oder ist es nicht kälte? (haiku)

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Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Hallo Patrick,

das gefällt mir. Ich persönlich würde auf die kühle komplett verzichten, dann wird der Text offener. So zumindest ist mein erster Gedanke nach dem Lesen.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hi cellist

nun ja, der ganze versuch besteht darin, endlich den titel als bedeutungsebene in das haiku einzubauen ... der ganze titel wäre sinnlos, würde ich die kühle streichen ;)

lg dir
patrick
 
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Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Da hast du wohl Recht. Ich hatte deinen Text als Haiku gelesen, also logischerweise ohne Titel. ;)
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo!

Wir hatten diese Titeldiskussion schon an anderer Stelle.
Meine Meinung dazu ist: Wenn es einen Titel zu einem Gedicht gibt, dann muss er auch passen und mit dem Gedicht korrespondieren.
Wie auch immer, ganz klasse!

Liebe Grüße
Manfred
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
ohne den titel, wäre dieses haiku ein typisches kitsch haiku, wie man sie tausendfach auf haiku-heute und anderen seiten findet, eher reizlos.

vielleicht kurz als analyse hinterhergeschoben, wer weiß ... vielleicht ... nun also;

mögliche funktion eines titels;
1: er fasst den inhalt prägnant zusammen
2: er interpretiert den inhalt
3: er fügt durch zu - oder widerspruch, oder durch ein neues bild, einen gedanken, dem inhalt eine neue ebene zu.

die möglichkeiten schweben oft ineinander, überkreuzen, oder ergänzen sich.

bei dem vorliegendem titel, handelt es sich hauptsächlich um einen titel der dritten kategorie. zum text;

kapelle; es geht also um ein religiöses thema, glücklicherweise kein zen ;)

die kühle, vorallem nach einem bergaufstieg, assoziiert man doch mit etwas angenehmen. die ewigkeit also angenehm, als himmel gedacht.

nun kommt der titel ins spiel und bringt die kälte mit ein, die man eher mit einem unangenehmen zustand assoziiert. die ewigkeit also unangenehm, als hölle gedacht.

da der titel aber als frage, nicht als aussagesatz formuliert ist, überlappen sich beide möglichkeiten und es bleibt offen, was wie gemeint ist, auch ob der text sich nun doch auf das konkrete ereignis bezieht, oder ob er abstrakt metapysisch spricht, bleibt offen. letztlich sogar, was der auf - und nicht abstieg bedeuten könnte.

wobei mir gerade auffällt, dass der aufstieg ja die spitzte des berges bildet, wenn man von den zeilen her denkt. aufstieg als erste zeile, dann steigen die zeilen abwärts der ewigkeit entgegen...

ohne den titel, wäre das alles nicht möglich ;)

lg euch
patrick
 
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Gelöschtes Mitglied 22727

Gast
Ohne Titel wäre Dein Gedicht kein Kitsch, kann ich weit und breit nicht erkennen. Erheblich aufleben würde es allerdings ohne 'ewigkeit'! Wir wissen doch gar nicht, was sie ist, wir scheitern doch schon kläglich an der Vorstellung, die Erde sei 4,5 Milliarden Jahre alt. Wenn Du 'ewigkeit' als Himmel meinst - warum schreibst Du's nicht? die kühle des himmels - hat doch was, oder?

Die Kühle, ohne sie direkt anzusprechen, geht mir in einer Textvariation durch den Kopf:

nach dem aufstieg
barfuß
in die bergkapelle


barfuß ... meint das Kühlen der Füße und die Ehrerbietung in einem religiösen Raum

Nur so, will keineswegs Dein Haiku beschädigen.


Alles Gute
dmity
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
nach dem aufstieg
barfuß
in die bergkapelle
das hier hingegen ist großartig!
aber eben ein ganz neues gedicht.
stell das doch für dich ein.
ich finde es echt super, dann ist es unser beider werk :)

der vorliegende text klang am anfang übrigens so:

die weite der welt
sie sperrt ihre angst
in der kapelle ein


nur dann dachte ich - kapelle = kühle = symbol für ewigkeit, also ein wort, dass mehrere bedeutungen hat, welches nicht versucht japanisch zu klingen - und es ist das hier draus geworden. ;)

und da es ja dieses konkrete gefühl, ewiges zu fühlen, häufig gibt, seh ich da auch kein problem. außerdem sollte es ja nicht religionsschmeicheln sein ...



lg
patrick
 
G

Gelöschtes Mitglied 22727

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Besten Dank! Nun, es ist ja bereits abgehakt worden - also gehört es allen!
 
G

Gelöschtes Mitglied 22614

Gast
ohne den titel, wäre dieses haiku ein typisches kitsch haiku, wie man sie tausendfach auf haiku-heute und anderen seiten findet, eher reizlos.

vielleicht kurz als analyse hinterhergeschoben, wer weiß ... vielleicht ... nun also;

mögliche funktion eines titels;
1: er fasst den inhalt prägnant zusammen
2: er interpretiert den inhalt
3: er fügt durch zu - oder widerspruch, oder durch ein neues bild, einen gedanken, dem inhalt eine neue ebene zu.

die möglichkeiten schweben oft ineinander, überkreuzen, oder ergänzen sich.

bei dem vorliegendem titel, handelt es sich hauptsächlich um einen titel der dritten kategorie. zum text;

kapelle; es geht also um ein religiöses thema, glücklicherweise kein zen ;)

die kühle, vorallem nach einem bergaufstieg, assoziiert man doch mit etwas angenehmen. die ewigkeit also angenehm, als himmel gedacht.

nun kommt der titel ins spiel und bringt die kälte mit ein, die man eher mit einem unangenehmen zustand assoziiert. die ewigkeit also unangenehm, als hölle gedacht.

da der titel aber als frage, nicht als aussagesatz formuliert ist, überlappen sich beide möglichkeiten und es bleibt offen, was wie gemeint ist, auch ob der text sich nun doch auf das konkrete ereignis bezieht, oder ob er abstrakt metapysisch spricht, bleibt offen. letztlich sogar, was der auf - und nicht abstieg bedeuten könnte.

wobei mir gerade auffällt, dass der aufstieg ja die spitzte des berges bildet, wenn man von den zeilen her denkt. aufstieg als erste zeile, dann steigen die zeilen abwärts der ewigkeit entgegen...

ohne den titel, wäre das alles nicht möglich ;)

lg euch
patrick

Wow! Ich finde, ein Autor sollte öfter seinen Text erklären! Zumindest, wenn es keine Rezensionen gibt, die dem Text bzw. den Gedanken dahinter wirklich gerecht werden, Ich kann das leider auch nicht. Aber ich werde mir zumindest wieder einmal Mühe geben und wirklich nachdenken. Wenn ich hier lese, wieviel Gedanken sich ein Autor macht, dann bekomme ich tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Es ist wirklich schade, wenn es so eine wohlüberlegter Text mit oberflächlichen Floskeln oder bloß mit oder auch ohne Sterne von der Masse verschlungen wird.

LG
atira
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hey atira :)

da sprichst du was an ;D
ich hatte nämlich vor etwa 2 jahren die idee gehabt einen tagebucht-thread zu starten, in dem ich eigene und auch einige gedichte berühmter persönlichkeiten auf das konzept hin abklopfe und analysiere. ich hab die idee damals verworfen, weil es mir anmaßend erschien, eigene konzepte, ideen, bilder zu erklären. ich liebäugel aber immer noch damit, weil ich mir bei experimentellen sachen (auch bei anderen natürlich) immer gedanken mache, aber sich selten jm. wirklich damit auseinandersetzt. ralf ist eine wunderbare außnahme, auch der inzwischen abgemeldete frodomir hatte das forum in dieser richtung sehr belebt. aber hey, gerade bei konkreter und experimenteller poesie, gäbe es so viele sachen zu besprechen und so viele ideen zu teilen. sag mir mal, was du (vielleicht auch andere) von dieser idee hälst/halten. ist das arrogant, so etwas mit eigenen texten zu machen? unangenehm? dann lass ich es nämlich.

lg
patrick
 
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Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Hallo!

Wir hatten diese Titeldiskussion schon an anderer Stelle.
Meine Meinung dazu ist: Wenn es einen Titel zu einem Gedicht gibt, dann muss er auch passen und mit dem Gedicht korrespondieren.
Wie auch immer, ganz klasse!

Liebe Grüße
Manfred
Hallo Manfred,

was gibt es darüber zu diskutieren? Ein Haiku hat keinen Titel, so einfach ist das. Hier in der LL gibt man Haiku/Senryu einen Titel auf Anregung von Bernd, zwecks Unterscheidung.

Wenn ein Text wie hier von einem Titel lebt, dann ist es kein Haiku, sondern bestenfalls ein experimenteller Text auf Basis eines Haiku.

Ich weiß, dass ich mich mit diesem Statement unbeliebt mache, denn immerhin hat der Text hier schon etliche Sterne eingeheimst. Das ändert aber nichts an meiner Meinung, zeigt mir jedoch, wie wenig Haiku hier geschätzt werden.

Patrick,

ohne den titel, wäre dieses haiku ein typisches kitsch haiku, wie man sie tausendfach auf haiku-heute und anderen seiten findet, eher reizlos.
ich finde es ziemlich daneben, so gegen Seiten wie haiku-heute zu wettern, die sich wirklich um Haiku und seine Tradition bemühen. Da findest du etliche hervorragende Haikus und Haijins.

Der Text bzw. der Versuch hier von Patrick mag interessant, innovativ und interessant sein: ein Haiku ist das nicht. Und Hut ab vor seiner eigenen Interpretation und Analyse: hat alles dennoch wenig mit Haiku zu tun.


Und jetzt bin ich der Buhmann, der blöde Haikuschreiber, der kitschige Haiku schreibt, auch auf haiku-heute. Mir egal.

Nicht lange her, da gab es einen Beitrag von anbas zum Thema:

https://www.leselupe.de/beitrag/kein-haiku-147766/

Tja, ich verzichte hier mittlerweile auf Veröffentlichungen von Haiku. Und auf Wertung dieses Textes, auch wenn es unter "Feste Formen" wohl als Haiku/Senryu laufen möchte.
 
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Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hey quatsch

du bist nicht der buhmann ;)

ich kann verstehen, wenn die missachtung der regeln einer festen form, bei einigen dazu führt, dass sie nicht mehr von dieser form sprechen wollen. wenn es für dich kein haiku ist, kann ich da ja schlecht was dran machen ... und im strengen sinne ist es ja tatsächlich keins. ich habe nur ein sehr offenes verständnis von der wandlungsfähigkeit fester formen. eigentlich isses ja auch wurscht - ob es nun ein haiku ist, keines, oder ausversehen das terzett eines experimentellen sonetts, es ist ein gedicht - und das zählt! was mich an seiten wie haiku-heute stört ist eben, das 90% der dort veröffentlichten texte gleich klingen. ich habe einfach bei den meisten haiku das gefühl, ich hätte sie schon hundert mal so, oder so ähnlich gelesen.

ABER - die restlichen 10% haben es in sich! und deswegen lese ich regelmäßig mit. schlecht machen will ich das traditionelle haiku aber nicht, schließlich ist das, was mich häufig an diesen texten stört, eben das, was andere an ihnen lieben. und ich bin nicht gott, der über geschmacksfragen erhaben ist!

also - kühlen wir ein wenig die füße ... letztlich sollte ein interessanter gedanke und ein interessanter text bei einem schreibversuch herumkommen, das ist mein ideal, das ich selten, so bilde ich es mir jedenfalls ein, auch mal erreiche.

ps;

Ich weiß, dass ich mich mit diesem Statement unbeliebt mache, denn immerhin hat der Text hier schon etliche Sterne eingeheimst
bei mir hast du dich gerade beliebt gemacht. ich habe selten jemand so bei der sache gesehen, wenn es um eine literaturgattung ging. das ist mir ziemlich sympathisch ehrlich gesagt.

lg
patrick
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn ein Text wie hier von einem Titel lebt, dann ist es kein Haiku, sondern bestenfalls ein experimenteller Text auf Basis eines Haiku.
dazu vielleicht noch ein wort; zuerst stört mich das "bestenfalls" denn ich sehe nicht, warum haiku perse mehr wert sein sollen, als experimentelle texte. dennoch habe ich auch mit der bezeichnung "experimenteller text auf haiku basis" kein problem. was erkannt werden soll (und mnm. nach muss) ist die verwandschaft, aber die ist ja ziemlich offensichtlich, ob verwandschaft schon ausreicht um eine form so weit zu erfüllen, dass man den text dahingehend kategorisieren kann, mag und kann ich nicht beantworten, das muss jeder für sich ausmachen.
 
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Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
OK, streiche "bestenfalls". Eine Wertung wollte ich keinesfalls reinbringen. Das liegt mir fern.
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Und jetzt bin ich der Buhmann, der blöde Haikuschreiber, der kitschige Haiku schreibt, auch auf haiku-heute. Mir egal.
Hallo Cellist,

wieso sollst du jetzt der Buhmann sein? Wir sind ein Literaturforum, wir diskutieren über Texte und das ist auch gut so.

Ich bringe bei einem Gedicht den Titel immer in meine Interpretation mit ein, auch bei einem Haiku.
In diesem speziellen Fall eröffnet sich durch den Titel eine weitere Bedeutung:
Kälte = negativ belegt
Kühle = positiv belegt

Liebe Grüße
Manfred
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
ja, eben.
und so ganz ohne gegenwind, wäre das forum ja furchtbar langweilig, für lobhudeleien gibt es genug foren...
 



 
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