Ode ans Arabisch(Ballade)

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Agnete

Mitglied
Wenn meine Sprache deine Bögen zöge,

die kalligrafisch fast zum Tor sich einen

und fehlende Vokale grade bögen,

was zwar da steht und was sie doch nicht meinen,



dann könnten meiner Sprache Bilder künden

von Wüsten sanfter Unbarmherzigkeit,

vom kühnen Stolz zerklüfteter Gebirge,

die letztlich doch in weite Ebnen münden.


Trüg sie den Kehllaut, der die Schärfe zieht

phonetisch durch geschönte Harmonie,

dann würd aus dem Gedanken, der sonst flieht,

fast wie Natur gegeben Poesie.


Dann könnte ich die Dissonanz beschreiben,

die Wind in alle Seelenlieder weht –

das Dunkle, das stets wieder übergeht

in Morgenlicht – und ja,

vielleicht auch mich.
 
Zuletzt bearbeitet:

mondnein

Mitglied
1. Sind Balladen "Feste Formen"?
2. Ist dieses Lied hier eine "Ballade"?
3. Was teilen uns die Lücken zwischen den Verszeilen mit?

Wenn meine Sprache deine Bögen zöge,
die kalligrafisch fast zum Tor sich einen
und fehlende Vokale grade bögen,
was zwar da steht und was sie doch nicht meinen,
das heißt: die fehlenden Vokale stehen zwar da (?) aber sie meinen nicht das, was da steht?
Trüg sie den Kehllaut, der die Schärfe zieht
phonetisch durch geschönte Harmonie,
dann würd aus dem Gedanken, der sonst flieht,
fast wie Natur gegeben Poesie.
das heißt: aus den ajin-Lauten, die man gern schon mal mit kotzenden Kamelen vergleicht, wird "fast wie Natur gegeben Poesie"?
witzig.

grusz, hansz
 

Agnete

Mitglied
1 ja. Wenn man Arabisch könnte, würde man es wissen...(Vokale)
2 ich meine ja
3 die Lücken sond dazu da, damit der Leser eine Denkpause einlegen kann. Für manche scheinbar dringend nötig.;)

kotzende Kamele... man müsste schon den gesamten Vers lesen...
Mondnein, du hast es wieder nicht verstanden. Schade.
 

Agnete

Mitglied
danke Dio für die Sternchen.Von dir freuen sie mich besonders, weil deine Werke ja auch gerne im Pathos baden...:) lG von Agnete
 

James Blond

Mitglied
1. Sind Balladen "Feste Formen"?
2. Ist dieses Lied hier eine "Ballade"?
3. Was teilen uns die Lücken zwischen den Verszeilen mit?
1 ja. Wenn man Arabisch könnte, würde man es wissen...(Vokale)
2 ich meine ja
3 die Lücken sond dazu da, damit der Leser eine Denkpause einlegen kann. Für manche scheinbar dringend nötig.;)
Liebe Agnete,
die drei Fragen mondneins stellten sich auch mir beim Lesen und deine Antworten haben mich nicht zufrieden gestellt.

Erlaube mir, dass ich die Fragen etwas direkter wiederhole:

1. Was macht dieses Gedicht für dich zur Ballade?
2. Was macht Balladen für dich zu einer festen Form?

Was die Lücken zwischen allen Verszeilen anbelangt, hast du ja bereits eine Erklärung abgegeben. Allerdings funktionieren die - zumindest was mich betrifft - nicht in deinem Sinne: Ich lege dadurch keine 'Denkpause' - hier verstanden als Pause zum Nachdenken - ein, sondern breche meist den gesamten Lesevorgang ab, da ich großen Wert darauf lege, den gesamten Text möglichst im Blick zu haben, also ohne lästiges Rauf- und Runterscollen im Ganzen zu betrachten, um so darüber nachzudenken.

Wenn ich allerdings sehe, wie du selbst hier im Dreiminutentakt Gedichte kommentierst, verstehe ich deine Befürchtung, andere könnten es mit deinen Gedichten ebenso machen ... ;)

Gern nachgefragt.
JB
 

Agnete

Mitglied
ich muss meine Antworten nicht erklären. Wenn ein Leser das Gedicht nicht versteht, dann ist es eben so. ich werde mich mal hier wieder abmelden. Es nervt.
Anstatt sich mit Lyrik und deren tieferer Aussage zu befassen, geht es um Zeilenabstände. Blöd, blöder, am blödesten.
War ein Versuch, hat nicht geklappt.
Danke, Bernd und den anderen fürs Hierseindürfen.
Tschö
Agnete
 

Agnete

Mitglied
" Wenn ich allerdings sehe, wie du selbst hier im Dreiminutentakt Gedichte kommentierst, verstehe ich deine Befürchtung, andere könnten es mit deinen Gedichten ebenso machen ... ;) " danke James. Ich werd es zukünftig lassen...
 

James Blond

Mitglied
Liebe Agnete,
aus deinen Antworten entnehme ich, dass du nicht an einer Kommunikation mit anderen Lesern hier interessiert bist und dich gegenüber Kritik sehr empfindlich zeigst. Darum werde ich es auch zukünftig unterlassen, auf deine Beiträge zu reagieren und die Ignore-Funktion nutzen.

Adieu
JB
 

mondnein

Mitglied
Danke, Bernd und den anderen fürs Hierseindürfen.
gern geschehen. Komm mal wieder, hier wirst Du gelesen, und das ist ziemlich selten heutzutage.
Wenn es mehr Dichter als Leser gibt, dann ist es vielleicht fruchtbar, in die Elite der "Leser" hinaufzusteigen aus der unübersehbaren Menge der dicht dichter dichtesten Genien

grusz, hansz
 

Mimi

Mitglied
Liebe Agnete,

Schade, dass Du Dein Gedicht gelöscht hast und schon (wieder) die Leselupe verlassen möchtest ...
Zu Deinem Gedicht gäbe es sicherlich noch so einiges zu sagen.
Aber vielleicht möchtest ja noch einen weiteren Leseeindruck, der sich mehr mit dem Thema Deines Gedichts befasst, "mitnehmen".

Für meinen Eindruck bringt es etwas zum Klingen, das ich aus meiner eigenen Erfahrung mit der arabischen Sprache gut kenne: die enge Verbindung zwischen Schrift, Klang und Bedeutung. Besonders Deine Zeilen über die fehlenden Vokale haben mich zum Nachdenken gebracht.

Im Arabischen gibt es zwar Vokale (gemeint sind die lang gesprochenen), aber die kurzen werden im Schriftbild oft nicht mitgeschrieben. Dadurch entsteht eine Mehrdeutigkeit, die erst durch den Kontext aufgelöst wird. Das eröffnet faszinierende poetische Möglichkeiten. Ein einziges Wort kann je nach Aussprache und Vokalisierung verschiedene Bedeutungen tragen. Dein Gedicht greift genau dieses Phänomen auf: dass Sprache nicht nur vermittelt, sondern auch andeutet und manchmal sogar verbirgt.

Ich finde es besonders gelungen, wie Du die Bögen der arabischen Schrift als kalligrafische Tore beschreibst. Tatsächlich wirken die Buchstaben in ihrer geschwungenen Form oft wie ein Ornament, das sich fast in Bewegung zu befinden scheint. Gleichzeitig führt das Fehlen kurzer Vokale im Schriftbild dazu, dass sich die Bedeutung oft erst durch den Kontext erschließt – ein faszinierendes Merkmal der arabischen Sprache, das Du ansatzweise durchaus schön eingefangen hast.

Auch Deine Beschreibung der Kehllaute finde ich gut getroffen.
Arabisch ist, charakteristisch für semitische Sprachen, eine Sprache der Kontraste – weiche, fließende Klänge treffen auf kraftvolle, markante Laute wie das tiefe 'Qaf' (ق) oder das kehlig vibrierende 'ʿAin' (ع).
Doch diese Laute sind nicht überall gleich. Das 'Qaf' zum Beispiel klingt in Tunesien oft wie ein sanfteres G, während es in den Golfstaaten sehr tief und kehlig ausgesprochen wird.
Im Libanesischen wiederum wird es oft zu einem sanften Hamza (ʔ) abgeschwächt. Diese regionalen Unterschiede prägen den Klang der Sprache so stark, dass man manchmal schon am ersten Wort erkennen kann, woher jemand kommt.
Dein Gedicht fängt genau diese Vielschichtigkeit wunderbar ein.

Ob das eine Ballade ist? Für mich eher eine Ode – eine poetische Würdigung der Sprache selbst, eine Reflexion über ihren Klang und ihre Eigenheiten. Eine klassische Ballade erzählt meist eine zusammenhängende Geschichte mit einem dramatischen Wendepunkt, während dein Gedicht eine Stimmung einfängt, ein Gefühl von Sprachklang und Identität. Und genau das macht es so besonders.

Jedenfalls hat mich Dein Gedicht auf eine klangliche und gedankliche Reise mitgenommen!

Gruß
Mimi
 

Agnete

Mitglied
genau so ist es, Mimi und ich danke für die ausführliche Erläuterung für jene, die es eben NICHT verstanden haben.
ich bin nicht dazu bereit, meine Werke zu erklären, denn dieses hat ja auch noch eine weitere Ebene. Die Sprache ist hier nur Symbol.;)

Ebene die Zweideutigkeit , die die arabische Sprache kennt, zeigt sich auch im ( vergleichenden)Doppellsinn des Gedichtes. Und wer eben Anspruchsvolles nicht versteht, muss selber sehen. Dio ( klar) hat sogar 5 Sterne gegeben. Der schreibt ja auch selbst sehr gut und oftmals klassisch.

S
Wieder zum Gedicht: Sprache macht einen Menschen aus. Charakterisiert ihn. Und manchmal fehlen einem die Wort, auch für einen selbst.;)

Ob es eine Ode ist? Die antiken Oden sind meist daktylisch. Deshalb hatte ich mich für Ballade entscheiden, weil dieser Begriff heute in der Moderne etwas freier gefasst ist.
lG von M.
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Agnete,

ich bin sehr froh, dass Du das Gedicht wieder eingestellt hast!
Zusammen mit Mimis Erläuterung erschließt es sich einfacher - wenn man des Arabischen nicht mächtig ist, wie ich.
Zuerst fand ich es nur sehr klangvoll beschreibend, aber nun kann ich auch nachvollziehen, wovon Du sprichst.

Der Vorgang hier erinnert mich an einen Doktoranden eines Teilgebietes der asiatischen Geschichte bei 'uns' am Lehrstuhl, der über seine Disputation Übles zu berichten wusste, weil der Messbecher der Opponenten ihre eigene Ignoranz war - im Sinne von Nicht-Wissen, nicht als Vorwurf - und aus ihrer Unkenntnis heraus meinten, ihn alles Mögliche fragen zu können, was nicht seinem Fachgebiet entsprach. Hinterher meinten sie, ihn des Nichtwissens überführt zu haben. Das war für mich ein bleibender Eindruck, wie man mit höchsten Weihen intellektuell in die Irre gehen kann. Aber dies nur am Rande.

Jetzt werde ich Deine 'Ode' noch einmal lesen und dann zu Bett gehen.

Liebe Grüße
Petra
 

Agnete

Mitglied
vielen Dank, liebe Petra.
Deine "Randgeschichte" amüsiert mich sehr und ich finde sie ziemlich treffend. ;)
Vielen Dank, liebe Ubertas,
ja, es ist sogar ein Herzengedicht von mir... danke auch dir fürs Verstehen.
Und euch beiden und Dio für die Sternchen.
lG von Agnete
 

petrasmiles

Mitglied
Ich muss noch nachtragen, dass dies eine Erfahrung aus den 80ern war - ich bin also nicht dabei geblieben und möchte nicht den Eindruck erwecken, ich sei noch im Wissenschaftsbetrieb und mich mit fremden Federn schmücken. Nach dem Magister war Schluss. Aber nach solchen (und anderen) Erfahrungen ist das kein Verlust.

Liebe Grüße
Petra
 
Hi Anni,

Dein schönes, zartes (Liebes)Lied hat mich gleich umgehauen!

Ich las und etwas trug mich sofort in eine laue Sommernacht auf ein Ensemble von Maljis und Jalsas. Überall dunkles Königsrot und warmes Gold. Unter der Sternennacht löst Samira („der Gesang“!) das erste Mal den Schleier ihres Schweigens und WIRD für ihren Geliebten am Ende ZU SICH SELBST („vielleicht auch mich“) . Dabei kämpft sie sich für ihn aus der tagesmüden Wortlosigkeit (der alltäglichen Entfremdung "wenn meine Sprache"), aus dem Dunkel („Das Dunkle, das stets wieder übergeht ins Morgenlicht“) hinein in das Morgen.

Ihr Liebeslied behält seine feminine Zartheit, seine zeitlose Aufrichtigkeit durchweg durch alle Strophen, obwohl es in seinen Bildern Widersprüche einfängt, mit ihnen spielt, sie verschnörkelt ineinander webt, Lautbild, Sprachbild, Klangbild vereint sich zu einer gewaltigen Anbetung und Liebeserklärung. Und bei alle dem bleibt mir der Eindruck, sie traue sich, traue sich erstmals ihm ihre wahren Gefühle zu offenbaren. Am Ende gelingt es ihr ganz sicher „sich“ zu beschreiben, sich nackt und zart und so liebevoll zu zeigen in der poetischen Erhebung seiner wüstenhaften Rauheit, seiner schönen geschwungenen Augen, seiner tiefen Denkerstirn, der Unbarmherzigkeit seiner Liebkosungen, seiner festen Griffe. Seinen wilden, weiten Wüstenstolz überwindet sie mit der Liebkosung ihrer sich stetig steigernden Darbietung von Gleichnissen in denen sie ihn und seine manchmal naturhafte Unbeholfenheit und raue Erotik preist und endlich wird er so weich in ihrer Hand, wie die Mondseide ihres Kleides und wird aus dem Gedanken, der immer Gefühl sein sollte- Poesie!

Das ist so wunderbar angedeutet, gleichzeitig so tief angelegt im harmonischen Sing-Sang der Nachtigallenstimme, der weichen Rhythmen der Wörter und Wortstellungen, der zärtlichen, sinnlichen Endungen mit denen du hier so unverstellt spielst („münden“, bögen, zöge, einen“) dass es mir vor Lust den Atem verschlägt! Du webst die harten, scharfe Widersprüche so non chalant ein, dass die feine Blutspur auf der Zunge, die nach dem Ritt über die Gegensätzlichkeiten bleibt, der Geschmack der Worte ganz nach dunklem Wein schmeckt, mit einem Hauch von kaltem Eisen.

Ja, natürlich finde ich noch eine weitere Ebene. Die hat mit der Sängerin allein zu tun. Hat damit zu tun, wie sie zu sich selber singt, ohne es am Anfang auch nur zu ahnen. Und doch wird es ihr am Ende bewußt („vielleicht auch mich“) Das ist doch die Alchemie mit den Mitteln der Schönheit! Das ist sie doch: Albedo, die Weißung, die erste Stufe des Steins!

Übrigens: Der Begriff „Ballade“ kann im modernen Sprachgebrauch auch für Lieder oder lyrische Reflexionen mit musikalischem Klang stehen. Da das Gedicht einen sehr rhythmischen, melodischen Fluss hat, könnte der Begriff bewusst anders verwendet worden sein– nicht im narrativen, sondern im musikalischen Sinne! Das Arabische hat bekanntlich auch eine starke mündliche Dichtungstradition, in der Gedichte oft gesungen oder in rhythmischer Weise vorgetragen werden. Die „Ballade“ im Titel könnte also auf diesen musikalischen Aspekt arabischer Poesie anspielen.

Vielleicht soll die Bezeichnung „Ballade“ sogar provozieren und ein Bewusstsein dafür schaffen, dass sprachliche Kategorien oft nicht exakt passen – ähnlich wie sich die arabische Sprache nicht vollständig in westliche Denkmuster fügen lässt.

Ich hätte das Gedicht, Lied, Ballade, Ode, Zungenkuss der Worte, empfohlen,. Es ist großartig !

mes compliments

dio
 
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