Wie der Deutschlehrer Georg E. ziemlich viel Komik stimulierte

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A

aligaga

Gast
Die Naturgesetze, o liebster @Willibald, sind unumstößlich. Bei zu wenig Lux sind und bleiben alle Katzen grau. Das war schon immer so.

Dass es zwischen den Leerkörpern ausgangs des 20sten Jahrhunderts immer noch nach dem "Herrundhund"-System funktionieren sollte, mag @ali kaum einleuchten. "Kuuuusch!!" Er dachte, derlei Hierarchien seien längst überwunden.

Off enbaf din
 

Willibald

Mitglied
Verehrter ali, Tick, Trick und Track hotten im Fähnleib Faselschweif. Vermutlich hat aligaga dort eine leitende Funktion? Luxoperator, Handbuchverfasser und absolute Autorität in naturwissenschaftlichen und Autoritätsfragen?
 
A

aligaga

Gast
Der Unterschied: @ali kritisert ein G'schichterl als unplausibel, der guhte Willibald schmäht darob den @ali als böhs.

Wie guht, dass @ali wirklilch böhs ist und über solche fouls herzlich lächeln kann, hochgeschätzter Sir @Willibald. Wir woll'n ja nur spielen, ne?

amüsiert

aligaga
 

Willibald

Mitglied
Ja. Das sind Spielfouls. Oddr?
Also na gut. Formuliert der willibald halt um.
Und spricht das an, was in der Kritik an der Plausibilität für ein Geist atmet...

Greetse
ww
 
A

aligaga

Gast
Warum in ein and'res Trikot schlüpfen oder die Rückennummern ändern wollen, geliebter @Willibald? Die von links oder von rechts geschlag'nen Pässe würden dadurch ja nicht genauer, und die Unterschiede der beiden Spielsysteme blöben gleichwohl ekennbar.

Das eine schreibt von etwas, das and're über etwas. Einen Literaturkosmos ohne beides gibt's nicht, und wenn doch, dann ist's kein solcher ...

Quietschend vor Vergnügen

aligaga
 

Willibald

Mitglied
Salute!

Gucke er mal zu Stefans Facharbeit. Und den dortigen Plausibilitätslevel.

(Dann bedenke er die increpatio ad hominem in "Lochsägensirenen-Gesänge" und "RathgeberIn" und anderswo. Und vergleiche sie mit der Bilderwelt vom "Fähnlein Faselschweif"...)

Serenus Bilibaldus
 
A

aligaga

Gast
Dann bedenke er die increpatio ad hominem in "Lochsägensirenen-Gesänge" und "RathgeberIn" und anderswo.
Geliebter @Willibald, auch Amatörfußballer sollten wissen, wo das Spielfeld aufhört und die Zuschauertribüne beginnt. Zaungäste und Spieler sind leicht auseinanderhalten!

Den Elfer, das Abseits und die Ecke gibt's nur auf dem Spielfeld und während des Spiels. Danach, und vor allem auf den Tribünen, hat der Schiedsrichter nix zu pfeifen. Da kommen allenfalls die Ordner, oder solche, die sich dafür halten.

Die Lochsägensirenen werden auf den Zuschauerrängen, nicht auf dem eigentlichen Spielfeld gedreht: Ein kleiner, aber feiner Unterschied, den wir auch bei Freundschaftsspielen* nicht aus dem Aug' verlieren sollten, ne?

Quietschvergnügt

aligaga

*Achtung, Satire!
 

Willibald

Mitglied
Ach, würde dieser seltsame ali doch bedenken, wie mehrdeutig dieses Lexemmonster ist, dass z. B. die Sirene drinsteckt und was man vollends heraushören kann, wenn eine Frau durch solche Worte fokussiert wird, erst recht noch wenn - da ist alis salvatorische Klausel von der Ironie Humbug - im Kontext die RathgeberIn bemüht wird.
Beim Leutnant Gustl gäbe es Hackesäbel mit Schwertfischzahnsägewerk der Klinge.

Nun ja, Ali-Wale drehen bei solchen Mahnungen ab und singen "Blowing in Wind".

Vae.
 
A

aligaga

Gast
Es geht gegenständlich doch nicht darum, wer sich hinter der harpeia verbirgt, sondern wo selbige schrillend steckt.

@Ali machte, böhs wie er ist, darauf aufmerksam, dass Kritikerschelte allein den Schwächen eines Werks kaum je abzuhelfen vermag. Er wird sich hüten, seinem geliebten @Willibald je wieder gegen ungerechtfertigt erscheinende Schnabelhiebe beizustehen. Mag er selbst zusehen, wo er bleibt ...

Heiter und wieder allein seiner Wege springend

aligaga
 

Willibald

Mitglied
Beistand ist erwünscht. Aber mit angemessenen Utensilien. Unddd schon allein Schnabelhiebe zeugt von wahrscheinlich gewollt ungewollter Wahrnehmungsverzerrung.
Potz tausend Klappstühle und kaltem Würzhack im Winter.
 

Willibald

Mitglied
Du meinst, "mit viel Glück dabei":

a) es gibt überhaupt keinen Beistand für willibald
b) wenn Beistand, dann nur von ali
c) wenn ali, dann nur zu dessen Bedingungen und mit seiner Waffel
d)

greetse
ww
 
Pardon, wenn ich den bisherigen Höhenflug kurz unterbreche und mich in die Mühen der Ebene = Textarbeit verirre. Mich irritiert nur ein Satz:

Ich saß damals in der zweiten Reihe rechts vorne und fühlte mich dort auch heute nicht recht wohl.

Heute? Mein Sprachgefühl tendiert stattdessen zu "jetzt". Oder ich würde "auch heute" durch "gerade" ersetzen.

Sicher bin ich mir nicht, doch beißen sich nach meinem Eindruck die Wörter "damals" und "heute". Bitte mir nicht als Beckmesserei ankreiden, nur empfinde ich das Synchronisieren zweier Zeitangaben mit divergierender Bedeutung in einem Satz als problematisch, nicht nur in diesem Text, dergleichen kommt oft vor.

Mit kollegialem Gruß
Arno Abendschön
 

Willibald

Mitglied
Anekdote

Einem Mann war die Frau verstorben.
Nach fast einem Jahr glaubte er,
einer Verwechslung aufsitzend,
sie auf der Straße wiederzusehen,
fiel vor freudigem Schreck um und starb.
Schon am nächsten Tag klärte sich das Missverständnis.
Eckhard Henscheid: Kleine Poesien. Zürich: Haffmanns 1992; S.8


Deutsch-Lehrer Georg E. und der Bamberger Reiter
Anekdote

Der Deutschlehrer Georg E. schaltete im leicht abgedunkelten Klassenzimmer der 10Caesar (10c, das war der humanistische Zweig mit Latein, Griechisch und Englisch) zum Abschluss der Stunde den Beamer ein - der niedrige Wert von 300 Lumen pro Quadratmeter erforderte Dämmerlicht im Raum - und es erschien ein Bild des Bamberger Reiters.


Ich saß damals in der zweiten Reihe rechts vorne und fühlte mich dort auch jetzt nicht recht wohl. Herr E. wollte gerade zu sprechen beginnen, als plötzlich die Tür aufging: Der großgewachsene Direktor der Schule schritt eindrucksvoll über die Schwelle, bedeutete ohne Worte dem Kollegen mit einem freundlichen Lächeln und der halbhoch gehaltenen Hand, er möge doch bitte einfach fortfahren, nahm den freien Lehrerstuhl und setzte sich vorne links ans Fenster, wo er das Geschehen recht gut überblicken konnte. Nun war man gefordert.

Thematisch ging es in dieser Stunde bei uns Sechzehnjährigen, die erstmals vom Lehrer gesiezt wurden, um das Menschen- und Herrscherbild des Mittelalters. Herr E. forcierte angesichts der neuen Gesamtsituation seine Stimme: „Ein Mysterium wird diese Reiterstatue manchmal genannt, der Reiter sitzt auf einem Pferd hoch oben, hält die Zügel in der Hand, ganz entspannt. Selbst auf uns Heutige macht diese Gestalt Eindruck. Schauen sie sich das Bild genauer an. Was sagt es uns, was vermittelt es uns?“

In die entstehende und sich vertiefende Stille hinein lächelte der Lehrer ermutigend. Ich zog die Schultern hoch und den Kopf leicht ein. Vorne im Klassenzimmer, hinten und in der Mitte nur Unbehaglichkeit. „Jetzt denken Sie sich halt in die Figur hinein. Das ist doch möglich. Und haben Sie den Mut zu sagen, was Sie dabei empfinden.“ Der Direktor vorne links, ein Altphilologe namens Färber mit einer besonderen Vorliebe für die fragende Mäeutik, die Hebammenkunst sokratisch-platonischer Gesprächsführung, hatte den Kopf gesenkt und schien zu meditieren. „Sagen Sie es, auch wenn es Ihnen vielleicht etwas komisch vorkommt.“ Stille. Dann vernahm man aus der letzten Reihe eine gemurmelte Antwort - sie war knapp formuliert, schlug ein und die Stunde war versenkt, geplatzt, getötet. "Er wartet vielleicht "- minimale Pause - "auf Grün?“

Im einsetzenden Losprusten, Quieken, Quietschen, Gackern, Frohlocken öffnete und schloss Direktor Färber den Mund. Ein Lippenleser hätte dort wohl ein „tot“ entschlüsselt, er stand auf, hob schmunzelnd die Hand. Er habe, sagte er, gestern nachmittag einen Kollegen aus Karl-Marxstadt im Wittelsbacher Gymnasium herumgeführt. Der habe die Beamer an der Decke bewundert, aber betont, dass man bei ihnen schon vor der Wende in jedem Klassenzimmer einen Overheadprojektor, einen „Polylux", installiert hatte. Ein Name, der ihm, Direktor Färber sehr gefalle. Man könne sich sicher denken, warum?

Wir kannten das Spiel aus der achten Klasse noch, vier Wochen damals Unterricht beim Färber, der Lateinlehrer war im Krankenhaus. Also alles klar jetzt das rituelle Spiel spielen. Weg von dem gekippten Stundenschluss: Aus dem Griechischen das „?????“ für „viel, mehrere“. Aus dem Lateinischen das „lux“ für „Licht“. "Ja, brav", sagte Direktor Färber,"und vor allem: Latein und Griechisch leben sogar im Osten immer weiter." Man höre immer, Latein und Griechisch seien tote Sprachen. Aber selbst wenn das stimme, gelte – hier grinste der Direktor - dass nur eine tote Sprache eine gute Sprache sei. Und dann zu Herrn E.: „Eine gute Stunde, Herr Kollege.“ Herr E. stutzte kurz. Dann lächelten beide.

*​

Der gleiche Deutschlehrer übrigens wollte einmal in einem Abschlussgespräch eine griffige Formel ("Schein und Sein") mit den Schülern sokratisch-mäeutisch erarbeiten. Es ging dabei um die Novelle "Kleider machen Leute" des Dichters Gottfried Keller und deren Hauptfigur Wenzel Strapinsky. Als wir partout nicht draufkamen, worauf er hinauswollte, rief er: „Nun, es geht doch um Schein und ….?“ Als wir immer noch nicht mehr wussten, rief er in seiner Verzweiflung: „Es reimt sich auf Schwein.“ Um´s Verrecken nicht wussten wir, was er wollte.

*​

Wirkung und Erinnerungswert dieser Gottfried-Keller-Stunde waren der Stunde mit dem Bamberger Reiter voll adäquat.
 

Willibald

Mitglied
Danke, Arno.

Das ist tatsächlich zu "offen". Die Erlebniszeit der Figuren ist mit "jetzt" besser signalisiert. Das "heute" tendiert zum Signalement Chronotopos Erzählraum, den der Leser beim Eintreten in die Erzählung um sich hat.

greetse

ww
 

Willibald

Mitglied
Anekdote

Einem Mann war die Frau verstorben.
Nach fast einem Jahr glaubte er,
einer Verwechslung aufsitzend,
sie auf der Straße wiederzusehen,
fiel vor freudigem Schreck um und starb.
Schon am nächsten Tag klärte sich das Missverständnis.
Eckhard Henscheid: Kleine Poesien. Zürich: Haffmanns 1992; S.8


Deutsch-Lehrer Georg E. und der Bamberger Reiter
Anekdote

Der Deutschlehrer Georg E. schaltete im leicht abgedunkelten Klassenzimmer der 10Caesar (10c, das war der humanistische Zweig mit Latein, Griechisch und Englisch) zum Abschluss der Stunde den Beamer ein - der niedrige Wert von 300 Lumen pro Quadratmeter erforderte Dämmerlicht im Raum - und es erschien ein Bild des Bamberger Reiters.


Ich saß damals in der zweiten Reihe rechts vorne und fühlte mich dort auch jetzt nicht recht wohl. Herr E. wollte gerade zu sprechen beginnen, als plötzlich die Tür aufging: Der großgewachsene Direktor der Schule schritt eindrucksvoll über die Schwelle, bedeutete ohne Worte dem Kollegen mit einem freundlichen Lächeln und der halbhoch gehaltenen Hand, er möge doch bitte einfach fortfahren, nahm den freien Lehrerstuhl und setzte sich vorne links ans Fenster, wo er das Geschehen recht gut überblicken konnte. Nun war man gefordert.

Thematisch ging es in dieser Stunde bei uns Sechzehnjährigen, die erstmals vom Lehrer gesiezt wurden, um das Menschen- und Herrscherbild des Mittelalters. Herr E. forcierte angesichts der neuen Gesamtsituation seine Stimme: „Ein Mysterium wird diese Reiterstatue manchmal genannt, der Reiter sitzt auf einem Pferd hoch oben, hält die Zügel in der Hand, ganz entspannt. Selbst auf uns Heutige macht diese Gestalt Eindruck. Schauen sie sich das Bild genauer an. Was sagt es uns, was vermittelt es uns?“

In die entstehende und sich vertiefende Stille hinein lächelte der Lehrer ermutigend. Ich zog die Schultern hoch und den Kopf leicht ein. Vorne im Klassenzimmer, hinten und in der Mitte nur Unbehaglichkeit. „Jetzt denken Sie sich halt in die Figur hinein. Das ist doch möglich. Und haben Sie den Mut zu sagen, was Sie dabei empfinden.“ Der Direktor vorne links, ein Altphilologe namens Färber mit einer besonderen Vorliebe für die fragende Mäeutik, die Hebammenkunst sokratisch-platonischer Gesprächsführung, hatte den Kopf gesenkt und schien zu meditieren. „Sagen Sie es, auch wenn es Ihnen vielleicht etwas komisch vorkommt.“ Stille. Dann vernahm man aus der letzten Reihe eine gemurmelte Antwort - sie war knapp formuliert, schlug ein und die Stunde war versenkt, geplatzt, getötet. "Er wartet vielleicht "- minimale Pause - "auf Grün?“

Im einsetzenden Losprusten, Quieken, Quietschen, Gackern, Frohlocken öffnete und schloss Direktor Färber den Mund. Ein Lippenleser hätte dort wohl ein „tot“ entschlüsselt, er stand auf, hob schmunzelnd die Hand. Er habe, sagte er, gestern nachmittag einen Kollegen aus Karl-Marxstadt im Wittelsbacher Gymnasium herumgeführt. Der habe die Beamer an der Decke bewundert, aber betont, dass man bei ihnen schon vor der Wende in jedem Klassenzimmer einen Overheadprojektor, einen „Polylux", installiert hatte. Ein Name, der ihm, Direktor Färber sehr gefalle. Man könne sich sicher denken, warum?

Wir kannten das Spiel aus der achten Klasse noch, vier Wochen damals Unterricht beim Färber, der Lateinlehrer war im Krankenhaus. Also alles klar jetzt das rituelle Spiel spielen. Weg von dem gekippten Stundenschluss: Aus dem Griechischen das „?????“ für „viel, mehrere“. Aus dem Lateinischen das „lux“ für „Licht“. "Ja, brav", sagte Direktor Färber,"und vor allem: Latein und Griechisch leben sogar im Osten immer weiter." Man höre immer, Latein und Griechisch seien tote Sprachen. Aber selbst wenn das stimme, gelte – hier grinste der Direktor - dass nur eine tote Sprache eine gute Sprache sei. Und dann zu Herrn E.: „Eine gute Stunde, Herr Kollege.“ Herr E. stutzte kurz. Dann lächelten beide.

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Der gleiche Deutschlehrer übrigens wollte einmal in einem Abschlussgespräch eine griffige Formel ("Schein und Sein") mit den Schülern sokratisch-mäeutisch erarbeiten. Es ging dabei um die Novelle "Kleider machen Leute" des Dichters Gottfried Keller und deren Hauptfigur Wenzel Strapinsky. Als wir partout nicht draufkamen, worauf er hinauswollte, rief er: „Nun, es da doch eine bekannte Formel mit drei Wörtern. Als wir immer noch nicht mehr wussten, rief er in seiner Verzweiflung: „Es.., die Formel ... reimt sich auf Schwein.“ Um´s Verrecken nicht wussten wir, was er wollte.

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Wirkung und Erinnerungswert dieser Gottfried-Keller-Stunde waren der Stunde mit dem Bamberger Reiter voll adäquat.
 

Willibald

Mitglied
Anekdote

Einem Mann war die Frau verstorben.
Nach fast einem Jahr glaubte er,
einer Verwechslung aufsitzend,
sie auf der Straße wiederzusehen,
fiel vor freudigem Schreck um und starb.
Schon am nächsten Tag klärte sich das Missverständnis.
Eckhard Henscheid: Kleine Poesien. Zürich: Haffmanns 1992; S.8


Deutsch-Lehrer Georg E. und der Bamberger Reiter
Anekdote

Der Deutschlehrer Georg E. schaltete im leicht abgedunkelten Klassenzimmer der 10Caesar (10c, das war der humanistische Zweig mit Latein, Griechisch und Englisch) zum Abschluss der Stunde den Beamer ein - der niedrige Wert von 300 Lumen pro Quadratmeter erforderte Dämmerlicht im Raum - und es erschien ein Bild des Bamberger Reiters.


Ich saß damals in der zweiten Reihe rechts vorne und fühlte mich dort auch jetzt nicht recht wohl. Herr E. wollte gerade zu sprechen beginnen, als plötzlich die Tür aufging: Der großgewachsene Direktor der Schule schritt eindrucksvoll über die Schwelle, bedeutete ohne Worte dem Kollegen mit einem freundlichen Lächeln und der halbhoch gehaltenen Hand, er möge doch bitte einfach fortfahren, nahm den freien Lehrerstuhl und setzte sich vorne links ans Fenster, wo er das Geschehen recht gut überblicken konnte. Nun war man gefordert.

Thematisch ging es in dieser Stunde bei uns Sechzehnjährigen, die erstmals vom Lehrer gesiezt wurden, um das Menschen- und Herrscherbild des Mittelalters. Herr E. forcierte angesichts der neuen Gesamtsituation seine Stimme: „Ein Mysterium wird diese Reiterstatue manchmal genannt, der Reiter sitzt auf einem Pferd hoch oben, hält die Zügel in der Hand, ganz entspannt. Selbst auf uns Heutige macht diese Gestalt Eindruck. Schauen sie sich das Bild genauer an. Was sagt es uns, was vermittelt es uns?“

In die entstehende und sich vertiefende Stille hinein lächelte der Lehrer ermutigend. Ich zog die Schultern hoch und den Kopf leicht ein. Vorne im Klassenzimmer, hinten und in der Mitte nur Unbehaglichkeit. „Jetzt denken Sie sich halt in die Figur hinein. Das ist doch möglich. Und haben Sie den Mut zu sagen, was Sie dabei empfinden.“ Der Direktor vorne links, ein Altphilologe namens Färber mit einer besonderen Vorliebe für die fragende Mäeutik, die Hebammenkunst sokratisch-platonischer Gesprächsführung, hatte den Kopf gesenkt und schien zu meditieren. „Sagen Sie es, auch wenn es Ihnen vielleicht etwas komisch vorkommt.“ Stille. Dann vernahm man aus der letzten Reihe eine gemurmelte Antwort - sie war knapp formuliert, schlug ein und die Stunde war versenkt, geplatzt, getötet. "Er wartet vielleicht "- minimale Pause - "auf Grün?“

Im einsetzenden Losprusten, Quieken, Quietschen, Gackern, Frohlocken öffnete und schloss Direktor Färber den Mund. Ein Lippenleser hätte dort wohl ein „tot“ entschlüsselt, er stand auf, hob schmunzelnd die Hand. Er habe, sagte er, gestern nachmittag einen Kollegen aus Karl-Marxstadt im Wittelsbacher Gymnasium herumgeführt. Der habe die Beamer an der Decke bewundert, aber betont, dass man bei ihnen schon vor der Wende in jedem Klassenzimmer einen Overheadprojektor, einen „Polylux", installiert hatte. Ein Name, der ihm, Direktor Färber sehr gefalle. Man könne sich sicher denken, warum?

Wir kannten das Spiel aus der achten Klasse noch, vier Wochen damals Unterricht beim Färber, der Lateinlehrer war im Krankenhaus. Also alles klar jetzt das rituelle Spiel spielen. Weg von dem gekippten Stundenschluss: Aus dem Griechischen das „?????“ für „viel, mehrere“. Aus dem Lateinischen das „lux“ für „Licht“. "Ja, brav", sagte Direktor Färber,"und vor allem: Latein und Griechisch leben sogar im Osten immer weiter." Man höre immer, Latein und Griechisch seien tote Sprachen. Aber selbst wenn das stimme, gelte – hier grinste der Direktor - dass nur eine tote Sprache eine gute Sprache sei. Und dann zu Herrn E.: „Eine gute Stunde, Herr Kollege.“ Herr E. stutzte kurz. Dann lächelten beide.

*​

Der gleiche Deutschlehrer übrigens wollte einmal in einem Abschlussgespräch eine griffige Formel ("Schein und Sein") mit den Schülern sokratisch-mäeutisch erarbeiten. Es ging dabei um die Novelle "Kleider machen Leute" des Dichters Gottfried Keller und deren Hauptfigur Wenzel Strapinsky. Als wir partout nicht draufkamen, worauf er hinauswollte, rief er: „Nun, es gibt da doch eine bekannte Formel mit drei Wörtern." Als wir immer noch nicht mehr wussten, rief er in seiner Verzweiflung: „Es.., die Formel ..., sie reimt sich auf Schwein.“ Um´s Verrecken nicht wussten wir, was er wollte.

*​

Wirkung und Erinnerungswert dieser Gottfried-Keller-Stunde waren der Stunde mit dem Bamberger Reiter voll adäquat.
 

Willibald

Mitglied
Anekdote

Einem Mann war die Frau verstorben.
Nach fast einem Jahr glaubte er,
einer Verwechslung aufsitzend,
sie auf der Straße wiederzusehen,
fiel vor freudigem Schreck um und starb.
Schon am nächsten Tag klärte sich das Missverständnis.
Eckhard Henscheid: Kleine Poesien. Zürich: Haffmanns 1992; S.8


Deutsch-Lehrer Georg E. und der Bamberger Reiter
Anekdote

Der Deutschlehrer Georg E. schaltete im leicht abgedunkelten Klassenzimmer der 10Caesar (10c, das war der humanistische Zweig mit Latein, Griechisch und Englisch) zum Abschluss der Stunde den Beamer ein - der niedrige Wert von 300 Lumen pro Quadratmeter erforderte Dämmerlicht im Raum - und es erschien ein Bild des Bamberger Reiters.


Ich saß damals in der zweiten Reihe rechts vorne und fühlte mich dort auch jetzt nicht recht wohl. Herr E. wollte gerade zu sprechen beginnen, als plötzlich die Tür aufging: Der großgewachsene Direktor der Schule schritt eindrucksvoll über die Schwelle, bedeutete ohne Worte dem Kollegen mit einem freundlichen Lächeln und der halbhoch gehaltenen Hand, er möge doch bitte einfach fortfahren, nahm den freien Lehrerstuhl und setzte sich vorne links ans Fenster, wo er das Geschehen recht gut überblicken konnte. Nun war man gefordert.

Thematisch ging es in dieser Stunde bei uns Sechzehnjährigen, die erstmals vom Lehrer gesiezt wurden, um das Menschen- und Herrscherbild des Mittelalters. Herr E. forcierte angesichts der neuen Gesamtsituation seine Stimme: „Ein Mysterium wird diese Reiterstatue manchmal genannt, der Reiter sitzt auf einem Pferd hoch oben, hält die Zügel in der Hand, ganz entspannt. Selbst auf uns Heutige macht diese Gestalt Eindruck. Schauen sie sich das Bild genauer an. Was sagt es uns, was vermittelt es uns?“

In die entstehende und sich vertiefende Stille hinein lächelte der Lehrer ermutigend. Ich zog die Schultern hoch und den Kopf leicht ein. Vorne im Klassenzimmer, hinten und in der Mitte nur Unbehaglichkeit. „Jetzt denken Sie sich halt in die Figur hinein. Das ist doch möglich. Und haben Sie den Mut zu sagen, was Sie dabei empfinden.“ Der Direktor vorne links, ein Altphilologe namens Färber mit einer besonderen Vorliebe für die fragende Mäeutik, die Hebammenkunst sokratisch-platonischer Gesprächsführung, hatte den Kopf gesenkt und schien zu meditieren. „Sagen Sie es, auch wenn es Ihnen vielleicht etwas komisch vorkommt.“ Stille. Dann vernahm man aus der letzten Reihe eine gemurmelte Antwort - sie war knapp formuliert, schlug ein und die Stunde war versenkt, geplatzt, getötet. "Er wartet vielleicht "- minimale Pause - "auf Grün?“

Im einsetzenden Losprusten, Quieken, Quietschen, Gackern, Frohlocken öffnete und schloss Direktor Färber den Mund. Ein Lippenleser hätte dort wohl ein „tot“ entschlüsselt, er stand auf, hob schmunzelnd die Hand. Er habe, sagte er, gestern nachmittag einen Kollegen aus Karl-Marxstadt im Wittelsbacher Gymnasium herumgeführt. Der habe die Beamer an der Decke bewundert, aber betont, dass man bei ihnen schon vor der Wende in jedem Klassenzimmer einen Overheadprojektor, einen „Polylux", installiert hatte. Ein Name, der ihm, Direktor Färber sehr gefalle. Man könne sich sicher denken, warum?

Wir kannten das Spiel aus der achten Klasse noch, vier Wochen damals Unterricht beim Färber, der Lateinlehrer war im Krankenhaus. Also alles klar jetzt das rituelle Spiel spielen. Weg von dem gekippten Stundenschluss: Aus dem Griechischen das „?????“ für „viel, mehrere“. Aus dem Lateinischen das „lux“ für „Licht“. "Ja, brav", sagte Direktor Färber,"und vor allem: Latein und Griechisch leben sogar im Osten immer weiter." Man höre immer, Latein und Griechisch seien tote Sprachen. Aber selbst wenn das stimme, gelte – hier grinste der Direktor - dass nur eine tote Sprache eine gute Sprache sei. Und dann zu Herrn E.: „Eine gute Stunde, Herr Kollege.“ Herr E. stutzte kurz. Dann lächelten beide.

*​

Der gleiche Deutschlehrer übrigens - er wird jetzt gleich korrigieren mit "derselbe Deutschlehrer" - wollte einmal in einem Abschlussgespräch eine griffige Formel ("Schein und Sein") mit den Schülern sokratisch-mäeutisch erarbeiten. Es ging dabei um die Novelle "Kleider machen Leute" des Dichters Gottfried Keller und deren Hauptfigur Wenzel Strapinsky. Als wir partout nicht draufkamen, worauf er hinauswollte, rief er: „Nun, es gibt da doch eine bekannte Formel mit drei Wörtern." Als wir immer noch nicht mehr wussten, rief er in seiner Verzweiflung: „Es.., die Formel ..., sie reimt sich auf Schwein.“ Um´s Verrecken nicht wussten wir, was er wollte.

*​

Wirkung und Erinnerungswert dieser Gottfried-Keller-Stunde waren der Stunde mit dem Bamberger Reiter voll adäquat.
 

Willibald

Mitglied
Dem Hermann, vielen Dank
für das genaue Überdenken des vorigen Schlusses.

Bin immer noch unschlüssig, ob man diese zweite Anekdote rausnimmt oder doch vielleicht - so wie jetzt - drinlässt.

greetse

ww
 



 
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