Jawoll, Heidrun, und wer keinen hat, fliegt raus. (Ich hab ´ne Jahreskarte)...
...und einen Text, in dem es auch um Untergänge geht, und den setzte ich jetzt mal rein (zumal ich vorne unter Lyrik bis Freitag gesperrt bin).
Ausgangspunkt war eine Anzeige der Volksbank Oyten in der hiesigen Presse, auf der die "Titanic" als riesige aufblasbare Spaßrutsche ein paar Tage vor Ostern auf dem örtlichen Busbahnhof fröhliche Auferstehung feierte. In der typischen Pose 3 Minuten vorm völligen Absaufen, nur noch mit dem Heck über der Oberfläche, bestand die Möglichkeit, auf ihr zwischen Aufbauten und Reling das Deck hinunter zu rutschen und sich unten im Auslauf (Ausrutsch?) zwischen aufgeblasenen Eisbergen den Hintern zu reiben. "Volksbank" stand groß an der Außenhaut des Rumpfes, "Viel Spaß auf unserer Titanic-Rutsche am Busbahnhof" über der Anzeige, und dann war noch der Hinweis zu lesen, dass aus Sicherheitsgründen die Rutschpartie bei Regen leider ausfallen müsse.
Wie die Volksbank einmal die Titanic hob
Der Tag der Auferstehung des Herrn war gut gewählt. Das Osterwetter zeigte sich von seiner besten Seite, und Direktor Windhuber war sichtlich zufrieden. Sein Blick haftete am Bug des Luxusliners, der bis hin zum Mittelschiff unter der Grasnarbe dümpelte. Die weißen Lettern des eisbergwunden Ozeanriesen strahlten hell über den ganzen Busbahnhofsvorplatz. Stolz und ein wenig erregt hatte er die "Volksbank" frei gegeben, und da erwartungsgemäß keine Rettungsboote auf dem Dampfer vorzufinden waren, blieb den mutigen Gästen nur der Weg über die Rutschbahnen runter vom sinkenden Havaristen. Ein Heidenspaß.
Gegen 14 Uhr begrüßte die Moderatorin des anwesenden Fersehteams das staunende Publikum und die Menschen daheim an ihren Fernsehgeräten.
"Grüß Gott, meine lieben Zuschauer und Zuschauerrinnen. Wir stehen heute in einem bewegenden Moment auf dem Busbahnhofsvorplatz in Oyten direkt vor der Silhouette der einstigen Königin der Meere, die auf so tragische Weise schon während ihrer Jungfernfahrt untergegangen ist. Die Titanic - und um dieses Schiff handelt es sich - wurde von der Volksbank Oyten gehoben und anschließend hierher geschafft. Sie war natürlich, wie Sie sich denken können, in einem beklagenswerten Zustand. Aber die Volksbank Oyten hat sie originalgetreu aufgeblasen, und heute schwimmt sie hier wieder auf dem Busbahnhofsvorplatz, so wie wir sie kennen und lieben.
Neben mir steht Herr Birnstein aus der Vorstandsetage der Volksbank Oyten.
"Herr Birnstein, Sie haben die Titanic gehoben."
"Jupp."
"Die war ja untergegangen."
"Mit Mann und Maus."
"Und Sie haben sie wieder gehoben. Wie kamen Sie darauf?"
"Mit einem so großartigen Ereignis haben die Menschen hier in der Region die Möglichkeit, sich mit uns zu identifizieren. Das ist dieser Prozess, in dessen Verlauf sich ein Individuum mehr oder weniger unbewusst durch emotionale Bindung..."
"...zeitweise oder relativ überdauernd in die Lage seines Geldinstitutes versetzt, ja gut. Aber das war doch bestimmt nicht so einfach, die Titanic zu heben?"
"Da können Sie einen drauf lassen."
"Wie ist Ihnen das denn gelungen?"
"Nun, wir haben noch unter Wasser tonnenweise Luft in das Wrack gepumpt, und durch den Auftrieb gelang es uns, das Schiff an die Oberfläche zu bringen."
"Anscheinend aber nicht ganz."
"Nee. Im vorderen Teil des Schiffsrumpfes befinden sich in der Außenhaut die Beschädigungen, so dass hier immer wieder Luft entwich. Und so große Flicken gibt es ja garnicht. Aber wir haben die Lage des Schiffes stabilisiert, so dass es jetzt nicht weiter untergeht."
"Und dann haben Sie die Rutschen angebracht."
"Nee, das wussten wir vorher auch nicht. Es handelt sich hierbei um die Original Titanic Notrutschen, wie sie damals im Gebrauch waren und vielen Menschenleben den Weg ins Wasser ermöglichten."
"Nun müssen Sie mir verraten, warum die Titanic heute Volksbank heißt. Unsere Zuschauer sind schon ganz gespannt."
"Damit hat es folgende Bewandtnis: Wir fanden ein Vermächtnis des Kapitäns, der verfügt hatte, dass sein Schiff in Zukunft den Namen desjenigen tragen sollte, der es hebt."
"Und das waren Sie."
"Und deshalb heißt das Schiff jetzt auch Birnstein, äh- Volksbank, und so wird das auch bleiben."
"Herr Birnstein, vielen Dank für das Gespräch. Sie wollen jetzt sicher noch ein wenig rutschen, ich komme später noch einmal auf Sie zu."
Ja, meine Damen und Herren, wir wollten natürlich wissen, ob die Menschen hier auf dem Busbahnhofsvorplatz überhaupt noch über die damaligen Ereignisse und Hintergründe Bescheid wissen. Deshalb hat die Volksbank Oyten ein Preisausschreiben vorbereitet, und wenn Sie Lust haben, dann lese ich Ihnen die Fragen jetzt einmal vor. Nachher schreiben Sie das Lösungswort auf eine Postkarte und falten ein kleines Schiffchen daraus. Und vergessen Sie nicht die Rutsche. Bei dem Lösungswort handelt es sich übrigens um den Namen eines Schiffes, das untergegangen ist und wieder aufgeblasen wurde.
Kommen wir zur ersten Frage:
Wann ist die Titanic eigentlich gesunken?
a) 1912 vor Christus, also in der Eiszeit
b) 1912 nach Christus oder
c) fährt sie vielleicht noch?
Die 2. Frage lautet:
Wie viele Ertrunkene kamen dabei ums Leben, so ungefähr jedenfalls?
a) der Kapitän, also einer
b) 1517 oder
c) eine Million?
Na, das war jetzt aber ganz leicht.
Nun aber aufgepasst: Wogegen ist die Titanic nicht gefahren?
a) gegen einen Eisberg
b) gegen einen Kontoauszugsdrucker oder
c) gegen einen Eisberg?
Und weiter geht´s. Wie war die Titanic denn versichert?
a) Vollkasko
b) Teilkasko (mit 300 Mark Selbstbeteiligung) oder
c) Fiasko?
Haben Sie´s?
Die 5. Frage heißt: Wie geht es Ihnen? Hier haben Sie wieder 3 Möglichkeiten.
a) Stören Sie mich nicht, ich mache gerade bei einem Preisausschreiben mit.
b) Wie soll es mir gehen?
c) Mir ist ganz schlecht von der Rutscherei.
Nächste Frage: Warum heißt die Titanic jetzt Volksbank?
a) Weil die Volksbank jetzt Titanic heißt
b) Weil der Vorstand mit seinen Köpfen gegen einen Eisberg geknallt ist?
c) Wüsst´ ich jetzt so nicht.
Nun kommt eine Zwischenfrage von der Volksbank, die Sie bitte nur beantworten, wenn Sie bei Frage 5 das c) angekreuzt haben.
Ist Ihnen immer noch schlecht vom Rutschen?
Hier können Sie jetzt nur bei a) ankreuzen:
a) Danke, es geht mir schon viel besser.
Kommen wir nun zur letzten Frage:
Was ist der Unterschied zwischen der Titanic und der Volksbank?
a) Die Titanic hat es schon hinter sich
b) Die Volksbank hat es noch vor sich ?
c) Ich habe alle Fragen gewusst und richtig geraten.
Es gibt natürlich auch was zu gewinnen. Wenn Sie das Lösungswort "Volksbank" richtig geschrieben haben, winkt Ihnen unter allen Einsendern eine schöne Badehose und die CD "Eine Seefahrt die ist lustig". Als Hauptgewinner dürfen Sie das nächste Mal beim Aufblasen helfen. Mitarbeiter der Volksbank und deren Hinterbliebene können leider nicht mitmachen. Ich schaue jetzt mal, wo Herr Birnstein steckt. - Ah, da ist er ja.
"Herr Birnstein, wie geht es denn heute Nachmittag weiter, und warum sind Sie so grün im Gesicht?"
"Danke, mir geht es schon wieder viel besser, und ich freue mich, dass das Wetter mitspielt und die Rutschpartie nicht ins Wasser fällt. Und besonders freue ich mich über die gute Stimmung auf der Volksbank."
"Wir haben natürlich auch Post von unseren Zuschauern bekommen, und da schreibt uns Herr Schwarzkopf aus Hellwege, er habe die Anzeige gelesen, und er vermisse das Eisbecken am Ende der Rutschbahn. Und da hätte er es schon besser gefunden, wenn das Direktorium der Volksbank Oyten mit gutem Beispiel voran gerutscht wäre so nach dem Motto: Wir machen den Weg frei. Und er schreibt weiter: Das hätte doch was gehabt: Mit Trillerpfeifen im Mund spraddelt die Vorstandsetage im eiskalten Wasser und der notwendige Personalabbau vollzieht sich auf natürliche Weise."
"Nun, der Personalüberhang in den anderen Abteilungen ist da doch gravierender."
"Gut, das müssen Sie unter sich ausmachen. Was ist denn für heute Nachmittag noch geplant?"
"Ich rutsch doch nicht mit der Trillerpfeife im Maul da runter."
Gut, Herr Birnbaum, äh-, Herr Birnstein, wie geht es heute Nachmittag weiter?"
"Von mir aus können Sie ja mit der Trillerpfeife da runterrutschen."
"Ja, Herr Bimsstein. Wie geht es denn nun weiter?"
"Die Kinder spielen jetzt dahinten "Schiffe versenken". Ab 15 Uhr spielt die "Titanic Revival Kapelle", und wir werden um 16 Uhr eine enorme Hüpfmatte aufblasen, die ist mit getarnten Knallfröschen gespickt und es gilt, von einem zum anderen Ende der Matte zu gelangen, ohne einen Feuerwerkskörper zu berühren."
"Denn dann explodiert der, und das ist ja auch immer recht lustig."
"Wir machen den Weg frei, und das Spiel heißt: Taliban hüpf du voran."
"Und nun will ich nicht verhehlen, dass es einen Zuschauer gibt, der beim Anblick der Volksbank, also ihrer Titanic, nachfragt,..."
"Ich weiß auch schon, wer das ist."
"Also Herr Schwarzkopf aus Hellwege vermutet, dass sich ihr Geldinstitut in einer beängstigenden Schieflage befindet und gerade absäuft."
"Da kann ich ihn beruhigen. Und selbst wenn, dann blasen wir es wieder auf."
"Das ist ein schönes Schlusswort.
Meine lieben Zuschauer und Zuschauerrinnen, wir verabschieden uns nun von Ihnen und Sie, Herr Stirnbein, gehen jetzt mit mir auf die Rutsche."
"Aber nur, wenn ich vorne sitzen darf."
Birnstein durfte, doch gegen 17 Uhr bereitete ein heftiger Platzregen dem ganzen Treiben ein jähes Ende.
Lieben Gruß,
Gerd