Bruchstücke

4,60 Stern(e) 70 Bewertungen

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Jetzt beschäftigt sich ja die Wissenschaft schon ewig mit der Frage:
Was war vor dem Urknall?
Nun ja…ich will das hier und heute für alle Zeit aufklären.
Vor dem Urknall war das Huhn.
Dem Huhn war es in der unendlichen Dunkelheit unendlich langweilig.
Hat sich das Huhn über Äonen hinweg gefragt: Was tun?
Und schließlich und endlich kam ihm die Lösung:
He, ich leg einfach mal ein Ei!
Der Rest ist Geschichte.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Meine Falten sind nichts anderes als Lesezeichen

Gerade flog der zunehmende Mond über die Wolkendecke
Blieb hier und da an einer Wolke hängen
um sich lachend befreiend
über mich und lächerlich unwahrscheinliche Engel
lustig zu machen
Engel
die aus gerolltem roten Libanesen entspringend
auf Einhörnern galoppierend
den Tellerrand der Welt mit ihren Zungen kosteten

War es der gerollte rote Libanese
oder doch meine wahrhaftigen Gedanken
die die Realität der Architektur begriffen
und Luftschlösser darauf bauten

Die Welt eine Scheibe
Der Himmel Boden
Boden Himmel
Gravitation
Nur ein Gedanke

Ich lächle dem Mond hinterher
Verbeuge mich vor ihm
schwinge mich auf ein geflügeltes Einhorn
und reite hinauf zu meinen Luftschlössern
deren Architekt allein ich bin
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Bye, bye, my I

Du!
Ich hab jetzt grad auf einen Brief geantwortet.
Einen, der seit Jahren unbeantwortet in einer Schublade lag.
Ist nicht so, dass ich ihn vergessen hätte.
Nein…nur damals fiel mir keine Antwort ein.
Nein…ich wollte ihn nicht beantworten.
Ei die weil die Antwort etwas Endgültiges gewesen wäre.
Also legte ich ihn in die Schublade.
Jetzt hat der Tod die Endgültigkeit eingeholt.
Meine Antwort war kurz: Es tut mir leid.
Morgen werde ich den Brief aufs Grab legen.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vernaschungskünste

Langsam, ganz langsam
habe ich dir deine lila Verkleidung
über die Ohren gezogen
Nackt nun
dein brauner Körper
stelle ich dich in die Sonne
Zerschmelzen sollst du
auf meiner Zunge
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Dir und deinen Lieben ebenso frohe Ostern. Und...schon in leuchtende Enkelaugen ob der Ostereier geschaut?
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Still schweigt der Wald,
wollt´ ich gerade lyrisieren.
Doch dann gedacht es mir:
He, sag einmal, was soll er denn so sagen,
dein sprachgewandter Wald?
So was wie: Ach, was geht’s mir gut!
Ich grün so grün, schenke der Welt mein H²O,
auf dass sie atmen könne.
Natürlich ginge auch: Weh mir,
ich abgestorbner Hain. Was tut sie nur,
die wurzellose Brut? Verpestet mir die Welt
und meine grüne Lunge graut und graut.
Ich geh dahin, doch sag ich euch:
Ich gehe nicht alleine ein.
Ihr seid dabei, ihr zweigebeinte Viecherei.

Du süße Linde, du.
Du gelinde süße Linde.
Du bildest keine terminalen Knospen,
dein Wuchs ist sympodial.
Deine Knospenschuppen fallen früh.
Wenn ich dich seh`,
in deinem zweizeiligen Laubenkleid,
ist´s um mich geschehen.
Dann gräm ich mich in meinem Eichenleib.
Es kann nicht sein, es kann nicht sein.
Zu tief bin ich verwurzelt, viel zu tief.
In meinem Leib.

Still schweigt der Wald, denk ich.
Gut so.
Wer wollte so was hören?
 

John Wein

Mitglied
Lieber Otto,
Schön, wenn wenigsten einer schweigt, bei all dem dummen Gerede um uns herum. Da ist der Wald ein guter Quell der Inspiration und Meditation.
Gern gelesen!
Gruß, John
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Im Momentum

Schmerzhaft blauer Himmel
Sonnenblumen
Die in den Augen stechen
Ein verwunschenes Dorf
Außerhalb der Zeit
Kurt
Der mit mir die Einschläge
Der Bomben zählt
Explodierende Diamanten
Deren Facetten das
Hinter dem Horizont
Ausleuchten

Diese trügerische Sicherheit
Der wir uns hingeben

Wir zwei
Zusammengehalten
Von der gemeinsam einsamen
Haut
Die wir zu erkunden versuchen
Um wieder und wieder
Zu scheitern
Wo es nur das Ich gibt
Dieses seltsame Univerum
Augenblick
Das wir mit Ewigkeit
Zu füllen versuchen
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Bahnhöfe haben keine Namen. Sie gleichen Abschieden, die nur Gefühle kennen.
Mein Platz ist am Bahnsteig 7, auf dieser Bank, die einer Litfasssäule des Lebens gleicht. Hier sitze ich und füttere Tauben.
Zwischendrin schreibe ich Einkerbungen in die Bank. „Bitte schreibe mir“ oder auch:
„Kannst du dich an mich erinnern? Ich bin der dunkelhaarige Junge aus der Disko“
Ich fülle Hoffnungen mit Buchstaben. Denke mir Geschichten dazu.
Morgen wird sie hier sitzen und diese Worte lesen: „Kannst du dich an mich erinnern?“ Ihre Gedanken werden zurückschweifen …
“Da war doch dieser hübsche schwarzhaarige Junge, der mich ständig anlächelte“.
Hoffnungen sind wie Blüten.
Ob die Tauben wohl von der Freiheit träumen? Nur träumen, zu feige zum großen Flug. Ich kam schon mal bis München. Dann verließ mich der Mut.
Rom sollte es werden. Rom und ein neues Leben. Es wurde ein Rückfahrticket.
Wenn du einmal umgekehrt bist, packst du´s nicht mehr. Dann bleibst du, und das Wort „Sehnsucht“ erhält eine neue Dimension.
Hier auf dem namenlosen Bahnhof trifft man all die Feiglinge. Die, die nie den Zug genommen oder verpasst haben. Willy, der Bettler,
der seinen Verstand versoff und von morgens bis abends durch die Halle läuft.
„Ich bin de Willy, ich bin de Willy. Haste mal `en Euro. Ich bin de Willy, de Willy.“
Seine Liebe hat damals den Zug genommen. Konnte seinen Suff nicht mehr ertragen. Er kommt täglich und inspiziert alle ankommenden Züge.
Hofft immer noch. Wie ein Wiesel hüpft er zwischen Bahnsteigen und Halle hin und her.
In seinem Gang ähnelt er ein wenig dem Glöckner von Nôtre Dame. Deswegen nennen wir ihn Quasimodo. Meine Tauben mögen ihn nicht.
Er ist ihnen zu wild und wuselig, stört ihre Mutlosigkeit.
Dann ist da noch die alte Helen. Die lungert immer in der Stehkneipe rum. Legt für ein Glas Bier ihre Titte auf die Theke …
und für noch eins kannste damit spielen. Sie ist unsre Lady Dracula. Hat oben nur noch ihre Schneidezähne im Mund … lispelt sich einen ab.
Wenn die richtig voll ist und in Fahrt kommt … aber Hallo!
Dann läuft die Helen schon mal durch den Bahnhof und macht fremde Männer an.
„He, Alter! Für ´nen Fuffi mach ich es dir“, öffnet ihren Mund, und zeigt ihnen das, was sie erwartet.
Wir lachen uns ´nen Ast, wenn wir in die ängstlichen Gesichter der „Möchte-gern-und-doch-keinen-Mut-Freier schauen.
Helens Alter hat ihr die Zähne aus dem Maul geschlagen. Sie hatte nicht rechtzeitig aufgehört zu weinen.
Wegen der Totgeburt und den ewigen Vorwürfen. „Du bist schuld. Bist einfach zu blöd für alles.
Als der Krebs ihr eine Brust nahm, schmiss er sie raus.
„Siehst aus wie ´en Zombie“, hatte er gesagt. Zombie und Dracula … sie verstand und ging.
Klaus hat vor einer Woche beschlossen zu gehen. Er nahm den ersten Zug am Morgen.
Man fand seine Reste zwischen den Gleisen verteilt … Er hatte immer betont, dass er seine Tochter nicht missbraucht habe.
Sie habe es ihm aus Wut angetan. „Vielleicht war ich wirklich zu streng mit ihr.
Aber deswegen darf man doch seinen Vater nicht so in den Dreck ziehen!“ Mir steht kein Urteil zu.
Wer weiß schon, kennt die Geschichten?
Eine Bild-Zeitung weht über den Boden. Hinterlässt Spuren von nacktem Fleisch, Nachrichten und Lügen zwischen den Gleisen und Kippen.
Nachts treffen wir uns in der alten Lagerhalle. Die Neuen und die Alten. Erzählen uns Lügen und Wahrheiten.
Keiner kann sie unterscheiden. Spielt auch keine Rolle.
Die meisten Geschichten lesen wir in den Gesichtern der Menschen auf den Bahnsteigen. Daraus modellieren wir uns eine Welt …
Letzte Nacht fragte mich ein Milchgesicht, wie es mich hierher getrieben hätte.
Ich schaute ihn an und schwieg.
Am nächsten Morgen ritzte ich ein paar Gedanken in meine Bank …
 

John Wein

Mitglied
Bahnhöfe haben keine Namen. Sie gleichen Abschieden, die nur Gefühle kennen.
Mein Platz ist am Bahnsteig 7, auf dieser Bank, die einer Litfasssäule des Lebens gleicht. Hier sitze ich und füttere Tauben.
Zwischendrin schreibe ich Einkerbungen in die Bank. „Bitte schreibe mir“ oder auch:
„Kannst du dich an mich erinnern? Ich bin der dunkelhaarige Junge aus der Disko“
Ich fülle Hoffnungen mit Buchstaben. Denke mir Geschichten dazu.
Morgen wird sie hier sitzen und diese Worte lesen: „Kannst du dich an mich erinnern?“ Ihre Gedanken werden zurückschweifen …
“Da war doch dieser hübsche schwarzhaarige Junge, der mich ständig anlächelte“.
Hoffnungen sind wie Blüten.
Ob die Tauben wohl von der Freiheit träumen? Nur träumen, zu feige zum großen Flug. Ich kam schon mal bis München. Dann verließ mich der Mut.
Rom sollte es werden. Rom und ein neues Leben. Es wurde ein Rückfahrticket.
Wenn du einmal umgekehrt bist, packst du´s nicht mehr. Dann bleibst du, und das Wort „Sehnsucht“ erhält eine neue Dimension.
Hier auf dem namenlosen Bahnhof trifft man all die Feiglinge. Die, die nie den Zug genommen oder verpasst haben. Willy, der Bettler,
der seinen Verstand versoff und von morgens bis abends durch die Halle läuft.
„Ich bin de Willy, ich bin de Willy. Haste mal `en Euro. Ich bin de Willy, de Willy.“
Seine Liebe hat damals den Zug genommen. Konnte seinen Suff nicht mehr ertragen. Er kommt täglich und inspiziert alle ankommenden Züge.
Hofft immer noch. Wie ein Wiesel hüpft er zwischen Bahnsteigen und Halle hin und her.
In seinem Gang ähnelt er ein wenig dem Glöckner von Nôtre Dame. Deswegen nennen wir ihn Quasimodo. Meine Tauben mögen ihn nicht.
Er ist ihnen zu wild und wuselig, stört ihre Mutlosigkeit.
Dann ist da noch die alte Helen. Die lungert immer in der Stehkneipe rum. Legt für ein Glas Bier ihre Titte auf die Theke …
und für noch eins kannste damit spielen. Sie ist unsre Lady Dracula. Hat oben nur noch ihre Schneidezähne im Mund … lispelt sich einen ab.
Wenn die richtig voll ist und in Fahrt kommt … aber Hallo!
Dann läuft die Helen schon mal durch den Bahnhof und macht fremde Männer an.
„He, Alter! Für ´nen Fuffi mach ich es dir“, öffnet ihren Mund, und zeigt ihnen das, was sie erwartet.
Wir lachen uns ´nen Ast, wenn wir in die ängstlichen Gesichter der „Möchte-gern-und-doch-keinen-Mut-Freier schauen.
Helens Alter hat ihr die Zähne aus dem Maul geschlagen. Sie hatte nicht rechtzeitig aufgehört zu weinen.
Wegen der Totgeburt und den ewigen Vorwürfen. „Du bist schuld. Bist einfach zu blöd für alles.
Als der Krebs ihr eine Brust nahm, schmiss er sie raus.
„Siehst aus wie ´en Zombie“, hatte er gesagt. Zombie und Dracula … sie verstand und ging.
Klaus hat vor einer Woche beschlossen zu gehen. Er nahm den ersten Zug am Morgen.
Man fand seine Reste zwischen den Gleisen verteilt … Er hatte immer betont, dass er seine Tochter nicht missbraucht habe.
Sie habe es ihm aus Wut angetan. „Vielleicht war ich wirklich zu streng mit ihr.
Aber deswegen darf man doch seinen Vater nicht so in den Dreck ziehen!“ Mir steht kein Urteil zu.
Wer weiß schon, kennt die Geschichten?
Eine Bild-Zeitung weht über den Boden. Hinterlässt Spuren von nacktem Fleisch, Nachrichten und Lügen zwischen den Gleisen und Kippen.
Nachts treffen wir uns in der alten Lagerhalle. Die Neuen und die Alten. Erzählen uns Lügen und Wahrheiten.
Keiner kann sie unterscheiden. Spielt auch keine Rolle.
Die meisten Geschichten lesen wir in den Gesichtern der Menschen auf den Bahnsteigen. Daraus modellieren wir uns eine Welt …
Letzte Nacht fragte mich ein Milchgesicht, wie es mich hierher getrieben hätte.
Ich schaute ihn an und schwieg.
Am nächsten Morgen ritzte ich ein paar Gedanken in meine Bank …
 



 
Oben Unten