zwei meter tief im nichts

3,50 Stern(e) 4 Bewertungen
G

Gelöschtes Mitglied 22298

Gast
ob der sarg und die erde die zwei orte sind?

woher wüsste man im nichts z.b. von kindern?

dieser text scheint mir eher ein gesplittertes denken/empfinden zu sein ... gedicht?


aber wie immer gerne gelesen, patrick


gun.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
ich weiß, gunnar, das ist sehr unangenehm wenn ich das jetzt sage, aber ich frage mich manchmal, warum ich überhaupt noch veröffentliche. warum feile ich an der sprache, am stil eines textes. warum versuche ich ihn zu eben jener sprachlichen reife zu bringen, die ich so häufig an der internetlyrik vermisse, warum mache ich mir gedanken um den inhalt, wenn am ende, recht rabiat, drei sterne über den text gerollt werden, als handele es sich um einen jener poetischen reimergüsse, denen ich nicht einmal den handschuh küsse.

seufz ... es geht um depression (und ähnliche zustände) gunnar. das ist auch eigentlich herauszufinden, wenn man nicht nur drüber liest
 

L'étranger

Mitglied
Hallo Patrick,

die Sternebewerting hat der Teufel gesehen ;-),

Ich gebe aber offen zu, dass du mich eben so irritiert hast, wie Gunnar. Die Sargtiefe, der dreifach genannte Tod, zwei Orte, zwei Sprachen. Die Depression ist darin schwer zu erkennen.

Was bleibt ist ein sprechender Toter - darin könnte man es wohl erkennen.
Aber der Text ist nicht leicht zugänglich, und solche Texte rufen gelegentlich
Abneigung hervor.

Ich denke, du kannst nicht anders; du musst dir die Mühe einfach machen. ;-).

Und solche Texte, die eine für alle zugängliche Oberfläche haben, und beliebig viele tiefere Ebenen, die schreibt man nicht alle Tage.

LG Lé.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Und solche Texte, die eine für alle zugängliche Oberfläche haben, und beliebig viele tiefere Ebenen, die schreibt man nicht alle Tage.
das ist wahr, bloß ... die texte, die am besten ankommen (von den meinigen) sind (fast) immer die texte, denen ich selber, sowohl aus stilistischer hinsicht, wie inhaltlich am wenigstens wert zuschreiben würde. während gerade die texte, die ich den oben genannten kriterien nach für gelungen halte, schlechter, oder sogar schlecht ankommen. das beschränkt sich allerdings auf zwei foren, in denen ich veröffentliche, in den beiden anderen ist es exakt umgekehrt. und das verwirrt mich, verdammt - ihr verwirrt mich :p

lg
patrick
 

Ralf Langer

Mitglied
Ach Patrick, das kenne ich gut.
Denk dran : Schreiben ist eine monoistische Tätigkeit.
Der Prozess selbst gehört dir. Die intensive Arbeit um das richtige Wort dient dir. Nur wer Begriff von den Dingen hat kann sie auch denken.

das Gedicht selbst gehört den Anderen... der geneigten oder ungeneigten Welt...
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
das Gedicht selbst gehört den Anderen... der geneigten oder ungeneigten Welt...
das ist nicht ganz verkehrt, ralf.
dennoch bin ich, wenn der stift wieder beiseite gelegt wurde und ein, zwei monde über den text gelaufen sind, will sagen - nächte, auch leser. meine texte werden mir nach zweimal schlafen fremd, sodass ich sie als leser beurteilen kann. und da frage ich mich manchmal, warum mein organ für kunst (auch bei fremden texten) anders zu funktionieren scheint, als das der anderen. ich weiß es auch nicht ... vielleicht bin ich ein idiot, vielleicht habe ich keine ahnung von literatur, aber verwirrend ist es doch!

lg
patrick
 

L'étranger

Mitglied
das ist wahr, bloß ... die texte, die am besten ankommen (von den meinigen) sind (fast) immer die texte, denen ich selber, sowohl aus stilistischer hinsicht, wie inhaltlich am wenigstens wert zuschreiben würde. während gerade die texte, die ich den oben genannten kriterien nach für gelungen halte, schlechter, oder sogar schlecht ankommen. das beschränkt sich allerdings auf zwei foren, in denen ich veröffentliche, in den beiden anderen ist es exakt umgekehrt. und das verwirrt mich, verdammt - ihr verwirrt mich :p

lg
patrick
Was du beschreibst, kann ich nicht ganz deuten:

Texte, die eine zugängliche, gefällige Oberfläche haben und nichts darunter, hätten nach meiner Erfahrung doch ziemlich breites Gefallen auslösen sollen, wenn das Publikum mit der zeitgenössischen literarischen Lyrik nichts am Hut hat. So schätze ich die Lage für die meisten Dichter ein, die in der Literatur Beachtung finden.

Ist es bei dir anders?

Und wie schätzt du das Publikum der Leselupe in dieser Beziehung ein, wie ist es im Vergleich zu den anderen Foren?

Gruß Lé.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ist es bei dir anders?
mal ja, mal nein. ich glaube zumindest das dieser text durchaus so offen ist, dass er einlädt die tiefere ebene, die er durchaus hat, zu erkunden. bei anderen texten von mir gibt es mal dieses mal das. das kann ich so pauschal nicht sagen.

Und wie schätzt du das Publikum der Leselupe in dieser Beziehung ein, wie ist es im Vergleich zu den anderen Foren?
ich mache mich unbeliebt, wenn ich auf diese frage ehrlich antworte. aber die wertungen, kann ich auf der lupe oft am wenigsten verstehen. das heißt aber nichts, denn ich will mich nicht aufblähen und behaupten ich hätte den durchblick. das eben ist es ja, was mich oft so verwirrt ... aber wer weiß, vielleicht ist das auch gar nicht negativ. schließlich ist es eben doch am ende der leser, dem ein text gefallen muss, da kann der autor sich noch so unverstanden fühlen :p

lg
patrick
 

Scal

Mitglied
Für mich ist es eines jener Gedichte, die einen Resonanzraum bilden können, der dann über den Analyseparkplatz hinausreicht. Das liegt hier auch an der Art und Weise, wie die Fragen in den Gedankengang einfügt sind; für mich tragen sie eine spezielle Gestimmtheit in sich.

LG
Scal
 

L'étranger

Mitglied
Ok.

Ich schätze mich im Vergleich zu dir als einen naiven Schreiber ein. Aber selbst ich kann weder die Bewertungen und Kommentare hier, noch andernorts vorhersagen, mir oft aber eine Tendenz denken. Manchmal scheint es ja auch schierer Zufall, wer wann damit beginnt, zu bewerten, oder höflich/unhöflich zu schweigen.

Gruß Lé.
 
G

Gelöschtes Mitglied 22614

Gast
Hallo Patrick,

Als ich gehöre jedenfalls zu deinen geneigten Lesern, auch wenn ich nicht mit allem was anfangen kann, was du schreibst, aber das hat dann vor allem mit persönlichen Vorlieben zu tun. Deine "Beweglichkeit" und Experimentierfreude gefällt mir so oder so und eben dein Bereitschaft und dein Wille nach dieser "sprachlichen Reife" zu streben, wie du es nennst. Natürlich merkt man das deinen Texten an.

Hier wäre es vielleicht gut gewesen mit dem Titel zum Thema hinzuführen. Ich dachte spontan an Ludwig Hirsch: "I lieg am Ruckn" Musst du dir unbedingt anhören! Und dann war ich auf ein Thema fixiert, leider.

Und ja, das kann schon verwirrend sein, wie unterschiedlich Texte bei Lesern oder in unterschiedlichen Foren ankommen; das liegt meist an den jeweiligen Influencern. Denk daran: Für Celan war es die beste Werbung, dass er angeblich von der Gruppe 47 bei seinem Vortrag der Todesfuge ausgelacht wurde. ;)

Zurück zum Text. Ich denke, es kommt einfach zuviel "tod" vor. Und die beiden Zeilen in der Mitte sind schon arg kitschig.
Ich würde es extrem kürzen, darf ich:

zwei meter tief im nichts

waren es tage
oder jahre?
ich liege zwei meter tief im nichts -
in zwei sprachen
an zwei orten
- "Orte und Sprachen" nehmen dem "tief im nichts" die Glaubwürdigkeit
sag, liebster, gibt es noch kinder
vögel, wolken?
der tod hat mir
die augen herausgeschnitten
der tod hat mir die ohren genommen
aber es ist nicht der der tod, sagst du en alle - ich würde hier beim "intimeren" "du" bleiben. "alle" ist zu unbestimmt, weicht das Thema "Isolation" mE auf; Depressive haben wenig Kontakte.
gut, aber es ist meiner, sag,
gibt es noch wolken?

Also sowas in der Art würde mir dann vorschweben:

tief im nichts

waren es tage
oder jahre?
tief im nichts

die augen herausgeschnitten
die ohren genommen
aber es ist nicht der tod sagst du
sag
gibt es noch wolken?


LG
atira
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
G

Gelöschtes Mitglied 21589

Gast
Hallo Patrick,

ich denke, jeder, der schon mal ein Gedicht geschrieben hat, weiß, wie schön es ist, wenn man sich vom Leser verstanden und für seine Mühen gewertschätzt fühlt. Wenn allerdings das Gegenteil dessen eintritt, fühlt sich das oft unschön oder manchmal auch verletzend an.

Gleichsam ist das ja auch ein bisschen das Spiel, der Reiz - wenn du wüsstest, dass alles, was du schreibst, dir sicheren Applaus beschert, geht die Spannung verloren. Ein Lob hat nur Wert, wenn gleichzeitig auch Kritik möglich ist. Und auch wenn du von etwas sehr überzeugt bist, kann es doch sein, dass jemand anders, der eine ganz andere Weltsicht und ein anderes Wissen hat, mit einer dir fernen Perspektive auf dein Werk schaut. Manchmal möchte man sagen, wie dumm der andere ist, aber manchmal ist es auch ein Zeichen von der Vielfalt unter den Menschen.

Ich möchte aber noch dazu sagen, dass ich es für ein allgemeines Problem im lyrischen Diskurs (zumindest im Internet) halte, dass die Kommunikation, die auf Grundlage eines Gedichtes entsteht, oft sehr dürftig ist. Echte Interpretationen und tiefergehende Analysen, wie sie z.B. Ralf Langer in schöner Regelmäßigkeit verfasst, fehlen oft und der Diskurs bleibt deshalb zu oft oberflächlich. Das liegt natürlich auch häufig an der Qualität der Gedichte, die einfach keine Interpretation hergeben, aber ich bin der Meinung, dass eine zielführendere Kommunikation entstehen würde, wenn die Kritiken auch hin und wieder mal in die Tiefe gehen. Ich meine, man muss es nicht übertreiben, aber manche schreiben ja immer nur "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht" - mir persönlich fehlt da auf Dauer etwas.

Nun zum Gedicht:

Ich habe das Thema "Depression" ebenfalls nicht herauslesen können, wenn du es nicht gesagt hättest. Beim dritten Vers denke ich zunächst an ein Grab, aber es wird für mich ersichtlich, dass es sich dabei eher um eine Metapher handelt und das LI noch am Leben ist. Mit dem Wissen deiner Erklärung kann man nun deuten, dass die dreifache Verwendung des Zahlwortes zwei die deutliche Trennung zwischen einem bewussten und einen unbewussten Teil des LI markiert. Diese Trennung könnte man beinahe schon als Schizophrenie, zumindest aber als ein abgespaltener Persönlichkeitsanteil deuten.

Der zweite Teil des Gedichtes drückt dann aus, dass das LI den Blick für den Sinn des Lebens und dessen Schönheiten völlig verloren hat, ja geradezu das Sterben am eigenen Leibe erlebt. Die Außenstehenden machen aber Mut, dass es nicht der echte Tod ist, sondern dass es sich nur so anfühlt und der Schrecken irgendwann wieder vorbei ist. Das LI vermag das kaum zu glauben, denn für dieses fühlt sich das innere Erleben nach dem Tod an (gut, aber es ist meiner) - dies erscheint ihm so entsetzlich schlimm, dass selbst die in der Sprache eigentlich oft negativ konnotierten Wolken positiv dagegen erscheinen, denn es ist besser, wenigstens irgendetwas Schlimmes zu fühlen, als nichts mehr.

So deute ich jedenfalls dein Gedicht.

Meiner Einschätzung nach möchte ich aber in der Tendenz Gunnar recht geben, ich lese hier auch eher deine unruhigen Gedanken und weniger ein Gedicht, welches sich durch seine besondere Rhetorik auszeichnet. Das heißt nicht, dass ich die Mühe, auch im sprachlichen Bereich, die du in dein Gedicht gesteckt hast, nicht erkenne, aber ich habe den Eindruck, es ist eher etwas Persönliches und für den Leser gibt es nicht so viele Anknüpfungspunkte, sofern er nicht unbedingt betroffen ist von psychischen Leiden, welche in deinem Gedicht geschildert werden.

Liebe Grüße
Frodomir

PS:
vielleicht bin ich ein idiot, vielleicht habe ich keine ahnung von literatur
Na wenn du so fragst, hehe :p

Ich glaube, du schreibst auch oft über persönliche Themen und verbindest diese mit deiner Ahnung von Literatur, die mir persönlich sehr weitreichend vorkommt - und manchmal will man einfach verstanden werden, sowohl seelisch als auch intellektuell. Ich glaube, wenn dein Blick wieder klarer ist als vielleicht im Moment erkennst du, dass viele hier deine Gedichte sehr gut finden, also Kopf hoch :)
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Patrick, leider nur sehr kurz,
Der Duskurs darüber das dein Gedicht sich um das sterben handelt ist nicht unbegründet.

eine Idee: mach doch zwei Strophen. Es gäbe ja eine geeignete Stelle und:

vielleicht den Tod umformulieren

ein tod ....
ein anderer tod ...

nur mal so als idee
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
M O D E R A T I O N

Ich habe die Nettiquettenverstöße in den Papierkorb verschoben. Ad hominem Angriffe dulde ich nicht.

lap
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo atira

Hier wäre es vielleicht gut gewesen mit dem Titel zum Thema hinzuführen. Ich dachte spontan an Ludwig Hirsch: "I lieg am Ruckn" Musst du dir unbedingt anhören! Und dann war ich auf ein Thema fixiert, leider.
stimmt, ich hätte einen anderen titel wählen sollen. ich hatte aber tatsächlich gedacht (so kann man sich irren) dass es offensichtlich sei, worum es geht. ich lasse den titel in "depression" umändern. so denke ich würde es besser passen :)

das lied ist übrigens nicht wirklich mein musikgeschmack :p


zu deiner textarbeit. nun - dass ist dann ja ein völlig anderes gedicht und auch jetzt halte ich den text eigentlich für gut, ich möchte ihn ungern verändern, um ehrlich zu sein ... vielleicht, weil er mir persönlich etwas bedeutet. ich kann schwer eine distanz zu ihm aufbauen ... hmm ...

lg
patrick
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo frodomir

zuerst mal, du hast natürlich recht! ich glaube, dass ich keine kritische distanz zu dem text aufbauen kann, weil er, oder sein inhalt, nah am stamm meiner seele gewachsen ist. je persönlicher texte sind, desto schwerer fällt es dem autor wohl kritik richtig einzuschätzen.

aber dennoch - wenn es nicht ersichtlich wird, worum es geht (obwohl deine interpretation recht nahe an meiner intention war) ist der text eben doch misslungen. bringt ja nichts, wenn keiner versteht worum es geht!

wahrscheinlich werde ich die kritik in zwei, drei monaten nachvollziehen können, von daher will ich auf nichts beharren.

lg
patrick
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo ralf

eine Idee: mach doch zwei Strophen. Es gäbe ja eine geeignete Stelle und:

vielleicht den Tod umformulieren

ein tod ....
ein anderer tod ...
aber das habe ich doch schon getan. ich meine die zeile " aber es ist nicht der tod" sagt doch genau das aus, was du vorschlägst ... aber vielleicht zu umständlich?

lg
patrick
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Patrick,
Ich denke einerseits du hast recht, aber ich glaube es wäre dann offensichtlicher

„Der Mensch kann viele Tode sterben bevor man ihn begräbt.“

Ich würde da wirklich nocheinmal drüber nachdenken

Lg
Ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Patrick,
das Ding hier lässt mir keine Ruhe. Du schriebst neulich, wenn du deine Stücke veröffentlicht hast werden sie dir „fremd“; das du dann sozusagen eher als Leser denn als Schöpfer des Geschriebenen dastehst.
Ich hoffe, das du mit meinen Darstellungen zu dem Stück noch Zutritt als „Macher“ hast.


Ich gehe erst einmal auf folgende Stelle ein:

„der tod hat mir die augen herausgeschnitten
der tod hat mir die ohren genommen“

mein Vorschlag wäre hier:

„ein tod schnitt mir die Augen heraus
ein anderer entriss mir die ohren“

Folgende Überlegungen liegen dem Zugrunde:

A) Änderung des Tempus

Nach meinem Gefühl ist das Präteritum hier vor allem klanglich besser aufgehoben. Das kann ich leider gar nicht näher erklären.

B) ich empfinde nach dem intensiven Verb „ herausschneiden“ das „nehmen der Ohren“ als zu schwach. Meines Erachtens verlangt gerade das Verb „herauschneiden“ zur Charackterisierung der Art und Weise im Falle der Ohren ein stärkers Verb. Bei beiden müßte das schmerzhafte deutlich werden. Deshalb entschied ich mich für „entreissen“.
(Es könnte auch ein anderes sein. Ich denke du verstehst was ich meine)


Bezüglich der entpersonifizierung von „der tod“ zu „einem tod, bzw ein anderer tod“ hatt ich dir schon geschrieben. Dein Argument das du ja im Anschluß schreibst:

„aber es ist ja nicht der tod“


ist sicherlich ein Hinweis auf deine Absicht, aber ich glaube der Leser braucht an dieser Stelle vorab einen entschiedenen Hinweis auf die Metaebene dieses Wortes. Indem du diese Zeile änderst, wird diese Absicht nach meinem Dafürhalten wesentlich deutlicher.

Dann hierzu:

„waren es tage
oder jahre?
ich liege zwei meter tief im nichts“

Auch hier beschäftigt mich der Grund für den Tempuswechsel. Ich versuche zu begreifen, warum erst die Vergangenheitform von lyrich benutzt wird und direkt einen Halbsatz später ins Präsenz gewechselt wird.

Also:

„sind es tage
oder jahre
ich liege zwei meter tief im nichts“

Lyrich ist im Verlauf des Gedichtes immer in einer Gegenwart verordnet aus der er seinen Betrachtungen folgt.
Er liegt "tief" und echolotet Gewesenes und ihm nicht (mehr)wahrnehmbares aus.
(Nach dem Verlust von AUgen und Ohren, also das Platzhalter für die Sinne)
Hierzu stellt er lyrdu Fragen, die er nach seinen „somatischen“Verlusten nicht mehr selbst beantworten kann.

Mir erscheint es außerordentlich denkbar das lyrich:bei der Eingangsfrage seine Gedanken in Präsesens formuliert. So wie ich es begreife. Ist die zeitliche Einordnung Teil einer Wahrnehmung die zur Gegenwart von lyrich gehören.

Ich beziehe natürlich die Frage ob der Dauer auf seine Verortung im zwei Meter tiefen nichts. Ich finde auch keine Andere, die das Stück hergibt.
Hinzukommt, das alle Ausführungen von lyrich gegenwärtig sind. Allein die Ausführungen wie es dazu kam sind teil der Vergangenheit.
Kurzum, ich denke es müsste Präsens sein.

Ich komme zu folgenden Veränderungen, die ich dir gerne mit auf den Weg geben möchte:

zwei meter tief -im nichts


sind es tage
oder jahre
ich liege zwei meter tief im nichts
an zwei orten
in zwei sprachen

sag liebster, gibt es noch kinder
vögel, wolken?

ein tod schnitt mir die Augen heraus
ein anderer entriss mir die ohren
aber es ist nicht der tod, sagst du
gut, aber es ist meiner, sag:

gibt es noch wolken




Ich habe wie du bemerkst auch noch „sagen alle“ durch „sagst du“ ersetzt. Mir erscheint es in einem doch sehr kurzen Stück als nicht als hilfreich für den Leser drei handelnde Personen einzuführen.

Es ist natürlich eine schwierige Frage, denn ich weiß nicht ob der angeführte „liebste“ auch wirklich die Aussage:

„ aber es ist nicht der tod, sagen alle“

fällen würde.


Immerhin ist es aber eigentlich durch die Wortwahl „alle“ implizit das auch lyrdu zu dieser Gruppe gehört. „Alle“ sind eben Alle anderen also auch lyrdu.
Wenn es dir wichtig ist das neben lyrdu auch alle anderen diese Feststellungen machen, müßtest du es m.E. Auch explizit sagen. Im umgekehrten Falle auch.
Meinem Empfinden nach für dieses Stück wäre mein Vorschlag die „stärkere“Option.


Puh,
LG

Ralf
 



 
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