Schneewittchen-Priapeen

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kakadu

Mitglied
Zauberkünstler am Reißverschluss, Ali Baba der Häkchen,
Eisprungtage sind Austernzeit, schlürfe mindestens sieben.
Schäl mich flugs aus dem Chintzkokon, mach mir eine Prinzessin:
Weiß wie Schnee und so rot wie Blut, schwarzes Haar, das wie Seide
Schimmert. Zier dich nicht, schöner Mann! Komm und mach mir die Freude!


—◡—◡◡—◡— ‖ —◡—◡◡—◡
Priapeus
 
Zuletzt bearbeitet:

sufnus

Mitglied
Hey Claudi!
Große Freude!!! Ich bewundere immer wieder, wie leichtfüßig Du die alten Versmaße zum Klingen bringst. Und was für eine märchenhafte Schilderung entfesselter Anmut! :)
LG!
S.

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Glückspilz: Typ mit dem Händchen fürs ... na ... fürs fummlig-verspielte!
Wär nur ich der Houdini ... aaach ... hinge zappelnd am Häkchen ...
Würmchen: Köder fürs Glück (hihi) ... oder: selbst schon der Fang? Das
wärs doch! Bloß diese Austern, die ... die sind wirklich nicht nötig!
 

kakadu

Mitglied
Vielen Dank, lieber Sufnus! Du bist hier, glaube ich, der am vielseitigsten Interessierte. Ich staune immer, was dir alles gefällt. Ich habe ja schon einiges ausprobiert, aber so richtig heiß bin ich nur auf tollen Groove. Den finde ich gerade in den antiken Formen. Inhalte sind mir ziemlich schnurz. Ich mag vor allem sauberes Handwerk, klare Sprache und Originalität und bin eine passionierte Basteltante ohne künstlerische Ambitionen. :D

Tja, ein Gedicht über Sex, bei dem die Fortpflanzung der wichtigste Aspekt ist, fand ich mal eine nette Abwechslung. Freut mich sehr, dass du dich mit den Priapeen anfreunden konntest. Austern sind natürlich nicht nötig! So kleine Albernheiten rutschen mir meist nebenbei raus. Die lassen sich nur schwer unterdrücken.

Schön, dass es dir gefallen hat und danke für die Sterne!

LG Claudi
 

sufnus

Mitglied
Hey Claudi! :)
Also Deine Einschätzung zu meiner lyrischen Vielinteressiertheit kommt bei mir als ein wirklich liebes Kompliment an - da freu ich mich sehr! (der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ich zwar tatsächlich ausgiebig jede Sorte Lyrik konsumiere, jedoch die Epik und die Dramatik eher peripher streife.
Und was die Austern angeht: Deren Notwendigkeit abzustreiten war als eine Schlusspointe gedacht, die man als Potenzprahlerei auffassen könnte, oder aber (und das wär natürlich die sympathischere Variante) auch als (wenn auch etwas direkte) Galanterie. Ich fand das passt so schön zum Sujet. :)
LG!
S.
 

kakadu

Mitglied
Hallo Hansz,

der Vers heißt Priapeus und der Name leitet sich vom Fruchtbarkeitsgott Priapos ab. Es ist ein Glykoneus, gefolgt von einem Pherekrateus und dem Hexameter ähnlich, nur dass es nach der Zäsur mit einer langen (betonten) Silbe weitergeht. Das Metrum findest du hier.
 

mondnein

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Herzliches Dankeschön für die genaue Information!

Das war also falsch, die Verse als Hexameter zu lesen.
Aber es erklärt sich leicht: die Länge von der Zäsur läßt sich im Deutschen leicht als unbetonte Silbe lesen, und schon hat man Hexameter. Das ist besonders passend in dem Rückert-Beispiel der von Dir angelinkten Wikipedia-Seite, denn Rückert hat in allen vier Versen anfangsbetonte dreililbige Wörter, nach denen es mit einer betonten Silbe so flüssig weiterläuft, als wäre da keine Zäsur, sondern eben der Daktylus, der in einem Hexameter den dritten Versfuß füllte.
Und so ist es auch bei Dir, dachte ich, weil ich das an den ersten beiden Verszeilen so gelesen hatte, und es "paßt" auch noch beim dritten so hexametrisch wie bei Rückert. Hätte ich besser aufgepasst, wäre ich bei den letzten beiden Versen rausgeschleudert worden, bei "rot wie Blut" und "schöner Mann", denn "Blut" und "Mann" lassen sich kaum als Unbetonte lesen.

Das liegt natürlich schlicht und einfach daran, daß wir im Deutschen nicht Längen und Kürzen lesen, sondern Betonte und Unbetonte, Hebungen und Senkungen. Endsilben eines dreisilbigen Wortes tragen im Deutschen gelegentlich die Betonung, z.B. "überhaupt" oder auch - wie ich beim Vergleichen dreisilbiger Beispiele finde - bei anderen Fügungen aus einer zweisilbigen Präposition mit der dann folgenden Hauptsilbe des Wortes. Aber sonst wohl kaum.

Ich vergleiche noch das Wort "Reißverschluss" mit dem hineinprojizierten Hexameter: das "ver" ist zwar unbetont, aber im Deutschen kann eine Senkung von einer Unbetonten gefüllt werden, die man mit dem Längengewicht einer Betonten breitmacht. Im Unterschied zu lateinischen Kürzen, die keine Längen ersetzen können (außer in der "weiblich" abfallenden Schlußsilbe), können iktisch gelesene (z.B. deutsche) "Hexameter" langgelesene Unbetonte zwischen die Betonten schieben, wie es ihnen paßt.

Eigentlich wird das metrische Schema völlig klar und leicht zu lesen, mit der Zäsur zwischen den beiden Betonten in der Mitte des Verses, wenn man die beiden Hälften untereinander setzt:
Weiß wie Schnee und so rot wie Blut,
schwarzes Haar, das wie Seide​
Schimmert. Zier dich nicht, schöner Mann!
Komm und mach mir die Freude!​
So gehe ich regelmäßig bei Distichen vor: den Pentameter, also den jeweils zweiten der beiden Verse mit der Zäsur in der Mitte, halbiere ich, so daß da ein Hexameter steht, dem zwei dreifüßige Verse folgen.

(nicht zwei dreifersige Füße)


grusz, hansz
 

mondnein

Mitglied
fand nur das Inhaltliche (Schweinkram usw.)
na was für einen Blödsinn habe ich da gefunden, jedenfalls ist es bei Dir nicht so, daß es mit Spottliedern auf einen Faun mit erigiertem Penis vergleichbar wäre.
Dein Lied ist vielmehr grazil, märchenhaft sanglich, teilt Freude mit usw.

Ich überlege noch, ob Du im ersten Vers nicht Ali Baba sondern den Jungen mit der produktiven Lampe gemeint hast, den Ala-ed-din?
 

Agnete

Mitglied
wow, mal ganz was Feines und das noch augenzwinkernd. Eine asklepiadeische Odenstrophe habe ich vor ewigen Zeiten mal öfter geschrieben, fand die Schwingung sehr schön. Ist mir heute zu aufwändig ;)
Schön, mal sowas Ähnliches zu lesen. lG von Agnete
 

mondnein

Mitglied
Wéiß wie Schnée und so rót wie Blút, schwarzes Háar, das wie Séide
Schímmert. Zíer dich nícht, schöner Mánn! Komm und mách mir die Fréude!
aber sogar diese beiden Zeilen lesen sich, wenn keine verpflichtenden Vorgaben gemacht sind, als ganz normale, flüssige, Hexameter, d.h. in dem maßgeblichen Normalmaß solcher Sechsfüßler
 



 
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