Hinter den Feldern

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seefeldmaren

Mitglied
sah ich den Tag, wie er im Nebel stand,
sein letztes Gold verschwamm im Mühlengraben.
Die Ähre trug den Schlaf schon in der Hand,
und schien den Sommer still davonzutragen.

Ein Reiher zog, so weiß, als wüsste er
vom Gleichgewicht der Flügel und der Zeit.
Er trug im Schnabel Heimat und das Meer
und ließ mich dort in seiner Wirklichkeit.

Sah Felder, die im Dämmerlicht verglommen,
der Abend hielt den Tag noch in der Hand.
Ein Stück vom Licht war in die Flur gekommen,
und hing wie Rauch in unbewohntem Land.

Hier lag der Tau, hier sangen einst die Halme,
hier trug der Wind mein Herz in jedes Blatt.
Nun gehn die Jahre über diese Psalmen,
die ich aus Erde lernte
heimatblass.

Dann kam der Pflug, zog Narben in die Tage,
die Ackerhaut war wund und übersehnt.
Das alte Haus, der Himmel leise Klage
um das, was grünt. Geblieben -
ist vergangen.

Die Nacht erschien mir wie ein Engel, wollte
sie einmal suchen noch mit einem Kuss,
doch weil sie fern blieb, kühl in ihrem Golde
erahnte ich, dass ich
bald gehen muss.
 
Zuletzt bearbeitet:

klausKuckuck

Mitglied
Ein wunderbares Gedicht ganz ohne Augenzwinkern – eine Seltenheit in der Lupe. Oder anders gesagt:
Man muss sich trauen, so zu schreiben, selbst, wenn man es könnte.
KK
 

Ubertas

Mitglied
Mon ami, ich melde mich.
Liebe Maren, momentan hänge ich nur in den Lippen und in den Gedanken, die aussprechen und unaussprechbar sind in deinem Gedicht. Das momentan hängen wird ein bewusstes, unterbewusstes. Mein Gott ist das unbeschreiblich.
Da ist das größte Herz.
Ein Kniefall reicht nicht.
Maren, ich weiß nicht mehr, was ich schreiben könnte!
Lieben Gruß, ubertas.
 

Rachel

Mitglied
Du schaffst es aus "Landschaft" etwas Körperhaftes wie Tuch auf die Zeit anzulegen, ich weiß nicht, auch einzuschreiben. Ich meine zu spüren, wie sich beim Lesen aus Erinnerung die Zeit zu Jahrzehnten formt und wie eine frühe Gegend ausschreibt. Ein verlassener Ort erscheint im Bleiben verbildert ... zurückgelassen ... und wieder da. :)

Sehr erfreute Grüße!
 

fee_reloaded

Mitglied
Wahrhaft (und) wunderschön, liebe Maren!

Ich denke, ich weiß, was KK meint mit
Man muss sich trauen, so zu schreiben, selbst, wenn man es könnte.
Umso schöner finde ich, DASS du dich getraut hast. Für mich liegt große Kunst darin, Gedichte in Reimform über - sagen wir mal - "unaufgeregtere" Inhalte (oder solche, die einen eher an einer leisen Innen-Außen-Schau teilhaben lassen, anstatt das Lesepublikum in einer Erwartungshaltung zu bedienen) zu verfassen und diese zu veröffentlichen. Hier zeigt sich, was dabei herauskommen kann, wenn das Geschriebene zugleich das tief Empfundene darstellt und die Sprache und Form der erkennbare und gelungene Versuch sind, sich in tiefer Wahrhaftigkeit selbst nachzuspüren.

Die letzte Strophe ist mir persönlich ev. ein Eitzerl zu dick aufgetragen - aber das muss ich als Geschmackssache einordnen und das tut der Großartigkeit deines Gedichts keinerlei Abbruch. Wirklich wirklich gelungen und berührend - in Stimmung wie auch Machart.

Liebe beeindruckte Grüße,
fee
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo @fee_reloaded,

vielen Dank für Deine netten Worte! Vielleicht fällt mir noch etwas ein, dass den Pathos der letzten Strophe reduzieren kann.
Ich lasse es durch in mein Hirn sickern! :D

Dir ein schönes Wochenende, Fee!

Maren

(Und danke auch für die Sterne!)
 

petrasmiles

Mitglied
Die letzte Strophe ist mir persönlich ev. ein Eitzerl zu dick aufgetragen
Liebe Fee, liebe Maren,

ich möchte Dir Deinen persönlichen Eindruck gar nicht ausreden - lieber meinen zur Seite stellen: Mir erschien gerade die letzte Strophe folgerichtig. Die Wehmut in Anerkenntnis der Schönheit streicht doch alle Verse. Die Natur als System in sich empfängt den Menschen als Besucher und in dieser Schau wird er sich dessen bewusst und empfindet das Trennende, ein Rückzug aus der Anmaßung des Beherrschens, sondern tief empfundene Einsicht in die wahren Zusammenhänge alles Seienden. In jeder Hinsicht ein sich Vollendender. Da ist kein Schimmer von Pathos.
Vielleicht meinte genau das KlausKuckuck, man müsse es sich trauen ...

Liebe Grüße
Petra
 



 
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