Versuch über die Kreativität

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Tula

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Versuch über die Kreativität

mal einen Preis gewinnen, wäre geil
doch denk daran: auch Lyrik ist ein Markt!
der auf plagiatische Spagate pfeift
dein Seelenmark und Feta jeder Art

schreib ohne Reime, stetig neo – logisch
vor allem kein Zinnober auf die Freude
bleib lieber auf dem Teppich für den Flug
mit Meta-Affen durch die Deutelräume

Metrik? nur Staub im Dünkelkammerlüftchen
taktlos ist in, mit Style – slam it out loud!
im Schleuder-Rap-Gang raspelnd, wenn es passt

du glaubst bestimmt an Märchen und … das Früchtchen
das schlecht verhext in deinem Körbchen fault
wer sorglos rein-beißt, dessen Birne … platzt!
 

mondnein

Mitglied
taktlos ist in, mit Style – slam it out loud!
im Schleuder-Rap-Gang raspelnd, wenn es passt
nun ja, die ins Endlose treibenden unreinen Haufenreime der Rapper gewichten dann die Versschlüsse in poetischer Harmonie, in durchlaufenden "Homoioteleuta", einerseits,
und andererseits "macht" die Rhythmusmaschine die etwas starr-brutale metrische Matrix.
Sonst käme man in endreimsüchtiger Reimprosa an.
 

Tula

Mitglied
Hallo Anders
Ich hoffte, dass es entweder 'gut gefällt' oder eben als Verriss entgegen-genommen wird. Ganz der Idee entsprechend. Danke für deinen lobenden Kommentar.

LG Tula
 

Tula

Mitglied
Hallo Hansz
Für poetry slam Spektakel auf der Bühne bin ich wohl etwas zu alt. Ansonsten schätze ich guten(!) Rap rein musikalisch, vor allem im Sinne der Verwendung der Sprache bzw. des Sprachklangs als Instrument. Was die sogenannten lyrics dann aber als Lyrik tatsächlich hergeben, ist eine andere Frage. Der Vorwurf der Reimprosa ist da nicht ganz unberechtigt.

Dankend lieben Gruß
Tula
 

sufnus

Mitglied
Hey Tula!
"Kein Zinnober auf die Freude" - das ist wirklich eine der Lyrikmarkteigenschaften, der ich auch etwas zu häufig begegne - wobei: Im Breich der Prosa scheint mir der Hang zu freudloser Literarizität noch weitaus stärker ausgeprägt zu sein.
Gefällt mir rundum gut! Schmissiger Einstieg, flotte Durchführung und stimmiges Finale mit der explodierten Birne à la Dickinson ("If I feel physically as if the top of my head were taken off, I know that is poetry").
LG!
S.
 

Tula

Mitglied
Hallo Sufnus
Herzlichen Dank! Ich denke, wenn's bei einem Gedicht am Ende im Kopf des Lesers richtig kracht, sind alle Ziele erreicht :cool:
LG Tula
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Tula,
bei dem Kreativitätsversuch beißt sich der (Hundspreis) oder (Meta)- Affe doch selbst kräftig in den Schweif:)
Das wird wohl ein kreativer Klammertext meinerseitens;-)
Spätestens nachdem der Seelenmark(t) auf Feta-stückchen pfeift, bleibt Neuverständliches auch liegen.
Wenn schon aus dem Zinnober nicht alles golden glänzen kann, weshalb nicht einen Teppich für die Flugreise nach Deuteldorf weben? Frei von Dunkelkammern, also unbelichteter Irrsinnsreisebuchung paspelnd beiwohnend, "wenn es passt". <===ich finde das als elftes Verszeilenende abschließend extrem passend:)
beißt sich sorglos jener rein (vielleicht im Reim). Mit Birnenplatzierung vor fruit cage Rappern.
Da sind im frühen Sonntagmorgen fünf Sterne nicht zuviel!!!
Fünf vor zwei;-)
Liebe Grüße, ubertas
 

Tula

Mitglied
Liebe Ubertas
Mit den richtigen Metaphern fliegt solch ein Teppich durchaus. Was Kreativität allerdings wirklich beinhaltet, hängt natürlich auch vom Leser ab, oder gar der Jury, die solch einen Unfug wie meinen hier auch noch bewerten soll.
Auf jeden Fall hat mich dein ausgesprochen kreativer Kommentar sehr erheitert. Schon deshalb war mein Versuch nicht umsonst.

Sonnig-zu-deutelnde Grüße
Tula
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Tula,
kein Versuch ist umsonst:) Mich freut wiederumdidelmettafferum die Heiterung deinerseits. Kann man jetzt um um und Heiter einen Bogen spannen: ja!
Selbst um nicht fünf vor zwei.
Pferd. Stand gerade rum. (Heiter-bayrisch)
Was ich dir mit sonnig zu deutelnden Grüßen mitteilen wollte, naja, es steht schon da (Riesenliebgemeintessmiley neo)
ein bisserl logisch is des scho, gell:)))???
Und um es mal kurz in Worte zu fassen:
ich finde deinen "Versuch über die Kreativität" gigantisch! Da darf sich die Rübe drehen.
Mit herausplatzendem, sonnigen Gruß,
uberfasel.
 

Tula

Mitglied
Liebe Ubertas
Ich wollte mir schon wieder vor lauter Alltags-Gram die Rübe rausreißen. War dann zunächst zu faul dazu und ließ sie träge auf dem Sofa-Acker vor sich hin sprießen. Aber jetzt nach deinem Riiieeesen-Smiley hüpft sie voller Freude über die metaphorische Wiese und will unbedingt kreativen Zucker aus sich heraus-quetschen. Das könnte durchaus wieder in Gram enden. Mal abwarten, was der Abend noch so bringt :)

LG Tula
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Tula,
die Rübseligkeit umgibt uns, links- mittig- und rechtsdrehend. Da ist es doch gut, noch etwas Zucker an der Rübe zu haben, wenn es rundherum rieselt‍. Ich freue mich schon auf ein "Quetsch-heraus" aus zugebrachten Nächten.
Ansonsten stampfen wir die Monokultur doch lieber ein, so sofa-ackernd, oft sesselnd, sitzt sie da und wartet unbehüpft, während Kilo-Gramschwere Rettiche bitter ihr Leid herunterraspeln.
Ohne Rübsinn,
liebe Grüße, rübertas:)
 

Tula

Mitglied
Liebe Ubertas
Ich stelle erfreut fest, dass deine Kreativität unerschöpflich ist. Ja, Zucker in der Rübe ist Ok, über die darunter liegenden Körperbereiche schweige ich mich lieber aus (wäre jetzt zu expressionistisch ...), kann aber versichern, dass die letzte Tafel schwarzer Schokolade auch ohne zusätzlichen Zucker gut in meinem Magen ankam :cool:

Gezuckerte Grüße
Tula
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Tula,
das freut mich und zum Glück sind wir noch in der Kreativitätserzeugung beheimatet:)))
Ich meinte wie du auch, die oberirdischen Rübenanteile, die im Rübothalamus, ab und an in der Rübigdala, wobei sie sich auch zwischenzeitlich im präfrontalen Rübex verstecken sollen (hat mir jemand mal erzählt;.)), zeitnah dort aufzufinden sind und sich klar vom unterirdischen Wurzelgemüse zu unterscheiden wissen.
Eigentlich reicht es schon von der Rübung.
Doch eines ist klar, die Rübe verweilt dort am liebsten, wo sie sich exprimiert fühlt:)
Ein Schelm, wer andres denkt. Da müsste man ihn direkt zur Kontaktlupe weiterreichen..fürwahr!
Gezuckerte Grüße zurück,
oberirdisch, ubertas
 

Tula

Mitglied
Liebe Ubertas
Ich danke dir herzlich für deine erquickenden Bewässerungen meiner im Laufe eines Arbeitstages durchaus an Hitze und geistigen Durst leidenden Rübe. Zur Zeit saftet sie für eine Ausschreibung vor sich hin, bei welcher sie auch dieses Jahr keinen Nährboden finden wird. Oder vielleicht doch, mit diesem hier ... :cool:

LG Tula
 

mondnein

Mitglied
Was die sogenannten lyrics dann aber als Lyrik tatsächlich hergeben, ist eine andere Frage. Der Vorwurf der Reimprosa ist da nicht ganz unberechtigt
Ich stimme Dir völlig zu. War so von der Seite her zwischen-gedacht, denn im Grund habe ich keine Ahnung, kriege die stonedten Reime nur ab und zu mal per Zufall ins Ohr. Immerhin wird da so fleiig gereimt, daß die Spontandichter nicht die geringste Chance haben, in die Mühle des literarischen Veröffentlichungswesens zu geraten.

Aber auch hier in der Leselupe hat Gereimtes oder gar "fest" Geformtes keine Chance, überhaupt gelesen zu werden. Ich erinnere mich an "Leser", die grundsätzlich nur im "Ungereimten" auf die Pirsch gingen. Durchaus fruchtbare Kommentatoren. Ist schon was her.

Jetzt gerät man schon in "Geplapper"-Verdacht, wenn man ungewöhnlichere "feste Formen" durchprobiert, oder mittelalterliche Mythen, oder antike Versmaße. Selber schuld, wer sowas schreibt. Und noch selberer, wer es liest.

grusz, hansz
 

Tula

Mitglied
Hallo Hansz
Nun ja, jeder wie es ihm/ihr beliebt. Der Reim hat es gewiss leicht bei lustigen Geburtstagsansprachen und zur Faschingszeit. Dass er im Kreise der Elite eher verpönt ist, hat gewiss auch den Grund, dass stete Wiederholung von der Kunst als solcher unweigerlich zum Kunsthandwerk führt, von dort zum Handwerk und von dort sehr bald auf den wackelnden Schreibtisch in Opa's Sommerlaube ... Der gute alte deutsche Reim wird dennoch als Ausnahmeerscheinung geduldet oder gar gefeiert. Vor Jahren begeisterten mich zum Beispiel die Slam-Gedichte von Bas Böttcher genauso wie die gesammelten Werke von Gernhardt und Ror Wolf. In den 'gehobenen Anthologien' werden gern ein oder zwei Reimgedichte aufgenommen. Auf jeden Fall sehr gute, wie nicht selten vom Herrn Spyra, Jan Wagner und sogar beim durchaus bekannten und sprachlich eher extravaganten Steigenberger (von außer.dem), der, aus welchen Gründen auch immer, pro Kapitel ein Sonett in seinen Band vom abgesägten Lauf der Welt setzte.

Mit Ausnahme einiger unerreichbar super-guten Gedichte von Jan Wagner würde ich behaupten, dass hier auf LL durchaus ebenbürtige, erstklassige Reim-Gedichte zu finden sind. Wir sollten also nicht aufgeben, sondern auch daran denken, dass Ringelnatz und Mascha Kaléko bis heute zu den Spitzenreitern in Sachen Lyrik-Verkauf gehören.
Wie las ich irgendwo mal bei einer Ausschreibung?: in etwa "moderne Lyrik jeder Art, auch Reimgedichte". Ich grübelte lange, wie das wirklich gemeint war :)

Bleibt eine bzw. zwei Fragen: Ist der Reim in anderen Sprachen genauso beliebt und verpönt zugleich? In wie vielen Sprachen wird eigentlich überhaupt nicht gereimt?

LG Tula
 
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mondnein

Mitglied
In wie vielen Sprachen wird eigentlich überhaupt nicht gereimt?
Das ist, Tula,

eine gute Übersicht über die "Reim"-Situation
Und eine entscheidende Frage zum Schluß Deines Überblicks.
Das geht in die letzten dreitausend Jahre zurück, und es ist nicht sicher, daß der Bumerang seine Wurfschlaufe zum Werfer zurückführt.

Es ist eigentlich einfach:

1. a) Nicht gereimt sind die großen Liedersammlungen des Rgveda. Das Strukturprinzip in dieser 3000 Jahre (!) alten Literatur ist die quantitierende Metrik, d.h. die Längen und Kürzen der Silben sind zu Versfüßen geordnet, und deren Zählung und Anordnung wird mit den Namen der entsprechenden Verstypen betitelt. Es gibt dreiversige-Strophen und vierversige, oder einfach die Parallel-Ordnung der sieben, zehn oder mehr Verse eines gleichmäßig rezitierten Liedes.
b) Nicht gereimt, aber im epischen Versmaß durchgängig gegliedert sind die zahllosen Sprüche, wie sie etwa in Erzählungen reichlich eingeschoben sind oder den Sentenz-Anfang oder Moral-Abschluß einer Fabel bilden. Und natürlich die 100.000 Verse des Mahâbharata und des Ramâyana. Dieses Versmaß hat vier "Füße" ("pâdas", vgl. lat. "pedes"), zwei pro Doppelvers-Hälfte, beginnt trochäisch und endet iambisch. Das nennt man "Shloka". Die meisten Verse der Bhagavad-Gîtâ sind Shlokas. Vergleichbar dem daktylischen Hexameter bei Homer, Hesiod, Vergil und Ovid.

2. a) Nicht gereimt sind die griechischen und dem zufolge die lateinischen Epen und Lehrgedichte der Antike, also in großer Fülle die vier eben genannten Dichter, deren durchgängige Versform der daktylische Hexameter ist.
b) Nicht gereimt sind natürlich auch die sapphischen, alkäischen und asklepiadeischen Strophen der griechischen Lyrik, fortgesetzt bei Catull und Horaz, wieder aufgenommen bei Hölderlin.
Hier wie auch bei allen bisher genannten Vers-Geschmeiden dient die quantitierende Metrik der dichterischen Form.

3. Die hebräische Dichtung reimt nicht, ihr Hauptstilmittel ist aber nicht die quantitierende Metrik, sondern der Parallelismus Membrorum, d.h. alles wird zweimal gesagt, in je zwei einander entsprechenden Versen eines Doppelvers-Spruchs. An dieser Dichtungsform erkennt man nicht nur die 150 Psalmen, sondern auch die Sprüche der Propheten, das ist die Hälfte der AT-Texte. Eine Menge Dichtung.

Nun also aber:

4. a) Den Reim, gerne durchgängig in Knittelversen, pflegen zunächst einmal die Dichter des Mittelalters, die Minnesänger und Epen-Dichter,
b) parallel zu den arabischen und persischen Dichtern, nein - die gehen ihnen zeitlich voraus; wie der gotische Spitzbogen zuerst im islamischen Kuturraum die Gebäude charakterisiert, und erst nach der Orientberührung der Kreuzzüge in Europa bestimmend wird. Kurz: Reime sind gotisch wie die betende Fingerspitzen-Berührung der Fensterbögen im Mittelalter.
c) Erstaunlicherweise bleibt der italienische Rinascimento wie auch die bürgerlichen Meistersinger in den Städten beim Reim, trotz der Entdeckung der griechischen Tragödien und der homerischen Epen, die ja nicht reimen. Das Sonett ist gereimt.
d) Und so die Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, bei fast aller Dichtung,
und rückweisend auf die nicht-reimende Antike nur beim "Oden"-Mißverständnis (z.B. Klopstocks) oder bei den pointiert-klassizistischen Dichtern.
Interessant der Übergang vom daktylischen Hexameter zum iambischen Knittelreim aus dem Munde von Goethes Helena im Faust. Klassizismus der Deutrschen Klassik.

Zweitausend Jahre
(oder auch viertausend, wenn man die natürlich ungereimte mesopotamische und die ägyptische Dichtung in den Vergleich mit einbezieht)
der reimlosen Versrezitation,
dann tausend Jahre der reimenden Gedächtnisstützen.

grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet:

mondnein

Mitglied
P.S.:
Mir fällt noch ein riesiges Feld von Sprachkunst ein: die chinesische. Da wird gereimt, und zwar hauptsächlich, bei den "üblichen" Liedern bzw. Gedichten.
Selbst das Dau de Djing lebt von Parallelismen und Binnenreimen, das ist eine wunderbare Dichtung.
Nicht zu vergessen: die typische chinesische Brevitas, wie sie noch bis in die Haikus der japanischen Chinaschüler "Sinn" sichtbar macht. Aber das ist eine reimlose Kunst.
 

Ubertas

Mitglied
Lieber Tula,
wie auch immer der Nährboden für diese Ausschreibung gerät, meine gedrückten Daumen hast du, plus Rübe plus Herzal.
Bei deinem Talent befürchte ich nichts!!
Und sollte etwas dazwischenkommen, war es der falsche Acker.
Lieben Zwischenfunkgruß;-)
ubertas
 



 
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