Weit übers Meer und dann links

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Ji Rina

Mitglied
Hallo Joe Fliederstein!
Mit dem lesen Deiner Erzählung hatte ich aus Neugier begonnen, weil mir der Titel unheimlich gefällt. Dann hat mich die aussergewöhnliche Geschichte zum weiterlesen verleitet. Nun kann ich mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal solch eine seltsame Geschichte gelesen habe….Aber sie ist ohne Zweifel aussergewöhnlich, und alles was aus der Reihe fällt, gefällt mir. Das lesen war jedoch anstrengend, weil kaum Absätze eingefügt sind. Und der Text ist sehr lang. Vielleicht möchtest du bei deiner nächsten Erzählung daran denken, mehr Absätze einzufügen. Seltsam fand ich Roxanes Schweigen – bis fast zur Mitte des Textes. Alles was Adrian da von sich gibt, und keinerlei Reaktion ihrerseits. Als Leser weiss man nicht wie alt Roxane ist, aber der SMS nach, stellte ich mir ein eher junges Mädchen vor. Da war ich überrascht, dass Adrian siebzig ist. Für junge Mädchen heutzutage ist ein siebzigjähriger ja schon ein Greis. Man könnte sich besser in die Geschichte einfühlen, wenn Adrian ziemlich schnell sein Alter preisgäbe und sie darüber (vorerst) geschockt ist. Denn zu beginn des Textes macht sie sich ja Gedanken über ihn “Ein durchgekanllter Oldie” (Gleich vor diesem Satz, könnte man schreiben, wie alt er ist) Ich schreibe das nur, weil es mehr Nähe zu den Figuren sorgen würde. Sehr gefallen hat mir die totale Gelassenheit der Roxane am Anfang (wenn Adrian erzählt und sie daran denkt, die Lippen nachzuziehen, etc). Der gesamte Text erschien mir (viel) zu lang. Oder besser: Adrian erzählt sehr viel. Aber meiner Meinung nach, ist der Grund dafür , das keinerlei Mimik, keinerlei Gestik des Adrian beschrieben wird. Das macht den Text schwer, da ja auch keine Dialoge vorhanden sind (erst zum Schluss). Gut gefallen hat mir die Beschreibung der ganzen Sippe in der Umgebung. Das war sehr hautnah beschrieben. Resümierend: Sehr angenehm die Sprache, der Schreibstil; das aussergewöhnliche dieser Geschichte, und der schöne Titel.
Schönen Gruss, Ji
 
G

Gelöschtes Mitglied 21114

Gast
Hallo Ji Rina,

das habe ich nicht mehr erwartet: eine derart tiefgreifende und vor allem offene Kommentierung. Ich war darauf vorbereitet, dass, wie bei meiner ersten Geschichte, vielleicht 60/70 Mitglieder Interesse zeigen würden, einszwei Sätze dazu sagen – und nach ein paar Tagen ist die Chose dann abgehandelt. Wäre es so gekommen, hätte ich nie wieder eine Erzählung bei LL eingestellt, denn wegen der Besucherzahlen oder der schönen grünen Sternchen bin ich in dieses Forum nicht eingetreten. Also erst einmal: danke! Grundsätzlich. Und danke für die Hinweise, die ich alle überdenken, und wenn es sich anbietet, nutzen werde.

Das Problem mit den Text-Absätzen habe ich selbst auch erkannt, es bisher aber nicht lösen können. Wenn ich einen derart umfangreichen Text per copy-and-paste aus einem Schreibprogramm nach LL herüberzuziehen versuche (ich kopiere aus Pages und dem Scrivener), dann entstehen, seltsamerweise nicht immer, überlange Absätze, die ich im Eilverfahren dann einzuebnen versuche (als Neuling habe ich noch nicht herausgefunden, nach welchen Zeitsprüngen die LL die Bearbeitungsfunktion außer Kraft setzt – deshalb Eilverfahren, was sich womöglich als Unsinn herausstellen wird). Kurzum: Ich krieg das raus, und dann gibt es Absätze.

Roxane schweigt. Wirklich zu lange? Darüber muss ich neu nachdenken. Sie hat sich von ihrem Partner getrennt, sie kann den «Schlapphut» auf Anhieb nicht ausstehen, sie ist durch die «außergewöhnliche» Situation überfordert. Ich werde da noch einmal kritisch in den Text einsteigen müssen. Denn, wenn du recht hast, muss ich einiges dazutun. Mimik und Gestik in den langen Passagen fehlen, das ist mir bisher nicht wirklich deutlich geworden, da hast du auf ein gravierendes Manko hingewiesen. Ich verspreche Überarbeitung!

Den Titel habe nicht ich erfunden, sondern mein Sohn als Sechsjähriger in der Küchenbadewanne: Ich habe ihn gefragt «Wohin fährst du?» – seine Antwort: «Weit übers Meer und dann links.» Daraus ist erst ein Theaterstück für Kinder geworden – und viel später dann eben das Stück vom alten Aussteiger Adrian Mielnickel.

Du hast mir eine Menge Arbeit zugeschoben, Ji Rina, herzlichen Dank.

JF

ps Wenn du zurückdenkst: Geflogen ist Adrian in der Geschichte nie, dennoch hast du das Ende der Geschichte als Möglichkeit gelten lassen. Offenbar habe ich diesbezüglich nichts falsch gemacht.
 
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Ji Rina

Mitglied
Hallo Joe Fliederstein,

Vielen Dank für die freundliche Antwort!

"""Roxane schweigt. Wirklich zu lange? Sie hat sich von ihrem Partner getrennt, sie kann den «Schlapphut» auf Anhieb nicht ausstehen, sie ist durch die «außergewöhnliche» Situation überfordert. """

Ja, das ist ja auch am Anfang der Geschichte klar. Aber als Leserin hatte ich kein Bild von Roxane. Dafür aber eine Vorstellung von Adrian, da er ja viel erzählt. Das Einzige was Roxane charakterisiert ist:
«Du, es hat dreizehn geschlagen!» – tippte sie. «Ich habe den Schlipsfritzen aus der Kreissparkasse abserviert, was sagst du? War mir zu anstrengend. Immer nur das Geld anderer Leute im Kopf. Bin ab heute wieder solo. Stand heute Morgen vorm Bahnhofseingang, wollte mich in einen Zug setzen und irgendwo ankommen. Hab ich dann verschoben. Ich trage das Leid der ganzen Welt auf meinen Schultern. Lach nicht!»

Und das lässt mich auf kein Mauerblümchen schliessen, sondern eher auf eine lebhafte, die weiss was sie will. Während Adrian dann über seine gesamten Familienverhältnisse spricht und später sogar am Tisch singt, bleibt sie die ganze Zeit still. Lacht nicht, grinst nicht, ist nicht verwirrt, fragt nichts. Somit fiel für mich das gesamte Gewicht auf Adrian – und Roxane blieb in der Erzählung ziemlich in den Schatten gestellt. Erst ganz zum Schluss wacht sie völlig auf (in dem sie ihre ganzen Gefühle offenlegt, sogar selbst Fliegen will, etc..etc). So habe ich ein bisschen Gleichgewicht zwischen den beiden Figuren vermisst, Vielleicht solche Sätze wie: “Der Typ ist tatsächlich völlig durchgeknallt” etc…( Halt Beschreibung ihrer Gedanken). Ich warf froh, dass sie wenigstens irgendwann mal “Hülsenhohe” sagt. Also um es nochmal anders zu formulieren: Mir fehlte der psychologische Aufbau zwischen den beiden, die ja im endeffekt zu ihrer Symphatie für ihn führen müsste. Aber dies ist nur meine Vorstellung. Vielleicht liest jemand anderes diesen Text und sagt genau das Gegenteil...

Ein Hoch auf Deinen Sohn! Welches Kind sagt schon: Ich fahre jetzt übers Meer und dann links?

Das mit den Absätzen müsstest du versuchen: Wie du schreibst, die Absätze einebnen. Ob das zu lange dauert und deshalb nicht funktioniert, weiss ich leider nicht. Denke aber, das man das einebnen sehr schnell machen kann.

Was das lesen der Erzählungen angeht, so werden die hier nicht so schnell gelesen….Irgendwann. Und um so länger sie sind, umso länger dauerts. Es gibt soviel zu lesen – da sucht man wohl eher die schnelle Lektüre. Bei mir ist es sehr oft so, aus Zeitgründen.

War dieser Satz an mich gerichtet?

ps Wenn du zurückdenkst: Geflogen ist Adrian in der Geschichte nie, dennoch hast du das Ende der Geschichte als Möglichkeit gelten lassen. Offenbar habe ich diesbezüglich nichts falsch gemacht.


Wenn ja, dann versteh ich nicht ganz was gemeint ist. Habe ich irgendetwas zu seinen Flugversuchen oder das Ende geschrieben?:rolleyes:

Pack alles in eine Kiste – und villeicht kommat ja bald mal die Originaltext korrektur Funktion, auf die wir warten. Vielleicht kannst du ja dann irgendetwas von meinen Vorschlägen übernehmen.

Danke für den Austausch!
Schönen Gruss, Ji
 
G

Gelöschtes Mitglied 21114

Gast
Hallo Ji Rina,

eine Schlussbemerkung will ich noch dranhängen: Ich bin mittendrin in der Korrekturarbeit zu «Weit übers Meer …», denn die Geschichte gehört in eine Sammlung von Erzählungen, die ich Ende März zum Druck abliefern muss. Du hast dich mit deinen Vorbehalten vehement auf die Seite Roxanes gestellt, die dir – ich sags flapsig – als Figur einfach zu kurz gekommen schien. Den gesamten Text gehe ich also noch einmal sorgfältig durch, denn mir ist klar geworden, wie richtig du mit deiner Einschätzung liegst (deine Nachricht heute unterstreicht das). Die korrigierte Fassung werde ich nicht mehr in die Leselupe einstellen, aber Ende Mai halte ich dann einen Band mit meinen Erzählungen in der Hand («Weit übers Meer» ist mit drin), und wenn du mir bis dahin eine Adresse nennst, wohin ich ihn schicken soll, schick ich ihn.

Noch einmal danke und Gruß zurück
JF
 



 
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