“, gab sie ihm zu verstehen, setzte sich auf das Sofa, schnappte sich eine Feinstrumpfhose und zerrte diese über ihre Beine.
Er lehnte seinen Kopf zur Seite. „Fehler im System?“
Monika zog sich eine zweite Strumpfhose an. „Möglich!“
„Was machst du da eigentlich?“
„Mich anziehen.“
„Warum?“
„Wenn ich schon mal auf Norderney bin, dann möchte ich mir die Insel ansehen.“
Er runzelte die Stirn, worauf sie an ihrer Strumpfhose zupfte.
„Nicht frieren. Hättest du mir rechtzeitig gesagt, dass wir wegfahren, dann hätte ich mir eine Dickere kaufen können.“
„Was hattest du vorhin an?“
„Kaputt! Dennoch möglich.“
„Entweder kaputt oder nicht.“
„Ich meinte den Fehler.“
„Unlogisch!“
Sich Overkneestrümpfe überstreifend, schaute sie ihn fragend an.
„Wenn dieser Riemer mit seiner Frau erst nach dem Mord auf die Insel gekommen ist, weshalb wurde er dann aufgefordert eine Speichelprobe abzugeben?“
„Da ist was dran“, bestätigte sie, während sie sich erst einen, sodann einen zweiten Pullover überzog. „Jedoch“, sie richtete die Ärmel, „hat das Hotel nach Dirks Unterlagen bescheinigt, dass die beiden erst danach, doch vor der Untersuchung, eingecheckt haben.“
„Dies ist der entscheidende Fakt“, erwiderte er.
Sie schlüpfte zuerst in einen knielangen beigen Samtrock, dann zog sie sich eine taillenlange Lederjacke über.
„Fertig! Wir können los.“
„Wir?“
„Glaubst du, ich gehe allein. Außerdem willst du bestimmt etwas zu Abend essen.“
„Ich dachte, wir gehen zu unserem Wirt.“
„Fisch?“
„Natürlich.“
„Ich esse keinen Fisch.“
„Die haben bestimmt auch etwas anders. Trotzdem marschiere ich nicht über die Insel.“
„Warum?“
„Zu kalt.“
„Hättest dir, etwas Warmes einpacken können. Das weiß doch jeder, dass es auf einer Insel frischer ist.“ Sie warf ihm den Pullover zu, den sie am Strand getragen hatte. „Hier! Zieh über.“
„Damenpullover?“
„Männer! Warum nicht?“
„Der passt mir nie, obendrein lila.“
„Hauptsache dein Kopf passt durch, außerdem bist du nicht Herkules.“
„Damit du zufrieden bist.“
Er quälte sich in den Pullover, der sich wie eine zweite Haut auf sein Hemd legte.
Sie kam auf ihn zu und strich über seine Wange. „Dann lass uns los.“
Herbert griente sie an. „Du solltest dir Schuhe anziehen, oder willst du barfuß laufen?“
Sie schlug an ihre Stirn, bevor sie in ihre Stiefel schlüpfte.

Monika setzte sich auf eine Bank, während er an sie herantrat.
„Meinst du nicht, es ist nicht ein wenig zu frisch, um sich hinzusetzten?“
„Ich kann nicht mehr.“ Sie erfasste ihr rechtes Bein und knetete die Stiefelspitze. „Meine Zehe schmerzen.“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Er fand es scharf, wenn Frauen auf High Heels schritten. Weshalb jene sich diese sogar beim Wandern überzogen, um dann festzustellen, dass es nicht die rechte Wahl war, verstand er wahrlich nicht. Jedoch ihr diese seine Erkenntnis entgegenzuwerfen, hätte eine unnötige Diskussion heraufbeschworen. Daher verkniff er es sich. „Du wolltest spazieren gehen.“
„Aber nicht durch diese Pampa.“
„Das nennt man Natur. Schade nur, dass der Leuchtturm zu war.“
Monika verdrehte ihre Augen. „Warum?“
„Was weiß ich? Da stand ein Schild.“
Sie runzelte ihre Stirn, worauf er mit seinen Schultern zuckte. „Vielleicht ist er im Winter zu gefährlich?“, spekulierte er.
„Blödsinn! Deswegen bringt niemand jemanden um.“
Herbert hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. „Wie, wer?“
„Dieser Ingenieur.“
„Paul Riemer. Er hat sie nicht umgebracht.“
Sie kratzte sich am Nacken. „Wer dann?“
„Seine Frau.“

Monika zog sich ihre Pudelmütze über die Ohren und stand auf. „Lass uns weiter! Ich habe Hunger. Welches Motiv hatte sie nach deiner Meinung?“
Er legte seinen Arm um ihre Taille und antwortete: „Eifersucht.“
„Ich kann dieses zwar nicht verstehen, aber es mir vorstellen. Bloß, was für einen Grund hatte sie, wieder zurückzukommen.“
„Keinen!“
„Keinen?“
„Sie hat mit ihrem Mann nie die Insel verlassen.“
Sie blieb stehen, wandte ihm ihr Gesicht zu und wetterte: „Dieser Riemer hat ein Alibi. Er war auf dem Kongress.“
„Genau. Er.“ Sie gingen weiter. „Klassiker. Er fährt mit seiner Geliebten auf die Insel. Seine Frau schöpft Verdacht. Sie reist ihm nach und ertappt ihn in flagrante. Er zieht sich aus der Affäre, indem er zu seinem Kongress fährt.“
Monika tippte an ihre Schläfe. „Wurde die Leiche im Hotel aufgefunden?“
„Im Watt. Vielleicht wollte seine Frau es zuerst friedlich mit ihr klären. Auf einem Spaziergang. Es kommt dennoch zu einem Streit. Ihrem Mann erklärt sie später, dass sie abgereist sei.“
Sie zeigte ihm erneut einen Vogel. „Dann gibt er seine Speichelprobe ab.“
„Hat er nicht.“
„Wer sonst?“
„Dirks Leiche.“
„Du spinnst. Er hätte doch erfahren, dass sie tot ist.“
„Da gebe ich dir recht. Wenn der Riemer gar nicht zurückgekommen ist? Sie ihm erzählt hat, dass sie ein paar Tage für sich bräuchte.“
„Das ergibt Sinn. Bloß ... Muss es wirklich Fisch sein?“
Herbert öffnete die Tür zum Lokal und blickte Monika an, die den Faden wieder aufnahm. „Weshalb sollte sich Dirks Leiche als ihr Mann ausgeben?“
„Liebe, Sex, nenne es, wie du willst. Jetzt vergiss das Dienstliche. Ich möchte in Ruhe essen.“


De Fisker seen Froo


Herbert legte sich ins Bett. „War doch nett vom Herbergsleiter, dass er uns mitgenommen hat?“
Monika bürstete ihr Haar. „Einen kleinen Spaziergang hätte ich verkraftet. Ich bin noch immer pappsatt.“
„Dafür, dass du keinen Fisch essen wolltest, hast du ganz schön zugeschlagen.“
„Muscheln sind kein Fisch.“
„Die ich mir als Vorspeise bestellt habe.“
„Ich hoffe, ich bekomme den Fleck wieder raus.“
„Fleck?“
„Der Rock ist neu.“
„Wenn du nicht essen kannst?“
„Blödmann! Hauptsache die Friesengeister haben dir geschmeckt.“
Herbert hasste derartige Anmachen. Sie benahm sich bereits so, als wären sie verheiratet, sogar ihr Nachthemd unterstrich dieses. Überhaupt! Sie trug normalerweise nie Nachthemden, schlief meist nackt, manchmal mit Slip. Er musste es ihr morgen sagen, sonst bekäme er niemals die Kurve, und aus Monika würde seine Ehefrau werden. Es fehlte nur, dass sie sich eine Gesichtsmaske auflegte. Zu seinem Glück tat sie es nicht. Sie legte sich ins Bett und stopfte ihre Bettdecke unter ihren Körper.
„Deine Theorie beweist mir wieder, dass Männer dämlich sind.“
Konnte sie seine Gedanken lesen? Er wandte sich zu ihr um. „Das ist der normale Verlauf.“
Sie runzelte ihre Stirn. „Warum sollte sich der Geliebte als ihr Ehemann ausgeben? Damit niemand erfährt, dass dieser die Tote vorher gevögelt hat. Die Kollegen hätten ihn gleich hopp genommen und ihm den Mord unterstellt. Dann wäre sie ihn los. Außerdem, wo hatte er seinen Ausweis her?“
„Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die Erste, sein Ausweis war noch in der Rezeption. Die Zweite, Plausiblere, er wollte wieder zurückkehren und hatte sein Gepäck zurückgelassen. Was wäre gewesen, wenn die Kollegen ihn festgenommen hätten? Er hätte bestimmt ausgesagt, dass er ein Verhältnis mit ihr hatte, und seine Frau ihn ... na ja.“
Monika gähnte. „Sie damit verdächtig.“
Sie wünschte Herbert eine gute Nacht und schaltete die Nachttischleuchte aus.

Wenn dieses Hämmern in seinen Schädel nicht derart intensiv gewesen wäre, hätte sich Herbert gekrümmt vor Lachen.
Monika saß auf einem Barhocker am verlängerten Teil des Küchentresens und sah ihn mürrisch an. Weswegen wusste er nicht, jedoch ihr Outfit entlockte ihm zumindest ein Lächeln! Ihren Oberkörper verhüllte ein mit einem Hirsch oder Elch verzierter Norwegerpullover. Dessen Geweih, so erschien es ihm, nicht allein den Pullover zierte, sondern zugleich ihre Brüste stützte. Der Schulmädchen konforme Minirock sowie ihr Strumpfhosen-Strümpfe-Arrangement vom Vorabend vervollständigte ihre Garderobe.
Er grummelte. „Morgen.“
„Moin“, entwich Monikas Mund mit mindergleicher Euphorie.
Herbert zupfte an seiner Unterhose, murmelte, dabei versuchte er möglichst freundlich zu klingen: „Hast du für uns Frühstück gemacht?“
„Zeit genug hätte ich gehabt“, blaffte sie ihn an. „Dass du immer so viel saufen musst. Dein Schnarchen ist nicht auszuhalten.“
Er zuckte unwillkürlich zusammen. Nicht einmal Magda hatte ihm in all ihren Ehejahren desgleichen vorgehalten.
„Übernachtung und Frühstück“, zischte Monika. „Die Wirtin ist gerade raus.“ Sie stützte ihren Ellenbogen auf dem Tresen ab und verdeckte ihr Kinn. „Irgendwie bedauere ich die Arme.“
Herbert wies auf das Frühstück. „Weil sie uns etwas zu essen bringt. Das ist ihr Job. Dafür bezahlen wir sie.“
„Wenn ich sie wäre, hätte ich ihren Alten längst vor die Tür gesetzt. Alle Last liegt auf ihren Schultern.“
Er wusste, wenn Monika derartige Vorwürfe verteilte, unterlagen diese keinen fundamentalistischen feministischen Doktrinen, sondern kriminalistischen Indizien. Sie war alles andere als eine Emanze. Dieses meinte er wohl im Negativen. Für ihn waren alle Menschen gleichwertig, und er kämpfte für ihr Recht. Es ging ihm nur zu weit, wenn Frauen wie Tamara unverhohlen den Standpunkt vertraten, ihre Ansichten anderen aufpfropfen zu müssen. Dies Gleiche galt für ihn nicht nur für Emanzen, sondern gleichsam für Veganer, Nichtraucher, evangelikale oder sonstigen Fanatikern.
Monika stand ihm gleich. Sie war Kollegin, und er bevorzugte die weibliche Form, Kumpel und Geliebte. Wobei ihm die letzten beiden Definitionen in Kombination missfielen. Welch ein Mann teilte mit seinem besten Kumpel das Bett, erst recht, wenn er bedachte, was er mit ihr dort trieb.

„Entweder er schippert mit seinem Fischkutter um die Insel, oder vergnügt sich mit Frauen.“
Herbert runzelte seine Stirn. „Da wird er wohl kaum Erfolg haben?“
„Meinst du, es gibt hier keinen Fisch mehr?“
„Wie, bestimmt, der Kabeljau war frisch. Ich meinte die Sache mit den Frauen.“
„Wieso soll er keinen Erfolg bei Frauen haben?“ Sie strich über ihre Taille. „Also ich finde, er könnte mir gefallen. Wie er mit seiner Uniform im Restaurant stand, seine kräftige hochgewachsene Statur, seine sonnengegerbte Haut.“
Zweifelsohne abstreiten konnte er es ihr nicht. Zumindest flirtete er den ganzen Abend mit den Frauen, die nicht in männlicher Begleitung waren. Immerhin war er selbst ein Mann in den besten Jahren.
Herbert grinste. „Dann mach dich an ihn heran.“
Sie zeigte ihm einen Vogel. „Der Typ hat einen Vollbart. Ich hasse Männer mit Bart.“
Er schluckte und zog seinen Kopf zurück.
„Nicht dich Herbert. Deinen Kaiser-Wilhelm-Bart finde ich süß.“
Er plusterte sich auf. „Ich trage einen Dali-Bart!“
Worauf sie kicherte und gurrte: „Eher Marke Dschingis Khan.“
Während er darüber nachsann, wo er seine Bartwichse verstaut hatte, lehnte sie sich vor und schnappte sich die Kopie der Ermittlungsakte. Dann riss sie ihn mit einem Aufschrei der Erkenntnis aus seinen Gedanken.
„Zum großen Teil muss ich dir recht geben. Deine Theorie hat etwas. Reisen müssten man?“
„Auf den Deister?“
„Südsee, Karibik?“
Da war es wieder. Monika mutierte von einer Sekunde zur nächsten zu einem dieser merkwürdigen Wesen, die kein Mann verstand. Vorurteil. Er erwischte sich fortwährend dabei, wie er in Mustern dachte, verfiel, die er ablehnte. Alle seriösen Studien, die er gelesen hatte, bewiesen es ihm. Der Unterschied des Gehirns einer Frau gegenüber dem eines Mannes war bei Weitem geringer, als zwischen dem eines Pianisten und eines Maurers, obwohl er keine Vorurteile gegen Maurer hatte. Ihr Schaffen bewunderte er, denn er war nicht einmal in der Lage ein Bild gerade aufzuhängen.
Tamara als überzeugte Emanze war da anderer Auffassung. Sie versuchte, ihm andauernd weiß zu machen, dass Männer, im Genaueren er, wie sie unterstrich, Schimpansen näherstünden, als Frauen. Ein Sachverhalt, den er nicht widerlegen wollte, gar konnte, denn immerhin verbanden männliche Schimpansen und Männer eins. Ein Chromosom, welches Frauen nicht besaßen.
„Der Sohn der Wirtin macht es richtig.“
„Was?“
„Habe ich dir gerade gesagt.“
„Was?“
„Höre mir einmal zu.“
„Ich bin ein Mann.“
Sie beugte sich erneut vor. Diesmal jedoch nicht zur Seite, sondern über den gedeckten Tisch. Ohne ihn vorher, um Erlaubnis zu fragen, zerrte sie am Bund seiner Unterhose und vergrub beinahe ihre Nase in dieser.
„Sieht ganz so aus.“ Sie lehnte sich zurück. „Also für Schwanzträger. Die Wirtin hat mir erzählt, dass ihr Sohn seit über drei Jahren mit einem Segelboot auf Weltreise ist. Ist das nicht irre? Einfach mal aussteigen?“
„Dir wird schon auf einer Fähre übel.“
Sie verschränkte ihre Arme und blies eine Strähne von ihrer Stirn. „Hast du schon mal etwas vom Fliegen gehört? Jetzt geh dich duschen!“
Herbert wandte sich ab. Er hatte noch nicht das Wohnzimmer verlassen, da schrie sie ihm entgegen: „Deine Unterhose liegt im Bad“, wobei sie das dein derartig betonte, als käme er auf den Gedanken sich eine von ihren überzuziehen.



Dood up de Wadd

„Lüttje dat maakt sössteihnnegensöventig.“
Herbert zog seine Augenbrauen zusammen, starrte auf die feuerroten Lippen, über die der Satz gestolpert war.
„Sössteihnnegensöventig meen Jung! Kannst geern wat daarup leggen, denn ik wies di de Nachtleven.“
Das Einzige, was er irgendwie verstand, war das Wort Nachtleben. Er musterte die Frau am Steuer genauer und fragte sich ernsthaft, ob sie überhaupt noch im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis, geschweige eines Beförderungsscheines war.
Monikas Arm sauste an ihm vorbei und steckte der greisen Taxifahrerin einen Schein zu.
„Stimmt!“, hörte er ihre Stimme.
„Spendabel meen Deern.“
Herbert stieg aus und blickte Monika, nachdem sie gleichfalls ausgestiegen war, verwundert an. „Hast du diese Schrapnelle verstanden?“
„Hast du auf den Taxameter geschaut? Auf dieser Insel kann man sich sicherlich erholen, nur“, sie wandte sich dem zweigeschossigen, mit sandfarbenen Steinen verklinkertem Haus zu, „bist du wirkliche der Ansicht, dass die sich noch an die Tote erinnern, geschweige Akten von damals haben.“ Monika schritt auf eine Plastik zu. Ein Seehund in blau-weiß gestreiften Badeanzug und mit marineblauer Badekappe auf dem Kopf schien sie zu locken. Sie strich über dessen Nase. „Die Akten sind in Aurich oder Osnabrück. Wo denn sonst? Du führst doch etwas anderes im Schilde?“
„Natürlich sind die Akten in Osnabrück, aber ich brauche dir nicht zu verklickern, was für ein Amtsgewusel das ist, bis wir daran kommen. Weshalb hat sich Dirk im Hotel erkundigt? Wir ermitteln nicht einmal in diesem Fall. Versuche, das Maxima beizubringen.“
Er ging auf die Eingangstür zu, worauf ihm Monika folgte, ihn einholte.
„Monika, mein Vater war Revierleiter auf‘m Land. Die haben damals von allen spektakulären Fällen die Akten kopiert.“ Er sah sich um. „Dies ist mehr als Land. Es ist eine Insel.“

„Moin, Moin.“ Ein uniformierter Polizeibeamter streckte seinen untersetzten, beleibten Körper und klopfte auf einen Tresen, hinter dem er stand. „Marke, Farbe?“
Herbert starrte ihn an. „Wie?“
„Marke und Farbe von ihrem Rad. Wi kriegen de Bengel.“
„Kriminaloberrat Herbert Tamban.“ Herbert deutete auf Monika, die neben ihm stand. „Kriminalrätin Monika Ferigart. Ich mochte die Revierleiterin sprechen.“
„Wen?“
„Die Revierleiterin.“
Der Uniformierte wandte sich zu einem zweiten Uniformierten um, der gerade damit beschäftigt war, eine Kaffeemaschine zu foltern. „Kalle, höörst, de wölen de Olde spreken.“
„Wen?“
„De Olde.“
Kalle kicherte. „Denn brengst se to hör.“
„Wen meenst“, antwortete er Kalle, öffnete sodann eine Klappe am Tresen und wandte sich Herbert zu. „Dann folgen Sie mir.“
Monika im Schlepptau, folgte Herbert dem Beamten, der, ohne anzuklopfen, eine Tür öffnete. „Frau Reeverleiterin se hebben Besöök.“
Herbert drängte sich an ihm vorbei, erstarrte, während seine Kinnlade hinunter schnellte.

Ein Mann mittleren Alter, nach Herberts Einschätzung sogar jünger als Monika, stand von seinem Schreibtischstuhl auf. „Sie haben sicherlich jemanden anders erwartet.“
„Herbert“, zischte Monika, worauf er stotterte: „Ja.“
„Mit wem habe ich das Vergnügen?“
Weiterhin in Stockstarre antwortete Herbert: „Kriminaloberrat Herbert Tamban und Kriminalrätin Monika Ferigart.“
„Bitte setzten Sie sich. Entschuldigung, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt“, er reichte Herbert seine Hand, „Kriminalhauptmeister Udo Busse, kommissarischer Leiter“, er wandte seinen Kopf, „von dieser Polizeistation.“
Die Art, wie dieser Busse das Wort Polizeistation aussprach, sowie sein Dienstgrad, zeigten Herbert auf, dass dieser alles andere als begeistert über seine Stelle war.
Herbert setzte sich. „Ich muss mich entschuldigen. Ich hatte Frau …“
„Polizeihauptmeisterin Milla Barling erwartete“, vervollständigte Busse den Satz. „Frau Barling ist nicht mehr bei der Truppe. Beurlaubt.“
Nachdem Monika sich an Herberts Seite gesetzt hatte, nahm Busse gleichfalls Platz.
Herbert runzelte seine Stirn. „Wurde sie gemobbt?“
Busse kratzte seine Wange. „Glaube ich weniger. Sie meinen, weil sie …“
„Eine Schwarze ist“, fuhr ihm Herbert ins Wort.
„Herr Tamban!“
„Milla …“
„Sie kennen sie gut?“
„Ich habe ihr den Posten hier besorgt. Sie hatte in Hannover, na ja“, druckste Herbert, „gewisse Probleme.“
„Nein, nein, glaube ich nicht. Soweit ich weiß, war sie fest im Inselleben verwurzelt. Schützenverein, Landfrauenbund. Sie verstehen“, erklärte Busse, während er sein Gesicht Monika zuwandte, die ihre Beine überschlagen und ihre Jacke geöffnet hatte.
Herbert war bewusst, dass dieser Busse nicht nur von Monikas Beinen, sondern gleichfalls von ihrem Pullover begeistert war.

„Weil sie engagiert war? Ihr war, wie man sagt, die Insel ans Herz gewachsen.“
„Deshalb quittiert sie ihren Dienst?“
„Es sind eher Gerüchte. Aber soweit ich weiß, ging es um Grundstücke.“
„Grundstücke?“
„Bebauung in Naturschutzgebieten.“
„Wie bitte?“
„Naturschutz kontra Tourismus. Die alte Leier. Ich halte mich da raus.“
Herberts Neugier erwachte. „Sie war an einem Fall dran?“
„Fall, Fall? Gemunkel. Seilschaften. Was weiß ich? Jedenfalls, das habe ich nur gehört, nachdem man im Herbst die Vogelschutzhütte neben der Jugendherberge abgerissen hat, um dort Ferienhäuser zu errichten, ist sie mit ihrem Freund abgehauen. Dorfklüngel eben.“
„Freund?“
„Einer vom Nabu oder so. Jedenfalls ist sie rüber nach Juist. Sie zählt jetzt Vögel auf Memmert.“
Monika zerrte den Saum ihres Rocks, soweit es ging, über ihre Beine. „Könntet ihr Herren mal zu Pötten kommen? Herr Busse, vor Jahren wurde eine weibliche Leiche hier auf Norderney aufgefunden, besitzen Sie zu diesem Fall Unterlagen.“

Es gab Tage, da quoll in ihm das Verlangen auf, Monika zu erschießen. Ihre direkte, undiplomatische Art brachte ihn zum Verzweifeln. Gut, sie konnte nichts dafür. Es war ihm in den letzten Jahren gelungen, sie zu formen, ihre kühle, emotionslose Art in den Griff zu bekommen. Diplomatie war nicht ihr Feld.
Busses Gesicht erbleichte zuerst, bevor es puterrot anlief, dabei krallten sich seine Finger förmlich in die Schreibtischplatte.
„Wir haben hier keine Akten.“ Er fing an zu stottern. „Außer Verkehrsüberschreitungen und, und Fahrraddiebstähle. Was wollen Sie?“
„Herr Busse, beruhigen sie sich. Ich leite die Abteilungen für ungeklärte Todesfälle der Polizeidirektion Hannover.“ Herbert lehnte sich vor. „Ich bin eher privat auf der Insel, wenn Sie mich verstehen.“
„Akteneinsicht können Sie in Aurich einfordern, nicht bei mir, denn …“
„Sie haben keine Akten“, vervollständigte Herbert Busses Satz.
Herbert lehnte sich zurück und zwirbelte seinen Schnauzer. Es war zwar nicht seine Art, aber in diesem Fall war Härte angebracht.
„Herr Kriminalhauptmeister Busse, ich verstehe Sie. Sie wollen keine weiteren Fehler machen. Stimmst?“ Sein Gegenüber blieb still. „Einer von der Kripo, dann noch Hauptmeister. Sie sind bestimmt nicht freiwillig auf dieser wunderschönen Insel. Glauben Sie, ich bin darüber beglückt, als Kriminaloberrat eine mickrige Abteilung zu führen.“ Er beugte sich erneut vor. „Wir sind aus dem gleichen Holz geschnitzt, pfeifen auf Dienstanweisungen.“
„Woher?“
„Milla“, flüsterte Herbert und presste seinen Rücken an die Stuhllehne.
Busse atmete aus. „Um was geht es?“
„Wir haben mehrere Frauenleichen, die wir nicht zuordnen können“, log Herbert, „und suchen vergleichbare Fälle, ob es Übereinstimmungen gibt. Ich muss Ihnen nicht sagen, mit wie vielen Hürden der Amtsweg übersät ist. Das dauert Monate. Diese Zeit haben wir nicht.“
Der Stationsleiter schloss zuerst seine Augen, dann schrie er: „Sören.“
Der untersetzte, wohlbeleibte Uniformierte betrat das Büro des Leitenden. „Jo!“
„Sören, zeige den Herrschaften den Keller.“
„De Keller?“
„Den Raum.“
„Aver?“
„Mach hinne, frag nicht so viel, gib ihnen, was sie wollen.“

Sören führte Monika und Herbert in einen mit Kartons gefülltem Kellerverschlag.
„Na wat söögt ji?“
Herbert runzelte seine Stirn, worauf Monika Sören kurz und knapp das Nötigste erzählte.
„De swart Nuut.“
Monika baute sich vor ihm auf. „Erstens heißt es Prostituierte und Zweitens, was hat die Hautfarbe mit dem Beruf zu tun?“
„Beruhige dich. Herr Polizeiobermeister, in welchem Karton.“
„Wachst!“ Sören kratzte sich am Kinn. „De Systeem van de Chef hebb ik nooit verstahn.“
Er ging zwischen die Kartonreihen, kniete sich nieder und spähte, die Deckel ein wenig anhebend, in jene. „Dat is he!“ Er zerrte den Karton hervor, öffnete diesen und zog eine Akte heraus. Dann reichte er Herbert diese. „Hier.“
Herbert übernahm die Akte, schlug sie auf, während sich Monika an ihn schmiegte. Fotos herausnehmend, wandte er sich erneut an Sören. „Das sind keine Kopien, das sind Originale.“
Der Beamte schnappte sich eins der Fotos und wendete es. „Jo, von Hinnerk.“
„Hinnerk?“
„Jo. Uns Knipser. Hinnerk Gerjets.“
„Knipser?“
„Fotograf.“
„Der war am Tatort?“
„Wie söl he anners Fotos maken?“
Langsam gewöhnte sich Herbert an diesen Dialekt. Er erinnerte ihn an seine Kindheit. Sein Vater sprach gerne Platt, obwohl mehr das aus der Heide als jenes von der Küste.
„Warum? Dafür ist die Kriminaltechnik zuständig.“
„Aver nööt bi Stöörm?“
„Sturm?“
„Jo.“

Sören berichtete, während Herbert die Akte studierte, wie die Leiche aufgefunden wurde. Kapt’n Hook, wie er ihn nannte, hätte sie bei auflaufendem Wasser im Watt gefunden. Dabei hätten sie genug damit zu schaffen, den Touristen zu erklären, dass bei einer Sturmwarnung keine Fähre von Norderney abführe. Wegen des Sturms hätte sein damaliger Chef angeordnet, die Leiche zu sichern. Im Watt konnte sie nicht bleiben. Der Fotograf hätte dann Fotos gemacht und der Inselarzt die Leiche untersucht.
„Die Leiche hat nie ein Gerichtsmediziner gesehen.“
„Nööt dat ik weet.“
„Wo ist sie?“
„Well?“
„Die Tote?“
„Up de Karghoff.“
„Karg …?“
„Friedhof“, warf Monika ein.
„Als der Sturm vorbei war, kamen dann die Kollegen aus Aurich?“
„Een.“
„Wie?“
„De mit de Kuffer, Ik hebb hüm van den Fähr uphaalt.“
Herbert runzelte seine Stirn.
„Mit de Saken föör de Speichelprobe.“
„Kapt’n Hook?“
„Nee, de Kolleeg ut Aurisch. Kapt’n Hook is de olle Havenmeester. De hängt an de Buddel un makt föör de Touristen up Seerover.“
Wie Sören ihm eher nebenbei ausplauderte, hätte dieser Alte nicht nur die Leiche gefunden, sondern auch allen erzählt, dass er die Tote einen Tag zuvor zusammen mit einer andern Frau im Hafen gesehen hätte. Jedoch, außer diesem Verrückten hatte niemand sie erblickt, zumindest lebend.

Für Herbert wurde der Fall immer mysteriöser. Sören erzählte ihm, dass sein damaliger Chef der Ansicht war, den Sturm zu nutzen. Niemand konnte die Insel verlassen. Deshalb führte er die Reihenuntersuchung bei den männlichen Gästen, danach bei den Einheimischen durch.
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Derart schlecht war dieser Inselmediziner nicht gewesen. Er hatte zumindest festgestellt, dass die Frau vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr gehabt hatte.
„Können wir die Akte behalten?“
„Nimmt de mit. Ik wull de Kram sowieso wegschmieten.“

Monika und Herbert verabschiedeten sich bei ihren Kollegen und verließen die Wache.



Dat is dat

Monika stampfte wie eine betagte Dampflok, die versucht einen Berg zu erklimmen, aus der Polizeistation. Am mit dem Badeanzug bekleideten Seehunddenkmal holte Herbert sie ein.
„Voll auflaufen lassen, hast du mich“, erboste sie sich.
„Wie?“ Er ergriff sie am Oberarm und zerrte sie zu sich. „Du hast alles diesem Busse entgegengeworfen.“
Sie fletschte ihre Zähne. „Milla!“
Wenn er nicht gewusst hätte, dass Monika frei von Gemütsschwankung war, hätte er gedacht, sie hätte ihre Tage. Angriff war oftmals die beste Verteidigung.
„Gut. Ich hatte etwas mit ihr.“ Er hob seine Schultern. „Aber lange vor dir.“
Er log, jedoch was war Zeit. Nach Einstein stellte diese etwas Relatives dar. In seinem Fall waren es, soweit er sich entsann, drei oder vier Wochen.
„Seit wann interessiert mich, wen du bumst? Wir sind ein Team. Du lockst mich auf diese Insel …“
„Mal halblang. Ich wusste selbst nicht, ob die Akten noch hier sind. Die Idee hatte ich erst gestern.“
„Gestern?“
„Gestern Morgen, um genau zu sein?“
„Anstatt sie anzurufen, denkst du dir, ein Überraschungsbesuch mit Wiedersehensfeier wäre das richtige.“ Sie gluckste. „Das ging in die Hose. Dein Gesicht, als du den Busse erblickt hast, war zum Totlachen. Recherchieren.“
Er druckste: „Na ja.“
„Ihr habt euch nicht im Einvernehmen getrennt.“
„Na ja.“ Herbert wies die Straße hinunter, wandte dabei sein Gesicht der Polizeistation zu. „Lass uns zu der Parkbank gehen. Die brauchen uns nicht zu beobachten.“
Sie machten sich auf den Weg.
„Einvernehmen schon, jedoch …“
Monika knöpfte ihre Jacke zu. „Eher einseitig.“
„Milla hatte eine schwere Zeit, sich von ihrem Mann getrennt und …“
„Du hast ihr versprochen, dich von Magda zu trennen.“
„Es war zu ihrem Guten. Hat sie aufgebaut.“
„Zufälligerweise wird eine leitende Stelle auf Norderney frei.“
„Nicht direkt.“
„Herbert!“
„Zwei Stellen. Milla wusste nichts davon, dass die da oben sie vorgesehen hatten.“
„Auf eine leitende Stelle auf Norderney?“
Herbert setzte sich auf die Bank, legte die Akte auf seinen Schoß und schlug sie auf. „Lass uns anstatt der Vergangenheit nachzutrauern, diese lieber studiere.“
Sie setzte sich an seine Seite und tippte auf die Akte. „Woher wusstest du davon?“
Er zwirbelte seinen Schnauzer. „Gehofft.“
„Milla?“
„Nachdem sie ihre Stelle angetreten hatte, rief sie mich an. Die Witwe vom alten Chef hätte ihr erzählt, dass dieser kistenweise Akten in deren Keller gesammelte hatte.“
„Weiter?“
„Was weiter? Sie hat mich gefragt, was sie damit anfangen solle.“
„Du hast ihr geraten, diese Akten der zuständigen Inspektion zur Vernichtung zu übergeben.“
Er tippte auf die Akte. „Wäre sie dann hier?“
„Bist du behämmert?“
„Dann hätten wir sie nicht. Man weiß doch nie, wofür etwas mal gut ist.“
„Langsam wird mir klar, weshalb du über den Posten eines Abteilungsleiters nie herausgekommen bist.“
„Verscheißern kann ich mich selbst. Das Ergebnis zählt“, erboste er sich, während er die Akte studierte.
Sie strich über seine Wange. „Das ist nicht alles?“
„Als mir Milla die Sache erzählte, hat diese mich an meinen Alten erinnert.“
„Was haben illegale Ermittlungsakten auf Norderney mit deinem Vater zu schaffen?“
„Er war Polizist.“
„Das weiß ich.“
„Er war genau so ein Typ.“
„Bitte?“
„Er ermittelte, egal ob er zuständig war oder nicht, immer auf eigene Faust. Machte sich Kopien aller Akten und notierte seine Erkenntnisse in Taschenkalendern. In diesen stand alles drin. Alle Intrigen, alles Gemauschel, hat er darin vermerkt.“

Herbert entnahm der Akte ein Blatt und schlug auf dieses. „Da haben wir es.“
„Was?“
„Schaue es dir an. Zimmer 205.“
„Du hattest recht. Der Riemer war bereits vor dem Auffinden der Leiche auf der Insel.“
„Das gibt es nicht?“
Monika lehnte sich über die Akte. „Was?“
„Lies!“
„Höre auf zu zappeln. Ach, gib es mir.“ Monika schnappte sich das oberste Blatt.
„Wie? Die Frau wurde nicht auf Norderney getötet, sondern die Flut hat ihre Leiche ins Watt getrieben?“
Herbert entnahm ein weiteres Blatt. „Der Befund des Arztes. Dieser Doktor Mönsen kam auf das Ergebnis, dass sie zwischen 20 und 22 Uhr getötet wurde. Er schreibt wegen der Wassertemperatur. Jetzt schau dir die Fotos an.“
Monika betrachtete die Bilder. „Sie war hübsch.“
„Genauer. Ihre Haut. Ich fresse einen Besen, wenn sie länger als eine halbe Stunde im Wasser lag.“
„Immerhin wurde sie erdrosselt. Die Abdrücke an ihrem Hals sind eindeutig.“
„Mit einem Seil“, vervollständigte er. „Wie der Mönsen protokollierte.“
Ein Foto nahe an ihre Augen flüsterte sie: „Eher eine Wäscheleine. Oder? Vermutest du das, was ich gleichfalls annehm?“
„Meyerbach!“
„Die falsche Meyerbach, denn die Echte haben wir als Veronica Gruber erstochen in Hannover aufgefunden. Du kennst den Fall Meyerbach besser.“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Der Mordfall Gruber - Schuster war der erste Fall, den er mit Monika aufgeklärt hatte. Zugegeben, aufgeklärt war zu kurz gegriffen. Sie hatten den Mörder, jedoch nicht die Hintermänner gefasst. Denn diese, dieses konnten sie damals nur vermuten, hatten den Mörder, bevor sie ihn festnahmen, erschossen. Jedenfalls hatte Sascha Svinemotski sein erstes Opfer mit einem Seidenstrumpf stranguliert.
„Dann ist deine Theorie, dass die Frau vom Riemer ...“
„Josemarie Riemer“, fiel er ihr ins Wort.
„Sie erdrosselt hat“, fuhr sie unbeeindruckt fort, „geplatzt. Es war ein Mann, ihr Mann, wenn es sich bestätigt, dass er mit der Toten gevögelt hat.“
„Falsch! Kalle ...“
„Sascha Svinemotski“, untermauerte sie.
„Kalle hatte den Auftrag, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. Deshalb hatte er die falsche Meyerbach mit einem Damenstrumpf stranguliert und sie anschließend am Treppenhausgeländer aufgehängt. Es war ein geplanter Mord.“ Er klopfte auf die Akte. „Dieser ist im Affekt geschehen.“
Sie zeigte ihm einen Vogel. „Affekt. Wieder deine Kopfgeburt mit der Ersatzstrumpfhose. Nur, weil Magda welche in ihrer Handtasche ...“ Sie schüttelte ihren Kopf und tippte auf ihre Brust. „Ich bin eine Frau und habe keine.“

Er lächelte sie an. „Ich habe bereits eine andere Annahme. Was hat der Sören von diesem Kapt’n Hook erzählt?“
„Dass er immer knülle ist.“
„Unwichtig. Dieser Kapt’n Hook hätte die Tote am Vortag mit einer anderen Frau gesehen.“
„Einbildung.“
„Welche Hautfarbe hatte die Tote? An welchem Ort präsentiert sich ein alter Hafenmeister den Touristen.“
Er wartete nicht ihre Antwort ab. „Yachthafen. Die Frauen kannten sich. Wer mag wohl die andere gewesen sein?“
„Deine Fantasie geht mit dir durch.“
Herbert war es bewusst, dass alles, was er zusammen spann, einzig auf Indizien wurzelte. Jedoch in den meisten Fällen, darauf war er stolz, bewahrheiteten sich seine Annahmen. Ein Blitz durchschlug sein Gehirn. „Yachthafen?“
„Du wiederholst dich.“
„Wann ist der Sohn unsere Wirtin zu seiner Weltreise aufgebrochen?“
„Frederick?“
„Was weiß ich wie der heißt? Wann?“
„Nach seiner Scheidung.“
„Genauer?“
„Woher soll ich das wissen?“ Sie kratze sich am Genick. „Warte? Sie hatte etwas erwähnt. Sturm? Vor, vor?“, murmelte sie, dann schnappte sie sich die Akte. „Könnte hinkommen. Meinst du, er hat ... er ist keine Frau.“
„Mit dem Mord hat er bestimmt nichts zu schaffen.“ Herbert sah sich um. „Jedoch es glauben alle. Klüngel!“
„Wo sind deine Beweise?“
„Zimmer 205. Da gehen wir jetzt hin.“
Monika schüttelte sich. „Wird Zeit. Langsam wird mir kalt.“

Herbert stand auf, gab ihr seine Hand und zog sie herauf. Er umschlang ihre Taille, setzte einen Fuß auf die Fahrbahn, als hupend ein eierschalenfarbenes Fahrzeug direkt an ihm stoppte. Eine betagte Dame, welcher er nicht recht zutraute, Fahrgäste zu befördern, sprang gleich einem jungen Reh aus dem Wagen und spurtete auf Herbert zu. Ohne ihn vorher, um Erlaubnis zu fragen, kniff sie ihm in die Wange.
„Jung Keerl de uptakelt Lüttk maakt di schierweg rammdösig. Wenn du neet uppaast verlest neet nur de Ogen, sünnern gar de Dööts.“
Herbert sah ihr, seinen Mund weit aufgesperrt, hinterher, wie sie zum Heck ihres Taxis eilte, die Kofferraumklappe aufsperrte und bölkte. „Komm her to mi, of willt, dat een oll Ziepeltriene sük hör Krüüz verrenkt.“
Außer, dass sie sich selbst als wehleidige Frau bezeichnete, verstand er keinen Zusammenhang in ihren Worten, dafür bemerkte er, wie Monika ihn an den Rücken stieß und zischte: „Wo ist unsere Reisetasche?“
Bei diesem Wort fiel es ihm wieder ein, dass ihm irgendetwas fehlte. Er begab sich zur Taxifahrerin, die auffordernd ins Innere des Kofferraums wies.
Seinen Dank ihr entgegenwerfend, nahm er sein Gepäck auf. Worauf sie ihn anstarrte und grummelte: „Dat is alls?“, dabei klopfte sie auf ihre Wange.
Er schluckte, nahm all seine Abscheu beiseite und drückte ihr einen Kuss auf ihre mit Schminke überspachtelte Wange.



Eenfoldig Krööt

„Könnten wir das Thema wechseln.“
„Ich habe dich nur gefragt, ob dein Vater noch lebt.“
„Und mir ist dies scheißegal.“
Monika blieb stehen. „Er scheint für dich ein Vorbild ...“
„Du spinnst!“ Herbert zeigte ihr einen Vogel. Er schnaubte: „Der Typ war ein Arsch, ein Schwein“, während er sich umwandte, und schrie: „Gewalttätig!“
Sie legte ihre Hand auf seine Schulter. „Hat er dich ...?“
Er schloss seine Augen. „Mich nie. Meine Mutter und meine Stiefmutter.“
Herbert hatte kein Verlangen, Monika seine Familiengeschichte zu erzählen. Eigentlich hatte er nie ein Verlangen danach. Für ihn war es Geschichte, Vergangenheit. Er sah nach vorn in die Zukunft. Jedoch er, so gut kannte er Monika, wusste, dass sie ihm solange auf die Nerven ging, bis er es nicht mehr aushielt und zu singen begann. Auf ihre Art war sie eine brillante Polizistin.
„Kurzfassung.“ Er seufzte. „Mein Vater hat meine Mutter verprügelt, bis sie es nicht mehr aushielt und abhaute. Ich war damals zwei, drei Jahre und kam zu meinen Großeltern. Als mein Vater wieder geheiratet hatte, kam ich zu ihm.“
Monika kniff ihre Augenbrauen zusammen. „Du kamst nicht zu deiner Mutter, obwohl ..?“
„Nicht obwohl, sondern deswegen.“
„Wie deswegen?“
„Weil sie abgehauen ist. Ich bin auf’m platten Land groß geworden. Mein Vater Bulle, mein Großvater Bulle, mein …“ Er winkte ab. „Ihr wurde die Fürsorge entzogen, weil sie ihren Pflichten nicht nachgekommen war.“
„Du spinnst.“
„Das war früher so.“
„Sie hat dir das erzählt?“
„Nein. Ich kenne sie nicht, habe sie nie gesehen.“
„Woher?“
„Ich habe die Akten eingesehen. Ja, ich hatte eine Zeit das Verlangen.“
„Deine Stiefmutter hat er auch misshandelt?“
„Die ist bis zum Ende bei ihm geblieben.“
„Er ist verstorben?“
„Sie. Ihn habe ich seit Langem nicht mehr gesehen.“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Den Tag würde er nie vergessen. Einerseits war er froh, anderseits hätte er den Richter erschlagen können. Viereinhalb Jahre hatte sein Alter bekommen. Mehr nicht.
„Genug der Vergangenheit.“ Er deutete auf die Eingangstür des Hotels. „Lass uns hineingehen.“

Die Rezeption schien für Herbert verwaist. Erst nachdem er sich geräuspert hatte, lugte ein mit einer blonden Hochsteckfrisur verzierter Kopf hinter dem Empfangstresen hervor. Die für ihn sehr junge Frau richtete den Rock ihres olivgrünen Kostüms und starrte ihn an.
„Wir haben noch geschlossen“, harschte sie ihn an und legte ihr Smartphone auf dem Tresen ab.
„Wir wollen kein Zimmer.“ Er zeigte auf Monika und zischte: „Kriminalrätin Ferigrat“, dann wies er auf sich, „Kriminaloberrat Tamban, wir haben ein paar Fragen.“
Gurgelnde Geräusche erklangen aus ihrem Smartphone, worauf sie dieses erneut aufnahm und „Ich melde mich später“ hineinsprach, dann wandte sie sich Herbert zu. „Was kann ich für Sie tun?“
„Wir hätten gern eine Auskunft?“
„Eine Auskunft?“
„Über einen Gast.“
Fahrig strich sie ein weiteres Mal über ihren Rock.
„Einen Gast?“
Herbert schmunzelte. „Sie haben doch Gäste?“
„Sicherlich wir sind ein Hotel.“ Sie leckte über ihre Lippen. „Name?“
„Tamban, Herbert Tamban.“
Sie machte einen Seitwärtsschritt und hämmerte auf der Tastatur ihres Computers. „Haben wir nicht.“
„Ich bin auch zum ersten Mal hier.“
Monika stieß in die Seite. „Herbert!“ Sie lächelte die junge Frau an. „Paul Riemer heißt der Gast.“
Erneut marterte sie ihre Tastatur. „Stammgast.“
Herbert stellte seine Reisetasche ab, ergriff mit seiner Linken die Ermittlungsakte, zog einen Zettel heraus und legte diesen der jungen Frau vor ihrer Nase auf den Tresen. „Ist der von Ihnen?“
„Nein.“
„Aber dies“, er tippte auf das Logo des Ausdruckes, „ist das Hotel, in dem ich stehe.“
„Ja.“
Er kniff ein Auge zu.
„Ist meine erste Saison.“
„Bitte?“
„Ich habe vor zwei Monaten erst die Leitung übernommen. Zwei Hotels waren für meinen Vater eine zu große Last.“
„Zwei Hotels?“
„Meinem Vater gehört das Wellnesshotel Seeblick. Fünf Sterne. Direkt neben der Jugendherberge. Wenn Sie wollen, kann ich ihn anrufen“, sie zwinkerte, „er hat bestimmt ein Doppelzimmer frei.“

Herbert räusperte sich. „Danke. Wir reisen heute noch ab.“ Er blinzelte sie an und säuselte: „Vielleicht beim nächsten Mal“, dann tippte er auf den Zettel. „Es gibt Unstimmigkeit mit dem Zimmer 205.“
„Inwieweit?“
„Würden Sie nachsehen, ob die Daten auf dem Blatt mit denen in Ihren Computer übereinstimmen.“
„Muss das sein? Datenschutz.“
Für Herbert hatte es den Anschein, dass sie wieder nervöser wurde. Der Grund ihrer Fahrigkeit vorher, er blickte auf ihr Smartphone, auf ihren Rock, war ihm klar, jedoch …
Die Frau holte ihn aus seiner Spekulation. „Haben sie einen Dienstausweis?“
„Sicher.“
Er zückte seinen Ausweis, legte diesen auf den Tresen. „Bitte.“
„Danke.“ Sie zupfte an ihrem olivfarbenen Halstuch, bevor sie sich erneut an der Tastatur vergnügte. „Man weiß ja nie.“
„Man weiß ja nie“, wiederholte Herbert, „Frau ...?“
„Gerjets“, hauchte sie eher ihren Namen, als diesen auszusprechen. Sie lächelte ihn an und flüsterte: „Sie können gern Femke zu mir sagen.“
Sie nahm den Zettel zur Hand, studierte diesen und verglich die Daten, in dem sie über den Bildschirm ihres Computers strich. Dann legte sie den Zettel Herbert vor.
„Die Daten sind nicht korrekt.“
„Inwiefern?“
„Weil Herr Riemer erst an dem Tag eingecheckt hat“, sie erfasste erneut den Zettel, „an dem dieser ausgedruckt wurde.“
„Ist er mit oder ohne Wagen angereist?“
„Mit. Zumindest hatte er einen Stellplatz gebucht.“
Monika mischte sich ein. „Wann?“
„An dem Tag.“
„Uhrzeit?“
„Zehn Uhr morgens.“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. „Woher wissen Sie das?“
Femke schnaufte. „Weil die Uhrzeit hinterlegt und sein Ausweis zur gleichen Zeit eingescannt wurde.“
„Frau Gerjets, da sind Sie sich sicher?“, hakte Herbert nach.
„Der Computer lügt nicht. Vielleicht hat Herr Riemer vorher reserviert. Angereist ist er jedoch …“
„Später“, vervollständigte Herbert ihren Satz. „Dann war das Zimmer vorher nicht belegt?“
„Doch.“
„Wie doch?“
„Eine Frau Theodora Od mit D am Ende hat es …“
Monika schob Herbert zur Seite. „Sie sagten Herr Riemar war Stammgast?“
„Ja.“
„Regelmäßig?“
„Nach meinen Daten zwei, dreimal im Jahr.“
„Hat er mehr als ein Zimmer gebucht.“
„Warten Sie.“ Femke tippte. „Ab und an. Was soll das ganze?“
Herbert ahnte, auf was Monika hinzielte und drängte sich wieder vor. „Wir wollen nur Klarheit. Wer hat die Rechnung dieser Frau Od beglichen?“
Femke runzelte ihre Stirn. „Herr Riemer.“
Herbert steckte den Ausdruck in die Akte und nahm seine Reisetasche auf. „Danke für Ihre Auskunft.“ Er blinzelte Femke an und flüsterte: „Auf Ihre Einladung komme ich gern zurück“, dann wandte er sich zum Gehen.

Nach einem Schritt kehrte er um. „Hat jeder Zugang auf den Computer?“
„Nein.“ Femke ergriff eine Scheckkarte, hielt diese in die Höhe. „Nur mit Karte und Passwort.“
„Wer hat Herrn Riemer eingecheckt?“
Sie lehnte sich vor. „Eine Frau van Doorn.“
„Warum betonen Sie Frau?“
„Weil mir der Name nicht bekannt ist.“
„Sie kennen nicht Ihre Angestellten?“
„Sicher, aber keine van Doorn, vielleicht Saisonkraft.“
Er blickte sie schell an. „Saisonkraft außerhalb der Saison?“
Femke zuckte mit den Achseln. „Vertretung? Keine Ahnung. Da müssten Sie meinen Vater fragen.“
Herbert ging auf sie zu. „Haben Sie keine Personalakten?“
„Sicher!“
Er klopfte auf den Bildschirm. „Dann schauen Sie nach. Bestimmt in dem Computer.“
„Datenschutz?“
„Bitte!“
„Ich muss das Programm wechseln.“
„Tun Sie es.“

Herbert eilte auf die Straße.
Monika holte ihn ein. „Renn nicht so.“
„Dann ziehe dir andere Schuhe an.“
„Sehr witzig. Wieso hast du die Gerjets nach der Mitarbeiterin gefragt?“
„Weil sie nicht existiert.“
„Die Gerjets?“
„Die van Doors! Dabei ging ich eher davon aus, dass sie einen Mann als Dummy benutzt hatten.“
„Wie?“
Herbert tippte sich an seine Schläfe. „Eine Aushilfskraft außerhalb der Saison. Ausgedacht haben sie ihn sich.“
„Wen?“
„Den Namen!“
Monika zog ihre Augenbrauen zusammen. „Du bist der Auffassung, dass der Vater von dieser Femke mit dem Mord, wenn wir davon ausgehen, dass es ein Mord war, etwas zu schaffen hatte?“
„Nein. Aber er kennt jemanden, der vom Mord wusste. Dem er einen Gefallen schuldig war.“
Sie schmunzelte und flüsterte: „Reimer? Er war Stammgast.“
„Ich habe dir bereits gesagt, ich bin der Annahme, dass der Riemer von nichts“, er schwang seinen Kopf, „fast nichts weiß. Mister X.“
„Mister X?“
„Geben wir ihm diesen Namen.“ Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. „Wie kamst du auf die Idee, nach der Uhrzeit zu fragen? Die genaue Zeit, wann der Riemer eingecheckt hat, ist irrelevant.“
Sie schlang ihren Arm um seine Taille, zog sich herauf und drückte einen Kuss auf seine Wange. „Sturm! Niemand kam auf die Insel und in den Dünen hat er bestimmt nicht übernächtigt?“
„Dass der Reimer bereits hier war, ist mir klar. Jedoch hat er nichts mit dem Mord zu schaffen. Erkläre mir deine Theorie.“

Monika schmiegte sich enger an Herbert. „Angenommen, er bewahrheitet sich, dass der Reimer mit ihr geschlafen hat, dann war es ein Sexunfall.“
„Sexunfall?“
„Strangulation beim Akt.“
Herbert zog seinen Kopf zurück. „Mit einer Strumpfhose?“
„Deine Idee.“
„Vermutung aufgrund der Fotos.“
„Zumindest war es kein Strick“, konterte Monika.
„Und keine Hände.“
Sie verdrehte ihre Augen. „Das würde man sehen.“
Er grinste sie an. „Deshalb kann er es nicht gewesen sein.“
„Wieso?“
„Erfahrung. Welch ein Mann drosselt seine Gespielin mit einer Strumpfhose.“ Herbert legte seine Hände um Monikas Hals. „Er würde einfach zudrücken. Eine Frau benutzt ihre Strümpfe als Sexspielzeug.“
Sie verschränkte ihre Arme und zischte: „Vorurteil.“
„Gängige Praxis.“ Er nahm seine Finger von ihr ab. „Gut. Nehmen wir an, er hat, was für einen Mann unüblich ist, sie mit ihrer Strumpfhose stranguliert. Wie ging es nach deiner Meinung weiter?“
„Er schleppte sie aus dem Hotel und legte sie ins Watt.“
„Sehr geistreich. Eine nackte Frau durch ein Hotel, durchs Dorf, bis an den Strand schleppen, und niemand sieht ihn. Denke daran, niemand will die Frau gesehen haben.“
„Er war Stammgast.“
Herbert löste sich aus ihrer Umklammerung. „Dass nicht allein der Mörder vom Mord wusste, ist mir bewusst. Es ist logisch. Jedoch ein ganzes Dorf, alle auf der Insel. Verschwörungstheorie.“
Monika wandte ihr Gesicht ab. „Hast du nicht gerade gesagt, dass der Mörder und der Hotelbesitzer sich kannten.“
Er zwirbelte seinen Schnauzer. „Mister X und er. Sie kannten den Stand der Ermittlungen.“
„Maulwurf bei den Kollegen?“
„War nicht nötig. Wie heißt der Hotelbesitzer?“
„Gerjets wie seine Tochter nehme ich an.“
„Der Inselfotograf?“
„Hinnerk.“
„Mit Nachname?“
Sie zuckte mit ihren Schultern.
Herberts Mund verformte sich zu einem breiten Grinsen. „Hinnerk Gerjets.“ Er erfasste ihre Hand. „Komm, lass uns zur Fähre gehen, dann sage ich dir, was ich annehme.“



Baafoots in de Watt

„Dein Smartphone!“
„Wie?“
„Gib her!“
Monika wandte sich Herbert zu. „Warum? Kaufe dir endlich eins.“
„Brauche ich nicht. Entweder ich will telefonieren oder ... gebe schon her.“
„Zauberwort.“
„Zack.“
„Netter.“
„Zack-zack.“
Sie öffnete ihre Handtasche. „Kannst du überhaupt damit umgehen?“
Bevor sie ihr Smartphone aus ihrer Tasche gezogen hatte, griff er zu.
Er setzte sich seine Brille auf, starrte auf den Bildschirm und flanierte los.
Sie wies entgegen seiner Marschrichtung und rief: „Zur Fährte geht es dort lang.“
Ohne auf seine Antwort zu warten, holte sie auf und eilte an ihm vorbei.
„Nicht so eilig“, rief er ihr hinterher.
Sie blieb stehen. „Anstatt, dass du mir deine Theorie verklickerst, schlenderst du herum.“
Abwechselnd vom Smartphone aufschauend und draufschauend, murmelte er: „Mit der Ruhe. Stelle dir vor, du hattest eine heiße Nacht. Du bist auf dem Heimweg.“ Es war für Herbert die einzige Erklärung, weshalb niemand die Tote aus dem Watt gesehen hatte, wenn sie mit dem Riemer geschlafen hatte? Nur für eine Nacht war sie in seinem Hotel eingekehrt. „Flaniere.“
„Wie?“
„Stelle dir vor, du trägst ein schickes Kleid, apartes Schuhwerk.“
Monika starrte ich an. „Soll ich auf den Zehenspitzen laufen und mit meinem Arsch wackeln?“
„Ja.“
Sie hob einen Fuß. „Mit Turnschuhen?“
„Von mir aus.“
„Männer.“
„Wieso?“
„Ihr habt keine Ahnung.“
„Wovon?“
„Turnschuhe sind keine High Heels.“
„Fantasie.“
„Eher einen Wadenkrampf.“
Sie entriss ihm die Reisetasche, stellte diese ab, öffnete jene und zerrte die Stiefel vom Vorabend heraus. Dann hielt sie sich an ihm fest, schlüpfte aus ihren Turnschuhen, während sie in die Stiefel stieg. Sie ließ Herbert zurück, wandte ihren Kopf, schwang mit ihren Hüften und rief: „Sexy?“
Herbert stopfte ihre Turnschuhe in die Reisetasche, nahm diese auf, bevor er zu ihr aufschoss.
„Nicht er war hier, sondern sie“, erklärte er.

Weiter ihren Weg fortsetzend, fragte sie: „Wer er? Wer sie?“
„Die Riemer.“
„Nenne mir ein stichhaltiges Indiz, weshalb sie die Leiche ... sie hat keinen Namen?“
„Josemarie Riemer.“
„Die Leiche.“
„Denke dir einen aus.“
„Laura.“
„Laura?“
„Warum nicht. Gut. Nenne mir einen stichhaltigen Grund, weshalb die Riemer Laura erdrosselt haben soll.“
„Weil sie Mister X ermordet hat.“
Monika blieb stehen. „Mister X?“
„Ihren Mitwisser. Der Kopflose vom Deister. Eine Frau hat ihn umgebracht.“
Sie schritt weiter. „Wegen der verkohlten Stofffetzen?“
„Der Kopflose trug bestimmt keine rosa Leggings und mit Strasssteinen verzierte Turnschuhe.“
„Zufall!“
„Hypothese.“
Sie tippte an ihre Schläfe und zischte: „Trotzdem kein Beweis, dass die Riemer es war.“
„Nennen wir sie Lady X. Einverstanden.“
„Okay. Eine Frau“, Monika verdrehte ihre Augen, „Lady X hat Mister X sowie Laura ermordet. Dies würde zu der möglichen Tatwaffe zumindest bei Laura passen. Lady X trug Strumpfhose.“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. „Glaube ich nicht mehr. Es war Lauras.“
„Lauras?“
„Schickes Kleid, aparte Schuhe, März. Nackte Beine? Lady X“, obwohl er davon ausging, dass diese die Riemer war, blieb er Monika zu liebe bei diesem Namen, „war bereits Gast in diesem Hotel. Am Abend vor Lauras Tod kommt der Riemer mit seinen Wagen und Mister X sowie Laura auf die Insel. Diese beiden jedoch mit einem Boot. Lady X und Laura waren bekannt miteinander, vielleicht Freundin und“ , Herbert schmunzelte, „Mister X ...“
„Ein Paar? Dann war sie nicht die Riemer.“
Herbert zuckte mit seinen Schultern. „Ex? Weshalb sollte er sie sonst decken?“
„Wäre plausibel“, konstatierte Monika, dabei kicherte sie.
„Jedenfalls erklärt dies, wen dieser Kapt’n Hook zusammen mit Laura gesehen hatte. Lady X. Sie treffen sich am Abend auf dem Boot von Mister X. Sie feierten. Es wird feuchtfröhlich. Lady X schaut zu tief ins Glas. Der Riemer verschwindet mit Laura ins Hotel. Am Morgen schleicht Laura zurück zum Boot, damit ...“
„Lady X nicht mitbekam, dass sie mit ihrem Mann ...“, vervollständigte Monika seinen Satz, bevor er sie unterbrach, sinnierte: „Mord im Affekt. Keine Leiche musste abtransportiert werden. Der Tatort war das Watt.“
Den Rest seiner Annahme wollte er Monika später auftischen, daher blieb er, bis sie das Meer erreichten, stumm.

Dafür genoss er die Tristeste der Insel. Was die Gäste auf diese Eilande trieb, wunderte ihn. Sein Ding war es zumindest nicht. Entweder es regnete, oder der Wind blies in einer Art, dass an ein gemütliches Sonnenbad kaum zu denken war. Zu allem Überfluss war jenes, weswegen alle zur Küste strebten, meist nicht da. Das Meer. Dies traf sicher nicht für die Inseln zu, denn diese hatten zumeist eine Seite, an der das Meer spülte, jedoch baden oder gar schwimmen konnte man eher vergessen. Entweder war das Wasser von einer Kälte, sodass dem Schwimmer die Glieder erfroren, oder die Brandung mächtig, dass jeder normale Gast bei seinem ersten Atemzug versank.
Vor Jahren, die Kinder waren klein, besuchten sie einmal Langeoog, dieses hatte ihm gereicht, obwohl die Insel, soweit er sich entsann, beschaulicher, als Norderney war.
Jedenfalls bewog dieser Urlaub Magda, von da an die südlicheren Gefilde aufzusuchen. Den Kindern gefiel es, Magda schwärmte und er schmolz dahin. Dies im wahrsten Sinne des Wortes. Er bewegte sich meist nur von der Bar zum Pool. Von Ausspannen war keine Rede.
Ihn zog es eher in den Harz. Auf den Spuren von Walter Kempowski das wunderschöne Selketal erkunden. Dies war Urlaub, pure Entspannung. Sicherlich, sogar dort regnete es, eigentlich täglich.
Pünktlich nach dem Nachmittagskaffee verdunkelte sich der Himmel, und die Wolken entluden sich. Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei.
Der jährliche Urlaub mit Magda blieb ihm jedoch nie erspart. Obgleich sie eher von Ottfried getrieben, ihn nötigte. Kultur. Die Kultur der Antike hatte es Ottfried angetan. Dummerweise, und da konnte er dem Freund und zukünftigen Ehemann seiner Magda keine Schuld zuweisen, erstreckten sich diese Kulturstätten in der Regel rund ums Mittelmeer.
Er wandte sein Gesicht Monika zu, die nach seinem Dafürhalten die Insel genoss. Er dachte an den Tag, an dem er sie das erste Mal erblickt hatte. Sie war ein Hingucker.
Während des ersten Abendessens vermochte er sich bereits nicht von ihr abzuwenden. Ohne zu murren, schlang er das zu fettige essen, den zu süßen Wein herunter. Natürlich hatte Magda sein Schmachten vernommen. Am nächsten Tag saß Monika an seiner Seite am Pool und er entließ mit Wohlwollen Magda und Ottfried zur Erkundung der minoischen Kultur. Dass Magda Monika entlohnt hatte, erfuhr er erst später.
Ein Doppelleben hatte sie geführt. Einerseits war sie Polizistin, anderseits Escortdame. Eingeschleust hatten sie Monika als verdeckte Ermittlerin, um im Frankfurter Rotlichtmilieu zu ermitteln. Dort lernte sie dann den Mundlos kennen. Einen erfolglosen Anwalt, der sich auf seine Fahne geschrieben hatte, Prostituierte aus den Fängen der Unterwelt zu befreien. Befreit hatte er Monika, sogar geehelicht. Nicht Monika als Person, sondern Evelin, wie sich damals nannte. Irgendwie war dieser Mundlos ihm suspekt gewesen. Immerhin besorgte er ihr die Anstellung bei diesem Escortservice. Was für ein Mann war er, der erst sein Liebste aus dem Rotlichtmilieu befreite, um sie dann anschließend anderen Männern anzubieten?

Der Anblick eines Steges ließ ihn aus seinen trübseligen Gedanken fahren.
„Den habe ich schon mal gesehen.“
Monika blieb stehen. „Wen?“
Herbert wies voraus. „Den Steg.“
„Ich dachte, du warst nie auf Norderney?“
„Warte.“ Herbert stellte seine Reisetasche ab, zückte die Ermittlungsakte und schlug diese auf. Er zog ein Foto heraus. „Hier, schau!“
Sie schwang ihren Kopf. „Wo?“
Er pochte auf das Foto und rief: „Das ist der Tatort.“
Monika lehnte sich an ihn an. „Fundort. Für einen Tatort fehlen die Beweise.“
„Egal. Lass uns hingehen. Wie lange waren wir unterwegs?“
„Weiß ich nicht, du hast mein Smartphone.“
„Eine gute halbe Stunde, könnte passen“, murmelte er und gab ihr das Smartphone zurück.
„Was meinst du?“
Ohne auf ihre Frage einzugehen, ergriff er, nachdem er seine Reisetasche aufgenommen hatte, ihre Hand und zerrte sie zum Strand.

„Das ist es?“
Monika runzelte ihre Stirn „Was?“
Beim Anblick des Strands fiel es Herbert wie die berühmte Schuppe ab. Seine Theorie hatte Knoten. Einen schien er gelöst zu haben. Dass Lady X in ihrer Handtasche kramte, eine Strumpfhose zückte, um mit dieser Laura zu strangulieren, war nicht abzuweisen, jedoch stammte dieses Szenario eher aus einem Edgar- Wallace-Roman, als aus der Realität. Ihre Eigenen, wenn sie eine getragen hatte, hatte sie bestimmt nicht ausgezogen. Dies hätte zu lange gedauert und wäre zu auffällig gewesen. Für ihn blieb eine Szene übrig. Laura hatte sich ihrer Strümpfe entledigt und Lady X überreicht. Einzig der Grund, weshalb sie dieses getan hatte, verweilte für Herbert im Dunkel.
Der Sand unter seinen Füßen brachte ihn im Gedanken wieder an den unweit des Ferienhauses gelegenen Strand. Er erinnerte sich an das Tollen von Monika und was sie gemacht hatte, bevor sie in die eiskalten Fluten gehüpft war.
„Schau hin, schau aufs Meer?“
„Erstens ist das nicht das Meer, eine Bucht und zweitens Ebbe.“
„Sie ging ins Wasser.“
„Wer?“
„Laura.“
„Meinst du, es war Selbstmord?“
„Blödsinn. Einen klaren Kopf wollte sie bekommen. Sie hatte die Nacht mit dem Mann ihrer Freundin verbracht.“
Sie zeigte ihm einen Vogel. „Herbert. Vor ein paar Minuten wolltest du mir verklickern, dass sie zum Boot zurückwollte, bevor diese Lady X erwachte.“
„Genau. Sie wollte es.“
„Warum tat sie es nicht?“
„Weil Lady X bereits wach war.“
„Wie?“
„Sie hat sie gesehen. Dein Smartphone!“
Herbert setzte sich erneut seine Lesebrille auf. Monika kramte in ihrer Handtasche. „Bitte.“
Er entriss es ihr und klopfte auf diesen herum. „Sehe genau hin“, wies er sie an, während er den Weg zurück zeigte, den sie gekommen waren. „Von der Biegung aus kann man direkt auf den Yachthafen sehen. Jetzt ziehe dich aus.“
„Wie?“
„Mit den Fingern.“
Monika schloss ihre Augen. „Warum?“
„Weil sie ins Wasser gegangen ist.“
„Was hat der Sören gesagt?“
„Eine ganze Menge, was ich nicht verstanden habe.“
„Als sie Laura gefunden haben, war auflaufendes Wasser. Das heißt, wenn Laura hier ermordet wurde, dass dieses zuvor stattfand. Somit war Ebbe.“
„Das hat er gesagt. Gut“, er klopfte auf die Akte. „Jedoch hier steht nichts davon.“
„Die von der Küst merken sich so etwas.“
Herbert reichte Monika ihr Smartphone. „Schau in deiner Wunderkiste nach.“
Sie hob ihre Schultern. „Wenn es dir weiterhilft. Datum?“
„29. März 1900 …“
„Das Jahr weiß ich.“
Sie tippte, während er über ihre Schulter schielte. „Und?“
„Abwarten.“
Ihre Stirn gerunzelt, wandte sie sich zu ihm um. „Du hast recht. Es war Flut. Niedrigwasser um 13:09 Uhr und 23:47 Uhr des Vortages.“
„Sonnenaufgang?“
„7:10 Uhr.“
Er klatschte in die Hände. „Passt alles. Ziehe dich aus.“
„Wie nackt?“
„Schuhe und Strumpfhose genügen.“
Monika warf sich in den Sand, zerrte sich ihre Stiefel sowie ihre Strumpfhosen von ihren Beinen, legte diese neben sich ab, während Herbert aus seinen Schuhen, seinen Socken schlüpfte und seine Hose hochkrempelte.
Er deute ins Watt. „Los! Ab ins Wasser mit dir.“
„Dann?“
„Warte ab.“
Monika stand auf und ging zum Watt.
„Du hast etwas vergessen?“
Ihm zugewandt zog sie ihre Augenbrauen herauf. „Was?“
Zum wolkenverhangenen Himmel schauend, zeigte er mit seiner Lesebrille auf ihre Sachen, brüllte: „Das!“, steckte sodann seine Brille in eine Jackentasche.
„Warum?“
Er zupfte an seinem Schnauzer. Es gab Tage, an denen machte sie ihn fertig. Dann zweifelte er an ihrem Verstand. Ein Urteil, welches weit entfernt von der Realität war. Monika besaß nur Vernunft. Sie war weder in der Lage Gefühle zu lesen, noch diese unbewusst auszusenden. Jede Mimik, jede Geste, jedes Wort, welches er, ohne seinen Grips zu gebrauchen einsetzte, hatte sie einstudiert, musste sie einstudieren. Jedoch, dieses brachte ihn um seinen Verstand, mit einer Perfektion, die ihn zur Weißglut trieb. Dann zuckte es durch seinen Körper, und seine Hände verlangten von ihm, sich um ihren Hals zu schnüren.
„Wenn Laura ihre Sachen am Strand liegengelassen hätte, hätten die Kollegen diese gefunden, außerdem …“
„Okay.“ Sie schritt zurück, nahm ihre Sachen auf, ging ins Watt und storchte ein paar Meter hinein.

Herbert rief: „Du bist Laura und ich Lady X“, bevor er auf sie zu schlich. Mit einer grollenden Stimmlage blökte er: „Wo warst du?“
Sie wandte sich um. „Das weißt du doch.“
Er verdrehte seine Augen. „Du bist Laura und ich vermutete, wo du warst.“
Monika pustete. „Spazieren?“
Er trat näher, bis er vermochte, ihren Rücken zu berühren.
„Lüge mich nicht an.“
„Ich lüge nicht.“
Er zupfte an ihrem Rock. „In deinem schicken Partykleid gehst du nach Sonnenaufgang spazieren.“
„Warum nicht?“, zischte Monika und verschränkte ihre Arme.
„Ich habe dich gerade gesehen. Du kamst von Paul.“
„Wieso sollte ich?“
„Hör auf. Ich bin nicht blind. Ich habe gesehen, wie du gestern mit ihm herumgemacht hast.“
„Und du! Du mit Robin.“
Er zog seinen Kopf zurück. „Robin?“
„Mister X hört sich dämlich an.“
Seine Achseln zuckend, fuhr er fort: „Robin und ich sind Freunde. Mehr nicht. Ich würde mit ihm nie …“
„Nie! Jetzt lügst du. Er hat mir erzählt, dass ihr mal ein Paar wart.“
„Das ist schon Hundert Jahre her. Ich liebe, Paul und er liebt mich.“
„Träume weiter.“
„Du gibst es zu?“
„Ja! Ich habe mit ihm gefickt. Und?“
Herbert schlang seinen Arm um sie, versuchte, ihre Hand zu fassen. „Sage es mir ins Gesicht.“
Sie wandte sich, ohne sich zu ihm umzukehren, presste ihre Stiefel an ihren Oberkörper und schrie: „Lass mich“, während er weiterhin versuchte, ihren Arm oder eine Hand von ihr zu fassen.
Das Einzige, was er zu packen vermochte, war eine ihrer Strumpfhosen. Er zerrte. Sie wehrte sich, bis diese ihr entglitt. Monika strauchelte, beugte sich vor, als könnte sie damit wieder Halt finden.
Herbert legte die Strumpfhose um ihren Hals und zog zu.



Wievenkraam

Herbert warf sich neben Monika auf den Strand, worauf sie geiferte: „Schau es dir an.“
Er betrachtete ihre in einem Bein einer schwarzen Strumpfhose steckende Hand. „Und?“
„Genauer!“ Sie durchstieß den Stoff. „Laufmasche.“
Es war nicht, was sie ihm sagte, sondern wie. Er war lange genug verheiratet, um eine Laufmasche zu erkennen. Mehrfach hatte Magda ihm ihr Leid geklagt. Ein Leid, was er nie verstand. Es entbot ihm immer, weshalb Frauen Unmengen von Geld verprassten, um ihre Beine in ein Nichts zu hüllen. Sicher, wenn er mit einer Frau ausging, reizte es ihn, wenn diese sich in einem schicken Kleid präsentierte, dann ihre Beine abgestimmt darbot. Jedoch Alltags?
Emotionsgeladen wie Magda pfiff sie ihn an, als wäre er der Verursacher des Schadens. Gut! In diesem Fall war er es, allerdings hatte er sie weder animiert noch gar gezwungen, dieses typisch weibliche Kleidungsstück zu erwerben. Dabei war Monika gar nicht in der Lage, spontan Emotion zu zeigen. Blieb für ihn, und dieses fiel ihm schwer, zu ergründen, weshalb sie ihm das Schauspiel bot. Wollte sie ihn darauf hinweisen, wie sein Leben sich mit ihr gestaltet, wenn sie verheiratet waren? Dieses war ihr zuzutrauen, widersprach aber ihrem Ziel. Sie tickte anders.
Das Wort Männer, das sie ihm entgegenschleuderte, während sie sich ihre zweite, nicht beschädigte Strumpfhose über die Beine zog, brachte ihn weiter.
Er hatte sie als Frau tituliert, genauer als Weib. Manchmal keimte in ihm der Eindruck auf, dass sie ein Mann wäre. Ein Mann, welcher erkannt hatte, dass sein Körper, obgleich er ihn ablehnte, ihn weiterbrachte, als der, den sein Innerstes verlangte.
Er verdrehte seine Augen und zischelte: „Entschuldige“.
„Wofür?“
„Weibergehabe.“
„Weibergetue.“
Ob Gehabe oder Getue spielte für ihn keine Rolle. Dabei hatte er recht, obwohl sie es nicht einsah. Was konnten Frauen dafür, dass sie derart erzogen, konditioniert waren. Wie oft hatte er sich mit Magda gestritten. Er hasste es, wenn sie ihre Tochter dressierte. Kleinmachen, ducken. Bei Gefahr sich wie ein Igel zusammenzurollen, unsichtbar werden, zu verschwinden. Er konnte zwar nicht behaupten, dass Monika sich unsichtbar machte, eher im Gegenteil, jedoch, dieses hatte er in seinem Leben oft genug gesehen, starteten Frauen unter Stress ihr, jenes, von ihren Müttern aufgezwungenes Programm. Es war für ihn ein leichtes Unterfangen, Monika zu überwältigen, als sie ihre Stiefel, wie einen Säugling beschützend an ihren Körper presste.
Sie reichte ihm ihre Stiefel. „Putzen. Akkurat“, zischte sie ihn an und stellte diese auf seine Beine ab, bevor sie ihm ihre Overkneestrümpfe an den Kopf warf. „Waschen“, befahl sie, wandte ihr Gesicht ab und starrte. Starrte gleich einer Schaufensterpuppe, die irgendwer vergessen hatte, aufs Watt.

Es war mal wieder so weit, entweder hatte er sie überlastet oder sie zog sich zurück, um nachzudenken. Wo sie hinglitt, konnte er nicht ergründen? Es war nicht seine Welt, sondern ihre.
Er bezeichnete ihren Zustand als Privatmodus. Denn nur, wenn sie alleine waren, traute sie sich, in ihre Welt abzusinken. Er war der einzige Mensch, Tamara zählte er nicht zur Spezies Mensch, dem sie gestattete, dabei in ihrer Nähe zu verweilen. Wie lange ihr Zustand andauerte, vermochte er nicht zu sagen. Minuten, Stunden oder Tage saß sie regungslos da. Die Tage vermutete er eher, wenn sie sich mehrere Tage zurückzog. Niemand konnte sie dann erreichen. Sie verschwand einfach von der Bildfläche.
Manchmal glaubte er, sie würde in dieser Zeit etwas Dummes anstellen. Sodann verwarf er diese trüben Gedanken wieder, denn, wenn sie ihre Dummheiten, wie er sie nannte, anstellte, war er dabei.
Als er sie in ihrer Lethargie betrachtete, wusste er, obwohl er es immer wusste, sich dieses dennoch nie eingestand, weshalb sie ihn heiraten wollte. Keine Zuneigung noch Liebe verband sie, sondern Vertrauen. Unendliches Vertrauen. Ein Vertrauen, das sie ihm einräumte. Sie sagte ihm zuweilen: „Herbert du könntest mich ohne Fallschirm aus einem Flugzeug werfen und ich weiß, du würdest mich retten“. Und er? Er genoss ihre Gegenwart. Erst recht, wenn sie nur körperlich bei ihm verweilte. Stundenlang konnte er mit ihr auf seinem Sofa sitzen. Er verfolgte ein spannendes Fußballspiel oder einen Krimi. Und sie? Sie saß neben ihm im Schneidersitz, starrte auf den Bildschirm, kaute monoton ein Kaugummi oder trank ein Bier. Trinken war eher übertrieben. In regelmäßigen Zeitabständen, er konnte seine Uhr danach stellen, führte sie die Flasche an ihren Mund und nippte.
Manchmal tat sie auch etwas Anders, jedoch genauso mechanisch, wie alles, wenn sie im Privatmodus steckte. In diesen Fällen machte er es ihr bequem. Er legte ihre Beine hoch, ihren Kopf auf seinen Schoß und streichelte sie. Ob sie jemals etwas davon mitbekam, bezweifelte er. Nur ihre Pedanterie ging ihm auf den Sack.
Monika war der einzige Mensch, den er kannte, der eine Vorrichtung besaß, um T-Shirts oder ähnliche Kleidungsstücke akkurat in einem Kleiderschrank zu legen. Sogar die Schmutzwäsche legte sie gefaltet, als wäre sie frisch gewaschen in ihre, davon hatte sie eine Menge, Wäschekörbe. Eine Manie konnte er bändigen. Wenn Monika einen Raum, welcher irgendwie einem Wohnraum ähnelte, betrat, zog sie sich ihre Schuhe aus.
Sogar Magda hatte ihr einmal einen Verweis erteilt. Dabei meinte es Monika immer nur gut. Magda lobte sie wohl, jedoch legte sie ihr nahe, es nie wieder zu tun, obwohl sie nach Monikas Berechnung durchschnittlich 11,4 Prozent Wegstrecke sparte.

„Nein.“
Herbert zuckte zusammen und wandte sich ihr zu.
„Nein.“
„Was, nein?“
„Sie waren keine Freundinnen, sie kannten sich nicht einmal.“
„Wer?“
„Laura und Lady X, wenn sie Laura erdrosselt hat.“
„Warum?“
„Es geht nicht.“
„Monika, auch Freundinnen bringen sich um.“
„Das tun Freundinnen nicht.“
„Wäre nicht der erste Fall.“
„Sie hätte sie nicht verlassen. Sie hätte einen Krankenwagen gerufen, weil sie hoffte, dass sie lebte oder hätte um sie getrauert, bis man sie fand.“
„Panik?“
„Dann hätte sie Laura versteckt, jedoch niemals am Ort zurückgelassen. Sie waren keine Freundinnen.“
„Sie hatten eine Beziehung.“
Monika zog ihre Augenbrauen zusammen. „Nicht sie.“
„Wer dann?“
„Mister X und der Riemer. Welchen Beruf hat er?“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. Worauf wollte sie hinaus?
„Bauingenieur.“
Sie lächelte. „Gerjets?“
„Hotelier?“
„Was hat er getan?“
„Zimmer vermittelt?“
„Wellnesshotel? Stammgast?“
Er hätte sie umarmen können. Nein, er tat es, küsste sie. Sie hatte für ihn den letzten Knoten gelöst.



Wat föör een Klüngel

Für Herbert gab es zwei starke Motive, weswegen jemand einen Menschen ins Jenseits beförderte. Beide aus Liebe. Die eine, die Liebe zu einem Mitmenschen, die andere aus Liebe zum Geld. Mister X war so einer, welcher aus Angst, seine Habe könnte sich schmälern, zwar nicht mordete, jedoch aus diesem Grunde ein Verbrechen verschleierte, jemand anders die Tat zuschanzte.
Als Monika ihm zu allem Überfluss entgegenwarf, dass Männer, sobald diese pralle Titten erblickten, ihr Gehirne ausstellten, war ihm alles klar. Wobei er jedoch nicht Femkes Brüste bewunderte, sondern sich ausgemalt hatte, was sie hinter dem Tresen vollführt hatte.
Wie gern hätte er zu dieser Zeit Mäuschen gespielt? Ihr zugesehen, wie er sonst Monika zusah, wenn sie masturbierte. Es war für ihn nie der Akt als solcher, sondern ihre Anmut, die ihn verzückte. Wenngleich sie meist der Welt bereits entrückt war, erschien es ihm immer, als würde sie sich nicht nur körperlich, sondern gleichfalls geistig mit sich selbst vereinigen. Dann keimte in ihm ein Verlangen auf. Ein Verlangen ihr beizuwohnen. Ihre Lust, ihre Anmut aufzusaugen, ohne sich dabei Gedanken zu machen, seine eigene Erektion aufrechtzuerhalten.
Diese seine Abnormität, als solche betrachtete er sie, verfolgte ihn, seitdem er sie gefilmt hatte. Gefilmt, während sie mit Mike Sex hatte. Viel sah er damals nicht, jedoch das, was er sah, genügte ihm, reichte für ihn aus, einen Schalter umzulegen.
Dabei hätte er längst die Möglichkeit gehabt, als sie diesen Exzuhälter vernaschte. Und er? Er ging. Er liebte sie zu sehr. Jedes Mal, wenn sie mit einem anderen verschwand, wünschte er sich, sie würde ihn einladen.
Dies und nichts anderes war es, was ihn bei der Befragung von Femke ablenkte. Femke verschmolz mit Monika und ihre, dem war er sich sicher, nicht erotische gemeinte Einladung hatte seinen Geist vernebelt.
Wie gut, dass Monika an seiner Seite stand, mit klarem Verstand Femke auf die Schliche gekommen war.
Femke spielte die Unwissende. Ohne ihren Computer zu befragen, wusste sie, dass Riemer Stammgast war, er öfters andere Gäste mitbrachte und die Rechnung der Frau Od beglichen hatte. Sie hatte sicherlich vor Kurzem die Leitung übernommen, jedoch stand es für ihn außer Frage, welche Tätigkeit sie in der Vergangenheit hatte.
Damit hatte er alle Bausteine für seine Hypothese parat.

Laura und Lady X waren sich fremd, damit hatte Monika recht. Sie hatte einen Menschen ermordet. Zu wem würde sie gehen, Hilfe suchen? Zu ihrer besten Freundin, oder … Herbert zwirbelte seinen Schnauzer … zu ihrem besten Freund. Jedenfalls nicht zu ihrem Mann, der sie betrogen hatte. Somit war sie das Bindeglied. Ihr Mann war der Stammgast und ihr bester Freund, davon war Herbert überzeugt, gleichfalls aus der Baubranche.
Er beruhigte sie, teilte ihr mit, dass das ablaufende Wasser die Leiche mitnehme, sie zu ihrem Ehemann gehen solle und diesem sagen, er wäre mit Laura abgereist. Denn ihr Mann würde sich wundern, wenn Laura nicht mehr da wäre. Dieses konnte Herbert nachvollziehen. Mister X entbehrte sich jeglicher Trauer, Skrupel. Herbert malte sich aus, weshalb er sie mitgebracht hatte. Der Zweck heiligte die Mittel. Wieso er jenes Lady X nicht auf die Nase band, war für Herbert selbstredend. Lady X vertraute ihm. Jedoch käme Mister X nie auf die Idee sie aufzufangen, wenn sie ohne Fallschirm aus einem Flugzeug fiele.
Dumm für ihn war, dass die Natur nicht mitspielte. Entgegen seiner Annahme, Laura triebe auf die hohe See, blieb sie hängen. Er musste auf Zeit spielen. Riemer durfte nicht sein Hotelzimmer verlassen. Mister X instruierte Lady X, rief sie an, ihren Mann zu binden. Für eine Frau sicher kein Unterfangen.
Ein Problem blieb. Riemer war Gast des Hotels. Mister X kannte Gerjets, machte sich auf den Weg. Er berichtet diesen, dass unerwartet Riemers Frau aufgeschlagen sei, und überzeugte ihn von Mann zu Mann, inwieweit es prekär wäre, zu unnötigen Verwickelungen käme.
Herbert kannte diese Art von Hoteliers, die alles taten, damit ihre Stammgäste wiederkehrten. Gerjets ahnte nicht, wen Riemer in der Nacht zu Besuch hatte. Daher händigte er den Kollegen die Liste seiner Gäste aus.
Herbert hatte gerade sein Ergebnis Monika unterbreitet, da blieb sie stehen und zeigte ihm einen Vogel.

„Wer denkt, ist klar im Vorteil!“
„Wieso?“
„Anstatt permanent auf meinen Arsch zu glotzen, hättest du dich umsehen sollen.“
Er wandte seinen Kopf. „Außer Watt und“, er schaute nach links, „einer Surfschule ist hier nichts.“
„Vorhin.“
„Vorhin?“
„Auf dem Weg hierher. An fast jedem Haus hing ein Schild ‚Zimmer frei‘.“
Er zog seine Augenbrauen herauf. „Und?“
„Die Sache mit der Reihenuntersuchung ist schwachsinnig.“
„Steht aber in der Akte.“
„Du bist zu blöd zum Rechnen.“
Jedem wäre er an die Gurgel gegangen, jedoch Monika verzieh er es.
„Bei einer Zimmerauslastung von 20 Prozent, es war Nebensaison, und vorsichtig geschätzten …“
Sie brauchte kein Wort weiterzusagen.
„Es ist unmöglich“, unterbrach er sie.
„Unmöglich weniger, eher unwahrscheinlich. Drei Kollegen, im März vielleicht vier.“
Er zwirbelte seinen Schnauzer und schritt weiter, an der Surfschule entlang bis zum Yachthafen. Nachdem Monika zu ihm aufgeschlossen war, wandte er sich ihr zu. „Aber. Die Liste?“
„Wie viele Gästelisten sind in der Akte.“
„Eine. Das heißt …“
Monika legte ihre Hand auf seine Schultern. „Irgendjemand hat Laura im Hotel gesehen. Wenn sie dort war?“
Er zuckte mit den Achseln. „Das ergibt keinen Sinn.“
„Du verrennst dich. Laura wurde stranguliert. Fakt. Ihre Leiche fand dieser Kapt’n Hook im Watt. Fakt. Die DNA des Kopflosen stimmt mit der DNA der Speichelprobe überein. Fakt. Was sagt uns das?“
Er hatte keinen Schimmer, auf was sie hinaus wollte. Gut, seine Hypothese besaß den einen oder anderen Haken, jedoch passte für ihn alles zusammen.
Herbert zwirbelte erneut seinen Schnauzer. „Mein Riecher sagt mir, hier stimmt irgendetwas nicht. Die Ermittlungen waren schlampig.“
„Ich gebe dir recht.“ Monika fror förmlich ein. Er folgte ihren Blick, zumindest wenn er davon ausging, dass sie etwas anvisierte. Ein Zweimaster lag im Hafen.
Monika flüsterte: „Sie verschweigen etwas“, dabei ging sie weiter. „Jedoch hat das eine nichts mit dem anderen zu schaffen.“
Er eilte zu ihr. „Was meinst du?“
„Sie haben sich freigetestet. Wie sollten sie das erklären?“
„Rede Klartext.“
„Wie würdest du eine Speichelprobe in einem Hotel verschleiern?“
„Du meinst.“
„Genau.“
Herbert bäumte sich auf. „Die Akte!“
„Eine Kopie.“
Er tippt sich an seine Schläfe. „Ich bitte dich. Bist du der Ansicht, der alte Revierleiter wollte…“
„Oder hat. Jedenfalls bin ich der Ansicht, dass der Fall des Kopflosen und Laura nicht miteinander zu tun haben.“
„Aber?“
Sie lächelte. „Zufall.“
„Gut. Ich gehe einmal davon aus, du hättest recht. Warum gab dann der Kopflose für den Riemer eine Speichelprobe ab.“
Monika zog sich an seinem Arm herauf, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und hauchte: „Hat er?“, bevor sie hüpfend und springend, wie ein Schulmädchen, welches nie in ihrem Leben einen Zweimaster gesehen hatte, auf diesen zueilte.

Er holte sie ein. Sie wandte sich um und schritt rückwärts. Ihre linke Hand am Rücken schwang sie mit ihrer Schulter und zupfte an ihrer Oberlippe. „Frederick ist der Drahtzieher.“
„Frederick?“
Monika blieb stehen und zog ihre Augenbrauen hoch. „Frederick. Der Sohn der Wirtin.“
„Wieso?“
„Welchen Beruf hat er?“
„Weiß ich doch nicht.“
„Baubranche. Vielleicht Ingenieur?“
„Wie kommst du darauf?“
„Wer hat die Ferienhäuser geplant? Hörst du nie zu. Hat der Alte uns gesteckt, als er dir den Schlüssel gegeben hat. “
Herbert konnte sich nicht mehr daran entsinnen, aber wenn Monika ihm dieses sagte, musste es stimmen. „Und?“
Sie zupfte wieder an ihrer Oberlippe. „Frederick, Fred, steht seinem Vater nicht nach. Jedenfalls was Frauen betrifft.“ Erneut zupfte sie.
„Was machst du da andauernd? Das macht mich nervös.“
„Was?“
„Dieses Gezupfe.“
Sie lächelte. „Ich zwirbele meinen Schnauzer.“
„Du hast keinen.“
Er hatte den Satz nicht ganz ausgesprochen, da war ihm bewusst, dass sie ihn hochnahm.
„Gut, Krimialoberrat Tamban, zu welchen Schlüssen sind sie gekommen?“
Monika schritt weiter vor und klopfte auf ihren Rücken. „Fred hat eine Affäre. Nein, mehr als ein Abenteuer.“ Sie griente ihn an. „Mitlifekrise. Eine Neue. Lady X.“
„Lady X?“
„Unterbrich mich nicht. Jedoch hat sie einen anderen. Riemer. Fred geht zu seiner Ehefrau zurück. Beate.“
„Beate?“
„Gefällt dir der Name nicht?“
„Von mir aus Beate.“
„Beate tut als würde sie ihm verzeihen. Sie sinnt auf Rache, spielt ihm vor, dass sie gleichfalls Abenteuer hätte. Hatte sie aber nicht. Sie ist eher Typ Hausfrau wie Magda. Zu ihrem Verwundern toleriert er ihre erfundenen Abenteuer. Ein realer Mann musste für sie her. Sie meldet sich in einem Dating-Portal an.“
„Dating-Portal?“
„Wo soll eine Hausfrau, die keine Erfahrungen, hat, schnell einen Liebhaber herkriegen. Robin macht ihr den Hof.“
Herbert runzelte seine Stirn. „Robin?“
„Mister X. Er ist reich, stinkreich, macht ihr einen Antrag.“
„Fred ist verheiratet.“
Monika zupfte ein weiteres Mal an ihrer Oberlippe. „Noch. Ob Beate in den Plan involviert war oder Fred zu dieser Zeit überhaupt bereits seine Tat ausgeheckt hatte, kann ich nicht beweisen, jedoch stimmt er einer Scheidung zu, damit Beate Robin heiraten kann.“
Diese war eine der blödesten Theorien, die er je gehört hatte. Er räusperte sich. „Dieser Fred kommt zu seiner Frau zurück und hat nichts dagegen, dass diese mit einem anderen?“
„Er hat kein Problem damit, dass“, sie wandte ihn ihr Gesicht zu und griente ihn an, „ein anderer über sie rutscht.“
Der Vergleich hakte für Herbert. Er empfand keine Eifersucht, wenn Monika mit einem anderen schlief. So, wie sie kein Problem darin sah, wenn er neben ihr andere Frauen beglückte. Jedoch diese Art von Beziehung, die sie pflegten, war eher außergewöhnlich, konnte für ihn nicht verallgemeinert werde. „Der Plan?“
„Er ist von sich eingenommen, glaubt, er sei der Größte, dass, wenn Robin nicht mehr da ist, Beate zu ihm zurückkehrt. Robin ist Segler, wie er, und dies ist sein Plan.“
„Gemeinsame Segeltörns stärken eine Dreierbeziehung“, warf Herbert ein, wobei er an seine Schläfe tippte.
„Warte ab. Allein kann er seinen Plan nicht durchführen. Er wendet sich an einen Freund, Kollegen. Riemer.s Er muss ihn locken. Von ihm erfährt er, dass der Gerjets einen Investor benötigt.“
„Investor?“
„Das Wellnesshotel? Hast du es dir angesehen?“
„Wann?“
„Herbert, nicht nur Titten glotzen. Auf dem Tresen des Hotels waren Prospekte ausgelegt. Riesiger Schinken das Ding. Ich glaube nicht, dass ein kleiner Hotelier wie der Gerjets dieses Projekt aus seiner Portokasse finanziert. Er braucht Geldgeber. Schwarzgeld. Klüngel. Egal. Weltreise.“
Herbert verstand nur Bahnhof. Konnte sie nicht aufhören, ihn zu kopieren, und ihm einfach mit ihrer nüchternen Art ihre absonderliche Theorie darlegen?
„Weltreise?“
„Jemand, der nicht da ist, kann niemanden umbringen. Er bricht offiziell zu seiner Reise auf, kommt jedoch zurück.“
„Bitte. Er ist auf Norderney groß geworden, jeder würde ihn erkennen.“
„In Cognito, als Theodra Od.“
„Theodra ist eine Frau“, erzürnte er sich. Entweder wollte sie ihn verarschen oder sie hatte mehr Beweise als er.
Sie tippte ihn an. „Denke an Dominic.“

Weshalb sie ihn daran erinnerte, grämte ihn. Es war keine von seinen Glanzleistungen gewesen. Monika war auf Tour. Er wie immer dabei, um sie zu beschützen. Na gut, beschützen konnte sie sich selbst. Sie war ausgebildet für den Fall der Fälle. Es war am Anfang eher die Pein, die ihn trieb, irgendjemand könnte sie erkennen. Deshalb hatte er fernab von Hannover ein Bordell ausgekundschaftet, in dem sie ihrer Dummheit nachgehen konnte. Ob es bei ihr eine krankhafte Veranlagung war, oder ihre Vita, sie zwar selten, jedoch regelmäßig dazu trieb, darüber machte er sich irgendwann keine Gedanken mehr. Monika war, wie sie war.
Die animierte just einen Freier, da setzte sich dieses Rasseweib neben Herbert an die Theke. Er bestellte ihr, obwohl er dieses nie tat, ein Glas Schampus. Sie kamen sich näher und, er hatte dieses bis zu diesem Zeitpunkt nie getan, er begleitete sie auf ein Zimmer. Erst dort entdeckte er, dass der Unterschied zwischen Dominic und ihm nur darin bestand, dass sie in einer heißen Korsage und er einer Anzughose steckte. Dabei kannte er sie, jedoch nicht als Dominic, sondern Dominik, mit dem er bereits, dass eine oder andere Zechgelage genoss. Die Freude war ganz auf der Seite von Dominik und Monika. Die belustigt, im Arm ihres Freiers das Zimmer betrat.

„Dominik ist eine Transe, das ist etwas anderes.“
„Fred wollte keinen Typen flachlegen. Sich tarnen, mehr nicht. Androgyn. Trotzdem machte er einen entschiedenen Fehler. Er konnte seine Triebe nicht verbergen. Er trifft auf Laura. Geiler Zahn. Die bemerkt, dass er ein Mann ist. Was nun? Damit sie ihn nicht verrät, sperrt er sie ein. Im Hafen kennt er sich aus. Er sucht Riemer im Hotel auf. Ob dieser über Freds Aussehen verwundert war, sich amüsierte oder er bereits eingeweiht warm, kann ich nicht beweisen. Jedenfalls konnte ihn Fred bestimmt davon überzeugen, dass, sollte Robin verschwinden, Beate in Riemers und Gerjets Interesse handeln würde. Zumindest begleitete Fred den Riemers zum Yachthafen, denn dieser hatte ein Treffen mit Robin. Robin und der Riemer laufen aus, während Fred Laura befreite und auf den Kutter seines Vaters verfrachtete.“
„Kutter seines Vaters? Warum nimmt er sie mit?“
„Damit sie niemand entdeckt. Er fährt auf See zum Treffpunkt. Vielleicht hatte er Langeweile oder seine Triebe übermannten ihn. Er vergewaltigt sie, erdrosselt sie.“ Monika kicherte. „Als Frau hat er bestimmt eine Strumpfhose getragen. Er entkleidet sie, wirft sie über Board.“
Herbert schüttelte sich. „Sie wurde im Watt erdrosselt. Die Fotos!“
„Fotos von einem Inselfotografen, welcher darauf spezialisiert ist Touristen zu Fotografie. Leichen nur, wenn jemand auf der Insel dahinscheidet. Schön, apart müssen diese wirken, nicht wie eine Wasserleiche. Der Arzt ist dagegen ein Mann vom Fach.“
Ihrem Argument konnte er nichts entgegenwerfen. „Dann?“
„Der Riemer erledigt Robin. Sie versenken dessen Boot, schippern mit dem Kutter zurück und kehren im Hotel ein.“
„Bitte?“
„Als Herr und Frau Riemer, irgendwo musste Fred übernachten. Die nächste Fähre ging erst am Morgen. Dann kommt ihnen Lauras Leiche sowie die Sturmwarnung in die Quere. Keine Fähre fährt. Zu allem Überfluss hat jemand eine Dunkelhäutige im Hotel gesehen. Riemer wendet sich vertrauensvoll an den Hotelier, immerhin hatten sie vor, gemeinsam das Wellnesshotel hochzuziehen. Er beichtet ihm, dass er nicht mit seiner Gemahlin, sondern mit seiner Geliebten eine Nacht verbracht hätte. Riemer checkt ein weiteres Mal ein, und die vorherigen Tage drückten sie Theodora auf die Augen, einer Frau, die nicht existierte. Zum Speicheltest musste er trotzdem. Gerjets konnte nicht ahnen, wen er schützte.“
„Weil der Riemer zu viel wusste, bringt dieser Fred ihn um. Köpft ihn.“
Monika zog ihre Augenbrauen zusammen. „Nicht er! Lady X. Sie konnte ihn sicherlich in den Wald locken. Die verkohlten Kleiderreste?“
Selten hatte Herbert einen derartigen Schwachsinn vernommen. Ihre Theorie war absurd, entbehrte sich jeglicher Logik. Er blieb stehen, sah sie an.
„Du solltest Krimis schreiben.“
„Danke fürs Kompliment. Jedoch ist meine Hypothese genauso stichhaltig wie deine.“
Sie gab ihm einen Kuss. „Du sagst mir immer, ich hätte keine Fantasie.“
„Wie meinst du das?“
„Ich habe mir die Story ausgedacht.“ Sie deutete auf den Zweimaster. „Wer zuerst an der Brieg ist, hat gewonnen?“



Ey, ey, Käpt’n

„Söte Dirn, kom an Board.“
Herbert hatte seine Mühe, mit Monika schrittzuhalten. Daher nahm er sich vor, wieder häufiger mit Dirk zu bolzen.
„Wenn Sie erlauben?“
Die Figur, die für Herbert aussah, als hätte ein verrückter Produzent in ferner Zukunft Jonny Depp für den 99. Fluch der Karibik Film aus dessen Grab ausgebuddelt, schritt über eine Planke von dem Schiff herab, und reichte daraufhin Monika seine linke Hand.
„Pardon, Mademoiselle“, er erhob seinen rechten, handlosen Arm. „Je ne suis pas encore habillé.“
Dass diese aus einem Museum entflohene Gestalt in der Sprache der Poesie sprach, erzürnte ihn. Es erzürnte ihn nicht, dass er es tat, sondern eher da er nichts verstand. Er genoss als Pennäler Latein und dieses mit mäßigem Erfolg. Trotzdem versuchte er, da beide Sprachen nach seiner Ansicht verwandt waren, zumindest hatte dieses ihm sein Lateinpauker gepredigt, die Worte, gepaart mit ein paar Brocken bekannten, ins Hochdeutsch zu übersetzen. Das Ergebnis brachte ihn nicht weit. Weshalb diese Comicfigur Monika etwas ihr nicht handlich Angebranntes zeigen wollte, war Blödsinn.
Sich kurz zu ihm zuwendend, dann zum Bootsherren blickend, säuselte Monika: „Accepté“ und ergriff dessen Linke.
Die Witzfigur, die, da war sich Herbert sicher, niemand anders war als dieser Kapt’n Hook, von dem Sören berichtet hatte, starrte ihn an.
„Dien Fründ kann mitkumm.“
Einerseits schmeichelte es ihm, inwiefern dieser Hook ihn als Freund von Monika bezeichnete. Denn die meisten, jenes kam eher vor, wenn diese es nicht wussten, dass er ihr Vorgesetzter war, titulierten ihn als ihren Vater. Anderseits erschwerte ihm ein Eingeständnis seinen Drang, diesem Hook gezielte Fragen zu stellen.
„Vorgesetzter.“
Die Mimik, die er auf Monikas Gesicht las, die nur er verstand, entlockte ihm eine kleine für ihn akzeptable Revidierung. „Kollege.“
„Denn kom herup Kolleeg.“
Hook führte Monika auf sein Schiff, die sich sogleich von ihm loseiste, von der einen zu der anderen Boardseite eilte, an den Planken entlang sah und sich dann an Hook wandte. „Tütken? Rauhbein?“
In welcher Welt sie in diesem Moment steckte, konnte Herbert nicht ergründen. Jedenfalls war sie fern der Monika, die er kannte, zumindest glaubte zu kennen.
„Ne mien Dirn“, Hook schritt auf eine Schiffsglocke zu, erfasste dessen Klöppel. „Des is de Montsserat sien tweeds. De Tütken sackt 1756 vör Antigua.“

Herbert strich über die Reling. Er war weder Tischler gar noch Bootsbauer, jedoch erkannte er, dass das Holz des Schiffes, wenn überhaupt, kaum mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hatte.
„Sie haben das Boot gleich nach dem Stapellauf verpackt.“
Ob der Fingerzeig auf das Alter des Schiffes, oder das daraus resultierende Greisentum von Hook, diesem mehr reizte, entbehrte es Herberts Sinne. Dessen Reaktion war jedoch eindeutig. Mit einem Ruck umfasste jener mit seiner ihm verbliebenen Hand eine an seinen Gürtel steckende Vorderlader.
In einer Tonlage, als wäre dieser der Teufel persönlich, bölkte Hook: „Banause. De Geist eines Schiffes“, er nahm seine Hand von seiner Pistole, schwang den Klöppel der Glocke, „ruht in siener Schiffsglock. Ich habe sie mit Jacques eigenhändige vom Grund des Meeres geborgen.“ Er grinste. Ein Grinsen, welches, dieses fiel Herbert in diesem Moment auf, ein fast zahnloser Mund formte. „Jacques, der Klabautermann hebb in selig, wes nicht, dat im Museum een Kopie staat.“
„Jacques“, hörte Herbert Monikas Stimme, die zwischenzeitlich an ihm vorbeigegangen war, und am Heck der Brieg stand.
„Jo. Jacques de Olde. Jacques-Yves Cousteau de was een Kerl, wie“, Hook ließ vom Klöppel ab, schritt auf Herbert zu und zupfte an dessen Schnauzer, „Salvator.“ Er deutete auf eine Bank. „Sett jo. Ick hebb mit jo all reken. De söte Dirn an mien Link.“
Herbert lief es heiß, sodann kalt über den Rücken. Der Name Salvator elektrisierte ihn. Er bewunderte sein Schaffen, dessen Werke.
Wie ein Schuljunge stotterte er: „Sie kannten Dali?“
Gemeinsam gingen sie zur Bank. Hook setzte sich, Monika eilte heran, nahm an seiner Linken Platz.
„Kennen? He was mien Fründ. De sülv Muse hebbt wi hebbt. Sett di.“
Herbert setzte sich zu seiner Rechten. „Amanda Lea? Aber bitte sprechen Sie Hochdeutsch. Jch verstehe nur die Hälfte.“
„Se? Du.“ Hook hielt ihm seine Rechte hin. „Käptn.“
„Angenehm. Herbert.“
Hook sah gen Himmel und schwärmte. „Die Amanda. Rasseweib. Die leider nicht. Salvator hatte mehrere Musen. Ich nur eine.“
Herbert war begeistert. „Erzählen Sie … du mir mehr von Salvatore. Wie war er?“
„Ein Mensch wie du und ich. Deswegen seid ihr aber nicht hier.“ Er entblößte erneut sein fast zahnlosen Mund. „Die hier auf der Insel sind alles Kunstbanausen. Die wissen nicht einmal, dass sie einen Dali im Heimatmuseum haben. Nur weil ich ihn diesen geschenkt, dieser neben meinen Bildern hängt und mein Konterfei darauf ist.“
„Ein Dali auf Norderney?“
Hook zuckte mit seinen Schultern. „Nicht gelistet.“ Er klopfte auf seine Jacke. „Jedoch was ich habe, interessiert euch gewiss mehr.“ Monika zuzwinkernd, zerrte er ein altes, zerfleddertes Notizbuch aus seiner Jackentasche. „Hier in mein Logbuch steht alles drin.“
„Was?“
„Dössbaddel, von de söten Schwarten.“
Sein letztes Wort brachte Herbert wieder in die Realität. Weshalb er auf der Insel verweilte. „Sie … du hast sie gesehen?“
„Mehrmals.“ Hook schlug das Buch auf.
Er berichtete ihm, dass er Laura, er nannte sie freilich nicht Laura, sondern nur die Schwarte, in Begleitung einer Frau am Kay gesehen hätte. An Laura selbst erinnerte er sich nicht mehr genau, müsste seinen Aufzeichnungen Glauben schenken, jedoch die andere blieb ihm im Gedächtnis. Sie wäre ein steiler Zahn gewesen, schwärmte er, lange Beine und, dabei klopfte er sich an die Brust, einen Busen zum Versinken. Es war jedoch nicht ihr Äußeres allein, was ihn verwundert hätte, sondern dass er ihr Gesicht von irgendwoher kannte, und sie ihm mit seinen Vornamen ansprach. Ein Umstand, den er selten erfuhr.
„Du sagtes mehrmals“, unterbrach ihn Herbert.
„Warte ab. Nach der Tagesschau machte ich mich an Board frisch. Ich erwartete meine Muse. Seit Jahren erscheint sie am Samstag nach der Tagesschau. Rasseweib. Obschon wir uns eigentlich öfters treffen könnten, seitdem ihr Mann vor ein paar Jahren dahingeschieden ist. Tradition eben.“
„Tradition“, wiederholte Herbert. „Da hast du sie gesehen?“
„Ik hebb seggt di, dat ik se all Saterdag draap.“ Hook grinste ihn an, stieß ihn an. „Nicht blot dat. För ji Oller is se ... du weetst.“
Herbert hatte zwar kaum ein Wort verstanden, jedoch das rhythmische Bewegen seines Beckens zeigte ihm auf, dass Hook nicht an Laura dachte.
Monika kicherte. Er verdrehte seine Augen und flüsterte Hook zugewandt. „Ich meinte die Dunkelhäutige, die Tote.“
„De Schwate? Nee, die andere.“
Er erzählte, dass der steile Zahn, wie er sie nannte, in einen Luxusschlitten angebraust wäre, diesem am Kay geparkt hätte und mit einem Typen, der Mann trug eine Tasche, den Anleger betreten hätte.
Herbert jauchzte innerlich. Deckte sich doch Hooks Schilderung mit seiner Theorie. Um sich sein Verzückten nicht anmerken zu lassen, wiegelte er ab. „Was hat sie mit der Toten zu tun?“
„Warte ab. Am nächsten Morgen ging ich um“, Hook stierte in sein Notizbuch, „sieben Uhr schieten. Ich gehe jeden Morgen um sieben Uhr ...“
Herbert kicherte. „Tradition.“
„Mache dich nicht lustig, komm erst einmal in mein Alter. Jedenfalls da hörte ich sie. Ob sie sich gestritten hat oder nur laut geredet wes ick nicht.“
„Die Dunkelhäutige und die andere Frau haben sich gestritten?“
„Nicht de. Ob se sich stritten, wes ich nicht. Mit dem Freerk.“
„Freerk?“
„Freerk Friedson.“
Die Geschichte von Hook schwank in eine Richtung, die Herbert verwunderte. Freerk Friedson war der Wirt und Fischer, Fredericks Vater.
„Dass es die Frau war, weißt du genau?“
„Nicht hundertprozentig. Ihre Haare, ihre“, Hook wandte sich zu Monika, „Brüste sicher, jedoch ihre Beine?“
„Beine?“
„Am Vortag trug se Mini, am Morgen Büx.“
„Hose?“
„Seglerhose.“
„Die Leiche?“, Herbert räusperte sich. „Als sie noch nicht tot war.“
„Die kam von de Stadt, blieb staan und stöckelte dann zur Surfschule.“
„Stöckelte?“
„De was auftackelt, as wull se to een Party.“
„Dann?“
„Dann is de steile Zahn ok runner to de Strand.“
Wenn Hook nicht derart versifft und eine Frau gewesen wäre, hätte Herbert ihn umarmt, geküsst, denn seine Aussage bestärkte seine Hypothese.
Hook klemmte das Notizbuch zwischen seine faltigen Lippen und riss zwei Blätter aus diesem, dann hielt er diese Herbert auffordernd entgegen. „Jung, behollst.“ Er klopfte auf seine Oberschenkel, strich sodann, derweil er aufstand, über Monikas Knie. „Nu is Tied för mien Middagsslaap.“


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Zuletzt bearbeitet:
Hallo Ahorn,

ein paar Kleinigkeiten habe ich gefunden.

Es fehlte nur, dass sie sich eine Gesichtsmaske ...
Konnte sie seine Gedanken lesen?
... sich der Geliebte kein Komma als ihr Ehemann ...
Die Erste Komma sein Ausweis ... Oh, verdammt! Werden in diesem Fall 'Erste', 'Zweite' und 'Plausiblere' wirklich groß geschrieben? Der direkte Bezug ist ja das Substantiv 'Möglichkeiten'.
... vom Vorhaben vervollständigte ihre Garderobe. Vorhaben? Sollte es vielleicht Vorabend heißen?
... mit mindergleichemr Euphorie.
Dein geschnarcht Schnarchen ...
... hatte ihm in ihren Ehejahren kein Komma desgleichen vorgehalten.
... unverhohlen den Standpunkt ...
... bei weitem geringer Komma als zwischen ...
... in der Lage Komma ein Bild ...
Ohne ihn vorher kein Komma um Erlaubnis ...
... auf den Gedanken Komma sich eine von ihren sich überzuziehen.

Geht es jetzt auf die Zielgerade? :)

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

mein Dank.
Oh, verdammt! Werden in diesem Fall 'Erste', 'Zweite' und 'Plausiblere' wirklich groß geschrieben? Der direkte Bezug ist ja das Substantiv 'Möglichkeiten'.
Gefühlsentscheidung. :rolleyes:
Ööm, 'groß geschrieben' kommt in diesem Fall von 'großschreiben', wenn ich mich nicht irre. o_O
Geht es jetzt auf die Zielgerade?
In Bezug auf den ersten Teil, ja.
Zumindest ist Herbert der Ansicht, einen Fall gelöst zu haben. Aber in seiner unnachahmlichen Art, überlässt er die Drecksarbeit dann anderen. Irgendwie ist er ein fauler Hund. ;)

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

... blickte Monika, nachdem sie gleichfalls ausgestiegen an war, verwundert an.
Auf dieser Insel kann man sich sicherlich erholen, ... oder Auf dieser Insel kann man sicherlich Erholung finden, ...
... mit sandfarbenen Steinen verklinkerten Haus zu, ...
Herbert deutete auf Monika, ...
Ich möchte die Revierleiterin sprechen.
... , antwortete er Kalle, ...
Monika im Schlepptau Komma folgte Herbert ...
... an ihm vorbei, erstarrte Komma während seine Kinnlade herunterschnellte.
... in Schockstarre antwortete Herbert:
Bitte setzen Sie sich.
Die Art Komma wie dieser Busse das Wort Polizeistation aussprach Komma sowie sein Dienstgrad Komma zeigten Herbert ...
Nachdem Monika sich an Herberts Seite gesetzt ...
... fuhr ihm Herbert ins Wort.
Sie kennen sie gut?
"Sie hatte in Hannover Komma na ja", ...
... Beine überschlagen und ihre Jacke geöffnete hatte.
... nur von Monikas Beinen, sondern ...
... die Insel ans Herz gewachsen.
Ich halte mich da raus.
Herberts Neugier erwachte.
Herr Busse Komma vor Jahren wurde ...
... besitzen Sie zu diesem Fall Unterlagen?"
... da quoll ihn ihm das Verlangen ...
... sie zu formen Komma ihre kühle Komma emotionslose Art ...
Was wollen Sie?
Herr Busse Komma beruhigen Sie sich.
... auf der Insel, wenn Sie mich verstehen." Zeilenumbruch "Akteneinsicht können Sie in Aurich ...
... Busse, ich verstehe Sie.
Glauben Sie, ich ...
Ich muss Ihnen nicht sagen, ...
... gib ihnen Komma was sie wollen.
... knapp das Nötigste erzählte.
... mit dem Beruf zu tun?"
Herr Polizeiobermeister Komma in welchem Karton?"
... ein wenig anhebend Komma in jene.
... keine Fähre von Norderney abführe.
Jedoch Komma außer diesem Verrückten kein Komma hatte niemand ...

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,
danke für deine Kommata und für den Stupser 'herunter schnellte'. Es heißt natürlich 'hinunter schnellte'. Jedoch zusammengeschrieben wir es nicht. Frage mal nach 'wo-wohin'? ;)
Genau. 'Hinunter' ist eine adverbiale Ergänzung des Ortes und beißt sich daher mit dem Prädikat.

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

okay, wenn Du sagst, dass es so ist, glaube ich das. Wie es scheint, habe ich bei diesen Sachen (zusammen oder nicht zusammen) ein kleine Unsicherheit.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Ahorn,

hier kommt der Kommafuchs. Diesmal waren es ein paar zu viel.

"Voll auflaufen lassen kein Komma hast du mich", ...
Sie fletschte ihre Zähne.
Nach Einsteins stellte ...
... mich an meinen Alten erinnert.
... mit deinem Vater zu schaffen?
Monika schnappte sich das ...
... was ich gleichfalls annehmen?
... die Echte haben wir kein Komma als Veronica ...
Zugegeben Komma aufgeklärt war zu ...
... deine Theorie, dass die Frau ...
... wie einen Selbstmord aussehen zu lassen.
Dass er immer knülle ist.
... darauf war er stolz, bewahrheiteten sich seine Annahmen.
Woher soll ich das wissen?
... er ist keine Frau? Das ist ja klar. Ein Er ist keine Frau. Ich vermute, es soll heißen 'er ist eine Frau', also gar kein Mann, ja?
Ohne ihn vorher kein Komma um Erlaubnis zu fragen ...
Herbert sah ihr, seinen Mund weit aufgesperrt Komma hinterher, ...
... dass sie sich selbst als wehleidige Frau ...
... die auffordernd ins Innere ...
"Dat is alls?" kein Komma Dabei klopfte sie ...

Dat Platt, zumindest einen Teil davon, musste ich mindestens dreimal lesen, um es zu verstehen. o_O;)

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

wieder mal besten Dank. ;)
er ist keine Frau?
Da soll so sein. Nach Herberts Ansicht ist der Mörder weiblich und Monika bringt dieses auf den Punkt, dass daher der Sohn der Wirtin nicht diese Person sein kann.
"Dat is alls?" kein Komma Dabei klopfte sie ...
Doch Komma, da Dat is alls, dabei ... ein Satz ist. Nur, wenn der Satz in der wörtlichen Rede durch einen Punkt abgeschlossen ist, folgt ein neuer Satz.
Dat Platt, zumindest einen Teil davon, musste ich mindestens dreimal lesen, um es zu verstehen.
Schön freut mich. Jedoch und dies muss ich dir im Vertrauen sagen, würde ich nie einen Satz, der inhaltlich von Bedeutung ist, in Niederdeutsch verfassen. Es geht eher um das warum. Ich hätte auch in Sims oder Persisch schreiben können, wenn ich es könnte. :cool:
Außerdem frage dich, wie sich Herbert, wie sich Monika verhalten.
Wenn nicht, die nächsten Puzzlestücke folgen.

Liebe Grüße
Ahorn
 

molly

Mitglied
Achter de Füürtoorn
Sich kurz umdrehend, antwortete sie: »Glaubst du, hier -Vorschlag: Sie drehte sich kurz um und antwortete: "

lief sie bereits, wie ein erfreutes? Mädchen, Vorschlag vergnügt, ausgelassen, fröhliches
oder einfach: lief sie bereits vergnügt über den Strand
Er hatte sie gerade eingeholt, da schlüpfte sie aus ihre Turnschuhe, warf sich sodann in den Sand ..
Ich habe kein Problem damit in Unterhose …
Er zog sich die Schuhe und Socken aus,
Wie erfreut sie ihm dies entgegenwarf, ließ es ihm ihn erahnen, was sie ihm zu sagen hatte.
Nur bis hier
Grüßle
molly
 
Hallo Ahorn,

da muss ich Dir energisch widersprechen, was den "Dat is alls?"-Satz betrifft.
Wenn ich eins hier gelernt habe, dann das, was falsche oder gar keine Inquitformeln sind. Eine Inquitformel beinhaltet immer ein Verb des Sagens (im weitesten Sinne), notfalls ein Hilfsverb, und sie wird mit einem Komma von der wörtlichen Rede getrennt.
Dein Satz Dabei klopfte sie an ihre Wange. ist aber in keiner Weise eine Inquitformel, sondern eine klare Handlung. Daher ist meine Korrektur absolut richtig. Punkt oder Fragezeichen macht keinen Unterschied. Wenn Du es mit Komma trennen oder in diesem Fall eher verbinden willst, dann könntest Du schreiben: "Dat is alls?", rief/klagte/quiekte sie und klopfte dabei an ihre Wange. Ist aber nicht so schick, finde ich.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Nochmal Hallo, lieber Ahorn,

die liebe molly machte mich mit ihren Korrekturvorschlägen darauf aufmerksam, dass ich meine Korrekturen für "Achter de Füürtoorn" nicht in diesem Faden gepostet hatte, sondern im ersten Abschnitt von "Gejagt". Darum hatte sie es wohl nicht bemerkt. Als ich nun "Gejagt - Teil 2" noch einmal gelesen habe, um die Zusammenhänge am Stück zu verfolgen, sind mir doch tatsächlich noch ein paar Dinge aufgefallen.

Achter de Füürtoorn:

"Glaubst du, hier klaut dir jemand deine Unterhose und deine Zahnbürste?"
... verschwand sie hinter einem Busch.
Als er sie wieder erblickte, lief sie ...
... schlüpfte sie aus ihren Turnschuhen, ...
... habe kein Problem damit Komma in Unterhose ...
... sie ihm dies entgegenwarf, ließ es ihm ihn erahnen, ...
... während sie ihren Turnschuhe sowie ...
"Du machst Fehler?"
... warf deren Inhalt auf das Sofa.
Sie warf ihm den Pullover zu, den sie am Strand trug getragen hatte.

De Fisker seen Froo:

Was wäre gewesen, wenn die Kollegen ihn festgenommen hätten?
... derart intensiv gewesen wäre, hätte sich Herbert ...
... vom Vorabend vervollständigte ihre Garderobe.
... all ihren Ehejahren kein Komma desgleichen vorgehalten.
Sie stützte ihre Ellenbogen ...
"Wieso soll er keinen Erfolg bei Frauen haben?"
Tamara als überzeugte Emanze war da anderer Auffassung.
Ohne ihn vorher kein Komma um Erlaubnis zu fragen, ...
... käme er auf den Gedanken, eine sich eine von ihren überzuziehen.


Dood up de Wadd:

... Aurich oder Osnabrück kein Komma, sondern Punkt Wo denn sonst?
"... eine Schwarze ist", fuhr ...
... keine Fähre von Norderney von abführe.
... dass er die Tote einen Tag zuvor zusammen ...

Dat is dat:

Sie fletschte ihre Zähne.
Seit wann interessiert mich, wen du bumst?
Kalle kein Komma hatte den Auftrag, es wie ...
Woher soll ich das wissen?

Und dann noch der Dat is alls?-Satz. Habe ich unter #11 schon ausführlich beschrieben.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Da mach ich mi einen schön Samstag und dann is hier eine Menge los. :)
Hallo molly, hallo Rainer Zufall,
besten Dank. Ich schmeiße dann Mal meine Denkmaschine an. Jedoch, und dieses muss ich mit Entschiedenheit zurückweisen :cool:, ich bin zwar schusselig, dennoch ein Klugscheißer. :D

Der Satz in voller Breite:
Worauf sie ihn anstarrte und grummelte: „Dat is alls?“, dabei klopfte sie auf ihre Wange.
Ohne Einschub der wörtlichen Rede:
Worauf sie ihn anstarrte und grummelte, dabei klopfte sie auf ihre Wange.;)

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

wollen wir uns da jetzt dran festbeißen? ;)
Es macht keinen Unterschied, ob die wörtliche Rede eingeschoben wird oder nicht. Dabei klopfte sie auf ihre Wange. ist ein eigenständiger Satz, der nicht die Art und Weise des Sprechens von "Dat is alls?" beschreibt, sondern eine begleitende Handlung ist. Und eine solche kann nicht als Inquit an die wörtliche Rede angehängt werden. Der Satz kann der wörtlichen Rede unmittelbar folgen, aber keinesfalls mit Komma, sondern nur als eigenständiger Satz.
Sorry, dass ich hier auch mal Klugscheißen muss. Schließlich sind das Lerninhalte, die ich der Leselupe zu verdanken habe.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,
ich würde dir so gerne recht geben, da ich meist nach Bauchgefühl interpunktiere, jedoch sehen das die vom Duden anders.

Wenn ein schließendes Anführungszeichen mit einem Komma zusammentrifft, steht das Komma immer nach dem Anführungszeichen. Im Einzelnen gilt:
  1. Wenn nach dem wörtlich wiedergegebenen Text der Begleitsatz (übergeordnete Satz) folgt oder weitergeführt wird, setzt man nach dem schließenden Anführungszeichen ein Komma <§ 93>. Zum Beispiel
    • „Sie fahren sofort nach Hause!“, befahl er.
    • Sie rief: „Weshalb darf ich das nicht?“, und sah mich wütend an.
    • Als er sagte: „Das war ja wohl eine Schnapsidee!“, wurde ich sehr verlegen.
[Quelle: Duden]


Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

ich wollte Dir ja nichts Böses. Aber das widerspricht doch der Sache mit den korrekten Inquitformeln. Ich bin fassungslos.
Na gut, das erste Beispiel ist eine glasklare Inquitformel. Aber die anderen beiden würde ich trotzdem nicht so schreiben. In beiden Fällen würde ich den Nachsatz nach vorn nehmen.
Also lassen wir es jetzt dabei bewenden. Man lernt eben nie aus.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Ahorn,

... und schrie: "Gewalttätig." Wenn er schon schreit, dann vielleicht keinen Punkt, sondern ein Ausrufezeichen.
... kannte er Monika, wusste, dass sie ihm kein Komma solange auf die Nerven ging, ...
Auf ihrer Art war sie eine ...
... ihr Smartphone auf dem Tressen ab.
Wenn Sie wollen, kann ich ihn anrufen", ...
"Muss das sein? Datenschutz."
"an dem dieser ausgedruckt wurde."
"Woher wissen Sie das?"
"Frau Gerjets Komma da sind Sie sich sicher?"
"Warten Sie". Femke tippte. Den Punkt bitte vor die Gänsefüße.
"Danke für Ihre Auskunft."
"Sie kennen nicht Ihre Angestellten?"
... auf die Idee Komma nach der Uhrzeit zu ...
Jedoch hat er nichts kein Komma mit dem Mord zu schaffen.
Annahme es Bewahrheiten Angenommen, es bewahrheitet sich, dass der Reimer ...
Nehmen wir an Komma er hat, was ...
... an den Strand schleppen Komma und niemand sieht ihn.

Ich bin schon ziemlich gespannt, wo das am Ende hinführt.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,
wiederum besten Dank.

Ich bin schon ziemlich gespannt, wo das am Ende hinführt.
Etappensieg. ;)
Wie ich bereits geschildert habe, ist dieses erst der erste Teil. Und, dieses verdanke ich dir, war der Norderney-Ausflug vorher weitaus kürzer.
Jedoch der Leser, der die scheinbaren Kleinigkeiten registriert hat, ahnt, ob Herbert auf dem richtigen Weg ist oder voll daneben liegt. ;)

Liebe Grüße
Ahorn
 



 
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