Maniola

Maniola


Maniola – ein Name wie Musik ...
Die gefeierte Koryphäe an der Geige.
Maniola – eine Frau wie ein Gemälde ...
Die Männer liegen ihr zu Füßen.
Doch sie bleibt ein unerreichbarer Traum.



Kapitel 1

25. Oktober 2081. Die Konzerthalle war ausverkauft.
Der Vorhang schwang auf, Nebelschwaden verhüllten die Bühne, bunte Lichter durchkreuzten sie, bündelten sich immer mehr auf einen Punkt in der Mitte. Da stand sie. Maniola! In der rechten Hand ihre Geige, in der linken den Bogen.
Ihr mit tausenden von Pailletten besetztes Kleid glitzerte in allen Farben, bis die vielen, bunten Lichtstrahlen schließlich erloschen. Nun konnten die Zuschauer erkennen, dass der Stoff rubinrot war. Ein wahrer Traum, der den Atem rauben konnte.
Erneut hüllten Nebelschwaden die Dame ein, sodass sie unsichtbar wurde. Sekunden später erklangen die ersten Töne ihrer Geige. Maniola trat zwei Schritte nach vorn, heraus aus dem Nebel, und spielte, nein, sie zelebrierte die Ouvertüre. Der hintere Bereich der Bühne lag nach wie vor in völliger Dunkelheit.
Sie gab der Musik Leben, sie wurde Eins mit ihrem Instrument. Es war ein unbeschreiblicher Genuss, Maniola zuzuhören, sie zu sehen, sie zu bewundern. Das Publikum verehrte, ja, vergötterte sie regelrecht. Männer wie Frauen waren von ihr angetan, denn diese Ausstrahlung, diese Grazie, die Maniola verkörperte, war wie ein heller Stern aus einer anderen Galaxie, nicht von dieser Welt ...

Dennoch war bei diesem Auftritt etwas anders als sonst. Wie bereits in den vergangenen Jahren, so gab es nach einer Welttournee im Jahr zuvor diesmal nur eine kurze Tour. Zunächst spielte sie einige bekannte Stücke.
Nach einer halben Stunde trat Maniola ans Mikrofon: „Guten Abend, meine lieben Freunde. Ich bin immer wieder begeistert, wie ich hier in meiner Heimatstadt empfangen werde. Es ist traumhaft. Vielen, lieben Dank euch allen.“
Tosender Applaus war ihr Lohn.
„Leider kann Rosanna heute nicht mit auf der Bühne stehen, denn sie muss sich um ihren erkrankten Bruder kümmern. Natürlich habe ich auch heute einige neue Stücke dabei. Und ich bin stolz darauf, dass Ihr sie wirklich als Allererste hören werdet, denn ich habe in den letzten Wochen und Monaten ein gut behütetes Geheimnis daraus gemacht.“
Maniola hielt ein kleines Gerät in der Hand, auf dem sie einen Knopf drückte, damit einen Scheinwerfer einschaltete und sagte: „Darf ich euch Margaritta vorstellen? Sie ist, man glaubt es kaum, denn auch das war bisher ein gut gehütetes Geheimnis, meine kleine Schwester.“
Rechts hinter Maniola schwang ein schwarzer Vorhang zur Seite. Da saß Margaritta an einem roten Flügel.
Dann schaltete Maniola einen weiteren Scheinwerfer ein. Ein weiterer Vorhang gab den Blick auf einen jungen Mann an den Percussions frei. Er war Margarittas Ehemann Sergej.
Und wieder ließ Maniola ihre Geige erklingen, nach einer Minute setzten das Klavier, nach einigen weiteren Akkorden auch die Percussions ein.
Drei weitere Stücke hatten sie inzwischen gespielt, die mit großem Applaus bedacht worden waren. Als das vierte Stück startete, Maniola nach dem Intro die Geige zur Seite hing und ans Mikrofon trat, explodierte die Begeisterung der Zuhörer regelrecht, denn Maniola begann zu singen. Das erste Mal präsentierte sie ein Stück mit Gesang.
Und was war das für eine grandiose Stimme, denn der Jubel des Publikums kannte keine Grenzen.
Maniolas Gesicht erstrahlte vor Freude, sie genoss diesen Jubel, er elektrisierte sie geradezu.
Auch in den folgenden Stücken erklang immer wieder ihre sanfte Stimme. Sogar älteren Kompositionen hatte sie einige Textpassagen gegeben, was das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss.
Nach mehr als eineinhalb Stunden beendete Maniola das Programm mit dem Titelstück ihrer allerersten Veröffentlichung, mit dem sie, gerade achtzehn geworden, im Sommer 2057 schlagartig bekannt geworden war.
Natürlich gab es eine Zugabe, die etwa eine halbe Stunde dauerte, aber das Publikum war noch lange nicht satt.
„Maniola, sing!“, intonierten die Massen immer und immer wieder, bis sie nach fast zehn Minuten endlich wieder auf die Bühne kam.
„Ihr habt es euch verdient, meine lieben Freunde. Ihr habt es euch redlich verdient. Ihr bekommt nun noch ein ganz neues Stück zu hören. Und ich bin sicher, Ihr werdet es lieben.“
Die Anspannung im Publikum war zu spüren, die Luft knisterte vor Erregung. Zaghafte Trommelschläge leiteten das Stück ein. Sie wurden immer intensiver. Das Klavier kam dazu, dann die Geige.
Dann, nach fast drei Minuten, kam auch die Stimme. Es war ein Liebeslied, eine Ballade für die Ewigkeit. Unfassbar schön, romantisch, ja, erregend und zu Tränen rührend. Das Publikum zündete Feuerzeuge und Wunderkerzen. Das Finale dieses Stückes bildete ein imposanter Klangteppich aller drei Instrumente mit einem explosiven Schlussakkord.
Das Publikum feierte die Musiker minutenlang, die Ovationen wollten gar kein Ende nehmen.

Einige Besucher drängten sich nach dem Konzert in das angrenzende Restaurant. Die verfügbaren Plätze waren schnell besetzt.
Die Unruhe hatte sich nach einer Weile gelegt, es kamen keine weiteren Gäste herein. Nur zwei junge Männer standen nun eher zufällig an einem reservierten Tisch und fragten sich, wer denn hier würde Platz nehmen wollen. Vielleicht kam auch niemand mehr, spekulierten sie.
Dann hallte ein Raunen durch den Saal. Unverzüglich war es absolut still, denn jeder der Anwesenden erwartete, dass sie etwas sagen würde. Sie!
„Einen wunderschönen guten Abend. Ich hoffe, Ihr hattet Spaß. Ich hatte ihn auf jeden Fall.“
Sofort war der Applaus da.
Maniola, die ein recht weites dunkelblaues Shirt und eine rote Jeans trug, erreichte mit Margaritta und Sergej den für vier Personen reservierten und gedeckten Tisch. Die beiden jungen Männer standen noch immer daneben und bestaunten die Frau des Abends.
„Einen schönen guten Abend wünsche ich den beiden Herren“, begrüßte Maniola sie und reichte ihnen die Hand.
Völlig fassungslos starrten sie die schöne Frau an.
„Wir sind heute nur zu dritt, also werden wir euch zwei auch noch an diesen Tisch bekommen, wenn wir uns ein bisschen schlank machen“, tirilierte sie vergnügt.
„Das ... das glaube ich jetzt nicht“, stammelte der Blonde.
„Wie heißt du?“, wollte Maniola von ihm wissen.
„Fridolin heiße ich.“ Sogleich bemerkte er ihr Schmunzeln. „Lach jetzt bitte nicht, ja?“
Maniola schüttelte, ohne etwas zu sagen, vehement den Kopf. Ihre goldroten Locken, wie zuvor auf der Bühne weiterhin zu einem herrlichen Strauß nach oben toupiert, wehten wild hin und her.
„Mein Name ist Waldemar“, offenbarte der Schwarzhaarige, als Maniola ihn fragend ansah.
„Das sind beides sehr seltene Namen. Aber ich finde sie süß. Fridolin und Waldemar. Schön. Setzt euch bitte.“
Dann schaute Maniola nach dem Kellner. Der brachte sogleich einen weiteren Stuhl zum Tisch.
„Oh, vielen lieben Dank“, sagte Maniola, umarmte den Mann und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Ergeben verbeugte er sich und ging von dannen.
Inzwischen hatten Fridolin und Waldemar auch Margaritta und Sergej die Hand gereicht. Sie konnten ihr Glück noch gar nicht fassen, dass sie mit den Stars des Abends an einem Tisch saßen.
„Das müssen wir doch träumen, Kumpel. Warum sind wir jetzt hier?", fragte Fridolin seinen Freund.
Maniola lachte. „Ach, wisst ihr, die Außeriridischen haben mir das befohlen. Okay? Wie hat euch das Konzert gefallen?“
Margaritta und Sergej kannten diesen Ausspruch offenbar schon, schmunzelten. Doch Fridolin und Waldemar lachten ausgelassen.
„Oh, es war einfach großartig. Wir waren zum ersten Mal dabei, aber gewiss nicht zum letzten Mal. Einfach unbeschreiblich.“
„Danke, Fridolin. Waldemar? Deine Meinung?“
„Um Himmels Willen, Maniola. Ich finde kaum Worte, die es angemessen beschreiben können. Ich bin überwältigt. Eine gute Freundin hatte uns erst darauf aufmerksam gemacht. Ich gebe zu, es wäre schade gewesen, wenn wir nicht auf sie gehört hätten.“
„Okay, das waren die richtigen Antworten.“ Sie lachte vergnügt. „Ihr seid eingeladen. Was wollt ihr trinken?“
Da beide zu lange nachdachten, schlug sie vor: „Wir machen jetzt zum Anstoßen eine Flasche Champagner auf. Wenn ihr nicht mehr fahren müsst, dann dürft ihr gerne mittrinken. Zum Essen gibt es dann was Passendes. Ist das okay?“
„Das ist der helle Wahnsinn. Das glaubt uns doch kein Mensch“, stotterte Fridolin.
„Dann werden wir das jetzt mal klar machen, Jungs. Da drüben ist der nette Mann von der Lokalpresse.“
Kaum hatte sie den Arm gehoben, kam dieser herbeigeeilt. Er war nämlich der Einzige, den die Securities hereingelassen hatten, weil er Maniola persönlich bekannt war. Alle anderen, die beim Konzert dabei waren, mussten draußen bleiben. Da war Maniola sehr eigen.
„Komm, mach ein paar schöne Fotos. Und dass das morgen ja auf Seite Eins ist. Die beiden Jungs müssen gut zu sehen sein, okay?“
„Ich werd echt irre“, stammelte Waldemar.
Der Kellner brachte unterdessen den Champagner und ein weiteres Glas. Er schenkte ein und reichte jedem sein Getränk.
„Fridolin, Waldemar, auf diesen Abend.“ Maniola prostete ihnen zu und stieß dann mit Margaritta und Sergej an.
„Auf ... auf die hinreißendste Frau in diesem Universum“, hob Fridolin Maniola in den Himmel.
„Dem Ausspruch entnehme ich, dass du zumindest nicht verheiratet bist“, scherzte Maniola.
„Oh, ja, das ist richtig. Und wenn ich mich jetzt auf der Stelle entscheiden müsste, dann könnte es nur eine Wahl geben. Das glaube mir. Aber ...“
„Ich will dir nicht die Laune verderben, aber deine Wahl müsste ich leider ausschlagen, Fridolin. So leid mir das auch tut“, bat sie mit einem liebevollen Lächeln um Vergebung.
„Man darf doch träumen, oder?“
„Genießt diesen Abend, wir genießen eure Gesellschaft, denn ihr seid zwei ganz liebe Jungs. Prost!“
„Wir sind heute wohl die größten Glückspilze der Welt, liebe Maniola. Wir danken dir, wir danken euch von ganzem Herzen“, jubelte Waldemar und schaute dabei Margaritta und Sergej dankbar an.
Der Kellner brachte eine große, warme Platte mit allerlei Fleisch, Gemüse und Beilagen, stellte sie in die Mitte des Tisches.
„Oh, da ist das Essen. Greift bitte zu“, forderte Maniola auf.
„Das ist wirklich Wahnsinn!“ Fridolin war völlig aus dem Häuschen.
Fridolin und Waldemar ernteten durchaus neidvolle Blicke von den anderen Gästen im Restaurant, doch niemand wagte sich zu beklagen.

Nach zwei Stunden waren die meisten Tische inzwischen verlassen. Schließlich saß nur noch Maniola mit ihren Gästen zusammen.
„Meine lieben Freunde“, Maniola erhob ein letztes Mal das Glas, „es hat mich sehr gefreut, euch heute so verwöhnen zu dürfen. Aber nun ist der Zeitpunkt gekommen, um Adieu zu sagen.“
„Wir haben zu danken, verehrte Maniola“, äußerte sich Fridolin voll des Lobes.
„Das werden wir unser Leben lang nicht vergessen“, stimmte Waldemar zu.
„Dann wollen wir jetzt auseinandergehen“, sagte Maniola.
Margaritta und Sergej verabschiedeten sich von Fridolin und Waldemar. Sie beließen es jedoch bei Händeschütteln und Schulterklopfen. Anders Maniola. Sie nahm zuerst Fridolin in beide Arme und gab ihm Küsse auf die Wangen, und dann ließ sie Waldemar die gleiche Freude zuteil werden. Mit geröteten Wangen strahlten sie Maniola an, doch sie brachten zunächst kein Wort heraus.
Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit in schwärmerischer Glückseligkeit, gingen die Jungs durch die geöffnete Tür auf die Straße, den Blick ständig zurück zu ihr gewandt. Zu ihr, deren glühende Verehrer sie heute geworden waren. Oh, Maniola, dachten sie, so schön, so wunderbar, doch auch so unerreichbar.
Neben der Schönheit und der Liebenswürdigkeit dieser Frau blieb den beiden Männern eines im Gedächtnis: auf so ziemlich jede Frage nach dem 'Warum' gab sie die selbe Antwort, garniert mit einem fröhlichen Lachen.
Warum hatte sie die beiden an den Tisch gebeten? Warum hatte sie erstmals auch gesungen? Warum dies, warum das? Immer war die Antwort: „Warum? Na, die Außerirdischen haben es mir wohl befohlen ...“


Kapitel 2

Fridolin und Waldemar waren froh, dass das Konzert an einem Samstagabend stattgefunden hatte. So konnten sie am nächsten Morgen wenigstens ausschlafen. Sie wohnten Tür an Tür im selben Apartmenthaus.
Erst gegen eins erwachte Waldemar, kam sogleich auf die Idee, Fridolin anzurufen, um zu hören, ob er wach sei. Der Freund bat ihn sofort herüber.
„Setz dich. Du hattest doch sicher auch noch kein Frühstück, oder? Aber sag mal, warum hast du angerufen, anstatt einfach rüber zu kommen?“
„Warum? Ach, die Außerirdischen ...“, scherzte Waldemar, und beide verfielen in einen wahren Lachkrampf.
„Oh, Waldi, diese Frau hat es uns wirklich angetan, kann das sein? Mein Adrenalinpegel hängt immer noch irgendwo da oben an der Decke“, sagte Fridolin, richtete dabei seinen Blick nach oben.
„Ja, sie ist ein Traum, ein wahrer Traum ...“
„Ich hatte mir ja gestern am Fanshop dieses Buch gekauft. Du wirst im Leben nicht erraten, wie alt diese Traumfrau ist. Na?“
„Die Schwester ist so Mitte bis Ende zwanzig, schätze ich. Also wird Maniola kaum älter als dreißig sein, oder?“
„Das hätte ich auch vermutet. Nein, sie ist zweiundvierzig! Wahnsinn, oder?“
„Du machst Witze“, konterte Waldemar fassungslos.
„Echt! Seit sie siebzehn war, stand sie solo auf der Bühne. Das ist fünfundzwanzig Jahre her. Das ist einfach unfassbar.“
Sie hatten alles für ein ausgedehntes Frühstück auf dem Tisch zusammengetragen.

Fridolin holte das Buch auf den Tisch, damit sie beide darin lesen konnten. Sie studierten gemeinsam Maniolas Lebenslauf, waren nach der Lektüre sehr beeindruckt.
„Sie hat wirklich alles, was man sich wünschen kann."
„Ein Leben wie ein Märchen. Fehlt nur noch der Märchenprinz, was?“, meinte Fridolin.
„Meinst du, sie hält ihn versteckt, damit er nicht angefeindet wird von irgendwelchen Irren?“
„Ach, das glaube ich gar nicht. Ich denke, es gibt einfach gar keinen. Sollten wir uns jetzt Hoffnungen machen wollen?“ Er lachte.
„Du bist wohl völlig übergeschnappt. Daran würde ich vielleicht im Traum denken, aber gewiss nicht im realen Leben. Das wäre reine Utopie.“
„Ja, ja ... Geträumt habe ich heute Nacht von ihr. Ich gebe es zu. Es war ein himmlischer Traum, mein Freund.“
Waldemar schaute Fridolin kritisch an.
Der reagierte sofort: „Glaube mal nicht, ich hätte geträumt, mit ihr im Bett gewesen zu sein. Das brauchen wir wohl nicht mal träumen, aber eine schöne Zeit gemeinsam zu verbringen ist schon ein erfüllender Traum, der glücklich macht. Denk nur an gestern Abend.“
„Was machen wir heute den lieben langen Tag?“
„Schau aus dem Fenster. Es ist herrliches Wetter. Da können wir doch das machen, was wir jeden Sonntag machen, oder?“
„Stundenlang mit dem Fahrrad durch die Stadt fahren und nach hübschen Mädchen Ausschau halten?“
„Irgendwann müssen auch wir doch mal Glück haben“, sagte Waldemar, lachte.
In der Tat war es so, dass Fridolin und Waldemar es sich sonntags, sofern das Wetter es zuließ, zum Spaß machten, im Vorbeifahren oder an einer roten Ampel mit jedem weiblichen Wesen zu flirten. Obwohl sich die beiden vierundzwanzigjährigen Studenten, die sich schon über zehn Jahre kannten, redlich bemühten, hatte es bislang nie eine echte Partnerschaft mit einer jungen Frau gegeben. Immer endete es nach recht kurzer Zeit im emotionalen Desaster. Die Gründe für die Trennung hatten sich den beiden nie erschließen können. Doch das konnte sie nie entmutigen, es stets erneut zu versuchen.
Fridolin und Waldemar waren in optischer Hinsicht nicht gerade Prachtexemplare ihrer Spezies Mann. Zwar waren sie nicht wesentlich zu dick oder dünn, nicht zu groß oder klein, aber sie waren nicht diejenigen, denen die hübschen Damen oder jene, die sich dafür hielten, zuriefen: „Komm her zu mir, schöner Mann!“

Es war ein sonniger Tag an diesem 26. Oktober 2081. Um zwei Uhr nachmittags machten sich die beiden auf den Weg. Am Rande der Fußgängerzone fanden sie sogar ein Eiscafe, das noch geöffnet hatte. Die Leute hatten dicke Jacken an, aber sie saßen zumindest draußen. Fridolin und Waldemar wollten sich dazu gesellen, um das rege Treiben rund um den kleinen Marktplatz zu beobachten.
Fridolin entdeckte den letzten freien Tisch. „Da drüben auf der anderen Seite ist noch ein Tisch.“
Sie waren noch wenige Meter von diesem Tisch entfernt, als ihnen von der anderen Seite zwei Damen in Daunenjacke, Pudelmütze auf dem Kopf und Sonnenbrille auf der Nase entgegenkamen. Sie schienen ebenfalls auf diesen Tisch zuzusteuern.
Und nun standen sie zu viert um den Tisch herum und schauten sich verdutzt an.
„Ach, Rosanna, sollen wir es wagen, uns mit den beiden Jungs an einen Tisch zu setzen?“
„Aber klar doch. Setzt euch zu uns, Jungs.“
„Wirklich? Wir wollen nicht stören“, antwortete Fridolin, schaute seinen Freund fragend an.
„Setzt euch bitte“, forderten die hübschen Damen unisono.
„Wenn das so ist. Was dürfen wir euch spendieren?“, verkündete Fridolin edelmütig.
„Kakao mit Sahne wäre sicher das Richtige“, schlug die eine vor.
„Wie lange muss dein Bruder jetzt im Krankenhaus bleiben, Rosanna?“, eröffnete die andere das Gespräch mit ihrer Begleitung.
„Sie haben ihn gestern Abend erstmal komplett durchgecheckt. Eine Woche werden sie ihn sicher dabehalten.“
„Oh, entschuldigt, Jungs. Das interessiert euch sicher gar nicht. Arbeitet ihr noch an der Lösung des Rätsels?“
„Welches Rätsel?“, entgegnete Fridolin.
Dann nahm die Dame die Sonnenbrille und die Pudelmütze ab und gab damit den entscheidenden Hinweis.
„Maniola!“, rief Waldemar. „Wie konnten wir das nicht erkennen? Wie peinlich.“
„Hallo Waldemar, hallo Fridolin.“
„Mein Gott. Wir haben seit gestern Abend über nichts anderes gesprochen als über dich und dieses grandiose Konzert“, gestand Fridolin.
„Dann darf ich euch Rosanna vorstellen. Sie ist meine Managerin. Sie war gestern leider verhindert, weil ihr Bruder einen Kreislaufkollaps bekommen hatte.“
„Wir durften gestern einen unvergesslichen Abend mit Maniola verbringen“, ließ Waldemar verlauten.
„Das hat sie mir schon berichtet. Maniola war auch voll des Lobes über euch.“
Dann kam der Kellner mit vier großen Tassen Kakao mit Sahne. Maniola schenkte ihm ein liebevolles Lächeln. Und da erkannte er sie – und bekam rote Wangen. „Ich war auf Ihrem Konzert am gestrigen Abend. Und ich werde im Dezember ebenfalls da sein. Ich werde in der ersten Reihe sitzen“, verkündete er voller Stolz.
Fridolin schaute sie traurig an. „Ich fürchte, da werden wir jetzt keine Karten mehr bekommen, oder?“
„Das ist leider richtig, junger Mann“, entgegnete Rosanna.
„Zu schade“, meinte auch Waldemar.
„Seid nicht traurig. Wir spielen jedes Jahr in Köln", sagte Maniola.
„Ob wir so lange warten wollen ...", sinnierte Fridolin und lächelte.
„Du spielst doch gewiss seit frühester Kindheit schon Geige, oder?"
„Oh, ja, Waldemar. Mit vier habe ich angefangen. Meine Mutter spielt ebenfalls Geige. Da war ich neugierig. Sie hat mich dann unterrichtet."
„Du bist sehr familienverbunden, habe ich in deinem Buch gelesen. Wie sieht dein Privatleben aus?", fragte Fridolin.
„Oh, davon gebe ich nur ungern etwas preis, weißt du? Eines kann ich dir vielleicht verraten. Mann und Kinder habe ich nicht." Sie lächelte.
„Okay, du bist ständig unterwegs, ja? Da bleibt keine Zeit für sowas."
„So sieht es wohl aus."
„Gut. Dann wollen wir mal weiter." Fridolin winkte den Kellner herbei, zahlte die vier Getränke. „Aber für das Konzert im Dezember geht gar nichts mehr?"
„Unverhofft kommt manchmal oft“, orakelte Maniola bei der Verabschiedung.
„Oh, das wäre uns eine sehr große Freude, aber wir wollen uns gewiss nicht aufdrängen. Auch du brauchst und schätzt sicher deine Privatsphäre“, meinte Fridolin.
Auch heute wurde den beiden Männern die liebevolle Geste zuteil, die sie schon am Vorabend so genossen hatten. Maniola umarmte zuerst Fridolin und dann Waldemar und gab ihnen einen Wangenkuss.
Als die beiden dann Rosanna die Hand zum Abschied reichten, meinte sie nur: „Was sie kann, das kann ich auch, oder?“
Dann nahm auch Rosanna beide nacheinander in die Arme und küsste sie.
„Fahrt bitte vorsichtig. Seid nicht vor lauter Träumerei unaufmerksam. Vielleicht bis zum nächsten Mal“, rief Maniola ihnen fröhlich nach, als sich Fridolin und Waldemar auf ihre Räder schwangen.

Die Frauen gingen zum Auto.
„Was hältst du von den beiden, Rosanna?“
„Wirklich nette Jungs, doch. Absolut nett und höflich, kein bisschen aufdringlich, obwohl man ihnen ansehen konnte, dass sie, na ja ...“
„Nicht, dass ich jetzt plötzlich auf Jungs stehen würde, aber ich finde sie trotzdem süß. Und lass sie doch ruhig ein bisschen träumen. Sie werden wissen, dass es immer Träume bleiben werden. Komm in meine Arme, Rosanna“, forderte Maniola und gab der Freundin sofort einen innigen Kuss auf den Mund.
Dann lass uns schnell nach Hause fahren, mein Schatz, dachte Rosanna.


Kapitel 3

Am Montagmorgen standen Fridolin und Waldemar bereits um halb sieben ganz ungeduldig vor dem Plattenladen. Das neueste Werk, das am Samstag Premiere gehabt hatte, gab es an diesem Tag zu kaufen.
Fridolin und Waldemar waren tatsächlich die ersten an der Tür. Bald wuchs die Schlange hinter ihnen. Dann wurde es acht Uhr. Da standen rund zwanzig Leute vor dem Laden.
Die Verkäuferin, die die Tür aufschloss, strahlte Fridolin und Waldemar an, denn sie waren ihr sehr gut bekannt. „Ihr zwei seid die ersten“, stellte sie vergnügt fest, „also geht bitte direkt an die Kassentheke.“
Ungläubig schauten sie die junge Frau an.
„Na los, nun geht schon“, forderte sie erneut und grinste.
Dann strömten all die anderen Leute in den Laden, alle mit dem gleichen Ziel, das in einer anderen Ecke des Ladens aufgebaut war.
Auf der Kassentheke war jedoch ebenfalls etwas aufgebaut. Das beäugten Fridolin und Waldemar nun sehr interessiert.
„Hey, Carmela, was ist das hier?“, erkundigte sich Fridolin daher bei der Verkäuferin.
Carmela kam von hinten zwischen die beiden, nahm sie in die Arme und sagte: „Schaut mal, wer da kommt.“
In diesem Augenblick trat Maniola hinter dem Vorhang, der den Blick in den Nebenraum hinter der Theke verwehrte, hervor.
„Ich werde bekloppt!“, rief Fridolin.
„Guten Morgen, Fridolin, guten Morgen, Waldemar. Ihr seid ja wirklich zwei Glückspilze. Und das ist mir eine ausgesprochen große Freude.“
Fridolin und Waldemar knuddelten und küssten Carmela, die die beiden weiterhin umarmte, nun.
„Sie kennt sogar eure Namen?“
„Die Geschichte erzählen wir dir später mal“, vertröstete Waldemar die Verkäuferin.
„Ich glaube, heute haben uns die Außerirdischen mal geflüstert, dass wir jetzt hier sein sollten“, scherzte Fridolin.
Carmela schaute ihn fragend an.
„Das gehört auch zu dieser unglaublichen Geschichte“, versicherte er.

Inzwischen waren einige der anderen Besucher aufmerksam geworden. Einer fragte ganz unverblümt, ob er ein Foto machen dürfe. Maniola stimmte unter der Bedingung zu, dass sie sich zunächst um ihre Freunde kümmern dürfe. Dennoch beobachteten immer mehr der Besucher, was dort an der Kasse vor sich ging.
„So, ihr Lieben“, begann Maniola mit zeremonieller Stimme.
Die drei Freunde, die noch immer Arm in Arm vor der Theke standen, schauten Maniola ganz gebannt an.
„Fridolin, Waldemar. Ihr bekommt die ersten beiden Exemplare, das dritte Präsent bekommt die liebe Carmela, weil das gerade auch ganz gut passt, denn ihr seid euch offenbar gut bekannt. Und allen drei Geschenken ist eines gemeinsam. Sie enthalten als Bonus eine VIP-Eintrittskarte für das Konzert im Dezember.“
„Nein!!!“, schrie Fridolin.
„Das glaube ich einfach nicht“, äußerte sich auch Waldemar völlig verzückt.
„Ich sag doch, ich werd bekloppt!“, stammelte Fridolin. „Oh, Maniola, das ist der absolute Wahnsinn. Ich würde dich dafür am liebsten jetzt küssen, echt.“
Stattdessen überfiel er erneut Carmela, denn das konnte er ohne Hemmungen tun, obwohl sie sich, wenngleich nicht ganz ernsthaft, ein wenig wehrte.
„Entschuldige, Ela. Das musste sein.“
„Schon gut, ich nehm es mit Humor. Ich bin ja auch wahnsinnig glücklich“, gestand sie und gab ihm noch einen Kuss.
„Und ich?“, kokettierte Waldemar und hielt Carmela die rechte Wange hin.
„Oh, entschuldige, Waldi.“ Sie kicherte und küsste ihn.
„Ihr seid wirklich goldig“, freute sich Maniola und fügte hinzu: „Die Tickets sind natürlich handsigniert.“
Carmela begab sich nun hinter die Kasse, denn die ersten Kunden wollten bezahlen. Maniola hatte sich wieder hinter den Vorhang zurückgezogen und Fridolin und Waldemar zu sich gebeten.
„Ihr seid zwei ganz besondere Jungs, wisst ihr das? Ich freue mich riesig, dass ich euch dieses Geschenk machen konnte. Es hat auf jeden Fall die richtigen Fans getroffen. Und die liebe Carmela ist eine Freundin?“
„Nun, wir sind häufiger hier. Sie kennt uns sehr gut, hatte uns auf dieses Konzert hingewiesen. Mehr nicht, wenn du das meinst“, antwortete Fridolin.
„Okay ... Kommt mal zu mir. Einer rechts und einer links, ja? Dann schließe ich die Augen, und dann dürft ihr mich küssen.“
„Dann werd ich wirklich bekloppt“, stammelte Fridolin.
„Das Risiko ist es doch wohl wert, oder?“, lockte Maniola und schloss die Augen.
Unsagbar sanft erfüllten die jungen Männer nicht nur sich selbst einen Traum, sondern damit auch Maniolas Wunsch und küssten ihre Wangen.
Nun war dies bereits der dritte Tag in Folge, den Fridolin und Waldemar wie auf Wolken glückselig nach Hause schwebten. Dort angekommen, lasen sie weiter in dem Buch zu Maniolas Bühnenjubiläum.

Es war noch nie leicht, ein gefeierter Star zu sein, denn oft genug litt das eigene Leben abseits der Bühne ganz gewaltig. Das war bei Maniola nicht wesentlich anders. Aber Maniola war eine Frohnatur, die sich niemals unterkriegen ließ.
Schon in der Schule war sie bei allen Mitschülern sehr beliebt. Sogar bei den Mädchen, denn jede wollte ihre beste Freundin sein, weil sie glaubten, über ein so hübsches Mädchen auch den Kontakt zu den begehrtesten Jungs knüpfen zu können. Das war gewiss auch so, aber nicht, weil Maniola eigene Ambitionen hegte, sondern weil die Jungs ihr in Scharen hinterher liefen.
Für Maniola stand auch in jungen Jahren immer die Familie an erster Stelle und an zweiter Stelle die Musik. Danach kam lange, lange nichts, denn die Zeit ließ es einfach nicht zu. Wenn Maniola von einem Dutzend Jungs umringt war, konnte sie sicher sein, dass ebenso viele Mädchen zugegen waren, die sich Hoffnungen machten, von den Jungs bemerkt zu werden. Daher hatte Maniola allein durch die eigene Anziehungskraft so manche Beziehung auf den Weg gebracht, denn selbst hegte sie nie das große Verlangen danach.
Niemals hatte es ihr auch nur einer der abgewiesenen Verehrer jedoch übel genommen, denn sie gab ihnen immer den weisen Spruch, mit dem sie sie zu den anderen Mädchen schickte, mit auf den Weg: „Sie ist gewiss die Richtige für dich, denn wenn du mich nimmst, dann hast du nichts mehr, wovon du noch träumen kannst. Und wer keine Träume mehr hat, der kann nicht glücklich sein. Und sage es ihr ruhig so. Wenn sie Verstand hat, dann wird sie dich aufrichtig lieben.“
Nicht alle Jungs befolgten diesen Rat, aber diejenigen, die es taten, wurden mit einer langjährigen Partnerschaft mit ihren Mädchen belohnt. Jene Mädchen, die nicht den Verstand besaßen, die Botschaft in Maniolas Aussage zu erkennen, waren die, denen man immer nachgesagt hatte, dass sie sich einen Jungen nur angeln wollten, um ihr eigenes Ego zur Schau zu tragen. Da waren keine aufrichtigen Gefühle im Spiel.
Diese Mädchen waren es, die Maniola dann nicht mehr ganz so freundlich begegneten und sie regelmäßig fragten: „Warum hast du ihm das gesagt? Ein einfaches Nein hätte doch wohl gereicht!“
Maniola hatte sogleich deren Kleingeistigkeit erkannt und antwortete fröhlich vergnügt: „Warum? Na, die Außerirdischen haben es mir wohl befohlen.“

Als Maniola mit siebzehn ihre Solokarriere startete, stand sie kurz vor dem Abitur, das sie trotz der zusätzlichen Belastung mit Bravour bestand. Auch das anschließende Studium der Musik erfüllte sie mit Auszeichnung.
Natürlich blieb auch in diesen ersten fünf Jahren keine Zeit für die sie nach wie vor umwerbenden Verehrer. Aber sie hatte auch da noch keinerlei Ambitionen, sich eine Beziehung zu gönnen. Sie lebte all die Jahre weiterhin bei den Eltern und sah ihre kleine Schwester heranwachsen. Auch Margaritta war der Musik sehr zugetan. Das mussten die starken Gene der Familie sein.
Nach dem Studium lernte Maniola bei einem Konzert Rosanna kennen. Sie war zwei Jahre älter und spielte Saxophon. Nach der Show hatte Maniola die dunkelhäutige Frau angesprochen.
„Wie sind Sie dazu gekommen, dieses Instrument zu spielen?“, fragte Maniola neugierig.
„Oh, ich glaube, eine ferne Stimme sagte es mir ...“
„Okay, die Außerirdischen ...“, antwortete Maniola, lachte ausgelassen.
Rosanna lachte sofort mit, und so entstand sehr schnell eine innige Freundschaft. Rosanna wurde nur einen Monat später Maniolas Managerin.
Da auch diese Frau aus Südafrika eine äußerst attraktive Erscheinung war, blieb es natürlich nicht aus, dass sie von vielen Männern umworben wurde. Rosanna hatte jedoch im Gegensatz zu Maniola schon einige eher unangenehme Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht gemacht und hatte es daher vorgezogen, sich darauf nicht mehr einzulassen. Stattdessen offenbarte sie Maniola, dass Rosanna bis vor einiger Zeit eine sehr intime Beziehung zu einer Frau gepflegt hatte.
„Warum habt ihr euch getrennt?“, fragte Maniola völlig arglos.
„Nein, diesmal waren es nicht die Außerirdischen“, meinte sie, fügte dann jedoch mit Wehmut hinzu: „Nein, sie ist vor einem halben Jahr gestorben.“
„Oh, nein. Oh, das tut mir leid, entschuldige bitte“, tröstete Maniola sie mit einer Umarmung und verdrückte ein paar Tränen.
„Ist schon okay, Liebes. Wir hatten es schon lange gewusst, dass es geschehen würde. Die bösartigen Geschwüre waren schon zu weit. Du brauchst doch nicht zu weinen.“ Rosanna war gerührt und küsste Maniola die Tränen von den Wangen.
Das war eine sehr intime Geste, dachte Maniola, doch sie spürte keine Abneigung gegen diese unverhofften Zärtlichkeiten.
„Ach, Rosanna, komm her, lass dich knuddeln.“
Rosanna belohnte dieses Entgegenkommen erneut mit Zärtlichkeiten, indem sie Maniola sanft den Rücken und den Nacken kraulte. Das erste Mal in ihrem Leben glaubte Maniola, so etwas wie wahrhaftige Erregung zu spüren und zu empfinden, denn sie bemerkte, dass sie eine Gänsehaut bekam. Ein wohlig heißer Schauer schoss ihr durch die Glieder.

Rosanna besaß schon damals eine sehr gemütliches, historisches Haus am Rande des Stadtzentrums, gar nicht weit von Maniolas Elternhaus entfernt. Deshalb kam es natürlich sehr oft vor, dass sie bei der einen oder der anderen abends zusammensaßen und entspannt plauderten.
„Ich komme wirklich gerne hierher zu dir, Rosanna. Dieses Haus hat eine unglaubliche Atmosphäre.“
„Ja, ich liebe dieses gute Gefühl, das man hier bekommt. Es inspiriert, manchmal erregt es sogar. Mich zumindest. Darf ich dich etwas fragen, Maniola?“
„Aber sicher doch. Alles, was du willst.“
„Warum hat eine so wundervolle Frau wie du noch keinen Mann?“
„Oh, das ist gar nicht so einfach zu erklären. Meine Familie und die Musik sind mein Lebensinhalt, weißt du? Da bleibt nicht so viel Zeit für sowas.“
„Sag nicht, die Außerirdischen hätten dir empfohlen, keine feste Beziehung einzugehen“, flachste Rosanna und knuffte Maniola in die Seite.
Beide lachten herzhaft.
„Es hatte sich bisher noch nicht ergeben. Vielleicht habe ich auch Angst davor.“
„Du könntest jeden haben. Jeden, Engelchen! Wirklich jeden.“
„Das ist es ja, was mir Angst macht. Das würde ich gar nicht wollen. Damit wäre ich nicht glücklich.“
„Die Männer lieben dich, sie bewundern dich, sie vergöttern dich. Du bist erst vierundzwanzig. Du hast das ganze Leben noch vor dir.“
„Irgendwann kommt vielleicht der Eine, der dann auch der Richtige ist. Vielleicht ...“
„Einerseits finde ich es bewundernswert, so leben zu können. Andererseits würde ich wohl glauben, etwas zu verpassen, wenn ich es täte. Aber ich warte nicht mehr auf den Mann für's Leben. Der Zug ist abgefahren.“
„Was redest du? Du bist auch noch jung.“
„Ich will dich nicht beeinflussen, Liebes. Du musst deinen eigenen Weg finden, was das angeht, aber ich lasse mich mit keinem Mann mehr ein.“
Das klang endgültig. Maniola schaute Rosanna fragend an. Die Südafrikanerin wich dem Blick nicht aus, sondern ganz im Gegenteil. Sie schaute Maniola fast durchdringend tief in die Augen. Und so langsam schien diese zu begreifen, was die Freundin ihr sagen wollte. Rosanna wünschte sich eine neue Beziehung zu einer Frau. Zu Maniola!
Nach weniger als drei Monaten, die sich die beiden nun kannten, war Maniola gewiss nicht in der Lage, sich dafür oder dagegen zu entscheiden. Sie fühlte sich nicht bedrängt, spürte trotzdem die Liebe, die Rosanna ihr mit Worten und gelegentlichen Zärtlichkeiten versuchte, näher zu bringen. Sie verbrachten ohnehin eine Menge Zeit miteinander, schließlich war Rosanna Maniolas Managerin.

Das erste Jahr mit einer langen Tournee stand bevor. Sie wählten Hallen, die maximal fünftausend Zuschauer fassten. Obwohl Maniola bereits nach sieben Jahren, die sie jetzt im Geschäft war, einen gewissen Kultstatus genoss, war sie weiterhin ein Geheimtipp.
Da sie aber Kompositionen aller Genres spielte, gab es kaum eine Zielgruppe, die sie nicht begeistern konnte. Ganz besonders ihre selbst komponierten Stücke schienen absolut zeitlos, waren also beliebt bei Jung und Alt. Und Rosannas Saxophon verlieh den Stücken, in denen sie zum Einsatz kam, noch eine besondere Note.


Kapitel 4

Fast ein ganzes Jahr waren sie unterwegs gewesen, alle drei Tage ein Konzert, einhundertundelf Termine auf der ganzen Welt, davon die ersten drei und die letzten drei in ihrer Heimatstadt Köln.
Nach dieser Tour war Maniola natürlich überall in Europa, aber nun auch in Asien, Amerika, Australien und Afrika so bekannt, dass sie sich vor Anfragen renommierter Künstler, sogar weniger bekannter Musiker gar nicht mehr retten konnte, die um einen Gastauftritt in ihrer eigenen Show baten, ja, beinahe flehten.

Nach dem Ende der ersten Welttournee im Jahre 2063 war erst einmal einige Monate absolute Funkstille. Man sah und hörte nichts von Maniola. Ihr Postfach füllte sich schon während der Tour, nun quoll es über von Fanpost und Anfragen. All das hatte sie zusammen mit Rosanna zu bearbeiten.
„Das ist der helle Wahnsinn, Rosi. Die Leute sind völlig aus dem Häuschen. Ich fasse es nicht.“
„Maniola, mein Schatz, du bist einfach genial. Du hast es verdient. Du bist ein Superstar“, zollte Rosanna der Freundin höchsten Respekt.
„Glaube mal nicht, dass ich jetzt abhebe. Das ist nicht meine Natur. Wenn mich meine Eltern eines im Showbusiness gelehrt hatten, dann das: Bleibe mit beiden Füßen auf dem Boden der Realität. Kein Ruhm ist es wert, dafür sich selbst aufzugeben, um ein Leben in Saus und Braus zu leben. Das kann nämlich ganz, ganz schnell wieder vorbei sein. Und dann bist du ein Wrack!“
„Du bist so weise, Maniola. Deine Eltern sind es ebenso. Ich werde ihnen bei nächster Gelegenheit dafür danken müssen.“
„Aber ich brauche jetzt wirklich mal ein paar Monate Ruhe, um mich neu zu inspirieren. Ich habe noch viele Träume.“
„Erwecke sie zum Leben, aber immer mit Bedacht. Einen nach dem anderen“, riet Rosanna.
„Ich bin glücklich, Rosanna. Ich freue mich für uns beide, denn du hast mir ebenso Kraft gegeben, immer an mich zu glauben. Komm her, lass dich knuddeln.“
Hingebungsvoll breitete Maniola ihre Arme aus, um Rosanna sanft darin einzuhüllen. Sie drückten einander so fest, wie es zwei Menschen tun, die sich über alles lieben. Rosanna hatte riesige Sehnsucht, doch auch nach über einem Jahr hatte sie Maniola niemals bedrängt. Sie wusste, irgendwann würde sich dieses Glück erfüllen.

Sie hatten die Zuschriften in mehrere Stapel unterteilt.
Der mit Abstand größte Stapel war zweifellos der mit den Heiratsanträgen, die an Maniola gerichtet waren. Er machte etwa die Hälfte aller Zuschriften aus.
Mindestens zehn Prozent der zumeist von weiblichen Fans geschriebenen Briefe offenbarte, dass sich zwei Menschen auf den Konzerten, die sie gemeinsam besucht hatten, nicht nur kennen, sondern auch lieben gelernt hatten. Ein Paar aus Norwegen hatte nach sechs Monaten sogar noch einen zweiten Brief geschrieben, mit dem sie Maniola zu deren Hochzeit einluden.
„Da werden wir hinfahren, oder?“
„Im Mai nach Oslo? Das klingt traumhaft“, bekundete Rosanna Interesse.
Auch Rosanna hatte ihre Fangemeinde, denn sie erhielt ebenfalls viele hundert Heiratsanträge. Leider waren darunter auch einige sehr obszöne Angebote, die sich auf die besondere Fähigkeit bezogen, ein so schwieriges Blasinstrument, wie es das Saxophon war, spielen zu können. Entsprechend verärgert war Rosanna, denn Maniola hatte derart zweifelhafte Angebote nicht bekommen.
Sie erhielt jedoch genau einhundertundelf Aufforderungen, sich demnächst einmal in einem Männermagazin hüllenlos zu zeigen. Rosanna erhielt erstaunlicherweise exakt die gleiche Anzahl solcher Ansinnen. Was erstaunlicher war, war die Tatsache, dass sie alle vom selben Absender gekommen waren. Von jedem Spielort gab es eine Ansichtskarte mit dem entsprechenden Text.
„Was ist das für ein verrückter Kerl?“ Maniola amüsierte sich.
„Wer heißt denn schon so? Das ist doch ein Scherzbold, oder?“
„Sicher, aber der war offenbar auf jedem Konzert, auf jedem!“
„Reiner Zufall ... Glaubst du, das ist sein richtiger Name?“
„Nein. Aber wie kommt der auf diese Idee?“ Maniola kicherte, fand das Ganze offenbar witzig.
„Wer hat dich denn jetzt gepiekst?“, fragte Rosanna irritiert, weil Maniola sich plötzlich gar nicht mehr beruhigen konnte.
„Ach, Rosi ... Die Außerirdischen ...“ Sie lachte immer weiter.
Dann lachte auch Rosanna. Die Außerirdischen, dachte sie, die müssen für allen Blödsinn herhalten.
Tausende Briefe und Karten waren jedoch recht neutral gehalten und dokumentierten schlicht die Begeisterung der Menschen, die Konzerte genossen zu haben.
Die beiden Frauen saßen auf dem flauschigen Teppich in Rosannas Wohnzimmer und sortierten die letzten Sendungen. Erneut begann Maniola zu kichern.
„Die einzigen Menschen, die mich bisher nackt gesehen haben, sind meine Eltern und meine Schwester, weißt du das? Und dieser komische Vogel meint jetzt, ich sollte mich allen Menschen so zeigen, wie die Natur mich erschaffen hat?“
„Was ist daran denn so komisch, Maniola. Ich verstehe gerade nicht, was mit dir los ist.“ Rosanna wirkte beinahe verstört.
„Ich weiß es doch selber nicht.“ Sie kicherte unaufhörlich weiter und kippte plötzlich zur Seite und Rosanna in den Schoß.
Rosanna war sofort hellwach, die Verärgerung, die sie soeben ergriffen hatte, war verflogen. Zärtlich legte sie einen Arm auf Maniolas Schulter und strich sanft darüber auf und ab.
Dann rollte sich Maniola auf den Rücken, legte ihren Kopf auf Rosannas Oberschenkel und schaute die Südafrikanerin an. Aus deren Augen quollen Tränen, Tränen der Freude.
„Entschuldige. Ich bin wohl wieder mal von den Außerirdischen gezwickt worden“, mutmaßte Maniola grinsend.
„Wenn die wüssten, was sie alles schuld sein sollen“, alberte Rosanna herum.
„Vielleicht ist der Kerl ja ein Alien“, machte sich Maniola weiter über den Unbekannten lustig, „denn wer kann sich schon über hundert Konzerte leisten?“
„Oh, liebste Maniola, du hast eine blühende Fantasie. Ich glaube nicht an Außerirdische. Ich glaube nur an das, was ich sehen, greifen und begreifen kann. Und im Augenblick ist das nur diese himmlische Gestalt, die hier auf meinem Schoß liegt und mich mit ihrer ständigen Anwesenheit beglückt.“
„Oh, Rosanna“, schmachtete Maniola und richtete sich auf, lehnte sich dann an Rosannas Schulter und umarmte die Freundin.
Oh, mein Gott, dachte Maniola, sie liebt mich, sie liebt mich so sehr. Dann hob sie den Kopf und küsste Rosanna auf die Wange. Als diese den Blick zu ihr wandte, küsste sie Rosanna sogar liebevoll ihren Mund.
Rosanna schloss die Augen. Sie konnte noch überhaupt nicht glauben, was soeben geschah. Möge sie mein stummes Flehen endlich erwidern wollen, hoffte sie voller Zuversicht.

Schon lange vor der Tournee war Maniola immer häufiger bei Rosanna über Nacht geblieben. Das riesige Doppelbett war die gemeinsame Schlafstätte, aber überdeutliche Liebesbekundungen hatte es bislang nie gegeben. Es gab zwar immer ein Gute-Nacht-Küsschen auf die Wangen, aber mehr nicht. Rosanna war sicher, dass das heute anders sein würde, wenn Maniola sich entschließen sollte, hier zu nächtigen.
Im Elternhaus würde Maniola heute allein sein, wurde ihr bewusst. Denn die Eltern waren mit Margaritta in Urlaub.
Auch heute wollte Rosanna auf keinen Fall drängen, denn sie spürte, dass Maniola sich öffnete. Sie zeigte keine Scheu, aber würde sie bereit sein?

Was höchst erstaunlich war, war die Tatsache, dass Maniola ein Leben ohne die ständigen Belästigungen durch irgendwelche Reporter oder andere aufdringliche Menschen führen konnte. Niemand nahm ernsthaft Notiz davon, dass sie faktisch mit ihrer Managerin in einem Haus lebte. Über die näheren Umstände war indes auch nichts bekannt.
Das war gewiss die einzige reale Angst, die Maniola umtrieb. Sie wollte ihr Privatleben unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen. Allzu oft hatte sie es bei anderen Stars und Sternchen beobachten können, dass der ganze Rummel diese Menschen krank machte, sie langsam, aber sicher zu zerstören begann. Das wollte sie sich nicht antun lassen. Da war sie mit Rosanna absolut auf einer Linie. Niemals würden sie sich zum unfreiwilligen Spielball der Medien machen lassen. Niemals!
Immer wählten sie ihre Kleidung mit Bedacht aus, wenn sie in der Öffentlichkeit waren, egal ob Konzert oder Freizeit. Eine ungewollte Sexualisierung ihres Auftritts war fast ausgeschlossen. Dazu hätte ein Unhold eine Menge Arbeit investieren müssen.

Rosanna war glücklich und ein wenig unglücklich zugleich. Maniola hatte sich zwar für die Zärtlichkeiten, die Rosanna ihr entgegenbrachte, ein wenig geöffnet, doch sie blieb weiterhin sehr schüchtern. Den Gute-Nacht-Kuss gaben sie sich jedoch inzwischen auf den Mund.


Kapitel 5

Maniola und Rosanna legten ihre Koffer auf das Bett, öffneten den Kleiderschrank und tänzelten vergnügt davor, stießen lachend ihre Hüften aneinander.
„Übermorgen sind wir in Oslo. Ist das nicht herrlich? Ich bin schon sehr gespannt auf unser Hochzeitspaar.“
„Oh, ja, Rosi. Ich freue mich auch riesig darauf. Die beiden sind gerade dreiundzwanzig, haben aber schon ein eigenes Haus. Das finde ich toll. In der Einladung war allerdings lediglich die Kirche erwähnt, in der die Trauung stattfinden soll. Schade, dass sie uns nicht noch einmal geschrieben haben. Hoffentlich findet die Hochzeit wirklich statt“, war Maniola besorgt.
„Wenn nicht, dann ist es eben ein schöner Ausflug über das Wochenende“, antwortete Rosanna, während sie das letzte Kleid zusammenfaltete und im Koffer verstaute.
Eine halbe Stunde später hatten sie ihre Koffer gepackt.

Sonntagmorgen kamen Maniola und Rosanna mit der Fähre in Oslo an.
Maniola schmiegte sich an den Rücken der Freundin, schlang ihren Arm um sie. "Oh, hast du auch so gut geschlafen? So ein Fahrt über Nacht hat was, oder?"
"Sind wir schon da? Wie spät ist es denn?"
"Gleich neun. Bis zu den Feierlichkeiten ist noch reichlich Zeit. Die Fahrt dort hin dauert kanpp zwanzig Minuten."
"Gut. Dann ein schönes Frühstück, und dann fahren wir."

Natürlich fielen die beiden hübschen Damen sofort auf, als sich die ersten Leute auf dem Platz vor der Kirche einfanden. Außerdem hatte das Hochzeitspaar in der Einladung an die Freunde von einer Überraschung gesprochen.
Der Pastor kam nun auf Maniola zu und sprach sie an: „Guten Tag, junge Frau. Als ich aus dem Fenster sah, hatte ich Sie gleich erkannt. Kommen Sie bitte mit mir.“
Erstaunt schauten sich Maniola und Rosanna an und folgten dem Mann.
Antje und Sven hatten den Pastor angewiesen, die Überraschungsgäste auf der rechten Empore zu verstecken. Die Orgel befand sich auf der linken Seite.
„Natürlich werden wir die üblichen Kirchenlieder spielen lassen. Hier habe ich die Liedblätter und den gesamten Ablauf für Sie. Aber das Brautpaar hatte auch ein paar Wünsche an Sie persönlich. Es gibt da drei Stücke, die sie gerne hören wollen würden“, erklärte der Pastor.
„Das ist ganz wundervoll. Wir werden uns Ihre Liedblätter anschauen und uns intuitiv einbringen, wenn das in Ordnung wäre“, schlug Rosanna vor.
„Verehrte Frau Maniola, ich war letztes Jahr auf ihrem Konzert hier in Oslo. Ich war sehr angetan von Ihrer Musik. Sie erfüllen auch mich mit Stolz, wenn Sie dieser Veranstaltung einen besonderen akustischen Glanz schenken würden.“
„Es wird uns eine große Freude sein.“
„Dann bereiten Sie sich nun in Ruhe vor, bis der Gottesdienst beginnt. Sie machen mich wahnsinnig glücklich.“
Beschwingt ging der Pastor an seine Arbeit.
„Ist er nicht süß?“, meinte Rosanna entzückt.
„Komm, lass uns was überlegen, um ihn zu erfreuen. Schauen wir uns mal an, was wir zu den Kirchenliedern beitragen können.“
Gut gelaunt gingen sie ihre Arbeit an.
Nach wenigen Minuten kam der Organist zu ihnen herüber. Ole war ein junger Mann Anfang Zwanzig. Auch er offenbarte den Damen, auf dem Konzert gewesen zu sein und himmelte Maniola entsprechend aufgeregt an.
Eine halbe Stunde später hatten sie sich auf ein Arrangement verständigt. Sie übergaben dem Pastor ihre Einsätze, damit er sich bei seiner Predigt darauf einstellen können würde.

Pünktlich um halb elf begann Ole das Orgelspiel. Nach einigen Minuten legte Maniola sanfte Geigenklänge dazu. Die ersten Gottesdienstbesucher schauten erstaunt hinauf zur Empore.
Als der Pastor aus dem Nebenraum mit einem fröhlichen Lächeln vor den Altar trat, hatten alle Besucher ihre Plätze eingenommen. Er sprach den Segen und nach dem Amen schließlich verstummte die Musik.
Nun sprach er die Gläubigen an und verkündete, dass es eine Trauung geben werde. Doch zunächst wurde ein Lied gesungen.
Danach erklang die bekannte Hochzeitsmelodie, zu der neben der Orgel auch Maniolas Geige und Rosannas Saxophon zu vernehmen waren. Während der letzten Schritte des Brautpaares zum Altar blendete sich die Orgel langsam aus, auch Rosanna nahm sich zurück, und Maniola stimmte das erste Wunschlied der beiden Brautleute an. Zu den letzten Akkorden kam noch einmal kurz das Saxophon dazu. Und dann konnte die Zeremonie beginnen.
Antje und Sven waren ein wunderschönes Paar. Er in einem azurblauen Anzug mit einem Revers in königsblau, ebenso wie die Schuhe und der Zylinder. Antjes Kleid war ebenfalls azurblau, der Haarreif mit dem kleinen, goldenen Krönchen, sowie der hauchdünne Stoff der gewiss zehn Meter langen Schleppe waren wieder königsblau.
Nach dem glückseligen Ja-Wort nahm das Brautpaar, die Trauzeugen und die Brautjungfern in der ersten Reihe Platz.
Es wurde ein fröhlicher Gottesdienst, denn auch die Kirchenlieder hatten Antje und Sven aussuchen dürfen. Und immer wieder kam zu den Orgelklängen Maniolas Geige hinzu. Rosanna setzte zudem dezente Akzente mit dem Saxophon. Das letzte Lied auf dem Programmablauf wurde am Ende wieder gekonnt in das zweite Wunschstück aus Maniolas Repertoire umgeblendet.
Am Ende erhob sich das Brautpaar und schritt zum dritten Stück mit Geige und Saxophon sehr langsam zum Ausgang. Ole war mit Hingabe bei der Sache, denn seine dezenten Einsätze in Maniolas Werk waren ganz vorzüglich gelungen. Das Finale ertönte schließlich in dem Moment, in dem das Brautpaar durch das Portal in den strahlenden Sonnenschein hinaustrat, um von den jubelnden Menschen, die nicht am Gottesdienst hatten teilnehmen können, gehuldigt zu werden.
Maniola und Rosanna kamen von der Empore herunter auf den Pastor zu, der sie mit einem strahlenden Lächeln empfing und voll des Lobes war. Die drei waren die letzten, die durch das Kirchenportal ins Freie traten. Und als die Menschenmenge, die dort versammelt war, erkannte, wer dort oben am Treppenabsatz stand, brauste lauter Jubel auf.
Sofort positionierte sich Maniola, setzte die Geige ans Kinn und begann zu spielen. Sie sah hinreißend aus in ihrem fliederfarbenen Kleid. Auch das hätte zum Hochzeitskleid taugen können mit diesen kurzen Rüschenärmeln, dem dezenten Ausschnitt und den wallenden Falten bis zum Boden.
Rosanna, die nun ebenfalls zum Instrument griff und mit einstimmte, war mit ihrem mintgrünen Kleid aber ebenfalls eine Augenweide.
Langsam schritten die beiden Musikerinnen nun Stufe für Stufe hinunter. Es bildete sich sofort ein Spalier bis zum Brautpaar, das den beiden Frauen zu Tränen gerührt in die Augen sah.
Alle Anwesenden klatschten frenetisch Beifall.

Als die Instrumente verstummten, erhob Antje die Stimme: „Oh, ich wünsche mir so sehr, dass dies der Beginn einer ganz besonderen Freundschaft werden möge. Wir sind so unfassbar glücklich, dass ihr beide hier seid, denn durch euch haben wir, mein geliebter Sven und ich, uns kennengelernt. Kommt Freunde, lasst uns diesen Tag feiern!“
Das Paar ging voraus. Maniola und Rosanna nahmen ihre Instrumentenkoffer auf den Rücken und begannen erneut zu spielen. In etwa einhundert Metern Entfernung war das Ziel zu sehen. Ein großer Saal neben dem Hotelrestaurant, dem sich ein ebenso großer Garten mit vier Pavillons, die ein rundes Schwimmbecken einrahmten, anschloss.

Dem Sektempfang folgten die sehr emotionsbeladenen Reden der Väter. Und Antjes Vater war es dann, der Maniola ans Mikrofon bat: „Bitte, verehrte Maniola. Sagen Sie uns ein paar Worte.“
„Oh, vielen Dank, lieber Knut. Es ist mir, uns, denn Rosanna als meine Managerin gehört zu mir wie ein Familienmitglied, es ist uns eine große Ehre, heute hier bei euch sein zu dürfen. Die Musik bringt Menschen zusammen, die sich vorher nicht gekannt hatten. Das ist einfach wundervoll. Und unser liebes Brautpaar Antje und Sven war so dankbar für diesen schicksalhaften Augenblick im vergangenen Jahr, dass sie uns eingeladen hatten, heute ihrer Hochzeit beiwohnen zu dürfen. Ganz, ganz herzlichen Dank dafür.“
„Spielt ihr heute noch ein wenig für uns?“, hoffte Sven.
„So viel ihr wollt, meine Lieben“, antwortete Maniola großzügig.
Tosender Beifall brauste auf.
Dann kam die Torte. Und was war das für eine Torte! Sie war fast einen Meter lang und sechzig Zentimeter breit. Sie stellte einen Konzertsaal mit halbrunden Sitzreihen dar. Und auf der runden Bühne standen zwei Figuren, eine Geigerin und eine Saxophonistin. Und vorne in der ersten Reihe stand ein Hochzeitspaar: Antje und Sven.
Auch die Sitzplätze waren mit Marzipanfiguren besetzt.
Maniola schossen die Tränen in die Augen, als sie diese Torte bewunderte. Sie schaute sich um und suchte Antje, um sie sofort in die Arme zu schließen und ihre Dankbarkeit und Freude zu zeigen. Anschließend wurde auch Sven kräftig geknuddelt.
„Ihr seid wirklich traumhaft“, stammelte Maniola weinend vor Freude.
Nach einer Weile waren die Freudentränen wieder getrocknet. Die Torte wurde feierlich angeschnitten. Maniola hatte erneut die Geige zur Hand genommen und spielte passende Klänge.

Die Stunden vergingen, die Menschen feierten das Brautpaar, aber auch die prominenten Gäste, die immer wieder gebeten wurden, etwas zu spielen. Das große Buffet für den Abend wurde aufgebaut.
Antje hatte die Schleppe schon sehr früh abgelegt, denn damit konnte sie sich nun wirklich nicht frei bewegen, auch wenn die Brautjungfern sich daran erfreut hatten, ihr diesen Stoffteppich hinterher zu tragen. Da es ein sehr warmer Tag war, hatte Sven das Sakko abgelegt.
Gegen sechs Uhr trat ein junger Mann an das Mikrofon. Dann bat er noch drei weitere Kameraden dazu. Er sprach: „Verehrtes Brautpaar, verehrte Gäste. Es war bis hierher ein wirklich traumhafter Tag. Aber ich denke, wir sollten dem verliebten Glück nun die Gelegenheit bieten, sich einmal zur Probe zurückzuziehen, damit sie später ungestört in ihre Hochzeitsnacht gehen können, während wir hier noch ein wenig feiern. Daher bitten wir Antje und Sven jetzt einmal kurz an den ersten Pavillon. Da haben wir noch eine kleine Überraschung für euch.“
Doch die vier Jungs, die das Brautpaar zum Pavillon geleiteten, hatten einen bösen Streich im Sinn. Dort stand ein schönes Himmelbett, und es stand nur einen halben Meter neben dem Beckenrand des Pools. Dass es Rollen hatte, konnte man nicht sehen.
„Hier dürft ihr euch schon mal zur Probe betten, denn genau ein solches Bett steht auch oben in eurer Hochzeitssuite.“
Arglos legten sich Antje und Sven in die weichen Kissen.
„Du darfst die Braut jetzt küssen, Sven. Aber richtig, bitte“, forderte der Sprecher.
Mit wilder Leidenschaft nahm Sven seine Antje in die Arme und küsste sie. Sie bemerkten dabei nicht, dass die Bremsen des Bettes gelöst wurden, welches dann mit einem kräftigen Schwung ins Becken gestoßen wurde. Das Bett kippte ein wenig zur Seite, als es auf die Wasseroberfläche prallte, und so purzelten Antje und Sven ins erstaunlich warme Wasser und schrien und schimpften über diesen gemeinen Streich.
„Raus aus den Klamotten und hinein ins wilde Liebesglück!“, riefen die vier Jungs im Chor.
Rosanna und Maniola halfen Antje aus dem Wasser, Sven hatte es im gleichen Augenblick schon selbst geschafft.
„Oh, ihr Armen“, bekundete Maniola Mitleid.
„Das war doch gemein“, schimpfte Antje, klopfte sich lachend auf das triefend nasse Kleid, „aber das gute Stück brauche ich ja kein zweites Mal, nicht wahr?“
„Wir haben oben im Zimmer noch frische Klamotten“, beruhigte Sven die anderen.
„Euer Zimmer liegt übrigens direkt neben unserem“, flötete Antje.
„Oh ...“ Das war alles, was Maniola heraus brachte.
„Dann seht mal zu, dass ihr euch zum Essen umzieht. Und danach ab ins Bettchen mit euch“, sagte Rosanna.
Der offensichtliche Rädelsführer dieser Aktion kam auf das Brautpaar zu. „Ich hoffe, ihr seid uns nicht böse. Bei kühlem Wetter hätten wir uns gewiss etwas anderes ausgedacht. Aber heute war es so herrlich warm, da wollten wir euch diese kleine Abkühlung gönnen.“
„Ach, Tomas, das ist schon okay. Es hat trotzdem Spaß gemacht. Es sei euch verziehen.“ Antje war wieder gut gelaunt.
„Komm, Schatz. Wir gehen uns schnell umziehen. Dann essen wir mit unseren Gästen und … Na ja, mal sehen“, meinte Sven, grinste.

Genau so wurde es gemacht. Nach dem ausgiebigen Speisen richtete das Brautpaar noch ein paar Worte an die Gäste. Und dann ...
„Wir ziehen uns jetzt zurück, wenn's recht ist.“ Mit diesen Worten bewegte Sven seine Frau zum Rückzug.
Ein paar Minuten später waren sie verschwunden.


Kapitel 6

Die Feier dauerte noch bis spät in die Nacht. Gut die Hälfte der Gäste hatte ein Zimmer in diesem Hotel erhalten, um sich den Heimweg zu ersparen.
Gegen drei Uhr bewegten sich auch Maniola und Rosanna Arm in Arm hinauf in die erste Etage zu ihrem Zimmer. Schon auf dem Gang hörten sie unmissverständliche Geräusche. Und sie kamen, wie nicht anders zu erwarten, aus der Hochzeitssuite.
„Oh, mein Gott, Rosanna. Wie sollen wir da denn schlafen?“ Maniola schmunzelte.
„Ach, meine Liebe, die beiden denken sich wohl, die Hochzeitsnacht sei nicht zum Schlafen da. Haben sie ja eigentlich recht, oder?“
Die lustvollen Schreie und die Ausrufe der Braut, die ihren Mann regelrecht anzutreiben schien, wurden immer deutlicher. Gerade, als Maniola und Rosanna vor ihrer Zimmertür angekommen waren, vernahmen sie aus dem Nebenraum ein lautes Poltern und Krachen. Die Lustgebaren wurden zu schallendem Gelächter. Doch schon nach kurzer Zeit kamen wieder die wilden Ausrufe von Antje: „Ach, ist doch egal, Liebster. Mach weiter, weiter, weiter!! Ohh! Jaaaa!!!“
Und von Sven war das angestrengte Schnaufen und Stöhnen zu vernehmen, das Antje mit weiteren Jubelschreien quittierte.
„Die treiben es ja ganz schön wild“, frotzelte Rosanna.
„Es hört sich ziemlich wild an, ja ...“
Dann hörte man wieder Antje: „Oh, ja. Komm, komm, nicht aufhören! Oh, ist das gut! Das ist so geil, jaaa!!!“
Mit einem vergnügten Schmunzeln betraten Maniola und Rosanna ihr Zimmer. Drinnen war es erstaunlicherweise nicht ganz so laut zu vernehmen, aber noch immer hörten sie Antjes erregte Stimme.
Sehr bald lagen die beiden Frauen im Bett und schauten einander an. Dann sagte Rosanna: „Du, Maniola, Liebes, weißt du, dass mich diese Geräusche ziemlich erregen?“
„Oh ... Na ja, ich kann mich des Eindrucks auch nicht erwehren, dass es etwas in mir weckt, aber ich kann es nicht beschreiben. Es fühlt sich neu an, weißt du?“
Rosanna schaute Maniola ungläubig an. Dann lächelte sie.
„Ist es tatsächlich möglich, dass du so etwas noch nie erlebt hast? Das kann ich kaum glauben, Maniola. Ist das wahr?“
„Ich habe eine Vorstellung von dem, was da nebenan geschieht, gewiss, aber ...“
„Aber du hast es noch nicht ausprobiert. Es ist ganz wundervoll, aber nur mit dem richtigen Mann. Leider habe ich später, nach dem ersten Mal, nie den richtigen Mann gefunden. Deshalb habe ich den Männern irgendwann entsagt. Sie haben mich zu oft enttäuscht. Aber ich will dich in dieser Beziehung nicht beeinflussen, Liebes. Das musst du selbst herausfinden.“
„Oh, Rosi“, schmachtete Maniola und rückte näher zu ihr, um sie zu umarmen.
Rosanna spürte die Erregung, die in ihr aufstieg, aber sie konnte sich beherrschen, obwohl sie Maniola liebend gerne an sich gerissen hätte, um ihr die Liebe zu schenken, die sie für die Freundin empfand.
Maniola spürte die Unruhe, die Rosanna aufwühlte.
„Oh, Rosi, ich weiß, dass du mich liebst. Ich hatte noch nicht den Mut gefunden, es auch auszusprechen, aber jetzt ist es geschehen. Du hast niemals gedrängt, aber ich habe es schon vor einiger Zeit erkannt.“
„Maniola, meine Liebe. Ich sehne mich so sehr nach Liebe und Zärtlichkeit. Aber heute ist sicher der falsche Zeitpunkt und auch der falsche Ort, um diese Träume wahr werden zu lassen.“
„Nicht hier und nicht jetzt. Das sehe ich genauso. Komm her, lass dich ganz doll knuddeln.“
Zumindest das ließ Maniola gerne zu, denn sie spürte die wohlige Wärme, die ihr diese körperliche Nähe schenkte. Die einzigen Intimitäten, die es bisher gegeben hatte, waren die sehr liebevollen Küsse auf den Mund. Auch das gehörte inzwischen zum Ritual zur Nachtruhe. Über mehr musste sich Maniola noch Gedanken machen, denn sie war nicht sicher, was sie erwarten würde. Und doch war ihre Neugierde nun geweckt.

Um zehn Uhr wurde das Frühstück serviert. Antje und Sven sahen sich ganz verstohlen um, denn einige Gäste tuschelten ein wenig amüsiert über seltsame Geräusche in der Nacht. Und in der Tat war es so, dass nicht nur ihre lauten Gebärden der Lust in einigen Zimmern zu hören gewesen waren, sondern auch, dass gegen drei Uhr ein lautes Poltern die bereits Schlafenden aufgeschreckt hatte.
Das Bett, auf dem sich Antje und Sven so hemmungslos geliebt hatten, war unter ihnen zusammen gebrochen ...

Rosannas Sehnsucht wurde größer und größer, doch sie wollte Maniola trotzdem niemals bedrängen. Sie hielt es für beinahe unfassbar, dass dieses zauberhafte Wesen tatsächlich noch vollkommen unbedarft war. Aber sie fragte sich, ob Maniola nicht die selben Sehnsüchte plagen mochten, die sie selbst noch immer unter Kontrolle hielt. Wovon träumte Maniola insgeheim? Hatte sie überhaupt solche Träume?
In sechs Wochen, am siebten Juli, würde Maniola sechsundzwanzig Jahre alt werden, dachte Rosanna. Doch sie gedachte sich an diesem Tag auch selbst zu beschenken.

Nach ihrer Rückkehr aus Oslo besuchten die jungen Frauen Maniolas Eltern, um von ihrer Reise zu berichten. Irgendwie kam das Gespräch auch zum Thema Liebe. Es wurde an diesem Abend so offen diskutiert, wie noch nie zuvor.
„Muss mir das jetzt irgendwie peinlich sein, dass ich noch völlig unbedarft bin?“, äußerte sich Maniola ein wenig pikiert.
„Oh, nein, mein Schatz. Es ist alles gut“, beschwichtigte die Mutter.
„Katharina“, sprach Rosanna sie dann an. „Ich möchte euch, also auch dir, Wilhelm“, holte sie auch den Vater ins Gespräch, „vielleicht meine Geschichte erzählen. Ich möchte nicht, dass es deswegen zu Missverständnissen kommt.“
Und während Rosanna ihre Lebensgeschichte erzählte und diesmal auch die intimen Geheimnisse offenlegte, die in ihren Augen Einfluss auf Maniola haben könnten, hörten sie plötzlich Margaritta auf der Geige spielen. Sie kam aus ihrem Zimmer und spielte, während sie die Treppe zum Wohnzimmer hinunter schritt.
„Ist das nicht wundervoll?“, lobte Wilhelm seine kleine Tochter.
Die Dreizehnjährige kam erst bis an den Tisch, bevor sie das Instrument absetzte und allen einen guten Abend wünschte. Der Vater stimmte erneut eine Lobeshymne auf sein Kind an, dass die Kleine sich genau so prächtig entwickelte, wie Maniola seinerzeit.
Das Thema war sehr schnell umgeschwenkt. Rosannas Andeutungen waren wieder vergessen. Erst bei der Verabschiedung nahm Rosanna die Mutter noch einmal zur Seite und gestand: „Ich liebe Maniola, ich liebe dieses wundervolle Wesen, aber ich werde sie damit nicht bedrängen. Niemals. Das muss sie selbst erkennen. Sie soll selbst entscheiden, was richtig ist. Ich wünsche mir nur, dass sie glücklich ist.“
Katharina schaute Rosanna sanftmütig an. Sie grübelte ein wenig nach und sagte dann: „Auch du musst glücklich sein, liebe Rosanna. Aber du bist weise. Maniola muss das selbst entscheiden.“
Dankbar nahm Rosanna Katharina in den Arm und küsste sie auf die Wange. Ohne Worte schauten sie sich in die Augen. Dann kam der Rest der Familie dazu. Bevor Maniola mit Rosanna das Haus verließ, umarmten und küssten sich alle noch einmal.

Der Juni war so schnell vorbei. Maniola und Rosanna machten schon die Planung für die nächste Tournee im kommenden Jahr. Sie sollte nicht ganz so lang werden, nicht wieder über einhundert Termine. Diesmal sollten es ausgewählte Orte sein. Oslo musste natürlich dabei sein. Und Vancouver. Denn dort lebte das zweite junge Glück, das Maniola geschmiedet hatte.
Sylvia und Robert waren mit Maniola gemeinsam zur Schule gegangen. Sie waren eines jener Paare, welches sie seinerzeit mit ihrem weisen Spruch zusammen geführt hatte. Die beiden hatten kurz nach dem Abitur geheiratet und sind dann nach Kanada ausgewandert, weil beide dort Verwandtschaft hatten.
So wie Antje und Sven waren auch Sylvia und Robert sehr, sehr gute Freunde geworden.

„Guten Morgen, meine Liebe“, sprach Rosanna, als sie bemerkt hatte, dass auch Maniola erwacht war, und gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund.
„Guten Morgen, Rosanna.“
„Du hast morgen Geburtstag, mein Schatz. Aber wir gehen schon heute Abend schön essen. Und wenn wir dann um Mitternacht nach Hause kommen, gibt es die Geschenke, okay?“
„Oh, Rosi, du bist wundervoll.“ Nun war Maniola hellwach und umarmte ihre beste Freundin, gab ihr Küsse auf die Wangen und den Mund.
Oh, oh, geliebter Engel, führe mich nicht in Versuchung, dachte Rosanna voller Sehnsucht, noch nicht ...
„Worauf hast du heute Lust, Maniola?“
Sie lachte. „Ich weiß, dass ich morgen Lust auf einen richtig faulen Tag habe. Aber heute möchte ich ein bisschen raus. Das Wetter ist herrlich. Wie wäre es mit dem Eiscafe am Markt? Da setzen wir uns und essen ein Eis.“
„Dann lass uns jetzt gemütlich frühstücken. Es ist schon nach zehn. Wir sind Langschläfer, weißt du das?“
„Wenn wir heute Abend lange ausgehen wollen, haben wir es sicher richtig gemacht, ein bisschen länger geschlafen zu haben, oder nicht?“
„Du bist ein kluges Mädchen.“
„Und ein sehr hungriges Mädchen“, rief sie und sprang auf.
Rosanna folgte ihr, ebenfalls im Schlafanzug, in die Küche, wo Maniola bereits den Kühlschrankinhalt inspizierte. Neben vielen anderen Leckereien fand sie auch Aufbackbrötchen, die sie in den Backofen legte. Manchmal muss man es sich einfach machen, dachte sie vergnügt.

Es war fast zwölf, als sie den Tisch wieder abgeräumt hatten und gut gesättigt nacheinander ins Bad gingen.
Eigentlich war es erstaunlich, dass sich die beiden in all der Zeit, die sie nun bereits zusammenlebten, noch nicht ein einziges Mal nackt gegenüber getreten waren. Aber Rosanna war auch so weise, diese Schüchternheit, die Maniola offenbar besaß, nicht zu düpieren. Sie war geduldig, immer war sie geduldig geblieben und respektierte Maniolas Gewohnheiten, denn sie war ganz sicher, dass diese Geduld den Lohn wert sein würde, den sie schon bald zu erhalten erhoffte.
Maniola stand unter der Dusche und trällerte ein fröhliches Lied. Rosanna war von dieser Stimme begeistert. Würde sie vielleicht auch bei einem Konzert singen wollen?
Nach einer halben Stunde kam Maniola fertig angezogen ins Wohnzimmer, strahlte große Zufriedenheit aus und schickte nun Rosanna ins Bad.

In knielangem, luftigen Rock und kurzärmeliger Bluse machten sich die beiden Frauen gegen zwei Uhr auf den Weg in die Stadt. Das ausgewählte Eiscafe war schon recht gut besucht, aber sie fanden noch einen kleinen Tisch für sich.
Der Kellner kam sofort herangestürmt, denn er hatte die beiden Damen gleich erkannt.
„Bitte, was darf ich Ihnen bringen, verehrte Damen?“ Die Begeisterung in seiner Stimme war unüberhörbar.
„Guten Tag, junger Mann“, grüßte Maniola ihn mit einem freundlichen Lächeln.
Beide bestellten sich einen großen Eisbecher mit Früchten. Der Kellner schien sich besonders ins Zeug legen zu wollen, denn er rannte ins Lokal und machte sich selbst daran, die Eisbecher zu füllen. Er war sogar besonders großzügig, denn er legte noch eine weitere Kugel und auch noch mehr Früchte als üblich hinzu. Entsprechend groß war die Freude bei seinen geschätzten Kundinnen.
„Das ist aber großzügig“, lobte Rosanna den Mann. „Wie kommen wir denn zu dieser Ehre?“
„Ach, wissen Sie ...“
Maniola lachte. „Die Außerirdischen, Rosanna.“
Auch der Kellner lachte darüber und sagte dann: „Ja, ja, die haben mir das geflüstert, ja. Die Außerirdischen haben es mir befohlen, haha!“
„Immer schiebst du es auf die Außerirdischen“, scherzte nun Rosanna.
„Oh, ja, wenn die wüssten ...“
„Irgendwann kommen sie her und fragen dich, was dieser Unfug soll, oder?“
Dann lachten alle drei herzhaft.
Der Kellner blieb noch einen Augenblick bei den Damen, denn es war keine neue Kundschaft in Sicht. Es entspann sich eine nette Unterhaltung, es wurde viel gelacht.

Während dieser Zeit hatte Rosanna einen jungen Mann bemerkt, der nun schon zum dritten Mal an ihnen vorbei ging. Es war ein ausgesprochen gutaussehender Mann, den sie auf höchstens dreißig Jahre schätzte. Nur seine Bekleidung wirkte ein wenig sonderbar. Er trug ein bodenlanges, dunkelblaues Gewand. Seine Füße waren nicht zu sehen. Aber er musste extrem kleine Schritte machen, denn das Gewand wurde von den Füßen nicht nach vorn und hinten ausgebeult. Überhaupt hing es absolut ruhig an seinem Körper, nicht mal der Windzug schien es zu bewegen.
Rosanna überlegte, ob sie Maniola auf diesen Mann aufmerksam machen sollte, ließ es jedoch sein.
Und dann schaute er sie an. Rosanna erschrak. Diese Augen! Das waren doch keine menschlichen Augen! Die Pupille war riesig groß und so intensiv blau, dass es fast schmerzte, sie anzusehen. Doch das, was eigentlich darum herum weiß sein sollte, war blass lila!
Das muss ein Außerirdischer sein, dachte Rosanna sofort, oh, mein Gott, das darf doch nicht wahr sein!
Doch im nächsten Augenblick, als der Mann schließlich wieder von dannen ging und auch nicht wieder zurück kam, waren diese Gedanken wie weggewischt. Rosanna hatte keine Erinnerung mehr an dieses unfassbare Bild.
Der Kellner musste wieder an die Arbeit, denn es kamen neue Gäste. Rosannas Erinnerung verfiel dann wieder auf den Gesang, den sie heute Mittag von Maniola vernommen hatte.


Kapitel 7

Es wurde sechs Uhr. Rosanna bat zum Aufbruch. Für halb sieben hatte sie einen Tisch beim Mexikaner bestellt. Gewiss, es waren nur zehn Minuten zu Fuß bis dort hin, aber sie bekam Hunger.
„Wohin entführst du mich denn, liebe Rosanna?“
„Lass dich überraschen, mein Engel. Du sagtest vor gar nicht allzu langer Zeit, dass du da mal hin wolltest. Also gehen wir jetzt dort hin.“
Maniola hakte sich bei Rosanna ein und lächelte vergnügt. Als sie das Ziel erreicht hatten, war sie hocherfreut und küsste die Freundin.
Jeder Kuss ließ Rosanna wieder erschaudern. Sie wähnte sich ihrem ersehnten Ziel näher und näher.
Das Essen war ganz vorzüglich, die Stunden rannen nur so dahin. Auch das Klischee eines mexikanischen Restaurants wurde erfüllt. Am späten Abend kamen die Musikanten und erfreuten die Gäste mit Musik und Gesang. Maniola warf ihnen einen Hunderter in den Hut und animierte sie damit zu einem weiteren Lied. Anschließend verneigten sich die drei Männer überaus dankbar.
Um halb zwölf drängte Rosanna zum Aufbruch, denn um Mitternacht wollte sie unbedingt zuhause sein. Dort wartete die nächste Überraschung. Rosanna hoffte, dass es gelungen war.

„Ich bin noch gar nicht so richtig müde, Rosi. Aber ich habe das Gefühl, dass zuhause noch irgend etwas auf mich wartet. Stimmt's?“
„Lass dich überraschen, Liebes.“
Maniola hatte durchaus bemerkt, dass Rosanna ein wenig geheimnisvoll tat, aber sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Schließlich hatten sie das Haus erreicht. Es war jetzt zehn Minuten vor Mitternacht.
Auf dem Tisch im Wohnzimmer stand eine Flasche Rotwein, die passenden Gläser, eine Platte mit Käsewürfeln und Trauben auf Holzsticks sowie ein Korb voll Salt'n'Pepper-Baguette in Scheiben geschnitten.
„Oh, Rosi. Wer soll das denn jetzt noch alles essen?“, fragte Maniola erstaunt und beobachtete, dass die Freundin ins Schlafzimmer ging.
Von dort kam Rosanna mit Maniolas Eltern und der kleinen Margaritta wieder hinaus. Da jubelte Maniola vor Freude und stürmte auf die vier liebsten Menschen, die sie im Leben hatte, zu.
In diesem Augenblick schlug die Uhr Zwölf.
„Herzlichen Glückwunsch, mein Kind“, meinte der Vater in aller Ruhe.
„Wir drei haben hier seit heute Nachmittag etwas aufgebaut. Die liebe Rosanna hatte uns die Schlüssel gegeben“, erzählte dann die Mutter.
„Was habt ihr denn aufgebaut?“
„Lass dich überraschen.“
„Oh, Schwesterherz“, tirilierte Margaritta, die gar nicht mehr so klein war, weil sie im Oktober auch schon vierzehn Jahre alt werden würde.
„Nun sagt schon“, drängte Maniola ungeduldig.
„Komm mal mit“, sagte die Schwester, ergriff Maniolas Hand und zerrte sie ins Schlafzimmer.
Und wieder ein wahrer Jubelschrei, als sie dieses riesige Himmelbett erblickte, was heute Mittag, als sie das Haus verlassen hatten, noch nicht da gestanden hatte. Ein Traum in himmelblau, vom Baldachin bis zur Bettwäsche.
„Ohhh!“, jubelte Maniola erneut. „Das ist so göttlich, so wunderschön. Das alte Bett war schon nicht mehr schön, soweit muss ich dir zustimmen, Rosanna. Aber dieses Bett, dieser Traum von einem Bett, der zum Träumen gemacht ist, will mir doch eine versteckte Botschaft mitteilen, ja?“
„Höre auf deine innere Stimme, Maniola. Die wird dir sagen, was du wissen musst. Ich bin sicher, du wirst sie verstehen“, offenbarte die Mutter, die sich in der vergangenen Woche, als Rosanna diese Aktion auf den Weg gebracht hatte, mit der Südafrikanerin lange und ausführlich unterhalten hatte. Dann ging sie auf die Tochter zu und nahm sie fest in die Arme.
„Oh, ich habe euch alle lieb!“, rief Maniola.
Da der Vater jedoch in diese intimen Gespräche nicht eingeweiht worden war, schaute er die beiden nur liebevoll an. Dann sagte er: „Deine kleine Schwester ist genau so wie du es damals warst. Sie beherrscht ihr Instrument genau wie du. Und sie wird von den Jungs ebenso angehimmelt, doch auch sie begegnet ihnen mit Weisheit.“
„Bei Gelegenheit erzähle ich dir mal, wie du sie glücklich machen kannst, wenn sie die Weisheit dieser Worte denn auch verstehen“, kündigte Maniola an.
„Dafür ist es vielleicht noch ein bisschen früh, meinst du nicht? Aber irgendwann wird es sicher einen Jungen geben, der weise genug ist. Noch ist die Musik für mich wichtiger. Ich spiele jetzt Klavier und Geige.“
Maniola wirkte ein wenig nachdenklich nach diesen Worten der Schwester. Irgendwann wird es einen Jungen geben ... Warum hatte es für mich niemals einen Jungen gegeben? Hatte ich nie den Mut, mich darauf einzulassen? So wird es wohl sein, dachte sie. Ich glaube, für mich gab es immer nur die Musik, sinnierte Maniola.
„Lasst uns den Wein öffnen und auf das Geburtstagskind anstoßen“, schlug der Vater vor.
„Bekomme ich auch ein Schlückchen?“, fragte Margaritta.
„Ein kleines Schlückchen zum Anstoßen“, gestand die Mutter der dreizehnjährigen Tochter zu.
Zum Wein gab es noch Brot und Käse-Trauben-Sticks, um den Alkohol zu besänftigen. Mehr als ein Glas für jeden war es ohnehin nicht.
„Wir haben dir versprochen, um zwei aus dem Haus zu sein, Rosanna. Deshalb verabschieden wir uns jetzt“, sprach die Mutter.
Maniola schaute sie fragend an. Was hatten die beiden denn da besprochen? Oh, Rosanna, ging ihr dann auf, ich hoffe, ich habe heute den Mut, wenn es das ist, was du wünschst.
Schwester, Vater und zuletzt auch die Mutter verabschiedeten sich mit einer besonders innigen Umarmung von Maniola. Doch sie stellte keine Fragen. Heute war ihr Geburtstag, da durfte sie die Wünsche äußern, oder?
Auch Rosanna wurde sehr herzlich verabschiedet. Als die Mutter die dunkelhäutige Frau in die Arme schloss, verdrückte sie ein paar Tränen, die niemand sah.
„Du hast unseren Segen, Rosanna, wenn unser Kind dazu bereit ist“, flüsterte sie.
„Ich werde sie niemals drängen, das verspreche ich hoch und heilig.“
Noch einmal drückten sie sich ganz fest, bis die Mutter sicher war, ihre Tränen getrocknet zu haben.

„Oh, Rosanna. Du bist so wunderbar“, schmachtete Maniola.
„Ich hätte noch ein ganz besonderes Geschenk für dich, meine Liebe. Möchtest du es haben?“
„Ich möchte mich in dieses Himmelbett werfen. Das sieht so irre gemütlich aus.“
„Dann lass uns ins Schlafzimmer gehen.“
Dann standen sie vor dem Bett. Maniola wagte es nicht, sich einfach hinein zu werfen. Stattdessen fragte sie: „Rosi, du machst es wirklich spannend. Die Antwort auf deine Frage eben, ob ich das Geschenk haben möchte, lautet ja. Warum sollte ich es auch nicht haben wollen?“
„Weil ich noch immer unsicher bin, ob du es annehmen wollen würdest.“
„Du sprichst in Rätseln“, kapitulierte Maniola, doch dann kam ihr ein Gedanke in den Sinn, der es beantworten musste. Sie liebt mich, dachte sie, und sie will mich.
„Du bist so süß, Maniola. Und so schüchtern. Ich bin dein Geschenk. Möchtest du es auspacken?“
Maniola schaute die Freundin mit großen Augen an. Ich habe es geahnt, dachte sie unsicher. Oh, Rosanna, du bist meine beste Freundin, und ich weiß, dass du mich wahnsinnig lieb hast. Ich habe dich auch lieb, aber ...
Langsam kam Rosanna näher, reichte Maniola die Hände und zog die junge Frau an sich, um sie zärtlich in die Arme zu schließen.
„Dieses Geschenk kommt wirklich aus tiefstem Herzen, meine Liebe. Bitte pack es aus, ja? Bitte“, flehte sie mit sanfter Stimme.
Minutenlang sagten beide nicht ein einziges Wort. Dann löste sich Maniola aus den Armen der Freundin, schaute ihr tief in die Augen und gab ihr einen innigen Kuss auf den Mund, freilich mit fast geschlossenen Lippen. Rosanna ließ es einfach geschehen, schloss die Augen und erwartete, was immer Maniola nun tun mochte. Sie wollte zunächst passiv bleiben. Maniola sollte die Initiative übernehmen.
Zärtlich streichelte Maniola über Rosannas Schultern, dann die Arme hinunter. Nach einer Weile hob sie Hände und legte sie an Rosannas Wangen, ließ sie dann zum Hals hinabgleiten und ergriff schließlich den Blusenkragen.
„Rosanna?“
„Ja, mein Schatz?“
„Ich möchte jetzt gerne mein Geschenk auspacken, ja?“, bat Maniola mit fast weinerlicher Stimme, denn sie konnte ihre Gefühle noch nicht kontrollieren, die sie gerade überkamen.
Rosanna nickte zufrieden. Und dann spürte sie wieder Maniolas Lippen an den ihren. Fest, aber doch ohne Drang.

Mit Hingabe, wie sie sinnlicher kaum sein konnte, öffnete Maniola einen Knopf nach dem anderen. Dann fuhr sie mit beiden Händen an den Schultern unter den Stoff und schob ihn behutsam zur Seite. Mit ein wenig Hilfe, die Rosanna gewährte, fiel das Kleidungsstück schließlich nach hinten herunter.
Als nächstes den Rock, dachte Maniola und öffnete den seitlich liegenden Reißverschluss. Und dann ließ sie los. Maniolas Hände zitterten nun. Wo sollte sie weitermachen? Zuerst den Slip oder erst den Büstenhalter?
Sie entschied sich für den BH. Sie fasste um Rosannas Körper herum, um an die Verschlüsse zu gelangen. Es waren drei Stück.
Rosanna spürte Maniolas Unruhe. Sie nahm die Freundin fest in ihre Arme, damit diese die Finger von den geöffneten Verschlüssen nehmen würde, um stattdessen die Umarmung zu erwidern.
„Ich liebe dich, Maniola“, hauchte Rosanna und küsste sie.
„Oh, Rosanna. Ich weiß nicht, was hier gerade geschieht, aber der Reiz des Neuen lockt mich nun tatsächlich.“
„Dann führe fort, was du begonnen hast und erfülle mich mit Glückseligkeit“, forderte Rosanna mit Sanftmut und löste die Umarmung.
Der Büstenhalter fiel zu Boden. Und Maniola zögerte nun keinen weiteren Augenblick und führte ihre Hände an Rosannas Flanke entlang zum letzten Kleidungsstück. Sofort zog sie den Slip bis zu den Füßen hinunter.
Als Maniola den Blick hob, ließ sich Rosanna auf die Bettkante niedersinken. Die erste Etappe war geschafft, dachte sie.
Maniola kniete sich nun vor Rosanna und kreuzte ihre Arme auf deren Oberschenkeln. Dann stützte sie den Kopf darauf.
„Du bist wunderschön, Rosanna. Wunderschön.“
„Und du bist ganz zauberhaft, Maniola. Ich liebe dich. Ich habe dich vom ersten Tag an geliebt.“
„Ich habe das gespürt, meine Liebe. Ich hatte es dir auch schon einmal gesagt. Aber ich wäre doch nicht in der Lage, dich zurückzuweisen, Rosi. Das hätte ich ohnehin nie gewollt. Ich wusste, dass wir irgendwann an diesen Punkt kommen würden, an dem wir heute sind. Ich habe dich auch ganz doll lieb, Rosi. Darum möchte ich dir auch ein Geschenk machen.“
Rosanna schaute Maniola mit einem strahlenden Lächeln an.
„Oh, Maniola, liebste Maniola. Darf ich das wirklich annehmen?“
„Ich habe mein Geschenk ausgepackt. Jetzt bist du an der Reihe, Rosi. Ich bitte dich aus tiefsten Herzen. Aus Liebe, Rosi.“
„Oh, Maniola, mein Engel. Ich liebe dich so sehr.“

Maniola ergab sich Rosannas Liebe, denn sie genoss die Zärtlichkeit und die Leidenschaft, mit der die Freundin sie nun entkleidete. Sie spürte die Erregung, die Besitz von ihr ergriff. Sie wusste, dass sie heute eine neue Erfahrung machen würde, von der sie in ihrem bisherigen Leben noch nicht einmal geträumt hatte. Es hatte sich einfach nie ergeben. Sie hatte nicht das Gefühl, dass ihr etwas gefehlt hatte. Aber heute spürte sie dieses neue Gefühl, und sie wollte es kennenlernen.
Rosanna hatte sich alle erdenkliche Mühe gegeben, Maniola ihr wildes Verlangen nicht zu deutlich spüren zu lassen. Doch sie spürte, wie Maniola unter ihren Händen dahinschmolz. Sie war ihr vollkommen ergeben.
Und so fasste Rosanna Mut, sich ihrer sinnlichen Lust zu ergeben und der Freundin alles zu schenken, was sie ihr geben konnte. Zunächst überaus sanft und zärtlich, doch als Maniola ihre Hemmungen fallen zu lassen schien, wurde auch Rosanna immer intensiver in ihren Aktivitäten. Sie spürte keinen Widerstand, und so trieb sie Maniola in den Himmel der Lust.
Nun gab es kein Halten mehr. Maniola wurde selbst aktiv und zahlte Rosanna alles mit gleicher, lustvoller Münze zurück.

Das wunderbare Himmelbett wurde in dieser Nacht für beide zum Himmel auf Erden, und sie erlangten die vollkommene Befriedigung ihrer Sehnsüchte.
Erst nach dieser herrlichen Nacht verriet Rosanna, die es immer als unwichtiges Detail abgetan hatte, ihrer Geliebten, dass auch sie am dreizehnten Juli Geburtstag feierte. Sie war an diesem Tag achtundzwanzig geworden.


Fortsetzung folgt ...
 
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ahorn

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Hallo Rainer Zufall,

Musik, Sehnsucht und Außerirdische, mehr kann man wohl nicht erwarten. :)
Dann werde ich mal schauen, ob du die Physik nicht auf den Kopf stellst. :cool:
Jedenfalls, sofern ich dafür Zeit habe. ;)

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

das ist nur ein geflügeltes Wort. Diesen Spruch mit den Außerirdischen sagt meine Frau alle Nase lang, wenn ich sie frage, warum sie Dieses oder Jenes getan hat. Als wir mal darüber sprachen, meinte sie: dann schreib doch ein Buch darüber ... Voila! Ich habe zumindest einen Anfang gestartet.

Die Sache mit der Physik. Ja, eine Frage hätte ich: ein Roboter oder ein roboterähnliches Wesen benötigt keine Atmung. Könnte es dann zum Beispiel auf dem Mond leben?

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

runde Geschichte. Chapeau. Die Erzählweise ist zwar nicht die meine, dennoch gefällig und stimmig.

Allerdings war deine Und-Noch-Doch-Auch-Maschine sehr fleißig und der eine oder andere Ton eine halbe Note daneben.


Der Vorhang öffnete sich schwang auf, Nebelschwaden verhüllten die waberten über Bühne, bunte Lichter durchkreuzten ihn sie (Plural) , fixierten bündelten (Ichh glaube nicht, dass Lichstrahlen dazu in der Lage sind sich zu fixieren. ) sich immer mehr auf ] in einen Punkt in der Mitte, und dann kam der gleißend helle Strahl von der Decke.
Wie? Was für ein gleißend heller Strahl?

Ihr Kleid, das mit tausenden von Pailletten besetzt war, leuchtete angestrahlt (Selbst können sie es nicht) in allen Farben, bis die vielen, bunten Lichtstrahlen schließlich erloschen. Nun konnte man erkennen, dass ihr Kleid rubinrot war.
Wer ist ‚man‘ ?

Ein wahrer Traum von einem Kleid, der den Atem rauben konnte.
Wem konnte es den Atem rauben?

Erneut wurde die Dame in Nebel gehüllt, sodass sie unsichtbar wurde.
Wer hüllte sie in Nebel? Warum wird sie unsichtbar? Ist sie Magierin? Erneut hüllten sie die Nebelschwaden ein, schlangen sie, sodass …

Sekunden später erklangen die ersten Töne ihrer Geige.
Oh, sie hat eine Geige. Wo kommt diese den her? Hat der Nebel sie gebracht?

Maniola trat zwei Schritte nach vorn, heraus aus dem Nebel und spielte, nein, sie zelebrierte die Ouvertüre.
Maniola trat aus dem Nebel heraus / hervor und spielte, zelebrierte die Ouvertüre.

Sie gab der Musik Leben, sie wurde Eins mit ihrem Instrument.
Ursache - Wirkung
Sie verschmolz mit ihrem Instrument, hauchte der Musik Leben ein.

Es war ein unbeschreiblicher Genuss, Maniola zuzuhören, sie zu sehen, sie zu bewundern. Das Publikum verehrte, ja, vergötterte sie regelrecht.
Woher weiß er/sie/es das?

Und nicht Nicht nur die Männer, auch die Frauen waren von ihr angetan, denn diese Ausstrahlung, diese Grazie, die Maniola verkörperte, war wie ein heller Stern aus einer anderen Galaxie, nicht von dieser Welt ...
Weshalb sollten Frauen nicht von ihr angetan sein?

Maniolas Bandbreite erfasste nicht nur die klassischen alten Meister, sondern reichte auch bis zu den aktuellen, eingängigen Melodien fast aller Genres. Aber sie hatte auch unzählige, selbst komponierte Stücke, die sie vortrug. So war für jeden Geschmack etwas dabei, und deshalb waren ihre Konzerte auch immer sehr schnell zügig (umgehend) ausverkauft. Kaum zu glauben, dass eine Geige allein diese wahnsinnige Atmosphäre schaffen konnte schaffte , die ihren Konzerten zu eigen war.

Und doch Dennoch war heute (bei diesem Konzert) etwas anders als sonst. Sie hatte sich für die Vorbereitung dieser kurzen Tour, die heute (mit diesem) startete, ein wenig mehr Zeit gelassen. Und es Es war auch vorher absolut nichts bekannt geworden, wie das neue Programm hatte aussehen sollen.

Nach dreißig Minuten einer halben Stunde (Es ist ein Konzert keine Busfahrt. ) trat Maniola ans Mikrofon: …

…, auf dem sie nun (Wann sonst.) einen Knopf drückte und sagte: „Darf ich euch Margaritta vorstellen? Sie ist, man glaubt es kaum, denn auch das war bisher ein gut gehütetes Geheimnis, meine kleine Schwester.“
Margaritta war deutlich jünger.
Da ich davon ausgehe, dass du bei ‚klein‘ nicht ihre Körperlänge meinst, verwundert mich der Satz, denn woran erkennt der Gast das ‚deutlich‘?

Der Scheinwerfer, den Maniola mit dem Knopfdruck erstrahlen ließ, zeigte die junge Frau an einem roten Flügel.
Drückte sie ein weiteres Mal?

Dann betätigte Maniola einen weiteren Knopf und schon präsentierte ein anderer Scheinwerfer einen jungen Mann an den Percussions.
Wie präsentiert ein Scheinwerfer einen jungen Mann – und nebenbei: was ist ‚jung‘?

Er war Margarittas Ehemann Sergej.
Er trug ein Schild.

Und wieder Wieder ließ Maniola ihre Geige erklingen, nach PUNKT Nach einer Minute (einigen Takten) setzte auch das Klavier ein (Obwohl eher ihre Schwester einsetzt.) und nach einigen weiteren Akkorden auch die Percussions.

Drei Stücke hatten sie inzwischen gespielt, die mit großem Applaus bedacht worden waren, aber als das vierte Stück startete, Maniola nach dem Intro die Geige zur Seite hing und als Mikrofon trat, explodierte die Begeisterung der Zuhörer regelrecht, denn Maniola begann zu singen.
Was für ein Satz. Geht es einfacher?

Das erste Mal präsentierte sie ein Stück mit Gesang.
Und was Was war das für eine grandiose Stimme, musste das Publikum denken, denn der Jubel kannte keine Grenzen.
Unterstellung. Entmündigung. ;)

Maniola strahlte, sie genoss diesen Jubel, er elektrisierte sie geradezu.
Weil sie strahlt, genoss sie den Jubel?

Auch in In den folgenden Stücken erklang immer wieder oft ihre sanfte Stimme, denn PUNKT Sogar , denn sie hatte auch älteren Kompositionen hatte sie einige Textpassagen gegeben, was das Publikum dann zu Begeisterungsstürmen hinriss.

Nach fast einhundert Minuten (Eineinhalb Stunden) beendete Maniola das Programm mit dem Titelstück ihrer allerersten Veröffentlichung, …

Natürlich gab es eine Zugabe, die etwa fünfundzwanzig Minuten (eine halbe Stunde) andauerte, aber das Publikum war noch lange nicht satt.

„Maniola, sing!“, intonierten die Massen immer und immer wieder, bis sie nach fast zehn Minuten endlich wieder auf die Bühne kam.

Und dann Dann , nach fast drei Minuten, kam auch die Stimme. Es war ein Liebeslied, eine Ballade für die Ewigkeit. Unfassbar schön, romantisch, ja, erregend und zu Tränen rührend. Und das Das Finale dieses Stückes bildete ein imposanter Klangteppich aller drei Instrumente mit einem explosiven Schlussakkord.

Unzählige Besucher drängten sich nach dem Konzert noch in das angrenzende Restaurant. Es war riesig groß, aber alle konnten natürlich keinen Platz finden.
Logik. Es war riesengroß, aber alle fanden kein Platz?

Ein Vierpersonentisch in der Mitte war sogar reserviert, aber auch nach fast einer Stunde noch nicht besetzt.
Wieso sogar reserviert? Was hat das mit dem Saal zu schaffen.

Die meisten hatten aufgegeben, aber zwei junge Männer kamen nun an dem reservierten Tisch vorbei und fragten sich, wer denn hier würde Platz nehmen wollen Hört sich an wie im Märchen. . Vielleicht kam auch niemand mehr, spekulierten sie.

Doch dann Dann (Oder hat das Raunen etwas mit dem Tisch zu schaffen. Wie geht ein Raunene? ) ging ein Raunen durch den Saal. Unverzüglich war es absolute Stille, denn jeder der Anwesenden erwartete, dass sie etwas sagen würde. Sie!

…, die sie, wie zuvor auf der Bühne, auch jetzt noch weiterhin zu einem herrlichen Strauß nach oben toupiert hatte, wild hin und her wehten.

„Mein Name ist Waldemar“, offenbarte der Schwarzhaarige, als Maniola ihn fragend angesehen hatte ansah .

„Das sind beides sehr seltene Namen (Wenn das Fridolin hört. ) . Aber ich finde sie süß. Fridolin und Waldemar. Schön. Setzt euch bitte.“

Dann schaute Maniola nach dem Kellner, doch der hatte schon erkannt, dass noch ein Stuhl fehlen würde und brachte ihn zum Tisch. Ohne Schachtel. Mache mehrere Sätze daraus.

„Oh, vielen lieben Dank“, sagte Maniola, (Umarmte ) nahm den Mann in den Arm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Wir machen jetzt eine Flasche Champagner auf. Wenn ihr nicht mehr fahren müsst, dann dürft ihr gerne mittrinken. Ist das okay?“

Kaum hatte sie den Arm gehoben, kam dieser auch schon bereits angeflogen (Angeflogen ist mir irgendwie zu salopp.) .

Der Kellner brachte unterdessen den Champagner und zwei weitere Gläser für die unverhofften Gäste am Tisch.
Er brachte einen Stuhl, aber zwei Gläser.

Er schenkte ein und reichte jedem sein Glas.

„Fridolin, Waldemar, auf diesen Abend.“ Maniola prostete ihnen zu und stieß dann auch mit Margaritta und Sergej an.

Wir danken dir, wir danken euch von ganzem Herzen“, jubelte Waldemar und schauten auch dabei Margaritta und Sergej dankbar an.

„Oh, da kommt das Essen. Greift bitte zu“, forderte Maniola auf.

Es wurde eine große, warme Platte in die Mitte des Tisches gestellt, auf der verschiedenes Gemüse und Fleisch angeboten wurde.
Wer stellt was hin? Nenne Ross und Reiter.

Dazu gab es Reis, Nudeln und Bratkartoffeln.
Was für eine wichtige Aussage.

Nach zwei Stunden war die Tafel (Die Tafel !!!!) verspeist, der Champagner leer (Du meinst sicher die Flaschen) , und alle erfreuten sich an der heiteren Stimmung. Die meisten Tische waren inzwischen ebenfalls leer (Verlassen) . Schließlich saßen nur noch die fünf Personen an diesem Tisch zusammen und unterhielten sich sehr angeregt.

„Meine lieben Freunde“, erhob Maniola erhob ein letztes Mal das Glas, „es hat uns (‚Mir‘ oder ist sie eingebildet) sehr gefreut, euch heute so verwöhnen zu dürfen. Aber nun ist der Zeitpunkt gekommen, um Adieu zu sagen.“

Zu ihr, deren glühende Verehrer sie heute geworden waren.
Hatten die beiden sie nicht bereits zuvor verehrt?

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

Du meinst also, dass Androiden wie Data oder die Kaylon aus "The Orville" keine Lebewesen im eigentlichen Sinne sind. Stimmt wohl.

Okay, vielen Dank für die vielen kleinen Anmerkungen. Ich werde mich demnächst damit beschäftigen.
An einigen Stellen präsentiert der allwissende Erzähler einfach nur Fakten. Okay, die könnte ich etwas geschickter formulieren.
Hört sich an wie im Märchen. So fühlt sich das für die Jungs auch an ...
Er brachte einen Stuhl, aber zwei Gläser. Oh! Stimmt. Der Tisch war für vier gedeckt, es bedarf also auch nur eines weiteren Glases.

(Die Tafel !!!!) :DKlar, sie haben alles aufgegessen, sogar die Deko und das Geschirr ... ;)
Hatten die beiden sie nicht bereits zuvor verehrt? Es ist nicht ihr üblicher Musikgeschmack, sie waren das erste Mal auf einem solchen Konzert. Es war ein Experiment aus Neugierde, eine Empfehlung einer Freundin. Das sollte ich vielleicht noch irgendwo erwähnen ...

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

Du meinst also, dass Androiden wie Data oder die Kaylon aus "The Orville" keine Lebewesen im eigentlichen Sinne sind. Stimmt wohl.
Nö, ich meine gar nichts :). Definition ;). Obwohl eher von ‚Systemen‘ als von ‚Lebewesen‘ ausgegangen wird.
Kann sich eine Arbeiterin bei den Bienen fortpflanzen? Weniger. Somit kein Lebewesen. Dieses gilt gleichfalls bei Menschen, aber das Thema hoffe ich, haben die meisten begraben.
Dagegen lebt das System ‚Arbeiterin‘ – Zellteilung.
Jedoch würden die meisten einem Androiden, wenn sie existieren würden, die Existenz absprechen und damit rechtliche Folgen in einem Staat.

Liebe Grüße
Ahorn

Mensch, heute ist ja Mittwoch ;) Die Macht ist mit dir. :cool:
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

und ich bin noch in zwei. Dann muss ich mich mal sputen. ;)

Liebe Grüße
Ahorn
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

scheint da ein wenig Benny durch. :cool:

Kurz zur Erzählersprache. Ich finde sie teilweise zu schmalzig, dann kippt sie und ist eher salopp. Entweder-oder, oder am besten neutral.

…, dass das Konzert an einem Samstagabend stattgefunden hatte. So konnten sie am heutigen Sonntag nächsten Morgen wenigstens ausschlafen.

…, ob er schon wach sei. Der Freund bat ihn sofort herüber.
„Setz dich. Du hattest doch sicher auch noch kein Frühstück, oder? Aber sag mal, warum hast du angerufen, anstatt einfach rüber zu kommen?“

Dann hatten sie Sie hatten (Das ‚dann‘ macht keinen Sinn.) alles für ein ausgedehntes Frühstück auf dem Tisch zusammengetragen.
Nach dem Frühstück setzten sie sich auf das Sofa und studierten Maniolas Lebenslauf.
Da fehlt was. Tischdecken – nach dem Frühstück. Dazwischen? ;)

Schon mit Mit vier Jahren hatte Maniola Interesse für die Musik entwickelt. Ihr Vater war Dirigent an der Staatsoper, ihre Mutter spielte dort neben Klarinette und Oboe auch Geige.
Ist wohl ein kleines Orchester. :) Dass die Mutter die Klarinette bläst, okay, vielleicht als Vertretung mal die Oboe, aber auch Geige? Dass sie diese spielen kann, möchte ich nicht ableugnen.

Der Geigenkoffer schien einen besonderen Reiz auf Maniola auszuüben. Immer wieder fingerte das kleine Mädchen daran herum Sie fingerte daran herum (Es geht auch ohne ‚immer‘), wenn die Mutter ihn hervorholte, um zu spielen.
Klaro. Wenn die Mutter daran spielte, weshalb nicht sie.

Maniola war neugierig, sie wollte es selbst versuchen.
Ich dachte, sie tat es. Oder muss man fingern lernen?

Und so Deshalb / daher unterrichtete die Mutter das Kind, bis es sieben war. Maniola lernte schnell (Rasch). Bereits mit acht Jahren spielte sie die ersten Stücke ganz ohne Notenblatt. Sie spielte es einfach so aus dem Gedächtnis (Der Satz erübrigt sich.). Eine entsprechende Förderung (Amtsdeutsch!), die die Eltern begleiteten, führte das Mädchen an weitaus größere Aufgaben heran. Mit zwölf durfte sie das erste Mal im Orchester spielen.
Kannst schön spät. Oder durfte sie nicht eher, wollte kein Kinderorchester sie haben?

Ihre Intuition war beeindruckend. Sie brauchte weder nach Notenblatt noch Dirigentenstab zu schauen, sondern schloss einfach die Augen und spielte, spielte und spielte wie von einem anderen Stern.
Die Stücke lernte sie durch Zuhören und den Einsatz roch sie bereits bei der ersten Probe. ;) Du meinst sicher bei einer Aufführung.

Ihre Eltern waren große (Beide über 2 Meter) Science-Fiction-Fans. Auch Maniola hatte Gefallen daran gefunden. Als der Vater die Tochter sie einmal gefragt hatte, warum sie die Augen schloss, während sie spielte, antwortete das kluge Kind (dabei) fröhlich lachend: „Warum? Weiß nicht, vielleicht haben es mir die Außerirdischen befohlen.“
Dieser Ausspruch war in der Folgezeit zu einem geflügelten Wort geworden, das immer dann Anwendung gefunden hatte stets Anwendung fand (Obwohl das ‚Anwendung‘ mir irgendwie missfällt), wenn Dinge hinterfragt wurden, für die es entweder keine plausible oder eine viel zu einfache Antwort geben mochte primitive Antwort gab (Der Zusammenhang, die Logik entsagt mir zwar, aber …). Es war einfach schlicht als Scherz zu verstehen.
Maniolas Karriere als Orchestermusikerin war vorgezeichnet. Sie erhielt Offerten von allen großen renommierten Häusern, doch sie blieb ihrem Vater treu. Lediglich für Gastauftritte hatte sie auch woanders gespielt.

Mit fünfzehn begann sie, eigene Stücke zu komponieren. Solostücke für Geige, keine Begleitung, nur sie verkörperte das Leben ihrer Musik. Verkörperte das Leben ihrer Musik ?
Ein Leben für die Musik - es war bislang auch ein einsames Leben. Es war ein einsames Leben. Maniola hatte wenig Zeit für Freunde, erst recht keine für Beziehungen. Nie hatte es einen Mann an ihrer Seite gegeben. Aber trotzdem war Maniola immer ein sehr lebensfroher Mensch, der mit offenen Armen auf andere zuging, immer lächelte, immer ein nettes Wort für ihren Gegenüber übrig hatte, egal ob Mann oder Frau, ob jung, ob alt.
Es gab nicht viele Menschen in Maniolas Leben, die ihr wirklich wichtig waren. Dafür war sie viel zu viel unterwegs. Aber die Familie, also Mutter, Vater und Schwester waren ihr heilig. Dann gab es ihre Managerin Rosanna und eine Handvoll echte Freunde. Genauer gesagt waren dies zwei Paare, die ihren Weg seit vielen, vielen Jahren schon begleiteten.
Der Erfolg war ihr nie zu Kopf gestiegen. Sie war heute noch dieselbe kluge und liebenswerte Frau, die sie schon immer gewesen war.

Puh, geschafft. Jetzt erst mal die Kelle befeuchten. Tipp: Lass einfach Fridolin quatschen. Er hat es gelesen und textet Waldemar ohne Punkt und Komma zu. Dann kommt Leben in die Bude.

„Meinst du, sie hält ihn versteckt, damit er nicht angefeindet wird von irgendwelchen Irren?“
Wen? Habe ich irgendetwas überlesen?
Waldemar schaute Fridolin kritisch an.
Doch der reagierte sofort:
Das ‚doch‘ verstehe ich nicht.

Doch das konnte sie nie entmutigen, es immer wieder (erneut) zu versuchen.
Nun waren Fridolin und Waldemar in optischer Hinsicht In optischer Hinsicht waren Fridolin und Waldemar (Nun, nee, es sei denn du willst plaudern.) nicht gerade Prachtexemplare ihrer Spezies Mann.

…, die sich dafür hielten , zuriefen: „Komm her zu mir, schöner Mann!“

Am Rande der Fußgängerzone fanden sie sogar noch ein Eiscafé , das noch geöffnet hatte. Die Leute hatten zumeist zwar samt dicke Jacken an, aber sie saßen zumindest (Dann klappt’s auch mit dem aber. ) draußen. Fridolin und Waldemar wollten sich dazu gesellen, um das recht rege Treiben rund um den kleinen Marktplatz zu beobachten. Wille versetzt Berge. Nicht wollen, sondern machen.

Fridolin entdeckte den letzten freien Tisch. (Das sagt er.) „Da drüben auf der anderen Seite ist noch ein Tisch.“
Sie waren noch wenige Meter von diesem Tisch entfernt, als ihnen von der anderen Seite zwei Damen mit Sonnenbrillen entgegenkamen .
‘Mit Hunden entgegenkamen‘! Klickerst.

…, aber keineswegs dick, hatte schwarze Locken und eine dunklere Hautfarbe.
Spielt die Farbe der Haut eine gesellschaftspolitische Rolle? Wenn, ja dann würde ich sie genauer klassifizieren: kalkig, krebsrot, nussbraun …
Und nun standen sie Sie standen (Siehe oben) zu viert um den Tisch herum und schauten sich verdutzt an.

„Sie haben ihn gestern Abend erstmal komplett durchgecheckt. Eine Woche werden sie ihn sicher dabehalten.“

Dann nahm die Dame die Sonnenbrille ab und gab damit den entscheidenden Hinweis.
Erstens welche der beiden und zweitens nein, bitte, kann eine Sonnenbrille einen Menschen derart verunstalten?

„Mein Gott. Wir haben seit gestern Abend über nichts anderes gesprochen KEIN KOMMA als über dich und dieses grandiose Konzert“, gestand Fridolin.

Und da erkannte er sie – und bekam rote Wangen.
Wer er? Waldemar?

In der Folgezeit entspann sich eine gemütliche und zwanglose Unterhaltung. Fridolin und Waldemar legten ihre Schüchternheit ab, unterhielten sich zwanglos , hielten sich aber mit ihrer grenzenlosen Bewunderung trotzdem höflich zurück.
„Unverhofft kommt manchmal oft“, orakelte Maniola bei der Verabschiedung.
„Oh, das wäre uns eine sehr große Freude, aber wir wollen uns gewiss nicht aufdrängen. Auch du brauchst und schätzt sicher deine Privatsphäre“, meinte Fridolin galant.[ í] Wie meint man etwas galant? [/i]
Auch heute wurde den beiden Männern die liebevolle Geste zuteil, die sie schon am Vorabend so genossen hatten. Maniola umarmte zuerst Fridolin und dann Waldemar und gab ihnen einen Wangenkuss. Sie schenkte ihnen die gleiche liebe Geste wie am Vorabend.
Als die beiden dann Rosanna die Hand zum Abschied reichten, meinte sie nur: Sie meint nicht, sondern sagt. „Was sie kann, das kann ich auch, oder?“
Dann nahm sie … (Du wirst schmalzig. ) Und so nahm auch Rosanna beide nacheinander in die Arme und küsste sie.

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

okay, ein paar Dinge muss ich mir mal abgewöhnen. Andererseits ist es halt mein eigener Stil. Hier und da muss es daher erkennbar bleiben. :):cool:
Deine Inspiration ist mir dennoch sehr wichtig.

(Der Zusammenhang, die Logik entsagt mir zwar, aber …) Das hat auch gar nichts mit Logik zu tun. Ich erwähnte schon, dass meine Frau diesen Spruch ebenfalls ständig raushaut, wenn ich sie frage, warum sie Dieses oder Jenes getan hat, wenn ihr ein Missgeschick passiert ist oder so.
Puh, geschafft. Jetzt übertreibst Du aber ... ;) Jetzt habe ich mal eine durchaus noch überschaubare Passage ohne wörtliche Rede ...
Wen? Habe ich irgendetwas überlesen? Na, den mutmaßlichen Märchenprinzen, den Fridolin zuvor erwähnte.
Erstens welche der beiden und zweitens nein, bitte, kann eine Sonnenbrille einen Menschen derart verunstalten? Welche? Das geht aus dem vorangegangenen Dialog hervor - und dem anschließenden Aufschrei der Gefoppten. Aber die Sonnenbrille allein kann es nicht verbergen. Da hast Du recht. Sie tragen jetzt auch Daunenjacke und Pudelmütze.
Wer er? Waldemar? Der Kellner. Ist aber, wie ich finde, auch klar erkennbar ...
(Du wirst schmalzig. ) Das soll eine romantische Liebesgeschichte werden, da passiert das schon mal ... :rolleyes:

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Rainer,

Maniola – ein Name, wie Musik …
—> Ist der Name wie Musik oder Maniola wie Musik?
Im ersten Fall müsste es heißen:
ein Name wie Musik (also ohne Komma)


Maniola – eine Frau, wie ein Gemälde …
—> auch hier: wie-Vergleich ohne Komma

bis zum letzten Platz besetzt. Ausverkauft!
—> doppeltgemoppelt

Ihr Kleid,
dass ihr Kleid
—> Dass es ihr Kleid ist, ist klar. Deshalb beim zweiten: dass das Kleid

Ein wahrer Traum von einem Kleid, der den Atem rauben konnte.
—> 3 x Kleid. Zu oft wiederholt. Vielleicht ersetzen durch: Ein wahrer Traum aus Stoff, Pailetten, blablabla

Es war ein unbeschreiblicher Genuss,
—> Für wen war es Genuss? Ich würde hier persönlicher werden.

Das Publikum verehrte, ja, vergötterte sie regelrecht. Männer wie Frauen waren von ihr angetan,
—> Pure Behauptung. Wie sieht die Verehrung aus, die Vergötterung? Ich möchte das als Leser sehen, es selbst fühlen, spüren, es nicht vom Erzähler bloß aufgedrückt bekommen.
Laufen den Leuten Tränen ins Gesicht? Verschmelzen sie? Fallen sie in Ohnmacht?

Maniolas Bandbreite erfasste nicht nur die klassischen Meister, sondern reichte bis zu den aktuellen, eingängigen Melodien fast aller Genres. Aber sie hatte auch unzählige, selbst komponierte Stücke, die sie vortrug. So war für jeden Geschmack etwas dabei, und deshalb waren ihre Konzerte immer sehr schnell ausverkauft.
—> Das ist ein ganz anderer Erzählton als zuvor. Kühl, entfernt, mit Abstand, bezugslos zum Live-Geschehen. Hier liest es sich wie ein Wikipedia-Eintrag.

diese wahnsinnige Atmosphäre
—> Wahnsinnige Atmosphäre? Wie, wo, wer? Ich bekomme davon nichts mit, mich reisst das überhaupt nicht mit. Sind ja bloß pure Behauptungen, die ich schlucken muss.
Wird da Stage-Diving zelebriert? Halten die Leute Kerzen oder leuchtende Handys hoch? Ich kann mir unter „Wahnsinnige Atmosphäre“ so viel vorstellen, nur finde ich hier davon nichts.

die ihren Konzerten zu eigen war.
Dennoch war bei diesem Konzert
—> Wortwiederholung. Vorschlag: bei diesem Auftritt

Sie hatte sich für die Vorbereitung dieser kurzen Tour, die heute startete, ein wenig mehr Zeit gelassen. Es war vorher absolut nichts bekannt geworden, wie das neue Programm hatte aussehen sollen.
—> Wer erzählt hier überhaupt? Wer hat dieses Wissen außer z.B. ihr Manager?

Margaritta war dreizehn Jahre jünger. Die junge Frau saß an einem roten Flügel.
—> Sind die 13 Jahre wichtig? Für mich würde kleine Schwester reichen. Da geht ja auch nicht, wie alt Maniola ist.

explodierte die Begeisterung der Zuhörer
—> Lässt mich auch kalt. Ich bekomme keine Atmosphäre mit. Null.

eine grandiose Stimme
—> Wie zeichnet sich denn ihre Stimme aus, um als grandios zu gelten? 9 Oktaven umfassend?

denn der Jubel des Publikums kannte keine Grenzen.
Maniolas Gesicht erstrahlte vor Freude, sie genoss diesen Jubel, er elektrisierte sie geradezu.
Auch in den folgenden Stücken erklang immer wieder ihre sanfte Stimme. Sogar älteren Kompositionen hatte sie einige Textpassagen gegeben, was das Publikum
—> Wortwiederholungen

gerade achtzehn geworden, im Sommer 2056
—> Ah, da ist ja ihr Alter.

Unfassbar schön, romantisch, ja, erregend und zu Tränen rührend.
—> gähn …

So, ich höre hier fürs Erste auf. Ich glaube es wird klar, dass mich der Text noch nicht mitzieht. Mir fehlen wahre Emotionen, nicht nur Behauptungen dieser.

Hoffe, du kannst etwas mit meinem Kommentar anfangen.
Schönen Sonntag und liebe Grüße,
Franklyn
 
Hallo Franklyn,

puh, das war 'ne harte Keule ... ;)

Da sieht man wieder, wie wichtig das Feedback ist. Du hast gewiss recht, wenn Du diese Kritikpunkte anbringst. Da muss ich mich nochmal reinhängen.
Das ist jetzt mal aus der Perspektive eines allwissenden Erzählers, aber offensichtlich habe ich das noch nicht so richtig raus.
Vielen Dank für die vielen Hinweise. Ich werde dran arbeiten.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Franklyn,

klar. Aber ich hoffe doch, dass Du auch Stellen findest, die Dir richtig gut gefallen ...o_O;)

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 



 
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