(21) 23. Juni 1991
Gestern bei endlich sommerlichem Wetter in Ludwigslust. Kleine Kreisstadt in einer scheinbar endlosen, ganz flachen Ebene. Nur Wälder und Grünland, darin die barocke Residenz, ziemlich verloren wirkend. Es sieht viel weniger nach DDR aus als nach einer weit zurückliegenden Vergangenheit. An breiten Straßen kleine rote Backsteinhäuser im Schatten hoher grüner Bäume. Nur Schloss und Kirche sind aus dem grünen Einerlei der Tiefebene wirklich herausgehoben, beide schöne Baukörper, leider in starkem Verfall. Die Führung durch vier zugängliche Räume des Schlosses war sehr erfrischend. Mit Informationen wurde nicht gespart: wie alles so heruntergekommen ist, wie schlecht die Stadtverwaltung arbeite usw. Der Führer schien mir der Vorsteher des Schlossmuseums zu sein (das übrigens nur Zweigstelle des Schweriner ist). Er war überaus sarkastisch. Die Kommunen jammerten nur über Geldmangel, dabei liege das Geld auf der Straße, man müsse sich nur bücken, aber dazu seien manche zu bequem …
Der Schlossgarten zeigt deutlich die Spuren jahrzehntelanger Vernachlässigung, Gartenkunst, die zum größten Teil bereits in den reinen Naturzustand zurückgesunken ist. Die hintere Grenze des Parks war für mich nicht zu erkennen, so ging ich immer weiter in einem großen Bogen zurück nach Ludwigslust. Die Luft, auch die in der Stadt, tat mir sehr gut. Es roch nur nach Pflanzen, nach Laub, Gräsern, vielleicht noch ein wenig nach dem Wasser der Kanäle, durch die das Wasser dahinströmt.
Ich aß im Schweizerhaus im Park, später war ich einziger Gast in einem Eiscafé in der Schlossstraße. Zum Schluss ein Imbiss am Mitropa-Kiosk. Im Ganzen hat es mir sehr zugesagt. Ich könnte mir sogar vorstellen, mich später einmal in eines der kleinen Häuschen zurückzuziehen. Die Stadt liegt sehr günstig.
Mitte der Woche habe ich mir einen Hotelführer für Ostdeutschland gekauft und am Donnerstag zwei Häuser in Thüringen angeschrieben und um ein Angebot für September gebeten.