Schuldlos

Chevrôn

Mitglied
Ich habe mich dazu entschlossen die überarbeitete Geschichte weiter unten neu einzufügen.
Zur Neufassung geht es hier.



Michael wusch seine Hände.

In dem blanken, von scharfem-LED Licht bestrahlten weißen Waschbecken wusch er sie mit viel Wasser und Seife.
Routiniert und gründlich.
Es schäumte bis zu seinem Handgelenk.
Die eine Hand wusch die andere, auch zwischen den Fingern.

Das Lied, welches Schulkindes zur Einhaltung der Waschdauer eingeübt hatten, summte er tonlos in sich hinein.
Er trocknete seine Hände anstandslos.

Das Waschbecken links von ihm war mit einem Absperrband beklebt.

Er schaute hoch in den Spiegel vor ihm.
„Bin das ich? Bin das noch ich?“, fragte er sich stumm.

Die untere Hälfte seines Gesichts bedeckt eine weiße FFP-Maske.
Er sah noch blasser aus wie sonst. Mit seiner glatten Haut, den akkurat frisierten dunklen Haaren wirkte er auf sich selbst erschreckend künstlich, die Augen ausdruckslos.

Um so kontaktlos wie möglich herauszukommen, nahm Michael für die Klinke ein frisches Papiertuch in die Hand.
Berührungslos hatte er schon bezahlt und ging wortlos an der Bedienung vorbei.
Die ging mit gesenktem Kopf ihrer Tätigkeit hinter der Theke nach.

So verließ Michael das Café, schuldlos.

Draußen im kalten Wind fühlte er das Echo des Impfnadeleinstichs vor ein paar Tagen. Ein seltsam taubes Gefühl, als hafte endlos ein Cent Stück am Oberarm.

Der Piekser verlieh ihm den Status, den er benötigte, um widerspruchslos öffentliche Bereiche zu betreten.

Social Distancing war die alternativlose Verhaltensweise, bis sich die Todeszahlen, R-Werte und Bettenbelegungsraten reduzierten.

Es müsste doch eigentlich nur wichtig sein, sich physisch zu distanzieren und nicht sozial, fragte sich Michael.

Draußen auf der Straße nahm er seinen gewohnten Weg Richtung Rathausplatz.
Dort nahm er deutlich wahr, welchen heillosen Erfolg „Social Distancing“ hatte.

Auf der weiten freien Fläche, die sonst von vielen Touristen wie Einheimischen zum Essen, Flanieren und Verweilen genutzt wurde, eilte kaum eine Handvoll Menschen rastlos ihrem Ziel entgegen.

Michael hatte seine Hände tief in den Hosentaschen, den Blick mehr auf den Boden als nach vorne gerichtet,
die Kapuze seines schwarzen Mantels hing ihm halb über das Gesicht.

Eine Frau im blauem Businesskleid, die in seiner Richtung an ihm vorbei lief, fing grundlos an zischende Laute auszustoßen, welche sich in wildes, gestikulierendes und lautes Rufen von verständnislosen Worten in einer fremden Sprache steigerten.

Er reagierte entschlusslos.

Die anderen Personen gingen reaktionslos wie stumme Figuren weiter einem unbekannten Ziel entgegen.
Er war froh darüber, dass niemand ihn grundlos anstarrte, froh darüber, dass er sich nicht kümmern musste und einfach ebenso weitergehen konnte.

Zu Hause fühlte er sich wieder sicherer, obwohl er gleich wieder einen Drang nach draußen, zur Freiheit verspürte.
Die erstickende Stille mitten in der Stadt am Morgen oder auch am Abend empfand er als gespenstisch in der sonst so aktiven großen Stadt.

Aus seinem schmalen Schlafzimmerfenster schaute er am Abend gerne rüber den begrünten Hof in die beleuchteten Fenster des Nebengebäudes.
Dort wohnten die meisten alleine in Einzimmerappartements. Neulich beobachtete er zwei Personen gegenüber auf dem Nachbarbalkon. Ganz in Weiß verhüllt und mit großen durchsichtigen Visieren vor dem Gesicht hantierten sie wie choreografiert mit irgendetwas herum, was die Balkonbrüstung verbarg.

War überhaupt alles real was er erlebte?
Manchmal hatte er wirklich Sorge, hemmungslos durchzudrehen: Oder war er schon bewusstlos dem Wahnsinn verfallen?

Hatte er doch neulich ein Film geschaut, der eine Pandemie zum Inhalt hatte. In seiner Erinnerung an den Film konnte der durch das fiktionale Ereignis auf dem Bildschirm, den Arm hindurchstrecken und die Realität dahinter mit der Hand greifen.

Mit einer Tasse Tee auf der Couch liegend, noch unschlüssig, ob er das vor ihm liegende Buch weiterlesen sollte, erinnerte sich Michael an den Tag zuvor. Als er die Einkäufe auf das Kassenband legte. Neben den Lebensmitteln gingen auch problemlos die Farbdose und Pinsel durch. Eigentlich war der Baumarktbereich abgesperrt.

Nicht grundlos.
Wegen Umbau, hieß es.

Supermärkte, Cafés, Modegeschäfte, Friseure. Hatten wieder auf. Die Baumärkte waren kompromisslos auf professionelle Handwerker beschränkt.

Warum gerade diese riesigen Regalhallen, wo schon im Normalfall fraglos jeder den größtmöglichen Abstand hat, fragte sich Michael. Sind in der Ethikkommission zu wenig am Handwerk Interessierte?

Der Alarm seines iPhones riss ihn aus den Tagträumen. Da war noch das Team-Meeting, fiel ihm ein.
Sein Office zu Hause war nichts weiter als der vom Laptop belegte Bereich des Esstischs. Er setzte sich davor.
Dahinter wohlbedacht sein Bücherregal.
Erlebten Bücherregale nicht tadellos eine Renaissance?

Die Gesichter der Kollegen fand er gekachelt auf dem Bildschirm wieder. Kleine quadratische Boxen. Blau-grünlich und blass wirkten die meisten Gesichter. Umrahmt von
deren matten oder pittoresken Hintergründen ordnete Michael seine Kollegen zwischen gequältem Lachen und gespielter Freude ein.
Er selbst freute sich, alle Anwesenden wiederzusehen.

„Thomas und Ella haben sich für den Rest der Woche krank gemeldet“, vermeldete emotionslos Sebastian, der Teamleiter.
Ella hat kein Corona, fügte er schnell zur Entwarnung hinzu, aber Thomas hatte einen positiven Schnelltest:" Ich hoffe, Euch geht es allen gut.“

Die erste Viertelstunde berichtete jeder von seinen Problemen mit den Kindern, kolportierte Nachrichten bedenkenlos garniert mit Meinungen am Rande des politisch Sagbaren. Schließlich über Kunden zu Hause am Telefon mit „Mami, ich bin fertig“ rufenden Kindern im Hintergrund und Kartoffelbrei an den Fingern.

Jene, die bis zum Schluss tadellos ihre Aufmerksamkeit heucheln konnten, waren offenbar froh, bis zum Ende nichts sagen zu müssen. Ein anderer überspielte seine Disziplinlosigkeit mit zügellosen Berichten über Belanglosigkeiten. Wie Schulkinder ohne erledigte Hausaufgaben

Plötzlich war die Zeit um, die zu Anfang der Telco wie kalter Honig floss.

Wie platzende Seifenblasen schlossen sich die Kacheln, bis der Bildschirm schwarz war.
Verschwindet nicht jeder so aus dem Leben? Jede Seele wie eine platzende Seifenblase?

Alleine am Laptop rechnete Michael aus fraglosem Interesse Logarithmen und Exponentialfunktionen durch.

Seine ruhelosen Augen schauten noch ein Beitrag über Zero Covid Strategie und an diesem Tag zum fünften Mal die Statistiken auf der Johns Hopkins University.
R-Wert, Inzidenz, Impfrate, Todesrate. Auf der Seite des Gesundheitsministeriums fehlt im Diagramm für Todesursachen die Todesursache Altersschwäche.

Flatten the curve! ist das Gebot der Stunde. Das Sterben muss verhindert werden. Kein Preis ist zu hoch. Der Staat darf sich nicht an dem Tod der Bürger schuldig machen.
Niemals mehr!

Für morgen nahm er sich hemmungslos viel vor. Jetzt fühlte er sich für den Rest seiner Arbeit verantwortungslos zu antriebslos.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Chevrôn

Mitglied
Liebe Literaturfreunde, so meine erste Kurzgeschichte ist hier online. Würde mich über Kritik und Anregung sehr freuen.
 

Lord Nelson

Mitglied
Hallo Chevron,

gratuliere dir zu deinem Erstling.

Kann man schon machen, dieses Einstreuen von 38 Wörtern mit Endung "los", die an den meisten Stellen noch dazu ziemlich unpassend wirken. Die Story gewinnt dadurch leider nicht an Prägnanz.

Was war die Absicht hinter dieser Strategie? Vielleicht die "alles"lose Zeit während Corona plastisch zu machen?

Grüßle
Lord Nelson
 

Chevrôn

Mitglied
Hallo Chevron,
gratuliere dir zu deinem Erstling.
Merci

Kann man schon machen, dieses Einstreuen von 38 Wörtern mit Endung "los", die an den meisten Stellen noch dazu ziemlich unpassend wirken. Die Story gewinnt dadurch leider nicht an Prägnanz.

Was war die Absicht hinter dieser Strategie? Vielleicht die "alles"lose Zeit während Corona plastisch zu machen?
Es fiel mir zu Beginn, beim Schreiben ein. War nur als Spielerei gedacht, so wie bunte Farbkleckse im sonst eher grauen Text.
Mir ging es vor allem darum etwas auszuprobieren. Wie es sich anfühlt beim Schreiben, beim Lesen und beim Leser.
Auffallen dürfen die endlosen Adjektive durchaus, aber die Kunst sollte darin liegen, eben passend zu sein.
Ganz dogmatisch wurde es nicht durchgezogen, gezählt hatte ich die jetzt auch nicht, auch nicht alle aus meiner Liste genutzt.

Das die los_en Adjektive an dem meisten Stellen nicht passen würden, finde ich deshalb etwas herzlos ;).

Grüße zurück.
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo Chevrôn,

eigentlich eine gute Geschichte.

Wie auch immer man zu Experimenten oder 'Spielereien' steht - sie sollten den Text besser machen - und das stelle ich in Frage.


So verließ Michael das Café, schuldlos.
Wirkt unfreiwillig komisch

Er reagierte entschlusslos.
Unterstützt weder eine Aussage noch eine Situation. Überhaupt ist dieseganze Szene misslungen, weil Du das gespenstische Potential selbst veralberst ...

Er war foh darüber, dass niemand ihn grundlos anstarrte, froh darüber, dass er sich nicht kümmern musste und einfach ebenso weiter gehen konnte.
Auch hier wieder dieser verrutschte 'grundlos' - es ist doch das Drama, dass man nicht damit klar kommt, dass der unbeteiligte 'Nächste' unser 'Feind' sein könnte, und wenn man die Menschen auf den Plätzen vermisst, warum sollte man Blickkontakt als Anstarren empfinden - und worum hätte er sich kümmern müssen?

In die Reihe der verunglückten Spielereien würde ich auch den letzten Satz nehmen:
Für morgen nahm er sich hemmungslos viel vor. Jetzt fühlte er sich für den Rest seiner Arbeit verantwortungslos zu antriebslos.
Das nenne ich eine vergebene Chance einer guten 'Pointe'

Es müsste doch eigentlich nur wichtig sein, sich physisch zu distanzieren und nicht sozial, fragte sich Michael.
Das scheint tiefgründiger als es ist - das 'sozial' kommt natürlich von der englischen Bezeichnung und so, wie der Mensch gestrickt ist, ist physisch sozial.

War überhaupt alles reell, was er erlebte?
Das muss 'real' heißen, reell ist etwas anderes

hemmungslos durchzudrehen
Was auch immer man mit hemmungslos verbinden mag, ob zu Beginn des Durchdrehens Hemmungslosigkeit steht, scheint mir fraglich.

Mir will es wirklich scheinen, als wäre Dir ohne diese Spielereien ein guter Text gelungen und ich kann nicht verstehen, warum Du Dich anders entschieden hast und die banalisierende Wirkung nicht bemerkt hast.

ich bin schon gespannt auf Deinen nächsten Text!

Liebe Grüße
Petra
 

Tonmaler

Mitglied
Mich hat dein Text leider nicht berühren können und auch inhaltlich ist er mir nicht klar. Diese vielen -Lose ziehen extrem die Aufmerksamkeit auf sich, so dominiert die Form den Inhalt, vielleicht daher. An vielen Stellen wirken die -Lose auch hineingezwungen in den Text und scheinen keinen Grund zu haben, als nur den, aufzufallen. Da frage ich dich: Wozu brauchst du sie? Sie helfen dem Text nicht, sie stören eigentlich. Das ist mein Gefühl.

Und dann noch Kleinkram, du solltest den Text prüfen, da sind noch einige Fehler drin. Ein paar Beispiele, aber nicht vollzählig:


summte er tonlos in sich hinein.
Geht das, tonlos summen?

Er sah noch blasser aus wie sonst.
als sonst

Manchmal hatte er wirklich Sorge, hemmungslos durchzudrehen. Oder war er schon bewusstlos vom Wahnsinn befallen?
Da zum Beispiel wirkt es erzwungen, dieses 'bewusstlos' vom Wahnsinn befallen, was soll das heißen?

Um so Kontaktlos wie möglich herauszukommen
kontaktlos klein


Er war foh darüber,
froh

Ich hör hier auf zu zitieren. Ein Geschichte oder Aussage habe ich hinter all der Spielerei nicht entdeckt. Vielleicht willst du auch selbst noch etwas dazu sagen.

Gruß
tonmaler
 

Chevrôn

Mitglied
Hallo Chevrôn,

eigentlich eine gute Geschichte.
Merci

Wie auch immer man zu Experimenten oder 'Spielereien' steht - sie sollten den Text besser machen - und das stelle ich in Frage.
Das Feedback wie auch von den Vorrdenern fand ich sehr wichtig. Man hat über seinen eingen Text einen ganz anderen Eindruck.
Deshalb ist es für mich eine ehrliche Auseinandersetzung Gold wert.
Wirkt unfreiwillig komisch
Unterstützt weder eine Aussage noch eine Situation. Überhaupt ist dieseganze Szene misslungen, weil Du das gespenstische Potential selbst veralberst ...
So sollte es nicht rüber kommen. Tatsächlich sollte es etwas überzeichnen. Aber war dies auch nicht der Tatsache ansich geschuldet, das alle 5 Meter und auf jeder Klo und Badezimmertür darauf hingewiesen wurde?
Auch hier wieder dieser verrutschte 'grundlos' - es ist doch das Drama, dass man nicht damit klar kommt, dass der unbeteiligte 'Nächste' unser 'Feind' sein könnte, und wenn man die Menschen auf den Plätzen vermisst, warum sollte man Blickkontakt als Anstarren empfinden - und worum hätte er sich kümmern müssen?
Ja man traut sich nicht mal mit Blicken Kontakt zu suchen: Blickkontaktschuld.
In die Reihe der verunglückten Spielereien würde ich auch den letzten Satz nehmen:
Da werde ich noch dran abeiten. Zum Glück habe ich nicht so viel Drang an Wortspielereien. Eventuell werde ich diese dann in die Rubrick Fingerübungen mit kleineren Texten austoben.
Das scheint tiefgründiger als es ist - das 'sozial' kommt natürlich von der englischen Bezeichnung und so, wie der Mensch gestrickt ist, ist physisch sozial.
Das ist jedoch genau der Kern der Story. Es hieß doch immer man müsse sich pysisch zu Distanzieren. Genannt wurde es "Social Distancing" und aus meinem Empfinden hat sich die buchstäbliche soziale Distanzierung Der Bürger voneinenander einen nachhaltigeren Effekt.

Aktuell ist es eher umgekehrt. Gerade jetzt werden geplante Gesetzte "Demokratiefördergesetz" oder "Selbstbestimmungsgesetz" genant. Ob der Titel dazu passt und ob Inhaltlich der Effekt eintritt der anscheinlich so gewollt ist ist doch äußerst fraglich. Als ob die Mehrheit der Bürger bezüglich der Regierungsform schwanken würde. Wenn das Vertrauen in Politiker schwindet hat das nicht unbedingt etwas mit der Regierungsform zu tun.

Auch kann sich heute jede Person selbstbestimmt einer geschlechtlichen Transition unterziehen. Es gibt natürlich Hürden die unbequem sind. Auf der anderen Seite wird, falls das Gesetzt so kommt, niemand mehr in betreffender Situation selbstbestimmt sagen dürfen was man Denkt oder was richtig ist. So darf die Mutter ihren Sohn, der sich dann als Frau bzw. weiblich identifiziert nicht mehr "mein Sohn" nennen. Das ist groteskt. Auch würde das Familiengericht über die Eltern hinweg bestimmen dürfen. Das ist Grundgesetzwidrig.

Bei "Social Distancing" ist es jedoch genau umgekehrt. Ich finde dies Strategem leider gerade nicht. Aber ich fand es ziemlich perfide.
Im Text sollte gerade um die "soziale" Isolation der Bürger gehen.

Gendergerechte Sprache gehört meiner Ansicht nach hinzu. Es impliziert das die traditionelle Sprachregeln nicht gerecht seinen. Wobei jeder Frau sich bisher bei Bürger oder Kunde genau so angesprochen gefühlt hat wie Männer. Im Englischen gibt es ja gar keine andere Form. Es gibt trotzdem Frauen in Berufen eine pilot oder teacher. Es ist ja nicht die Bezeichnung des Berufs die einen zur Wahl des Berufs inspiriert. Schon gar nicht die Endung der Berufsbezeichnung.
Was tatsächlich passiert, wenn man permanent Bürger und Bürgerinnen, Lehrer und Leherinnen, Lieber Kunde und Kundin. Lieber Gast und Gästin explizit aufzählt ist, dass man beide Gruppen nicht mehr zusammen als Menschen denken kann. Man spaltet auf dauer Frauen und Männer voneinander ab. Das hat rein gar nichts mit Gendergerchtigkeit zu tun.

Was auch immer man mit hemmungslos verbinden mag, ob zu Beginn des Durchdrehens Hemmungslosigkeit steht, scheint mir fraglich.
Gut ich habe es jetzt verstanden.
Mir will es wirklich scheinen, als wäre Dir ohne diese Spielereien ein guter Text gelungen und ich kann nicht verstehen, warum Du Dich anders entschieden hast und die banalisierende Wirkung nicht bemerkt hast.
ich bin schon gespannt auf Deinen nächsten Text!
Ich werde den Text nochmal rigeros umschreiben. Shit da fehlt ein l ;)
und dann nochmal hier einstellen. Wenn er dann besser ist, hat sich die Diskusion hier gelohnt.

Gruß zurück,
Bin auch auf die nächste Story gespannt.
 

petrasmiles

Mitglied
Ich versteh langsam, was Du meinst, aber ich kann es noch nicht richtig fassen.
Das werde ich später noch einmal lesen und dann kann ich es vielleicht in Worten ausdrücken.

Liebe Grüße
Petra
 

Lord Nelson

Mitglied
Das die los_en Adjektive an dem meisten Stellen nicht passen würden, finde ich deshalb etwas herzlos ;).
Herzlos wohl, aber sicher nicht kritiklos! :cool:


Am schrägsten empfinde ich die "los"-Worte dort, wo sie eben gerade nicht passen, man aber wohl weiß, was gemeint ist - was ich zunächst sogar für Absicht hielt, ehe die Geschichte ins Belanglose driftete.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, ein paar der Vorkommen genauer zu untersuchen:

Er trocknete seine Hände anstandslos.
Nagut, welche Anstalten hätte er auch machen können - das "anstandslos" ist hier schlichtweg überflüssig

..., die Augen ausdruckslos.
kann man so lassen - eines der wenigen Ausdrücke, die halbwegs passen (man will ja nicht zu herzlos erscheinen)

Um so Kontaktlos wie möglich herauszukommen, ...
nein, kontaktlos lässt sich nicht steigern (leer, leerer, am leersten)

So verließ Michael das Café, schuldlos.
nein, schuldenfrei!

Ein seltsam taubes Gefühl, als hafte endlos ein Cent Stück am Oberarm.
Wie lange das Geld haftet, fühlt er sicher nicht!

... um widerspruchslos öffentliche Bereiche zu betreten.
Blödsinn. Er kann widerspruchslos tun, was immer er will - muss einfach nicht widersprechen. Dafür braucht es keinen Pieks. Bestenfalls noch unwidersprochen

...welchen heillosen Erfolg „Social Distancing“ hatte.
Nein, heillos bezieht sich immer auf Negatives, Chaotisches. So wie früher "super" immer positiv besetzt war (heute darf man allerdings sagen „es geht mir super mies“)

...lautes rufen von verständnislosen Worten eine fremde Sprache steigerte.
neeneenee! Das Rufen mag verständnislos sein - die Worte sind es nicht

Er reagierte entschlusslos.
unentschlossen heißt das

Die anderen Personen gingen reaktionslos wie stummen Figuren
„Reaktionslos“ ist schon ein schräges Wort

Er war foh darüber, dass niemand ihn grundlos anstarrte,
Eigentlich war er froh, dass ihn überhaupt niemand anstarrte - nicht einmal aus gutem Grund. Oder??

Manchmal hatte er wirklich Sorge, hemmungslos durchzudrehen.
Hemmungslos wäre ein bewusster Akt, beim Durchdrehen helfen die besten Hemmungen nicht.


So, weida mog i nimma!


Eigentlich schade, dass durch die Wortspielereien deine Textarbeit ins Hintertreffen geriet.

Den Beginn fand ich nämlich ganz ausgezeichnet! Zuerst die Irritation, weshalb der Michael beim Händewaschen so gründlich vorgeht (hat er etwa Blut an den Händen?). Dann das Bild der "von der Leyen"schen Reinigung der Fingerzwischenräume - ein wunderbarer Aha-Effekt.
Eine sehr feine Andeutung der Corona-Situation, die wahrscheinlich in zehn Jahren immer noch jeder auf Anhieb erkennt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Chevrôn

Mitglied
Lieber Lord Nelson,
ich habe es verstanden, ich dachte tatsächlich nicht das es so schräg und unfreiwillig komisch herüberkommt.
Bisher hatte ich auch nicht wirklich vor eine Geschichte in dieser Art und Weise zu "sabotieren".
In Filmen, sogar in guten, gibt es immer mal sich widerholendne Bilder. Bei "Angel Heart" Ventilatoren, Spiegel, Gatter, etc.
In diesem Fall habe ich es klanglich versucht mit der Endsilbe, tatsächlich wollte ich es auch damit nicht völlig übertreiben.

Übrigens ist der Michael natürlich auch der Deutsche Michel der alles streng nach Vorschrift gehorsamst mittmacht.
Er wäscht sich die Hände wie es den kleinen Kindern beigegbracht wurde, dass es nicht gar zu peinlich wird summt er nur stummt die Melodie des Liedes in sich hinein. Er hält sich penibel an die kleinste Regel und ist so froh sich am Ende nichts zu schulden kommen zu lassen bis er sich im Spiegel selbst nicht mehr erkennt.
Code:
"So verließ Michael das Café, schuldlos.
Ist absolut überzeichnet und ironisch gemeint.

Eine Kurzgeschichte, und gar die erst ist für mich ein experimentelles Spielfeld. Dennoch finde ich diese kritische Auseinandersetzung sehr wichtig aber zum Teil auch etwas überzogen wenn dann sonst inhaltlich nicht weiter darauf eingegangen wird.
Wenn es beim Leser nicht ankommt und ich jeden Satz drei mal erklären muss und dies in einem Literaturforum, habe ich offenbar was falsch gemacht.

Bei anderen Texten von anderen geht es mir ja auch nicht anders als Euch bei meinem. Wen eine Geschichte so anfängt, dass der Wecker klingelt und der Protagonist müde aufsteht , oder im ersten Satz steht "Die Sonne scheint.", dann fand ich dies schon mit 15 einen recht infantilen Beginn einer Geschichte.

Aber vielen Dank für die letzten Abschnitt. Ob in 10 jahren sich noch jemand daran erinnert, weiß ich nicht, aber nach diesem Abstand sich nochmal zurückholen was da eigentlich los war, finde ich gerade jetzt sehr wichtig.
 
Zuletzt bearbeitet:

Lord Nelson

Mitglied
Dennoch finde ich diese kritische Auseinandersetzung sehr wichtig aber zum Teil auch etwas überzogen wenn dann sonst inhaltlich nicht weiter darauf eingegangen wird.
Sie war sehr überzogen :cool: Zwei Beispiele hätten sicher genügt, zumal dir die flapsige Wirkung der Wortspielerei offenbar bewusst ist.

Inhaltlich... naja, es ist halt ein Thema, an dem sich die Geister sehr scheiden.

Die platzenden Seifenblasen bringen gut zum Ausdruck, wie du die kontaktarme Zeit empfunden hast. Erinnerungen kommen hoch.
Menschen aus dem Team "Vorsicht" (ich zum Beispiel) begrüßen es jedoch, durch die Maßnahmen des von dir gescholtenen Gesundheitsministeriums um eine Ansteckung ihrer hoch betagten Angehörigen herumgekommen zu sein. Aber diese Abgrenzungen wollen wir beide nicht mehr vertiefen, schätze ich.
 

petrasmiles

Mitglied
Ich nochmal. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich verstanden habe, was Du in #7 ausführtest. Es scheint mir darum zu gehen, dass Ordnungssysteme aufgebrochen werden und damit Gewissheiten sich ändern, aber an ihre Stelle keine neue 'Ordnung' tritt, sondern eine Art Beliebigkeit. Und das sehe ich auch so. Wir erleben gerade die verunsicherndste Phase des Individuaisierungsprozesses, der zu Gruppenbildungen führt, die wiederum ihre eigenen Regeln aufstellen, die mit dem 'Großen und Ganzen' nichts mehr zu tun haben wollen - wohl ohne sich klar zu machen, dass auch diese Verneinung von Regeln dazu führt, dass Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt wird.

Meinst Du hier:

Das ist jedoch genau der Kern der Story. Es hieß doch immer man müsse sich pysisch zu Distanzieren. Genannt wurde es "Social Distancing" und aus meinem Empfinden hat sich die buchstäbliche soziale Distanzierung Der Bürger voneinenander einen nachhaltigeren Effekt.
dass die vorsorgliche Abstandswahrung zum Schutz zu einer bewussten Abgrenzung geworden ist?

Aktuell ist es eher umgekehrt. Gerade jetzt werden geplante Gesetzte "Demokratiefördergesetz" oder "Selbstbestimmungsgesetz" genant. Ob der Titel dazu passt und ob Inhaltlich der Effekt eintritt der anscheinlich so gewollt ist ist doch äußerst fraglich. Als ob die Mehrheit der Bürger bezüglich der Regierungsform schwanken würde. Wenn das Vertrauen in Politiker schwindet hat das nicht unbedingt etwas mit der Regierungsform zu tun.
Was ich noch nicht verstanden habe, ist, wo das umgekehrt zu Social Distancing sein soll.
Leider werden wir immer weiter mit Werbetextersprache zugemüllt - die Gesetze heißen, wozu sie dienen sollen - ob es sich dabei um Augenwischerei handelt, oder nicht. Das hat für meine Begriffe mit dem 'Abstand' wenig zu tun.

Aber ich denke schon, dass Du - abgesehen von der 'Spielerei' - in dem Text gut klar gemacht hast, worumes Dir geht.

Ich würde nur sagen, dass der unten zitierte Text zuviel ist. Der erste Satz, weil er parteiischer klingt als Dein Text ergibt. Du erzählst ja von Auswirkungen, die alle betreffen. Ich glaube, unter wissenschaftlichen Begriffen gibt es die 'Todesursache Altersschwäche' unabhängig von Corona gar nicht. Am Ende sterben wir alle an 'irgendwas' und das taucht dann in der Statistik auf.
Der nächste Absatz wird auch so gewollt politisch; ich persönlich fand das Beschreibende viel wirkungsvoller.
Und über den letzten Satz hatten wir schon gesprochen.

Auf der Seite des Gesundheitsministeriums fehlt im Diagramm für Todesursachen die Todesursache Altersschwäche.

Flatten the curve! Ist das Gebot der Stunde. Das Sterben muss verhindert werden. Kein Preis ist zu hoch. Der Staat darf sich nicht an dem Tod der Bürger schuldig machen.
Niemals mehr!

Für morgen nahm er sich hemmungslos viel vor. Jetzt fühlte er sich für den Rest seiner Arbeit verantwortungslos zu antriebslos.
Was hältst Du davon - so stellst Du die Fragen nur in den Raum:

Alleine am Laptop rechnete Michael aus fraglosem Interesse Logarithmen und Exponentialfunktionen durch.

Seine ruhelosen Augen schauten noch ein Beitrag über Zero Covid Strategie und an diesem Tag zum fünften Mal die Statistiken auf der Johns Hopkins University.
R-Wert, Inzidenz, Impfrate, Todesrate. Auf der Seite des Gesundheitsministeriums fehlt im Diagramm für Todesursachen die Todesursache Altersschwäche.

Und morgen ist ein neuer Tag:
Flatten the curve! Ist das Gebot der Stunde. Das Sterben muss verhindert werden. Kein Preis ist zu hoch. Der Staat darf sich nicht an dem Tod der Bürger schuldig machen.
Niemals mehr!

Für morgen nahm er sich hemmungslos viel vor. Jetzt fühlte er sich für den Rest seiner Arbeit verantwortungslos zu antriebslos.
 

Chevrôn

Mitglied
Ich nochmal. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich verstanden habe, was Du in #7 ausführtest. Es scheint mir darum zu gehen, dass Ordnungssysteme aufgebrochen werden und damit Gewissheiten sich ändern, aber an ihre Stelle keine neue 'Ordnung' tritt, sondern eine Art Beliebigkeit. Und das sehe ich auch so. Wir erleben gerade die verunsicherndste Phase des Individuaisierungsprozesses, der zu Gruppenbildungen führt, die wiederum ihre eigenen Regeln aufstellen, die mit dem 'Großen und Ganzen' nichts mehr zu tun haben wollen - wohl ohne sich klar zu machen, dass auch diese Verneinung von Regeln dazu führt, dass Rechtsstaatlichkeit ausgehebelt wird.
Nein eigentlich gar nicht.
Zum einen war mir ein Anliegen die bedrückende Stimmung während der Pandemie einfach mal so wieder zu geben.
Also in erster Linie wertfrei.

Ganz ehrlich, ich fand ach dem ersten Schock des Lockdowns - alles musste schließen, jeder zu Hause bleiben - die, wie Du es nennst, die Ordnungssysteme des Staates, ganz gut funktionierten. Die Schutzmaßnahmen fand ich so erst einmal nachvollziehbar.

Dann fand wieder eine Lockerung statt und im Sommer 2020 kam es dann zu der einen großen Demo in Berlin. Im Oktober darauf drehten alle völlig durch. Es funktionierte nichts mehr. Die Maßnahmen, vor allem die für Schüler - weil Beamte vor Ort sind zur Einhaltung - wurden extrem drangsaliert.
Der ÖRR spielte auch nur noch verrückt. Man spaltete die Gesellschaft in die Guten und die Bösen und gut war nur der, der bis zum Schluss für alle Maßnahmen widerspruchslos Ja sagt. Man konnte 3x gemipft sein immer Maske tragen und Hände waschen wer gegen die Impfpflicht war, oder seine Kinder nicht impfen lassen wollte war gleich Nadzi und auch wieder Schuld am Tod tausender... alten, die wohl spätestens im Jahr darauf an der Grippe gestorben war.
Jegliches Maß ging verloren. Schwurbler gab es auch viele. Aber auch auf der Seite der "Guten". So wurde eine komplett abstruße zero Covid Strategie als das das neue Heilmittel gepredigt. Was sich interessant anhörte jedoch nie umsetzbar wäre, es sei den man nimmt halt in Kauf die Leute verhungern stattdessen.

In anderen Ländern gab es auch drastische Maßnahmen, aber die Leute und auch die Polize sieht dort, und speziell in den USA sowas wesentlich lockerer.
Bei uns muss man einfach bürokratischen Regularien etc übertreiben. Vor allem Lauterbachs mahnendes Gefasel war irgendwann überhaupt nicht mehr zu ertragen. Auch völlig irrational nur drin zu bleiben und auszuharren.

Gut das führt hier jetzt zu weit. Aber tatsächlich gab es so eine wiedersprüchliche Situation zwischen dem Willen zur Überregulierung und Chaos.
Andereseits bin ich eher ein nerdiger Typ und sowieso ganz gerne alleine zu Hause. Mir sind die Maßnahmen generell nicht so schwer gefallen.
Aber Ich beobachte gerne Menschen und lese sehr viel. Mir fiel eben auf wie Klaustrophobisch oder Soziophob alles wurde.

Super vielen Dank für deine Korrekturen.
Ebenso vielen Dank an die Kritiken der anderen. Auch wenn ich nicht auf alle hier eingegangen bin habe ich diese dennoch beachtet.
Zur Rechtschreibung, ich habe tatsächlich ein seltsame Rechtsschreibschwäche. Da ich gerne und viel lese würde ich auch nicht sagen das ich Leghasteniker bin. Ansonsten hätte ich möglicherweise schon früher mit dem Schreiben behonnen.
Im Netzt gibt es ja mittlerweile gute Korrekturmöglichkeiten. Da muss ich es dann mindestens 3x mal durchlaufen lassen bis alles soweit stimmt

Ich schau mal das ich diese Woche den Text überarbeite und nochmal hier reinsetze. Dann gibt es die nächste
Short Story.
Mich juckt da was in den Fingern, wäre aber wieder Stoff für mehr. Aber ich muss erst mal klein anfangen.
 
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Chevrôn

Mitglied
Sie war sehr überzogen :cool: Zwei Beispiele hätten sicher genügt, zumal dir die flapsige Wirkung der Wortspielerei offenbar bewusst ist.

Inhaltlich... naja, es ist halt ein Thema, an dem sich die Geister sehr scheiden.

Die platzenden Seifenblasen bringen gut zum Ausdruck, wie du die kontaktarme Zeit empfunden hast. Erinnerungen kommen hoch.
Menschen aus dem Team "Vorsicht" (ich zum Beispiel) begrüßen es jedoch, durch die Maßnahmen des von dir gescholtenen Gesundheitsministeriums um eine Ansteckung ihrer hoch betagten Angehörigen herumgekommen zu sein. Aber diese Abgrenzungen wollen wir beide nicht mehr vertiefen, schätze ich.
Zum einen würde ich mich durchaus auch zum Team-Vorsicht dazu zählen. Zudem hatte ich 2020 an einer ganz anderen Front zu kämpfen. Teilweise ging es deshalb an mir vorbei. Aber ich konnte sehen was so um mich herrum passierte.
Wie an anderer Stelle erwähnt fand ich das Vorgehen der Regierung im ersten halben Jahr sehr gut. Danach lief es zwischen Chaos, Restriktion ziemlich viels aus dem Ruder. Es gab sehr viel Unverhältnismäßigkeit, vor allem in den Medien. In vorderster Front dabei der ÖRR. Die Vermeidung einer Aufarbeitung der Krise sagt auch einiges aus.
Wenn man sich entsprechend wie Schweden oder die Schweiz verhalten, wäre wesentlich weniger Kolateralschaden entstanden und man hätte die Pandemie nicht wesentlich schlechter überstanden. Eventuell wären dann 2020\2021 mehr alte Menschen mit Covid-19 gestorben die ein Jahr später mit Grippe verstorben worden wäre. Mein Vater ist 2018 an einer offziziell Lugenentzündung gestorben. Aber das ist falsch. Er ist einfach an Altersschwäche gestorben.
Irgendwas fängt sich ein alter Köper etwas ein wo sonst ein 12Monate altes Baby nur kurz Schnupfen hat.
Es ist richtig das der Staat auch für die Sicherheit der Bürger verantwortlich zeigt. Dafür zahlen wir Steuern.
Aber es ist eben nicht die Aufgabe des Staates seine Bürger vom sterben abhalten. Da maßt er sich eine göttliche Gabe an.
Es gehört einfach zum Leben dazu dass man am Ende stirbt.

Hände waschen Ja, Maske tragen, ja, Abstand halten und Reduktion von Kontakt ja, aber ob sich jemand impft oder nicht ist seine persönliche Entscheidung.
An anderer Stelle heißt es immer "My Body My Choice". Bei Corona war "jede" Maßnahme recht. Auch wenn die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel stand.
Das war definitv falsch. Vor allem in den Schulen. Getrieben von den Medien, hat der Staat hat einen Aktionismus an den Tag gelegt wie die Klopapier-Hamsterkäufer*Innen zu Beginn der Pandemie.
 

Bo-ehd

Mitglied
Mich juckt da was in den Fingern, wäre aber wieder Stoff für mehr. Aber ich muss erst mal klein anfangen.
Wie Recht du hast. Erzähl erst einmal einen einfachen, gehaltvollen Prosatext sprachlich korrekt und frei von misslungenen (Sprach)Spitzen.
Erst wenn man das beherrscht, sollte man sich an Experimentalprosa wagen. Ich bin in vielen Punkten ganz beim Tonmaler und frage mich mal wieder, wo hier die Geschichte ist.

Mein persönlicher Beitrag zum Thema: Gewiss, my body, my choice. Dann muss man aber auch die Konsequenzen ziehen und, weil ungeimpft, in seiner Hütte bleiben. Mein Bettnachbar im Krankenhaus hat Besuch von seinem Sohn bekommen, der Covid mitgebracht hat. Das war zwei Tage nach einer schweren Operation. Wie sich herausstellte, waren die Impfdokumente gefälscht. Soviel zur Freiheit, die manche nicht vertragen.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Text beschreibt m.E. genau die Gefühle eines Singles während der Corona-Maßnahmen.

Trotz aller Fehler und trotzdem er keine "richtige" Geschichte ist, setzt er doch die Empfindungen gut um.

Vor allem durch die englischen Begriffe "Social Distancing" und "Flatten the Curve". Wer hat sie denn früher benutzt? Oder Telco.

Niemand.

Diese Stelle

„Bin das ich? Bin das noch ich?“, fragte er sich stumm.

Die untere Hälfte seines Gesichts bedeckt eine weiße FFP-Maske.
finde ich besonders wichtig. Denn viele Menschen haben einen nicht mehr erkannt oder man konnte unerkannt "entkommen". Oder man hat sich selbst kaum erkannt.

Mir fällt noch ein: Den Satz "Bleiben Sie gesund" habe ich noch nie so oft gehört wie während der Pandemie. Jetzt sagt ihn kaum noch jemand!

Ich bin gespannt auf weitere Texte!

Gruß DS
 

Chevrôn

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So meine Neufassung.

Michael wusch seine Hände.
In einem von scharfem-LED Licht bestrahlten, blanken weißen
Waschbecken wusch er sie sich mit viel Wasser und Seife.
Routiniert und gründlich. Es schäumte bis zu seinem Handgelenk.
Die eine Hand wusch die andere, auch zwischen den Fingern.

Das Lied, welches Schulkindes zur Einhaltung der Waschdauer eingeübt hatten,
summte er in sich hinein.
Das Waschbecken links von ihm war mit einem Absperrband beklebt.

Er schaute hoch in den Spiegel vor ihm.
„Bin das ich? Bin das noch ich?“, fragte er sich stumm.

Die untere Hälfte seines Gesichts bedeckt eine weiße FFP-Maske.
Er sah noch blasser aus wie sonst. Mit seiner glatten Haut,
den akkurat frisierten dunklen Haaren wirkte er auf sich selbst erschreckend künstlich, die Augen ausdruckslos.

Um so berührungslos wie möglich herauszukommen, nahm Michael für die Klinke ein frisches Papiertuch in die Hand.
Bezahlt hatte er schon digital und so ging er mit einem angedeuteten nicken zum Abschied vorbei an der Bedienung.

So verließ Michaels völlig anstandslos das Café.

Draußen im kalten Wind fühlte er das Echo des Impfnadeleinstichs vor ein paar Tagen. Ein seltsam taubes Gefühl, als hafte dort ein Cent Stück am Oberarm.

Der Piekser verlieh ihm den Status, den es benötigte, um am öffentlichen Leben teilzunehmen.

Social Distancing war die propagierte Verhaltensweise, bis sich die Todeszahlen, R-Werte und Bettenbelegungsraten sich reduzierten.
Es müsste doch eigentlich nur wichtig sein, sich physisch zu distanzieren und nicht sozial, fragte sich Michael.

Draußen auf der Straße nahm er seinen gewohnten Weg Richtung Rathausplatz.
Dort nahm er deutlich wahr, welchen Erfolg „Social Distancing“ hatte.

Auf der weiten freien Fläche, auf der sonst viele Touristen wie Einheimische zum Essen, Flanieren und Verweilen genutzt wurde, eilten kaum eine handvoll Menschen rastlos ihren Zielen entgegen.

Michael hatte seine Hände tief in die Hosentasche, den Blick mehr auf den Boden als nach vorne gerichtet,die Kapuze seines schwarzen Mantels hing ihm halb über das Gesicht.

Eine Frau beigen Mantel und blauem Businesskleid, die in seiner Richtung mit strenger Miene an ihm vorbei stakste, fing überraschend an zischende Laute auszustoßen, welche sich wildes gestikulierend und lautes rufen von verständnislosen Worten eine fremde Sprache steigerte.

Soll ich sie ansprechen? Brauchte sie Hilfe? Fragte er sich.
Da sich jedoch auch alle anderen Personen auf dem Platz keine Reaktion zeigten, wandte er sich ab und ging ebenso wie all die anderen seinem eigenen Ziel entgegen.
Er war froh darüber, dass niemand ihn grundlos anstarrte, weil er sich in der Nähe der Frau befand, froh darüber, dass er sich nicht kümmern musste und einfach weiter gehen konnte.

Zu Hause fühlte er sich wieder sicherer, obwohl er gleich wieder einen Drang nach draußen, zur Freiheit verspürte.
Die erstickende Stille mitten in der Stadt am Morgen oder auch am Abend empfand er unheimlich in der sonst so aktiven Stadt.

Aus seinem schmalen Schlafzimmerfenster schaute er am Abend gerne rüber den begrünten Hof in die beleuchtende Fenster des Nebengebäudes.
Dort wohnten die meisten alleine in Einzimmer Appartements. Neulich beobachtete er zwei Personen gegenüber auf dem Nachbarbalkon. Ganz in Weiß verhüllt mit großen durchsichtigen Visieren vor dem Gesicht hantierten sie wie choreografiert mit irgendetwas herum, was die Balkonbrüstung verbarg.

War überhaupt alles reell, was er erlebte?

Manchmal hatte er wirklich Sorge, einfach durchzudrehen.
Oder war er schon vom Wahnsinn befallen?

Neulich hatte er ein Film geschaut, welcher eine Pandemie zum Thema hatte.
In seiner Erinnerung an den Film, schien es ihm als könne er mit der Hand durch die bewegten Bilder des Bildschirms hindurch greifen und die Realität dahinter berühren.

Mit einer Tasse Tee auf der Couch liegend, noch unschlüssig das Buch vor ihm weiterzulesen, erinnerte sich Michael an den Tag zuvor. Als er die Einkäufe auf das Kassenband legte. Neben den Lebensmitteln ging auch problemlos die Farbdose und Pinsel durch, obwohl der Baumarktbereich abgesperrt war.
Nicht grundlos.
Wegen Umbau, hieß es.
Supermärkte, Cafés, Modegeschäfte und Friseure hatten wieder auf.
Die Baumärkte waren nur auf professionelle Handwerker beschränkt.

Warum gerade diese riesigen Regalhallen, wo schon im Normalfall jeder den größtmöglichen Abstand hat, fragte sich Michael. War die Ethikkommission mehr durch Ästhetizismus als durch Pragmatismus geleitet?

Der Alarm seines Smartphones riss ihn aus den Tagträumen. Da war noch das Teams-Meeting, fiel es ihm ein. Sein Büro zu Hause war nichts weiter als der Laptop im hinteren Bereich des Esstischs.

Dorthin setzte er sich.
Die Gesichter der Kollegen fand er gekachelt auf dem Bildschirm wieder. Kleine quadratische Boxen. Blassgrün bläulich wirkten die meisten Gesichter. Umrahmt von deren matten oder pittoresken Hintergründen ordnete Michael seine Kollegen zwischen gequältem Lachen und gespielter Freude ein.
Er selbst freute sich, die meisten wiederzusehen.

„Thomas und Ella, haben sich für den Rest der Woche Krank gemeldet“, vermeldete emotionslos Sebastian, unser Teamleiter.
Ella hat kein Corona, fügte er schnell zur Entwarnung hinzu, aber Thomas hatte einen positiven Schnelltest. Ich hoffe, Euch geht es allen gut.“

Die erste viertel Stunde berichtete jeder von seinen Problemen mit den Kindern, kolportierte Nachrichten bedenkenlos, garniert mit Meinungen am Rande des politisch Sagbaren. Schließlich über Kunden zu Hause am Telefon mit „Mami, ich bin fertig“ rufenden Kindern im Hintergrund und Kartoffelbrei an den Fingern.

Jene, die bis zum Schluss Aufmerksamkeit heucheln konnten, waren froh bis zum Ende nichts sagen zu müssen.
Ein anderer überspielten mit zügellosen Berichten über Belanglosigkeiten seine Disziplinlosigkeit.

Wie Schulkinder ohne erledigte Hausaufgaben

Plötzlich war die Zeit um, die am Anfang der Telco floss wie zäher Honig.

Wie die alle anderen sprach Michael noch ein „Tschüss“ ins Mikro, und darauf hin schlossen sich die Kacheln wie platzende Seifenblasen, bis auf dem Bildschirm nur noch ein leeres schwarzes Feld übrig war. Verschwinden wir nicht alle so aus dem Leben? Jede Seele wie eine platzende Seifenblase?

Danach kehrte in Michaels Wohnung wieder Ruhe ein.
Aus mathematischer Neugier rechnete Michael Logarithmen und Exponentialfunktionen durch.

Nochmal ein Videobeitrag über Zero Covid Strategie geschaut und zum fünften Mal die Statistiken auf der Johns Hopkins University durchgeklickt.
R-Wert, Inzidenz, Impfrate, Todesrate, Ländervergleich.

Flatten the curve! Ist das Gebot der Stunde. Das Sterben muss verhindert werden. Kein Preis ist zu hoch. Der Staat darf sich nicht an dem Tod der Bürger schuldig machen.
Niemals mehr!

Für morgen nahm sich Michael viel vor. Für den Rest des heutigen Tages fühlte er sich für die Arbeit zu antriebslos.
 
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Chevrôn

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Wie Recht du hast. Erzähl erst einmal einen einfachen, gehaltvollen Prosatext sprachlich korrekt und frei von misslungenen (Sprach)Spitzen.
...
Das ist doch kleinkariert. Das hier ist alles Spielwiese um sich auszuprobieren. Wenn ich perfekt wäre, würde ich gleich zum Verlag gehen.
Auch das einfache muss man erlernen.
So jetzt erst mal Fahrzeug reparieren, dann geht es an die nächste Geschichte.
 



 
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