Lucie auf dem Weg ins Glück - eine Fortsetzungsgeschichte

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....Ich brauchte nur was zum Schmunzeln (nach einer Wurzelbehandlung ... o_O). Da fiel mir Deine Geschichte wieder ein.
Ui. Du hast mein aufrichtigstes Mitgefühl, lieber Rainer!!!!

Bei mir ist morgen eine Implantatfreilegung angesagt...aber Wurzelbehandlung ist schon mit Abstand das Fieseste. Ich hoffe, für dich ist das Gröbste überstanden und die Behandlung fertig!

LG,
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Lucie auf dem Weg ins Glück

Teil 13




Langsam dämmerte Lucie, dass das mit dem Gedicht nicht so rasch klappen würde, wie sie sich das gedacht hatte. War vielleicht ganz gut so, überlegte sie. Inzwischen könnte dom_0815s Wut ordentlich verrauchen und das wäre sicher von Vorteil für sie. Aber vielleicht sollte sie sich - nur für den Fall der Felle - nach Alternativen umsehen. Sprich: anderen potentiven Doms. Sie hatte ja noch nicht alle PNs abgearbeitet, fiel ihr plötzlich wieder ein! Wie unhöflich von ihr!

Die erste der drei verbliebenen PNs hatte im Betreff

"Ich würde mich freuen..."

stehen. Na, das klang doch einmal angenehm normal, fand Lucie. Klick:

"...wenn du deine Beweglichkeit mit mir in einer Bondage-Session ausprobieren möchtest, liebe lucie_lecktrikk!

Bondage kann etwas sehr Meditatives und Erfüllendes haben, wenn es dem Top gelingt, Bottoms Vertrauen zu gewinnen.
Dann kann sich diese ganz fallen lassen und Erotik von einer ganz besonderen Seite erleben.
Die Stille, die dem Prozess innewohnt, lädt ein, tief in sich hinein zu spüren. Die Seile geben den dazu nötigen Halt.
Die Schönheit der Posen halte ich gerne in SW-Fotografien fest. Letzteres natürlich - wie auch alles andere - nur mit dem Einverständnis der Bottom.

Ich bin erfahren in Shibari, aber auch Zweck- und Zierbondage.
Du musst nicht maso sein, aber ein wenig Spanking sollte dir schon Spaß machen, damit wir beide lustmäßig auch auf unsere Kosten kommen.

Natürlich wäre ein erstes Treffen in einem Cafè oder an einem anderen Ort deiner Wahl ein guter Anfang, um herauszufinden, ob es da gemeinsame Schnittstellen und Sympathien gibt.
Oder wir lernen uns erst einmal per Mail oder im Chat hier ein wenig besser kennen. Ganz wie du möchtest.
Ich würde mich sehr freuen, von dir zu hören!

Beste Grüße,


2R_bonding"


Einer mit einem Ingenieurstitel - wow!
Lucie fühlte sich geschmeichelt. Er klang nett. Allerdings konnte sie - wieder einmal - mit gefühlt der Hälfte der Ausdrücke nicht viel anfangen. Top und Bottom - das hieß doch nur anders für "oben" und "unten", oder? Aber wer war denn wann oben und wer unten? Das wechselte doch beim Sex - also zumindest, wenn man nicht nur die Missionarsstellung machte!

Bondage - das war das mit den Seilen, wo Subs wie Pakete verschnürt an Deckenhaken hochgezogen wurden. Sie hatte da in der Foto-Galerie des Forums einige - zugegebenermaßen richtig schöne - Bilder gesehen. Einige waren auch nicht so toll gewesen, zugegeben! Wer wollte schon sehen, wie hässliche Dellen (vielleicht sogar noch mit Zellulose!) überall zwischen den Seilen herausquollen. Und die dann auch noch gnadenlos mit Blitzlicht neben dem Fliesencouchtisch mit Höhenverstellung vorm karierten Sofa mit der Blümchentapete dahinter festgehalten (und rechts im Bild noch eine Ecke von Ommas Häkeldeckchen)! Huahhhh! Aber die edlen Bilder mit Subs in wirklich coolen Posen hatte sie schon erstaunlich und auch äußerst ansprechend gefunden.

Lucie versuchte sich vorzustellen, wie das wäre, wenn sie so verschnürt ganz der Gewalt eines Kerls ausgeliefert war. Das war eher nicht so ihr Ding, musste sie zugeben. Sie behielt im Bett schon gerne die Oberhand und gab das Tempo vor, wenn sie ehrlich war. Aber die Handschellen, die Kevin damals so halb verschämt aus der Sporttasche gezaubert hatte, hatten sie doch ordentlich in Fahrt gebracht, wie sie sich erinnerte. Doof nur, dass sie so unangenehm hart an den Handgelenken gewesen waren.

Bei Seilen wäre das ja anders. Lucie versuchte Für und Wider abzuwägen. Das war gar nicht so einfach, wie sie feststellte.
Spanking! Hach!
Und edle, sexy Fotos! Coooool!
Der Nick klang dafür ein wenig nach diesem Fleckentferner-Spray, den ihre Omi früher in besonders kritischen Fällen verwendet hatte. H2R oder so. Nicht ganz so prickelnd. Aber darüber konnte man ja hinwegsehen, wenn der Typ dahinter passte und das Richtige machte, oder? Und vielleicht war er ja in der Fleckentfernungsbranche tätig. Ein Typ, der es mal selbst mit Reinlichkeit genau nahm, wäre eine durchaus willkommene Neuheit in Lucies Liebesleben gewesen, wie sie sich eingestand.

Dass er Blumen stecken und Pakete verschnüren konnte, war zwar sicher kein Nachteil, aber sie verstand nicht ganz, weswegen er das erwähnte. Na, vielleicht, um seine Kulturiertheit zu betonen.
Der Mann hatte offensichtlich Stil. Das gefiel Lucie, war es doch etwas, mit dem sie auch weniger oft in Berührung kam. Die Typen vom Fitness-Studio konnten jedenfalls damit nicht aufwarten.

Spanking! Lucie hatte sofort gegoogelt - Wikipedia hatte erklärt, das wäre ein anderes Wort für Verhauen! Lucies Augen hatten zu strahlen begonnen. Sogar ihr Teppichklopfer war in der Liste möglicher Spanking-Geräte erwähnt. Da hatte sie also gespankt, ohne es zu wissen. Hah! Sie war eben doch eine Naturbegabung! Hatte sie es doch geahnt!

Ob sie mit Stille und Meditativem viel anfangen würde können, konnte sie nicht so recht sagen. Andererseits war es auch ganz okay, wenn ihr mal einer nicht das Ohr abkaute beim Dauerprahlen mit seinem Bizepsumfang oder dem neuen Vierzylinder. Und so ein paar Hochglanzbilder von sich - edel verschnürt und in waghalsiger Pose? Wenn DAS nicht geil klang!? Die sah sie vor ihrem geistigen Auge schon im Großformat an ihrer Schlafzimmerwand. Yesssss!!! Und "nicht maso sein" zu müssen klang auf jeden Fall gut. Keine Wäscheklammern an Nippel oder sonstwelche Piesackereien! Super!
Der Bondage-Ingenieur wurde schon mal vorgemerkt.


Die vorletzte PN kam von einem "Dom_pteur" und hatte den Betreff

"Die gut abgerichtete Sub".

Lucie fühlte sich bei dem eigenartigen Nick unangenehm an den Pteranodom erinnert und zögerte. Der hatte sich noch nicht wieder gemeldet. Vermutlich war sie zu forsch vorgegangen und hatte ihn verschreckt. Manche Typen kamen mit ihrer selbstbewussten Art nicht gut zurecht. Aber genau genommen war er ohnehin ein wenig neben der Spur gewesen, wenn sie sich recht erinnerte.
Aber mal sehen, was Dom_pteur so schrieb.

"Bei der ernsthaften Abrichtung einer Sub gehört Käfighaltung ebenso zum Repertoire wie das Tragen eines Keuschheitsgürtels und das Führen eines Beicht-Tagebuches.
Ich biete all das und noch mehr! In meinem kleinen Privatverlies befinden sich außerdem ein Käfig, ein Nassraum für Wasserspiele, ein Pranger, ein Andreaskreuz und natürlich eine große Auswahl an Schlag-Geräten sowie - Belohnung muss schließlich auch sein - ein Reizstromgerät und ein Magic Wand."


Lucies Fingernägel waren schon wieder zwischen ihren Zähnen. Abrichtung? Wie - am Hundeplatz? Käfighaltung?
Um welche Tiere musste sie sich da dann kümmern? Über diesen Fragen war ihr Entsetzen über den Keuschheitsgürtel gleich wieder vergessen.
Wenn er eine Tierpflegerin wollte, dann sollte er wohl eher in den Gelben Seiten in der passenden Rubrik nachsehen, oder? Und Gerammel zwischen armen in Käfige gezwängten Tieren - auch das konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen! Kranke Typen gab es - das war unfassbar! Sollte sie dann beichten, wenn sie das Füttern oder Käfig-Reinigen nicht ordentlich gemacht hatte? Oder wie?

Wasserspiele - an die konnte sie sich noch von der Reise als Kind damals nach Salzburg erinnern. Das war sehr hübsch und spaßig gewesen, wenn da plötzlich in der schönen Parkanlage die Fontänen aus den steinernen Sitzbänken sprühten und die Besucher fröhlich kreischten. Aber indoor? Na, ob das was konnte?
Seine Schmuck- und Schlagzeugsammlung hatte er auch noch - so nebenbei - angeberisch ins Rennen geführt. Aber mal ehrlich - wer trug heute noch Kreuze an Kettchen und verehrte irgendwelche aus der Mode gekommenen Heiligen? Vermutlich war der schon so ein richtig alter Knacker (und konnte sich deshalb nicht mehr selbst um seine vielen Tiere kümmern).
Lucie war wenig angetan vom Gesamtbild, das sich da vor ihr formte.
Und dann noch so ein elektrisches Massagedingens? Ihre Oma hatte ein elektrisches Fußmassagegerät. Das war jetzt nicht so der Burner, wenn man ehrlich war. Und was eine Zauberwand war, wollte sie jetzt - ehrlich gesagt - gar nicht mehr wissen. Zum Googlen war ihr die Lust vergangen und Magie kannte sie nur von peinlichen Magiern auf Kinderparties, die sie manchmal ihrer Nichte zuliebe gezwungen war zu besuchen.

Sie klickte die PN weg, ohne fertig zu lesen. Franzose hin oder her - dieser Dom war definitiv nichts für sie. Das war ganz klar.

Die letzte PN hatte den Betreff

"Die Hand, die die Gerti schwingt..."

und kam von einem "gertmaster". Lucies Gesichtsausdruck verwandelte sich von angestrengt zu fassungslos.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo fee,

danke! Danke, dass Du mir den Tag versüßt hast. Die arme Lucie ist wirklich nicht zu beneiden. Ob sie je eine Entscheidung treffen wird?

Liebe Grüße,
 

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Lucie auf dem Weg ins Glück

Teil 14




Da war also der Gert schon Herr und Meister einer Gerti und ließ die dann für sich das Spanking übernehmen? Wie schräg war das denn?

Lucie war kein Fan von flotten Dreiern und wenn, dann doch wohl sie mit zwei Kerlen, wenn überhaupt!
Eine Konkurrentin im Schlafzimmer kam nicht in Frage. Sie teilte gutmütig, gerne und großzügig - aber Männer nicht. Da fuhr die Eisenbahn vorbei!
Das würde also nichts. Aber dass die beiden auch noch gleiche Vornamen hatten, fand sie am gruseligsten. Gert und Gerti - das klang dann doch gefährlich nach Häkeldeckchen-Bondage und Blümchentapeten im Schlafzimmer. Sie klickte die PN gar nicht erst an.

Hm. Damit waren die Nachrichten erst mal abgearbeitet. So richtig gezündet hatte keine, wenn sie ehrlich war.
Das war aber auch ein schräges Völkchen hier in diesem BDSM Forum. Sie hatte gedacht, in einem so spezialisierten Umfeld mit Herren und Sklavinnen wäre dann doch eine einheitlichere Meinung und geradlinigere Gangart zu finden. So aber klang das nicht anders als das, was ihre Freundin Cheyenne über ihre Dating-Plattform-Erfahrungen berichtete. Jeder wollte etwas Anderes und alle hatten eine mega Liste an Anforderungen an ihre Traumpartnerin bezettweh Wunschsub. Da war im Lyrikforum doch der weit strengere Tonfall zu finden gewesen, wie sie fand.

Das Gedicht!

Vielleicht sollte sie sich doch noch einmal intensiver damit befassen. Sie musste zugeben, dass dom_0815 doch noch mit Abstand am strengsten und entschlossensten gewirkt hatte. Der war mit dem Thema Bestrafung und generell ziemlich flott zur Sache gekommen, wenn auch etwas verhaltensoriginell. Mit ihrer Reimesammlung war sie nicht wirklich glücklich, aber ihre Recherche hatte ihr noch ein weiteres Tool geliefert, das sogar ganz alleine ein modernes Gedicht zu vorgegebenen Wörtern verfasste! Das Poetron.

Anfangs war sie angesichts der dort gelieferten Ergebnisse etwas entsetzt und auch ratlos gewesen, hatte dann aber bei genauerer Suche und nach gründlicherem Vergleich im Lyrikforum durchaus hochgelobte Texte entdeckt, die bewiesen, dass diese Maschine etwas konnte. Sie hatte festgestellt, dass sie zwar weder mit diesen Texten dort noch mit den meisten der Kommentare darunter etwas anfangen konnte - manchmal waren sogar die Kommentare poetischer als das Gedicht selbst und noch verschwurbelter, wie sie fand - , aber die machten das dort alle sicherlich schon länger und waren daher ziemlich verlässlich Meister ihres Faches.
Nicht wenige wiesen in ihren Antworten auf Kommentare ja auch ausdrücklich auf ihr großes Wissen und das entsprechende Nichtwissen der anderen hin. Wenn das nicht die wahren Doms waren, dann wusste Lucie auch nicht. Irgendwie vermisste sie derlei selbstbewusstes Auftreten im BDSM Forum ein wenig.

Sie erinnerte sich, dass dom_0815s Gejammer bei der Forenleitung, sie hätte sich über ihn lustig gemacht, doch reichlich armselig gewesen war. Ob sie wirklich ihre Energien an ein Gedicht für ihn verschwenden sollte? Kurz schreckte sie aus ihren Überlegungen hoch, als sie etwas Nagellack zwischen ihren Zähnen splittern fühlte. Verflucht! Das Ganze brachte sie noch total aus dem Lob!

Sie hatte das Poetron allerdings erst überlisten müssen, denn als sie ihre Wunschwörter "Schlampe", "Schmerz", "leiden" und "demütig" eingeben wollte, war sie darauf hingewiesen worden, dass der Begriff Schlampe "die Mogule paradisierte" oder so. Also hatte sie nach kurzem hochkonzentriertem Nachdenken Schlampe durch "Pampe" ersetzt. Sie konnte ja das richtige Wort nachher einsetzen. Insofern war die Reimemaschine doch nicht ganz unhilfreich gewesen. Lucie fand, sie war sehr clever gewesen. Sie hatte mehrere Versuche beim Poetron durchlaufen lassen.

Der erste Treffer war zwar schon ganz brauchbar gewesen, aber Vergleich machte bekanntlich sicherer. Gedicht eins also lautete:

Winzige Gabe für Pampe

Pampe.
Mein demütiges Ding du!
Schmerz, meine einsame Nähe.
Jenseits der Nacht - mehr als man glaubt!
Leidet - ja schreie es!
Mästet!
Welch spöttisches Glück!
Pampe du.
Aggressiv im ewigen Raum.
Pampe zwischen Erfinden und Mästen.
Pampe meist ach so aktiv.



Die viele Pampe war ihr doch kurz aufgestoßen, aber dann war ihr wieder eingefallen, dass sie diese ja austauschen wollte. Dann klang das gleich ganz anders! Und in keinem der anderen Vorschläge kam Schlampe dann so oft vor wie hier. Sie hatte auch die eher aktiven und aggressiven Töne gut gefunden. Das war mal stark - nicht dieses Herz-Schmerz-Gesülze der anderen Subs da! Wollsocken-Subs, Zeit, euch warm anzuziehen!

Ein weiteres Gedicht des Poetrons, das es in Lucies Liste für einen möglichen Einsatz geschafft hatte, war dieses gewesen:

leidende Schmerzen

Es leiden die demütigen Schmerzen.
Leidender Ort:
Sie leiden und brunzen bei Gott demütig.
Meinethalben -
Brunzen sie verlegen und neu?
Bedenke!?
Sie leiden bei Gott fies!

Pampe darf jenes dann blubbern.



Sie hatte im Lyrikforum nicht wenige Texte gelesen, in denen pissen und andere Formen der körperlichen Erleichterung Thema gewesen waren. Nicht wenige davon hatten, wie ihr aufgefallen war, die meisten Aufrufe im Forum erhalten - wenn das kein Trabant für gefragte Lyrik war, was dann? Mit dem Blubbern war sie noch nicht so ganz zufrieden, aber was wusste sie schon von guter Lyrik? Vielleicht war das ja einer dieser "Stiel-Brüche", die in Kommentaren oft lobend als Spannungsmoment erwähnt wurden. Insgesamt aber, fand sie, klang das Gedicht doch sehr spannend und avongradistisch. Vielleicht verlangte sie den BDSMern da etwas viel ab, aber vielleicht sortierte ja auch genau das gleich die Dumpfbacken aus dem Interessentenkreis aus. Klar - zu intelektuhell wollte sie nun auch wieder nicht erscheinen! Welcher Kerl hatte schon gern eine Mieze, die klüger war als er!? Die richtige Dosierung war gefragt!

Am besten aber hatte ihr bis jetzt dieser Vorschlag des Poetrons gefallen:

demütige Schmerzen

über reinem Adlerflügel

avantgardistische Entwicklungen
und ein Muskel

blaue Mitten
leiden davon

Pampe
und die fluchende Welt



Das war das Gedicht, das sie am wenigsten verstand und wenn sie das verglich mit den Gedichten im Forum, hatte sie erkannt, dass genau die, die bei ihr die meisten Fragezeichen hatten hochsteigen lassen, auch die meistkommentierten und -geklickten gewesen waren. Hah! Sie war vielleicht nicht gebildet, aber doof war sie definitiv auch nicht! "Schlampe und die fluchende Welt" - das klang doch richtig gut nach, wie sie fand. Und gegen Muskeln hatte sie ja noch nie etwas einzuwenden gehabt. Bei "Entwicklungen" fühlten sich vielleicht die Bondage-Typen angesprochen. Auch nicht schlecht!

Lucie überlegte, ob sie per Auszählreim eine endgültige Wahl treffen sollte.
 

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Lucie auf dem Weg ins Glück - Teil 15


Lucie hatte beschlossen, ihrem Bauchgefühl zu folgen und sich schließlich für das letzte Gedicht entschieden. Die Suche nach einem Titel hatte sich noch als unerwartete Hürde erwiesen, doch dann war ihr der Einfall gekommen, es, wie sie es in manchen Galerien gesehen hatte, in die einer ihrer Exe sie gerne geschleift hatte, unter "Ohne Titel" ins BDSM Forum einzustellen. Das machte sicherlich zusätzlich Eindruck!

Da stand es also seit einer Woche weiß auf schwarz (das ganze Forum war in Schwarz gehalten, was wohl die vielen Fotos mit schwarzem Latexfummel und schwarzem Lederzeugs unterstreichen sollte) und sah, wie sie zufrieden fand, richtig professionell aus:



Ohne Titel

Demütige Schmerzen
über reinem Adlerflügel

avantgardistische Entwicklungen
und ein Muskel

blaue Titten
leiden davon

Schlampe
und die fluchende Welt




Die "blauen Mitten" hatte sie in letzer Sekunde noch in "blaue Titten" umgeschrieben, da sie sich beim besten Willen keinen Reim darauf hatte machen können, wie Mitten überhaupt leiden hätten können. Am ehesten waren ihr da Bauchkrämpfe eingefallen und das war doch reichlich abtörnend. Da war etwas Konkreteres gefragt und sie fand, mit blauen Titten wäre sie in einem Forum, in dem es neben geilem Sex ja auch ums lustvolle Kloppen ging, auf der sicheren Seite. Bisher war - was sie sich eigentlich nicht wirklich erklären konnte - keine Reaktion dazu gekommen. Na, vielleicht hatte sie die Doms dort doch etwas überschätzt. Und vielleicht, sagte sie sich, wäre ja ein Dom, der das Gedicht tatsächlich verstand, ihr ohnehin viel zu clever und einer von diesen anstrengenden, ewigquasselnden Alleswissern. Sie war also nicht allzu enttäuscht, wenn sie ehrlich war. Und dass Dom_0815 nicht reagiert hatte, hatte sie in ihrem Entschluss bestärkt, ihn als möglichen Dom endgültig auszuschließen.

Dafür hatte sie sich dabei ertappt, doch reichlich oft an das von dem Bondage-Ingenieur erwähnte Spanking denken zu müssen. Im Fitnessstudio, war ihr aufgefallen, hatte sie plötzlich einen ganz anderen Blick auf die Geräte und deren Seilzugmechaniken und war ab und zu ins Träumen abgeglitten, was leider wiederum ihrem Boss Mario aufgefallen war. Der hatte sie bereits mehrmals stirnrunzelnd mit einem kleinen Klapps im Vorbeigehen ins Hier und Jetzt zurückgeholt. Etwas, das sie, wie sie selbst mit leisem Erstaunen feststellte, nur noch unkonzentrierter gemacht hatte.

Schließlich hatte sie sich einen Ruck gegeben (auch, um ihren Job nicht länger zu gefährden) und auf 2R_bondings Message geantwortet. Ihre Bedenken der "Stille" wegen, die er erwähnt hatte, hatte sie schließlich fallen lassen, als sie erkannt hatte, dass das ja beim Yoga durchaus ähnlich war. Und da nahm sie die Stille nur dann bewusst wahr, wenn einer der Teilnehmerinnen bei einer besonders anstrengenden Position ein Lüftchen entwich oder jemand im Entspannungsteil einschlief und zu schnarchen anfing. Sie hatte sich daraufhin vorgenommen, vor der ersten Bonding-Session bewusst auf möglicherweise blähende Speisen zu verzichten. Jedenfalls war sie fest gewillt, geil gespankt zu werden und auf die tollen Hochglanzfotos war sie wirklich heiß.


"Werter Herr 2R_bonding!"

hatte sie die Antwort begonnen. Auf Nummer Sicher zu gehen und gleich mal ein wenig Demut vorzutäuschen, war sicher kein Fehler, fand sie.

"Dein Angebot klingt äußerst verlockend und ich würde gerne darauf eingehen.

Also auf jeden Fall Fotos! Und Spanking passt auch!
Da ich noch keine Erfahrung in diesem Bereich habe, also Bondage jetzt (Sex, Fotosessions und Spanking natürlich schon), müsste ich natürlich vorher noch genauer erfahren, wie das abläuft. Da ich in deinem Profil gesehen habe, dass du nur so dreißig Kilometer von mir entfernt wohnst, können wir uns gerne im "Titanic" dort treffen. Ich komm da immer gratis rein und du sicher auch, wenn du Egon an der Tür nach mir fragst. Wann passt es bei dir denn?

Mit freundlichen Grüßen,

Lucie H."


Gleich nach dem Absenden der Nachricht war ihr mit Schrecken eingefallen, dass sie gar nicht nachgesehen hatte, wie alt der Ingenieur eigentlich war. Zu dumm! Was, wenn der so ein alter Knacker über vierzig war? Mit dem wollte sie in ihrer Stammdisco nicht so gerne gesehen werden. Und beim nochmaligen Durchlesen ihrer Nachricht war ihr aufgefallen, dass sie reichlich galopp geschrieben hatte. Da hatte sie sich wohl von der Vorfreude auf Spanking und Fotos zu sehr mitreißen lassen.
Und mit der Erfahrung im Spanking hatte sie, wie sie sich eingestehen musste, auch etwas dick aufgetragen. Einmal mit dem Teppichklopfer ein paar Striemen gezogen, die noch nicht einmal einen Tag gehalten hatten - das zählte in Wirklichkeit wohl nicht. Lucie log aus Prinzip nicht (außer, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ) und war mit sich reichlich unzufrieden.

Tja, zu spät! Die Sorge hatte ihr den gesamten restlichen Abend verdorben und sie war mit einer Tasse warmer Milch mit Honig ins Bett gegangen; ein Hausrezept ihrer Omi für den Fall, dass man nicht einschlafen konnte. Mehr, als den Dingen ihren Lauf zu lassen, konnte sie nun ohnehin nicht tun. Die Milch tat zum Glück ihre Wirkung und Lucie glitt dankbar in den ersehnten Schlaf.
 

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Lucie auf dem Weg ins Glück - Teil 16



Etwas lief ganz und gar und allerschrecklichst schief, wie Lucie unter Schmerzen erkennen musste! Warum nur hatte sie sich auf die Bondage-Session eingelassen?!

Nun hing sie hier verschnürt in einem engen, düsteren Badezimmer mit psychedelisch gemusterten Wandfliesen und Ausstattung in Hornhaut Umbra und Kotzorange original aus den Sechziger Jahren und die dicken, hässlichen Hanfseile juckten und schnitten an Stellen ein, die eigentlich prickelndere Behandlung verdient hätten.
Von Anmut konnte auch nicht die Rede sein: sie war wie ein Frosch im Tümpel weit aufgespreizt mit angewinkelten Knien in Form gebunden, die Arme wie ärmliche Hühnerflügelchen an den Seiten fixiert.
Nun wusste sie auch, was mit der "Stille" gemeint gewesen war: in ihrem Mund steckte ein grausig schmeckender Gummiknebel, dessen Schnalle im Nacken bei jeder kleinsten Bewegung fies an den Haaren ziepte. Sie stieß ein wütendes Wimmern aus und zu ihrem eigenen Ekel tropfte ein langer Faden Speichel auf die lindgrünen Bodenfliesen und vergrößerte so die schleimige Pfütze, die sich dort schon gebildet hatte.

Der Versuch eines zornigen Protestzappelns hatte zur Folge, dass plötzlich die Befestigung in der Decke mit einem Ruck nachgab. Lucie sackte unter panischem Kreischen einige Zentimeter Richtung Schleimpfütze, bevor ihr Abwärtsflug unsanft gestoppt wurde. Das Ausschwingen ihres zur Froschversion eines Rollbratens verschnürten Körpers wurde von einem beunruhigenden Knirschen des Mauerwerks über ihr begleitet. Lucie versuchte einen Blick auf die Lage zu erhaschen und erkannte im Badezimmerspiegel, dass ihre Aufhängung direkt an der Badezimmerdeckenlampe befestigt war, die nun bei der kleinsten Bewegung aus ihrer Halterung zu rutschen drohte.

Von wegen Ingenieur! Das hier war Mission Impossible in seiner schlechtestmöglichen Version! Sie hätte sich ohrfeigen können, weil sie so unvorsichtig gewesen war!

Noch hatte sie keine Gelegenheit gehabt, ihren Peiniger zu sehen. Eigenartig! Hatte sie auch noch eingewilligt, sich ohne vorheriges Kennenlernen und mit verbundenen Augen direkt bei ihm zu treffen? Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Vermutlich hatte er ihr irgendwelche Drogen in ihren Cocktail geschüttet. Aber welcher Cocktail und wo? Ihr Denken war zu verschwommen, um auch nur einen klaren Gedanken fassen zu können.

"Und weil du so brav warst, bekommst du heute auch nicht den Poppes voll!" säuselte plötzlich eine greisenhafte Stimme dicht an ihrem Ohr. Lucie erstarrte. "Sieh nur, woraus du hättest wählen können, wärst du nicht so ein braves Mädchen gewesen". Mit diesen Worten wurde ein kleiner, stark abgenutzter, durchsichtiger Rollcontainer in ihren Sichtradius geschoben, in dem sich allerlei ehemals bunte, weil offensichtlich schon lange ungereinigte Gerätschaften abzeichneten.
Eine faltige, hagere Hand mit Altersflecken und ungepflegten, fahlgelben Fingernägeln hob den Deckel ab und zum Vorschein kamen allerlei Schlaggeräte, wie Lucie sie von Bildern aus dem Forum kannte. Flogger, Paddels, Riemenpeitschen - alles in einem Mustermix aus grellem Pink und Leopardenlook, eine lila Federboa mit großteils verklebten und verkrusteten Federn, ein weiterer Knebel aus hellblauem Plüsch (der musste doch entsetzlich fusseln im Mund! Lucie musste würgen beim Gedanken daran), ein paar Wäscheklammern in giftgrün mit kleinen Marienkäfern darauf (echt jetzt?) und etwas, das dem Fußmassagegerät ihrer Omi verdächtig ähnlich sah.

Dann griff die runzelige Hand nach einem Gegenstand, der sich als grünroter Samt-Haarreif mit Rentiergeweih entpuppte, und die Altmännerstimme krächzte vergnügt "So! Das setzten wir dir jetzt noch auf, dann hol ich die Häkeldeckchen und wir machen ein riiichtig schööööönes Fotoooo!!!!"

Mit einem Schrei fuhr Lucie schweißgebadet in ihrem Bett hoch.
 

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Lucie auf dem Weg ins Glück - Teil 17


Die Hand auf dem wild pochenden Herz saß Lucie einige Minuten aufrecht im Finstern im Bett und versuchte, den üblen Nachhall des scheußlichen Albtraums abzuschütteln. Dann knipste sie das Nachttischlämpchen an und holte sich ein Glas kaltes Wasser und den Laptop ans Bett. Sie musste das Ganze abblasen!
Der Schäfchenwecker zeigte drei Uhr morgens. Egal! Sie konnte nicht wieder einschlafen, bevor sie die Dinge nicht in die Gerade gerückt hatte.

Klar - es war schon unangenehm und reichlich peinlich, einen solchen Rückzieher zu machen und üblicherweise etwas, das ihr Stolz ihr verbot, aber der Traum hatte ihr bewusst gemacht, welche Gefahren da lauern mochten, die sie noch gar nicht bedacht hatte. Wie naiv sie gewesen war, zu meinen, sie könnte ganz unbekümmert und eben mal schnell ihr Sexleben aufmotzen, indem sie wildfremden Kerlen erlaubte, sie zu verschnüren und zu verhauen! Da war wohl der Wunsch des Vaters der Gedanke gewesen, wie sie zugeben musste (eine Redewendung, die sie nie so ganz verstanden hatte, wenn sie so darüber nachdachte).

Mit noch zittrigen Fingern loggte sie sich im SM-Forum ein. Noch hatte 2R_bonding nicht auf ihre PN reagiert, ihre Nachricht aber laut Anzeige der Forensoftware gelesen. Ob sie mit ihrem doch reichlich galoppierenden Schreibstil einen schlechten Eindruck gemacht hatte? Schließlich wusste sie nur zu gut, dass vor allem der erste Eindruck zählte! Lucie kaute grübelnd an ihrer Unterlippe. Dann fiel ihr ein, dass es in diesem Fall vielleicht ja sogar Glück im Unglück wäre, wenn er sich entschlossen hatte, sich doch nicht mit ihr treffen zu wollen. Trotzdem tippte sie entschlossen eine neue Nachricht an ihn in die Tastatur.

"Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Angebot nicht länger für uns von Interesse ist und wir uns daher gezwungen sehen, von einer möglichen Vereinbarung Abstand zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen,
Lucie H.

Geschäftsassistenz"

Sie wollte eben auf "Absenden" klicken, als ihr ihr Fehler auffiel. Du meine Güte! Da hatte sie in ihrer Aufregung doch glatt die geschäftliche Floskel für Absagen an Müsliriegel-, Proteinshakehersteller und Co. verwendet, die Mario ihr beigebracht hatte, damit sie ihn bei dem lästigen Bürokram ein wenig unterstützen konnte. Die hatte sie letztens auch privat erfolgreich verwendet, als sie den morgendlichen Brötchenlieferdienst gekündigt hatte.

Sie wollte sich gar nicht vorstellen, was der Ingenieur davon wohl gehalten hätte. Das klang viel zu formell und unpersönlich! Aber wie sollte sie ihm erklären, dass sie nun so plötzlich abspringen wollte. Sie konnte ihm ja schlecht von dem Albtraum erzählen. Sie grübelte lange, tippte, löschte, tippte, löschte wieder. So wurde das nix! Vielleicht war es ja besser, erst mal über die Sache zu schlafen (diesmal hoffentlich ohne Albtraum!). Dass man die Finger nicht übers Knie brechen sollte, hatte ihre Omi schon immer gesagt und das war wohl eine kluge Sache, sagte Lucie sich.

Seufzend legte sie den Laptop beiseite. Das Schäfchen zeigte inzwischen vier Uhr dreißig und lächelte sie besänftigend an. Lucie musste herzlich gähnen. Sie war hundemüde! Nur wenige Minuten nachdem sie das Licht ausgeknipst hatte, war sie auch schon wieder eingeschlafen.


***

Am nächsten Morgen checkte sie bei einem Stehfrühstück noch rasch ihre Nachrichten-Inbox im Forum. Der Bondagetyp hatte sich noch nicht gemeldet, dafür aber wartete eine neue PN mit dem Betreff

"Blaue Titten"

auf sie. Die kam von einem "FolterknechtRuprecht". Was für ein Nick! Lucie musste kichern. Doch dann meldete sich eine Resterinnerung an den schrecklichen Traum der letzen Nacht und sie beschloss, den "Folterknecht" ernster zu nehmen. Wenn schon der Name mittelalterlich klang, waren vielleicht auch wirklich mittelalterliche Foltermethoden mit im Spiel. Kurz zögerte sie, ob sie die PN überhaupt lesen sollte oder nicht doch lieber direkt löschen.

Sie gab sich einen Ruck und klickte die PN an.

"Tolles Gedicht!" stand da.

"Bin schon lang auf der Suche nach einer echten Extrem-Maso-Sub. Möchtegernsubs gibts ja wie Sand am Meer, aber leider kaum welche, die wirklich maso sind und Schmerzen richtig geil finden. Wenn du blaue Titten und noch andere Körperteile haben willst, bist du bei mir richtig! Bei mir kannst du fluchen und heulen, so viel du willst.

Ich hab, wie du, ein Adlertattoo und mein Schlagmuskel funktioniert einwandfrei, denn er wird wie alle meine Muskeln sorgfältig trainiert. Wenn du zusätzlich noch auf Blut stehst, wäre das echt perfekt.
Was sagst du dazu?

Finstere Grüße!


der fiese Folterknecht ;) "

Und wieder einmal war Lucie schlicht sprachlos. Das hatte sie mit ihrem Gedicht definitiv nicht bezweckt! Und wenn sie das richtig gelesen hatte, betrieb der hier einen (sicher illegalen) Handel mit Körperteilen und Blutkonserven. Ganz ungeniert mitten im Forum. Wie dreist und zugleich gruselig! Dachte der ernsthaft, es würde sich jemand darauf melden? Ob jemand auf die doch reichlich plumpe Täuschung durch das Smilie am Ende der PN tatsächlich hereinfiel? Lucies Fingernägel befanden sich schon wieder zwischen ihren Zähnen.

Oder war es am Ende noch abartiger und er war einer von denen, die Blut tranken und sich für Vampire hielten? Sie hatte erst unlängst darüber eine hochseriöse Doku auf einem Privatsender gesehen. Die schliefen in Särgen und schminkten sich so grottenschlecht, dass man beinahe Mitleid mit ihnen haben konnte. Lucies Gehirn arbeitete auf Hochtouren.
Aber vielleicht war das Ganze ja noch perfieber und es handelte sich hier um einen verdeckten Ermittler, den man als Lockvogel ins Forum eingeschleust hatte, damit er einen versteckten Folter- und Organhandelring aufdeckte? Solche Methoden waren ja heutzutage fang und gebe, wie man in den nachmittäglichen Fernsehformaten sah!

Sie sah sich sein Profil genauer an. Die Angaben klangen auffällig normal: ledig, Inhaber eines Piercing-Studios, Mitte Vierzig, Partnerschaft: erwünscht, ein Profilbild, das eine lange, geflochtene, schwarze Peitsche à la Indiana Jones zeigte, Hobbies: Krafttraining, Laufen, Lesen, Kino, Bogensport; Neigung: Sadist; Vorlieben: wechselnd; No-Goes: No-Goes.

Klar, dass der hier möglichst unauffällig auftrat und erst per PN seine schweren Geschütze auffuhr! Wie er allerdings auf die Idee kam, sie wäre eine mögliche Verdächtige, war Lucie schleierhaft. Es gab sicher eine andere Erklärung dafür! Nicht auszuschließen, dass er während seiner Tätigkeit als Maulwurf auf die schiefe Bahn geraten war und nun tatsächlich Gefallen an solch perversem Zeug zu finden begonnen hatte. Was für ein tragisches Schicksal! Sie seufzte bedauernd und beschloss, nichts zu unternehmen vorerst. Sie klappte den Laptop zu und machte sich auf den Weg ins Studio.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo fee,

das war aber eine lange Pause. Wahrscheinlich hast Du wie jeder andere hier noch eine nicht unbedeutende Nebenbeschäftigung, die sich Leben nennt. Ich habe in letzter Zeit auch nicht mehr so viel Neues eingestellt. Es fehlt einfach die Zeit. Oder man nutzt sie anders.
Wirklich am Ziel scheint Lucie noch nicht zu sein. Und dann auch noch dieser Alptraum ... Aber ihre Naivität bringt mich nach wie vor zum Schmunzeln. Bin wirklich gespannt, wo das am Ende hinführt.

Liebe Grüße,
 

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Danke, lieber Rainer,

und tut mir leid, dass es so lang gedauert hat.

Ich war die letzten Monate gesundheitlich in einem eher dunklen Loch.
Der Herbst war einst meine liebste Jahreszeit und ist in den letzten Jahren für mich zu drei Monaten Kampf (also bis kurz vor Weihnachten) mit hormoneller Schieflage und damit einhergehenden Panikattacken, Unruhezuständen und daraus resultierenden Erschöpfungszuständen und depressiven Phasen geworden (von den körperlichen Sachen rede ich erst gar nicht...die wären aber irgendwie leichter zu handlen). Wechseljahre und chronische Schilddrüsenentzündung sind anscheinend eine wirklich fiese Kombination und auch die Ärzte sind da eher am Ausprobieren, wie ich es sehe - und ich bin das Versuchskaninchen....

Die Lucie zu "spüren" und zu schreiben, erfordert jedoch ein gewisses Maß an Übermut. Wenn der fehlt, wird's nur Murks und vor allem keine Lucie.

Ich hoffe, deine Wurzelbehandlung war erfolgreich und flott erledigt und die Zähne sind friedlich!!!!!

Liebe Grüße,
fee
 
Hallo fee,

oh, danke der Nachfrage. Ja, ist momentan alles wieder im grünen Bereich.
Ja, das mit den Wechseljahren ... Meine Frau hat es da seit Weihnachten ziemlich heftig.
Klar, ich kann verstehen, dass bei solchen Beeinträchtigungen keine Stimmung und kein Übermut aufkommen mag. Da musst Du dann einfach auf den richtigen Flow warten, der Dich inspiriert. Alles zu seiner Zeit. Ich habe ja auch seit einiger Zeit nichts Neues mehr eingestellt. Ich stöbere allerdings in meinen uralten Werken, die jedoch zunächst gründlich überarbeitet werden müssen. Schließlich habe ich hier gelernt, wie man es besser macht, als ich es damals wusste.
Möge Dich die Inspiration und der Übermut bald wieder überkommen, um Lucie ins Glück zu schicken.
Und für Dich persönlich natürlich wieder ruhiges gesundheitliches Fahrwasser.

Liebe Grüße,
 

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Und für Dich persönlich natürlich wieder ruhiges gesundheitliches Fahrwasser.
Danke! Das wünsche ich deiner Frau auch (Wechseljahre können eine echte Herausforderung sein...uff!)!

Wie du siehst, komme ich langsam wieder hoch und die Lucie in mir nimmt die Suche nach Mister White wieder auf. ;)

Mögen die Zähne auch weiterhin ruhig bleiben!

Liebe Grüße!
 

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Lucie auf dem Weg ins Glück - Teil 18




Nach einem wahrhaft schrecklichen Arbeitstag kam Lucie früher als gewöhnlich nach Hause und wäre am liebsten unter ihrer Bettdecke verschwunden und nie mehr aufgetaucht. Sie hatte die Fassung eben noch so lange aufrecht halten können, um es in ihr kleines Apartment zu schaffen, und war dann in Tränen ausgebrochen. Etwas, das ihr zuletzt passiert war, als sich ihre von Pepe, einer Urlaubsromanze, geschenkt bekommene Gucci-Handtasche als Fake erwiesen hatte. Das war Jahre her und Pepe war zu dem Zeitpunkt schon lange Geschichte gewesen, aber die Handtasche hatte sie sehr geliebt und in hohen Ehren gehalten. Der Schock damals war groß gewesen und am meisten hatte sie die Erkenntnis geschmerzt, dass nicht nur Pepes Liebesversprechen nicht mehr wert gewesen waren als die billigen Ansichtskarten, auf die sie gekritzelt waren.

Sie hatte die Tasche lange Zeit in die dunkelsten Tiefen ihres Kleiderschranks verbannt, doch nach einiger Zeit auch den Vorteil erkannt, dass die Tasche ja noch immer geil aussah und sie sie nun weit sorgloser verwenden konnte, wenn ihr Herz nicht mehr so sehr daran hing. Etwas, das, wie ihr auffiel, auch für Beziehungen galt.

Doch nun saß sie - Mathilda, ihre Plüscheule, fest umklammert - wie ein Häufchen Elend in ihrem Bett und versuchte zu verstehen, was geschehen war. Eine heiße Schokolade in ihrer Lieblingstasse, verfeinert mit Omis Geheimzutat, die aus einem ordentlichen Schuss Rum bestand, half schließlich und Lucie beruhigte sich ein wenig. Ihre Gedanken schweiften dennoch wieder und wieder zurück an den Anfang dieses grässlichen Tages...



Alles begann damit, dass sie unter den ersten Besuchern des Fitnessstudios beim Kontrollieren und Nachfüllen der Spender für das Desinfektionsmittel zum Reinigen der Geräte, an der Latzugmaschine diesen auffällig muskulösen Typen entdeckte. Da er ihr noch nie aufgefallen war, musste er wohl neu hier sein. Er war nicht ihr Typ, vermutlich Ende dreißig, Anfang vierzig, also viel zu alt, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken, doch zu ihrem Schrecken entdeckte sie auf seinem rechten Oberarm das Tattoo eines Adlerflügels - direkt über einem Tattoo eines blutenden Herzens, in dem ein Dolch steckte! Der auffallend dicke Blutstropfen leuchtete in grellem Rot und stach ihr sofort ins Auge.

Der sadistische Organ- und Blutkonservenschwarzhändler! Hier, in ihrem Fitnessstudio! Lucie wurde abwechselnd heiß und kalt und sie schrie vor lauter Entsetzen beinahe laut auf, konnte sich gottlob aber gerade noch die Hand vor den Mund halten. Zitternd beendete sie ihre Auffüll-Runde und verschwand dann für längere Zeit im Lager, um sich zu sammeln und zu überlegen, was sie nun tun sollte. Was, wenn er sie ausgeforscht hatte und ihretwegen hier war? Sie hatte nach wie vor kein Bild in ihrem Profil im SM-Forum eingestellt, aber man konnte ja nie wissen...der hatte sicherlich investigatile Methoden und Mittel zur Hand, von denen sie als Laie gar keine Ahnung hatte!

Schließlich kam Mario ins Lager und entdeckte sie dort, heftigst an ihren Fingernägeln kauend. Normalerweise war Mario ein einfühlsamer Chef, doch heute hatte er leider wohl selbst schon jede Menge Stress gehabt und machte sie deshalb reichlich forsch darauf aufmerksam, dass sie sich hier seit über zwanzig Minuten einen faulen Lenz machte, während draußen die Stammgäste eintrudelten und auf Aushändigung der Schlüssel für die Locker warteten oder auf ihren ersten Eiweißshake oder Smoothie des Tages. Auch der Kaffeeautomat war noch nicht in Betrieb genommen und die Bohnen gehörten noch gemahlen. Und die übliche Kanne Yogi-Tee für die weiblichen Studiobesucher war ebenfalls noch nicht aufgestellt worden.

Bevor Mario ihre Liste der täglichen und noch nicht erledigten Morgen-Routinen vervollständigen konnte, entschuldigte Lucie sich hastig, murmelte etwas von Übelkeit und Kreislauf, und rauschte an ihm vorbei an die Bar. Bei ihrem suchenden Blick hinüber zu den Geräten konnte sie den Kerl nicht mehr sehen und sie blickte sich, einem Reflex folgend, hektisch um. Schließlich entdeckte sie ihn beim Seilspringen im Mattenbereich und beim Beobachten seiner seilschwingenden Arme musste sie unweigerlich an den "sorgfältig trainierten Schlagmuskel" denken. Etwas, das ihre Hände erneut ein wenig zum Zittern brachte.

Folglich verschüttete sie die Kaffeebohnen auf dem gesamten Boden hinter der Bar und musste unter den teils irritierten, teils belustigten Blicken der bereits wartenden, ersten Barbesucher erst auffegen, bevor sie die - wie sie ja fand - ungesunde Sucht der nun schon leicht murrenden Kaffeejunkies befriedigen konnte. Während all dem wanderte ihr Blick immer wieder nervös zu "FolterknechtRuprecht", der gerade mit weitausholenden Schritten auf dem Laufband ein beängstigendes Tempo vorlegte. Flucht war also keine Option, so, wie der rannte. Ingo, einer der langjährigen Stammkunden, bemerkte schließlich Lucies Blicke und grinste.

"Hey, seit wann das Interesse für Rupert, unseren Laufband-Terminator? Der entspricht doch gar nicht deinem Beuteschema, dachte ich!"

Lucie zuckte zusammen und verbrühte sich beinahe mit dem heißen Kaffee. Das war also tatsächlich der Typ aus dem SM-Forum! Gute Güte! Was sollte sie nun tun? Sie warf Ingo ein schnippisches "Iwo! Ich hab in die Luft geguckt!" hin und zog sich dann mit einem etwas spitz klingenden "Du entschuldigst mich?" ans andere Ende der Bar zum Obst-Schneiden zurück. In ihrem Kopf arbeitete es angestrengt. War sie in umittelbarer Gefahr? Sollte sie Mario einweihen und ihn bitten, die Polizei zu verständigen? Schließlich bestand doch, wie es im Juristenpardon hieß, "Gefahr mit Bezug". Nicht nur für sie, sondern auch für weitere, potenzielle Opfer seiner Organhandelmachenschaften!
Mario einzuweihen, bedeutete aber auch, dass sie ihm von ihrer Mitgliedschaft in einem SM-Forum erzählen musste. Mist! Daran hatte Lucie noch gar nicht gedacht. Gar nicht gut! Sie ahnte, dass Mario sie von da an mit anderen Augen ansehen würde, und das wäre ihr mehr als unangenehm. Vielleicht würde er sie sogar entlassen, weil er derartige sexuelle Entgleisungen abartig fand! Wer wollte schon mit jemandem arbeiten, der gerne den Popo verhauen bekam? Vermutlich würde er sich dann auch fragen, ob seine gelegentlichen freundschaftlich-chefigen Klapse bei ihr mehr entfacht hatten als bloß ein Kichern. Wie peinlich!

Sie musste das anders angehen!

Aber erst mal waren die Trinkwasserspender zu kontrollieren und neu zu befüllen! Zu ihrem großen Unbehagen musste sie feststellen, dass genau neben einem von diesen gerade Blutvampir Rupert auf der Adduktorenmaschine Platz genommen hatte. Ob sie diesen Wasserspender einfach auslassen sollte? Aber vielleicht erweckte genau das erst seinen Verdacht? Und Mario wollte sie heute auf gar keinen Fall nochmals verärgern!

Lucie befahl sich, sich zusammenzureißen. Sie durfte jetzt nicht die Kontinenz verlieren! Mut war da gefragt und ein gewisses Maß an Kalköl! Sie musste startegisch an die Sache herangehen und darauf achten, dass RuprechtFolterkerl nichts bemerkte! Dass er sie bis jetzt noch nicht angesprochen hatte, war vielleicht ein Zeichen dafür, dass er doch nur zufällig hier in diesem Studio war und sie gar nicht erkannt hatte. Oder aber: er war so raffiniert, dass er sich Zeit nahm, sein nächstes Opfer total unauffällig und in aller Sorgfalt zu studieren, um sich dann in dessen Leben einzuschleichen und dessen Vertrauen zu gewinnen, um eines Tages, wenn dieses sich in totaler Sicherheit bei ihm wähnte, zuzuschlagen.
Andererseits käme er mit dieser Methode nur langsam an neue Organe. Ob sich das rechnete?

Lucie musste Gewissheit haben, bevor sie die Polizei einschaltete. Zivilküretage war gefragt, also nahm sie all ihren Mut zusammen und machte sich mit der neuen Wasserflasche auf zu Rupert-Ruprecht oder wie auch immer der Folterkerl nun wirklich hieß.

Der war offensichtlich gerade eben mit dem letzten Satz an der Adduktorenmaschine fertig geworden und lockerte nun seine Oberschenkel. Dabei trocknete er sich mit einer, wie Lucie vermutete, sorgfältig einstudierten Bewegung von Armen, Schultern und Nacken den Schweiß vom solariengebräunten Gesicht. Sie kannte solche Typen gut genug, um zu wissen, dass nicht wenige von ihnen bei sich daheim solche und andere Posen vor dem Spiegel übten, damit sie im Studio eine beeindruckende Show abliefern konnten. Jaaa, jetzt kam das Durch-die-Haare-Fahren mit der Linken, während die Rechte das Handtuch lässig über die Schulter legte. Und nun das übliche Brust-Raus und Nackendehnen, begleitet von lautem und langem Ausatmen. Das volle Programm also. Da waren demnach auch derart finistre Gestalten wie Mister Blutrausch nicht unfrei von Eitelkeiten. Lucie musste fast ein wenig schmunzeln.

Sie schraubte den leeren Wasserbehälter ab und schickte sich eben an, den schweren neuen aufzuheben, als ihr zwei kräftige, solariengebräunte Hände von hinten unter die Arme griffen.
"Lass mich dir helfen, Süße. Du schuftest hier ja wie die reinste Sklavin" ertönte nahe an ihrem Ohr eine tiefe, samtweiche Stimme.

Lucies Knie wurden butterweich und ihr stockte der Atem. Es war die aufregendste Stimme, die sie je gehört hatte. Und zugleich die Stimme eines mutfasslichen Verbrechers!
 



 
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