Hallo Patrick,
ich denke, jeder, der schon mal ein Gedicht geschrieben hat, weiß, wie schön es ist, wenn man sich vom Leser verstanden und für seine Mühen gewertschätzt fühlt. Wenn allerdings das Gegenteil dessen eintritt, fühlt sich das oft unschön oder manchmal auch verletzend an.
Gleichsam ist das ja auch ein bisschen das Spiel, der Reiz - wenn du wüsstest, dass alles, was du schreibst, dir sicheren Applaus beschert, geht die Spannung verloren. Ein Lob hat nur Wert, wenn gleichzeitig auch Kritik möglich ist. Und auch wenn du von etwas sehr überzeugt bist, kann es doch sein, dass jemand anders, der eine ganz andere Weltsicht und ein anderes Wissen hat, mit einer dir fernen Perspektive auf dein Werk schaut. Manchmal möchte man sagen, wie dumm der andere ist, aber manchmal ist es auch ein Zeichen von der Vielfalt unter den Menschen.
Ich möchte aber noch dazu sagen, dass ich es für ein allgemeines Problem im lyrischen Diskurs (zumindest im Internet) halte, dass die Kommunikation, die auf Grundlage eines Gedichtes entsteht, oft sehr dürftig ist. Echte Interpretationen und tiefergehende Analysen, wie sie z.B. Ralf Langer in schöner Regelmäßigkeit verfasst, fehlen oft und der Diskurs bleibt deshalb zu oft oberflächlich. Das liegt natürlich auch häufig an der Qualität der Gedichte, die einfach keine Interpretation hergeben, aber ich bin der Meinung, dass eine zielführendere Kommunikation entstehen würde, wenn die Kritiken auch hin und wieder mal in die Tiefe gehen. Ich meine, man muss es nicht übertreiben, aber manche schreiben ja immer nur "gefällt mir" oder "gefällt mir nicht" - mir persönlich fehlt da auf Dauer etwas.
Nun zum Gedicht:
Ich habe das Thema "Depression" ebenfalls nicht herauslesen können, wenn du es nicht gesagt hättest. Beim dritten Vers denke ich zunächst an ein Grab, aber es wird für mich ersichtlich, dass es sich dabei eher um eine Metapher handelt und das LI noch am Leben ist. Mit dem Wissen deiner Erklärung kann man nun deuten, dass die dreifache Verwendung des Zahlwortes
zwei die deutliche Trennung zwischen einem bewussten und einen unbewussten Teil des LI markiert. Diese Trennung könnte man beinahe schon als Schizophrenie, zumindest aber als ein abgespaltener Persönlichkeitsanteil deuten.
Der zweite Teil des Gedichtes drückt dann aus, dass das LI den Blick für den Sinn des Lebens und dessen Schönheiten völlig verloren hat, ja geradezu das Sterben am eigenen Leibe erlebt. Die Außenstehenden machen aber Mut, dass es nicht der echte Tod ist, sondern dass es sich nur so anfühlt und der Schrecken irgendwann wieder vorbei ist. Das LI vermag das kaum zu glauben, denn für dieses fühlt sich das innere Erleben nach dem Tod an (
gut, aber es ist meiner) - dies erscheint ihm so entsetzlich schlimm, dass selbst die in der Sprache eigentlich oft negativ konnotierten
Wolken positiv dagegen erscheinen, denn es ist besser, wenigstens irgendetwas Schlimmes zu fühlen, als nichts mehr.
So deute ich jedenfalls dein Gedicht.
Meiner Einschätzung nach möchte ich aber in der Tendenz Gunnar recht geben, ich lese hier auch eher deine unruhigen Gedanken und weniger ein Gedicht, welches sich durch seine besondere Rhetorik auszeichnet. Das heißt nicht, dass ich die Mühe, auch im sprachlichen Bereich, die du in dein Gedicht gesteckt hast, nicht erkenne, aber ich habe den Eindruck, es ist eher etwas Persönliches und für den Leser gibt es nicht so viele Anknüpfungspunkte, sofern er nicht unbedingt betroffen ist von psychischen Leiden, welche in deinem Gedicht geschildert werden.
Liebe Grüße
Frodomir
PS:
vielleicht bin ich ein idiot, vielleicht habe ich keine ahnung von literatur
Na wenn du so fragst, hehe
Ich glaube, du schreibst auch oft über persönliche Themen und verbindest diese mit deiner Ahnung von Literatur, die mir persönlich sehr weitreichend vorkommt - und manchmal will man einfach verstanden werden, sowohl seelisch als auch intellektuell. Ich glaube, wenn dein Blick wieder klarer ist als vielleicht im Moment erkennst du, dass viele hier deine Gedichte sehr gut finden, also Kopf hoch