Treffpunkt Alexandrowka (Sonett)

5,00 Stern(e) 15 Bewertungen
G

Gelöschtes Mitglied 21900

Gast
JB,
ich will dir sagen, was in meiner Einschätzung ein «wirklicher Dichter» kann: Eine Geschichte so erzählen, dass sie bei mir, dem Leser, zur Erinnerung wird, dass sie «hängenbleibt». Dabei darf sich der Dichter beim Silbenzählen gerne auch mal vertun. Nur eines muss er vermeiden, wenn er seine Geschichte nicht gefährden und mich den Leser nicht vergraulen will: die Klugscheißerei.
KK
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Ja, ich wär schon froh, wenn wir Dummen hier weiterdichten dürften. Mit Sternchen.
Der eine Schlaue reicht hier vollkommen!
 
G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Ich lasse mich trotz Tulas Schlauheit nicht entmutigen und werde weiterhin Sonette schreiben, Oscarchen!
 

Tula

Mitglied
nochmals zum dabei: die offensichtlichen alternativen Varianten der Umstellung (man kann dabei ...) reizen mich nicht besonders, der Vers sollte mit 'das Altern' beginnen, wirkt auf mich stärker.
Ich habe es durch 'freilich' ersetzt. Wirkt sogar noch ironischer

Aron: du schreibst wunderbare Sonette, also bitte mehr davon ;)

LG
Tula
 

James Blond

Mitglied
So. Da habe ich hier einmal tüchtig (wie ich meine) auf den Busch geklopft und heraus fielen keine fünfzehn Fünf-Sterne-Gutachter, sondern wieder nur die beiden üblichen Verdächtigen, also der Rest unserer ehemaligen Balladenviererbande. Traurig, traurig. Den Rainen Zufall lasse ich hier mal aus, denn selbstverständlich muss nicht jeder einen längen Begründungssermon über seine Sternchenvergabe ablassen, das finde auch ich völlig ok so. :)

Was jedoch die beiden Übrigen anbelangt, so bin ich doch schon sehr enttäuscht. Waren nicht wir es, die vor einem knappen Jahr mit einem Wettbewerb dieser flachpfeifigen Vergrünsternung von Texten beispielhafte, dezidierte, inhaltlich fein ziselierte Beurteilungen gegenüber stellen wollten? Und was ist daraus geworden? Die Revolution frisst ihre Kinder - oder genauer: Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Man kann das aber auch etwas diskreter und etwas klugscheißender als Matthäus-Effekt formulieren.

Aber im Einzelnen:
Lieber klauskuckuck,
meinst du im Ernst, dass das Hängenbleiben beim Leser ein brauchbarer Gradmesser für das Können eines wirklichen Dichters ist? Warum schreibst du dann nicht auch gleich, was von diesem Gedicht bei dir wodurch hängen geblieben ist? Wovon dann vielleicht für andere mitlesende Autoren wiederum etwas hängen bleiben könnte? Ich bin sicher, du könntest es. Bei mir ist da nämlich leider überhaupt keine Geschichte hängen geblieben, außer dem diffusen Eindruck, dass es nach langer Zeit ein nettes Wiedersehen gab, welches in Sonettform seinen Niederschlag fand. Man hatte gelacht, wie in alten Zeiten.
Nein, bei mir bleibt von dieser netten Geschichte nur wenig hängen. Würde ich deinem Vorschlag folgen, wäre wohl der dichtende "schlesische Schwan" namens Friderike Kempner die Großartigste unter den deutschsprachigen Dichtern, denn bei mir bleibt vor allem die unfreiwillige Komik ihrer Lyrik unvergesslich und eine nie versiegende Quelle innigster Freude. ;)

Liebes Oscarchen!
Mit Bestürzung greife ich dein Dichtungs- und Besternungsverbot auf und regelrecht erschrocken erlöse dich umgehend von dieser Fessel. Wo noch hatte ich es verhängt? Wenn ein Schlauer in der Leselupe reichen sollte, dann sollte zumindest auch ein Würstchenbudenlyriker toleriert werden, meine ich, selbst wenn er meinen Fragen ausweicht. ;)

Na, dann schlaft mal schön :)

Gute Nacht!
JB
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Moin James,
Würstchenbudenlyriker! So liebevoll hat mich noch kein Forenmitglied tituliert. Du hast also mein Gedicht "anne Bude" auch gelesen. Das freut mich.
Eigendlich heißt es Klümpchenbude oder einfach Kiosk. Aber es ist regional wirklich unterschiedlich.
Ich finde, du solltest nun aber doch wieder zu deiner hansetischen, gelassenen , ja...sympatischen Art zurückkehren.
Ich bin mir deiner künstlerischen und sprachlichen Fähigkeiten bewusst. Umso mehr macht es mich traurig, dich auf einem Niveau anzutreffen, auf dass du hier Mitstreiter ansiedelst. Ich vermisse im Moment den souveränen Habitus eines gestandenen Nordlichtes.
Lasse den Dampf aus dem Kessel und uns gemeinsam die Freuden der Lyrik genießen.
Man muss nicht das Licht des anderen ausblasen, um das eigene leuchten zu lassen.
Dir noch einen schönen Tag
LG
Oscarchen
 

Tula

Mitglied
Moin in die Runde

Kein Fazit, eher eine Bitte: Ich habe nichts gegen eine neue (es gab schon einige) Diskussion zum Thema Bewertungskultur und dem entsprechenden literarischen Anspruch (eines Werkes und der LL schlechthin). Es muss aber bitte nicht hier sein.

Ansonsten zum Thema: Kunst soll unterhalten und schon deshalb freue und bedanke ich mich über jede Form der Anerkennung. Die Unterhaltung schließt natürlich auch die kritische Auseinandersetzung mit ein (hier auf LL im Sinne der Textarbeit) und diese wiederum die Auseinandersetzung des Autors mit der Kritik.

Vielleicht sollten wir es jedem Leser selbst überlassen ob und wie ihm ein Werk gefällt und wie er das zum Ausdruck bringt. Seine literarischen Kenntnisse und Ansprüche in Frage zu stellen, scheint mir nicht der beste Weg zu sein, weil der uns schnell in irgendeine elitäre Ecke führt. Die wäre mir persönlich eher unbehaglich.

Wenn jemand noch etwas zur Textarbeit beitragen möchte, die ist willkommen. Die Besternungsdebatte nicht unbedingt. Das könnnen wir anderswo machen.

LG
Tula
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Kein Fazit, eher eine Bitte: Ich habe nichts gegen eine neue (es gab schon einige) Diskussion zum Thema Bewertungskultur und dem entsprechenden literarischen Anspruch (eines Werkes und der LL schlechthin). Es muss aber bitte nicht hier sein.
MODERATIONSHINWEIS

Bitte beachtet den Wunsch von Tula.
Über die Bewertungen kann auch im FL diskutiert werden.

Viele Grüße
Manfred
 

James Blond

Mitglied
Lieber Franke,

so ganz verstehe ich deinen MODERATIONSHINWEIS ja nicht.

Sofern man den Angaben zu dieser Seite Glauben schenken darf, bist du für die Festen Formen doch gar nicht zuständig, das ist immer noch der Bernd. Und der scheint auch keine Urlaubsvertretung zu brauchen, er kommentiert hier ja weiterhin recht fleißig. (Mal ganz davon abgesehen, dass ja auch dein Zaunpfahlgewinke nicht unbedingt Tulas Anliegen entgegen kommt, sondern der erste Beitrag ist, der ihm eben nicht entspricht. :rolleyes:)

Doch dem Wunsch von Tula möchte ich aber - auch ganz ohne deinen MODERATIONSHINWEIS - weiterhin beachten und wenn überhaupt noch, dann hier nur zu dem Sonett, dass inzwischen ja eine leichte positive Überarbeitung erfahren hat, meinen Kommentar abgeben. :)

Aus diesem Grunde habe ich bereits gestern, also schon vor deinem MODERATIONSHINWEIS im Lupanum einen neuen Faden zur kritischen Betrachtung der hiesigen Sternchenvergabe erstellt. Da dort natürlich wieder kein Schwein hinein schaut, sei mir auch hier dieser kleine Hinweis noch gestattet. :)

Ich wünsche weiterhin allen ein fröhliches Dichten!

Grüße
JB
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, James, danke erst mal für die ausführliche Analyse des Gedichtes.

Auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, finde ich die Diskussion zum Gedicht gut.

Ich habe im Duden nachgesehen. Dort wird der Betonungswechsel beim demonstrativen "dabei" leid er vergessen.

hier ist sie benannt.


Bitte bleibe aber beim Werk. Danke für die von Dir oben bereits benannte Einsicht.
Es bringt wenig, andere Kritiker zu kritisieren. Da stimme ich Franke zu.
PS: Kritiken zu widersprechen, das ist kein Problem.
 
Zuletzt bearbeitet:

James Blond

Mitglied
Lieber Bernd, danke für deinen Hinweis, auch wenn der Punkt längst besprochen und inzwischen erledigt ist: Tula hat dafür eine viel bessere Lösung gefunden, wie ich meine.

Aber was ist mit den anderen sonettfernen daktylischen Betonungen? Z. B. eingangs:

Erinnerst du dich? Weißt du noch? Na klar!
xXx x X X x x x X


So würde ich das intuitiv betonen. Die Sonettform erwartet hier eigentlich Jamben:

Erinnerst du dich? Weißt du noch? Na klar!
xXx X x X x X x X


Wirkt das beim Lesen nicht etwas gestelzt? Ich denke schon.

Grüße
JB
 

Tula

Mitglied
Hallo James
Auf den ersten Vers war ich nicht eingegangen. Er soll ganz normal betont werden:

xXx(x)x Xx(x) xX

So würde ich es vortragen. Die zwei eingeklammerten Hebungen werden unterdrückt bzw. gehen unter. Kein Ersatz der Hebungen durch andere Silben. Die erste (du) könnte man noch betonen, wäre sinnvoll. Die zweite ganz gewiss nicht.
Das war Absicht, d.h. mir scheint der Einstieg so sprachlich 'natürlich'. Das Abwechseln beim Plaudern. Das jambische Gerüst stürzt deshalb nicht ein.

Aber um nicht wieser als spitzfindig zu gelten: du hast recht, das ist ein offener Knopf im Korsett der festen Form.

Grüße
Tula
 

James Blond

Mitglied
Tja: "Absicht", das sagen sie alle, wenn's nicht richtig passt ... ;)

Aber es hilft nicht. Es wirkt in Z1 u. Z2 sehr daktylisch und das gleich zu Beginn. Damit setzt du eine Schablone (Vorgabe) für die nachfolgenden Verse, die du dann allerdings nicht fortführst oder später wieder an gleicher Stelle wieder aufgreifst, z.B. im 2. Quartett ... z.B. so

Wir kamen damals weit, und offenbar
xXx (X)x X x XxX
auf Wegen, die wir nicht im Traum bedachten.
x Xx (X) x X x X xXx
 

Tula

Mitglied
Nee, als billige Entschuldigung solltest du das nicht betrachten, schon weil ich mir einbilde, metrisch genau zu sein, wenn ich das wirklich will.

Inhalt und Form: Abweichungen lockern auf, machen das Gedicht lebhafter. Gewiss ohne vom genannten metrischen Gerüst (jambisch) grundsätzlich abzuweichen und schon gar nicht mehrfach.
Die 'besonderen Verse' sind in dieser Hinsicht hier der genannte erste (gerade als Einstieg - es geht ins Plaudern, weil mir das auch inhaltlich als Start gefiel) und der 'Quatsch!'.

Die anderen Stellen hatte ich versucht zu erklären. Als wirklichen Mangel würde ich am ehesten S4Z1 annehmen:
Trotz ein paar Kilo mehr ...

Eine offensichtliche metrische Korrektur wäre 'ein paar' durch 'fünfzehn' oder dergleichen zu ersetzen. Aber das will ich jetzt meiner alten Freundin nicht vorwerfen und mir selbst nur ungern eingestehen ;) Vielleicht fällt mir für diesen Vers eine bessere Lösung ein.

LG
Tula
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 21900

Gast
Wenn du an deinem Gedicht etwas änderst, Tula, ziehe ich meine fünf Sterne zurück. Textschusterei hast du nicht nötig.
Klaus
 

James Blond

Mitglied
Textschusterei?

Ich nenne es lieber Textarbeit. Das Sonett ist nun einmal eine (str)enge Form, da geht es um mehr als hängengebliebene Inhalte, eben auch um Klang und Rhythmus, selbst wenn das einigen Lesern völlig schnuppe sein sollte.

Ob jemand das unbedingt nötig hat, ist nicht die Frage. Ich kann aber feststellen, dass Tulas letzte Änderung das Sonett bereits inhaltlich als auch metrisch verbessert hat.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Im Prinzip haben Sonette (meist) tatsächlich eine sehr strenge Form. Leichte Abweichungen in der Rhythmik sorgen aber oft dafür, das man nicht mehr skandiert. Das klingt oft besser.
Die Frage ist, wie weit das geht. In unserem Fall betrifft es oft Haupt- und Nebenbetonungen. Wenn man die Nebenbetonungen zu Hauptbetonungen macht und alles gleichmäßig betont, klingt es falsch. Das verlangt aber niemand.

Mindestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts wird eine natürliche Betonung vorgezogen, wenn auch nicht immer und nicht von jeder oder jedem.

Tatsächlich hat James recht, wenn er eine gewisse Konsistenz fordert.
Erinnerst du dich? Weißt du noch? Na klar!
xXx x X X x x x X
Das ist eine der möglichen Interpretationen, sie ist von der Rhythmik blockiert, da bei "normaler" Rhythmik "du" betont wird. Das setzt implizit: "Ich erinnere mich. Erinnerst Du dich auch?" Es ist eine andere Interpretation. Unbetontes "du" und natürliche Sprechweise würde tatsächlich eine andere Form setzen. Dann wäre es inkonsistent. Deshalb betone ich "du".
 

James Blond

Mitglied
Ich würde das 'du' nur dann betonen, wenn es fraglich wäre, wer sich erinnern soll. Das ist bei der Frage ans Lyrische Du aber kaum der Fall.
Wie würde ich betonen, wenn ich an jemanden diese Frage stellen würde?
Vermutlich: "Erinnerst du dich?" Dabei wird das letzte Wort auch nur betont, weil es eine Frage abschließt.
Deshalb betone ich das "dich". ;)
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Erinnerst du dich?"
Hier würde ich nur "Erinnerst du dich?" betonen. ("Dich" erhöht den Ton wegen der Frage, ohne ihn aber zu verstärken. Das Klangbild der Frage bleibt erhalten. Man könnte es als Betonung im wörtlichen Sinne betrachten, da ein höherer Ton gesprochen wird.)

Das lyrische "du" steht im Kontrast zum lyrischen "ich", das das Sonett erzählt.

Ich vermute, dass sich wenige erinnern. "Erinnerst du dich?" Eine Neben- und eine Hauptbetonung.

Wie ich schon schrieb: Betonung ändert die Interpretation. In Deiner Interpretation wäre betontes "Du" keine "natürliche" Sprechweise.

In meiner Interpretation gibt es einen Kontrast Erinnern-nicht erinnern.
 



 
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