Olanzapin Philosophie

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Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Leben ist flach. Jede Vertiefung, jede Nische ist Metaphysik unserer Sprache.
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Spaziergang, plötzlich: eine Krähe und eine Taube, die auf dem gleichen Ast sitzen. Unsere Zuschreibungen verleihen der Natur manchmal eine Art von ... Humor.
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Beschäftigt kein gutes Haar an sich zu lassen, gleicht die Selbszerfleischung einer Trunkenheit. Aber anders als man erwarten mag, ist der Kater kräftigster Jubel und Euphorie des Geprügelten, die Lust in der Menge unterzugehen, sein Blut auszudünnen und im Anonymen zu stranden.
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Einzige Funktion seines Geistes: die Wiederholung immer der gleichen Enttäuschungen, als quantisierte Abfolge eines Systems sich über den Tag zu retten.
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Geduld ist einem Mangel an Fantasie sehr nahe gerückt.
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Hier kennt man die Sonne, welche Sonne, nur als Zittern in der Iris alter Ölschlieren.
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Erbe der Metaphysik und zugleich ihr Fledderer sein, toter Götter der Ideen berauben um überhaupt Ideen zu haben ...
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Die wenigen positiven Erinnerungen sind der schöne Putz des Lebens.
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Größtmögliche Scham: sich einfacher Mittel zu bedienen, wenn man sich durchschaut.
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Stehe vor ihm: seine brustlose Pose - die Kleingeldaugen, mit mir im Profil. Wie bin ich in den Umlauf geraten.
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Das Land, golden und frisch wie geschlagene Butter - langsamer Wind durch die Getreidefelder, Sommer. Die Katzen werfen dünne Schatten.
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Plötzlich das Gefühl die Nacht habe den Mond über die Schulter gespuckt.
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Regen in Kursiv über dem Ozean und das unhörbare Vokabular der Fische in seinen Tiefen.
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Er hatte nach und nach alle Verben aus seinem Leben gestrichen, alle Adjektive verunstaltet und alle Nomen in Chimären verwandelt.
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Versuchen ein Gesicht zu leben.
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Sich jäh verdünnen. Adelass der Ideen. Gespensterbleiche der Psyche. Sandkorn sein unter Sandkörnern.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied

Ich träume von Niedergang und Äonen der Verneinung, von Zeitaltern flüchtigen Fleisches.

Polymorphe Verfallsfantasien, die jeden Anlass zu finden wissen, ohne je ins Konkrete zu treten, sind das Zeichen eines Geistes, der sich aus Schwäche verneint.

Ein aus dem Rhythmus geratener Herzschlag, bringt alles durcheinander. Ohne die Wahrnehmung meines Pulses, wäre ich nicht am Leben gescheitert.

Die Eitelkeit ist der tote Winkel des Gottes.

Niemand findet zu ihm, der keine Geschichte hat. Seine Idee wurzelt nur in erinnertem Sein. Gottes Ursprung ist das Gedächtnis.

Alle Liebe hat ihren Anfang hinter dem Horizont. Ich bin gezurrt in Horizonte.

Bewusstsein ist Öffentlichkeit, es ist der Marktplatz des Individuums.

Der Gedanke macht die Dinge gewöhnlich, weil er die Dinge zur Gewohnheit macht.

Jedes Kunstwerk weiß es nicht besser.

Die Erfahrung der eigenen Ohnmacht und das Senkblei ihrer Eigenart das in den Sexus sinkt, als ein Wille zur Unterwerfung, als Transformation der Niederlage in die Perversion, dh. dem Ekel an der Lust und der Lust an dem Ekel, dem Genuss usw.

Das Bewusstsein ist die Angst vor dem Anderen.

Blitzartige Erhellung: warum überhaupt beten, wenn man glaubt, besser: wozu bitten, wenn man vertraut. Das Gebet verrät es, jeder hegt einen heimlichen Groll gegen seinen Gott, jeder will ihn aus seiner Apathie reißen, jeder rast im Zweifel, jeder spuckt.

Ich habe stets als Atheist, nie als gläubiger Mensch gebetet, mit Ausnahme eines Nachmittages, an dem ich trotz meines Glaubens betete und meine gesamte Energie darauf zu richten versuchte, Gott zu beschämen.

Seine Fähigkeit rasch zu begreifen, grenzte an Unverschämtheit und doch war es sie, die ihn am Werk hinderte.
Die 3/4 Intelligenz ist im Hinblick auf ein Werk durchaus im Vorteil, denn Theorien entspringen einer bestimmten Unfähigkeit der Psyche zu verdauen.

Gedichte wie die Exzesse von Schlafwandlern, das Charakteristikum einer Lyrik der Lust? Ein ekstatisches Gähnen.

Der gehemmte Sadist wird Sarkast - eine frivole Prüderie, die manches Buch gerettet hat.

Plötzlich das Gefühl, dass der Nachname den Vornamen infiziert, dass er das Geheimnis seines Immunsystems gelöst hat.

Nietzsche - eine hagiographierte Einsamkeit.
[Einsamkeit meint hier eine Angst vor dem Leben, Angst mit nach innen gerollten Augen, die ihre Anatomie kennt, ihr Organ, ihren dunklen Gitarrenmund aus der Höhlung]

Vor
hang
zu.
 

Scal

Mitglied
Bergnisse der Sprachwerkschaufel in eines Mystikers Berg.
Die Schaufel schlägt Funken.
Glimmendes Staunen.
Edelsteinraunen.

Anlässe für (mir z.B.) Unleistbares.
Die einzelnen Bergnisse mit philosophischen Begrifflichkeiten zu umhäufeln, sie mit (z.T. auch kritisch befragenden) Anmerkungen zu versehen, würde Seiten, Seiten, Seiten ... Es wäre ein Buch.

Danke fürs Schreiben, fürs Forschen!

Lieben Gruß
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke scal :)

Die einzelnen Bergnisse mit philosophischen Begrifflichkeiten zu umhäufeln, sie mit (z.T. auch kritisch befragenden) Anmerkungen zu versehen, würde Seiten, Seiten, Seiten
Naja - ich hoffe ja noch, glaube aber, dass ich den Faden beende. Es ist sehr viel Arbeit und relativ wenig interesse (wenn auch sehr schöne Rückmeldungen) Vielleicht ..

Lg
Patrick
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Grab des Skrupels ist ein aufgeschobenes Gebet.

Das Leben ist ein Selbstzweck: wie sich den Kopf zerzausen mit immer neuen Formeln der Freiheit und der Selbstsetzung, wenn man vor Augen hat das man atmen muss?

Meine Liebe gilt dem Bakteriellen, es ist das Leben vor dem Gesicht.

Mit jedem Satz, den wir aussprechen, geht etwas unwiederbringlich verloren, eine subtilste, frische Verletzung, eine Wunde. Sprechen heißt vernarben.​
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Leben: Türen ins Sinnlose öffnen.

Nacht für Nacht bringt sie in ihren Träumen eine Art Ungeziefer, einen Schädling, eine Kakerlake zur Welt, die sie morgens in die Ecken ihres Zimmers huschen sieht.

Alle Gesichtsmuskeln zu entspannen, bedeutet für einen Augenblick aus seinem Gesicht zu fahren, so wie der Dämon aus dem Besessenen fährt.

Der Mensch ist ein tragisches Tier, das die Tragödie seiner Existenz in metaphysischen Formeln, in transzendentalem Unkraut verbirgt.

Lebendig sein, das heißt die Wahrheit der Tragödie zu leugnen und die Leugnung der Tragödie zu leben.

Mit jedem Satz, den wir aussprechen, geht etwas unwiederbringlich verloren, eine subtilste, frische Verletzung. Sprechen heißt vernarben.

Schöpferisch sein: das heißt den Impuls sich zu zerstören in ein Gebet zu verwandeln.


Witwer unzähliger Augenblicke.
 

Scal

Mitglied
Satzkunstkünder, Tiefseefisch
Augenblickswidmer, Augenblickswitwer

"Weil es meine Wahrnehmung gibt, gibt es mich in der Welt", heißt es auf der Rückseite des Buches "Das Mich der Wahrnehmung" von Lambert Wiesing.

Weil es meine Wahrnehmung gibt, gibt es mich und sein Darunter und Darüber und sein Drumherum, sein Draußen und sein Drinnen.
Ein Wort beansprucht alles: "Bedeutung"

LG
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Eigentlich ist jeder Gedanke, der sich gegen das Leben richtet, eine fehlgeleitete Agression, der ausgebliebene Schlag, nicht länger ein Angriff auf unsere Integrität und eine dem Gewissen entsprungene Geißel.
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Ein Gewissen hegen, das heißt einen Garten pflegen.
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Der Wert einer Idee für unser Leben zeigt sich in dem sie begleitendem Gefühl, mit ihr alle anderen Ideen erschöpft, alle fremden Gedanken in Chimären verwandelt und das Sein selber im Ursprung getroffen zu haben.
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Jede Verneinung, sogar jene des Selbstmordes, ist wollüstig.
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Ich träume von einem blitzartigem Nein, einer Anwandlung, einem Wort das, einmal ausgesprochen, mich schlagartig auslöscht.
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Gianna Michaels, eine Pornodastellerin, die einmal während des Cumshots ruckartig den Kopf schüttelte, als wöllte sie etwas unheimlich Tiefes und viel Ursprünglicheres von sich abschütteln, als den Samen des Mannes. Man könnte sagen: Das ist die Klarheit, ein Moment tiefster Existenzialität im Perversen, oder so.
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Denken heißt mit Augenblicken puzzeln.
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Ich habe begonnen die Stunden meines Glückes zu verachten, das Existieren ohne die Infragestellung der Existenz, ihrer Zerschlagung, scheint mir schamlos, mehr noch: unmoralisch zu sein.
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Kein Gedanke, der nicht ursprünglich einer Verneinung enstprungen und gegen sie ins Feld, in den Krieg, gezogen ist.
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Im Verlust eines Besitzes, gewinnt man die Enttäuschung wieder, man selbst zu sein.
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Funktion der Verdauung: auf den Geist zu gehen.
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Das Gesicht ist nicht bloß Skulptur, auch Skulpteur der Seele.
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Die Bejahung ist, sie wird nicht, wächst nicht. Alles was ein Mensch errichtet ist aus der Summe des Stoffs seiner Verneinungen, seines Widerwillens gebaut.


Danke @Scal

Hier einer für den Kommentar:

Sein ist nur ein Wort, dass sich, sobald man zu seiner Substanz zu gelangen versucht, alsbald verflüchtigt. Es vermag sich allen Begrifflichkeiten zu entziehen, hingegen spüren wir alle, was es bedeutet.
 
Zuletzt bearbeitet:

Scal

Mitglied
Die Burg LL ist eine Galerie.
Ich zog Pegasus, das Pferd der Phantasie, in einen etwas abseits liegenden Raum.
Hieonymus Bosch.
Das Pferd ist ein Flüsterwesen mit raunenden Augen.
Christian Thanhäuser, meinte es, der Illustrator und Verleger. Eine Auswahl der Texte mit Grafiken.
Das wäre ...
So flüsterte es, das Pferd.
Kommt immer wieder vor.
Ungezügelt, mein Pferd.
 

Scal

Mitglied
Stark. Bemerkenswert.
Hast du schon mal in Richtung Buchveröffentlichung gedacht? Eine Kombination von Texten und Bildern? Vielleicht ja könnte dir z.B. Thanhäuser zumindest weiterhelfen. Schick ihm mal was und telefoniere mit ihm, hm?
LG
 

fee_reloaded

Mitglied
Toller Lesestoff, lieber Patrick,

auch, wenn ich ihn mir in viele kleine Dosen aufteilen muss, um jedem einzelnen "Gedanken-Fetzen" gerecht zu werden. Auch deine Grafiken empfinde ich dazu als sehr stimmig.

LG,
fee
 

Scal

Mitglied
Ich kenne Christian Thanhäuser nicht, nur den kleinen Ort, in dem sich der (durchwegs gelobte) kleine Verlag befindet. Vor über zwei Jahren habe ich einmal mit ihm telefoniert, wegen Hansz. Er ist Grafikkünstler und es zählt zu seinen Anliegen, Literatur mit Grafikkunst zu verbinden.
 

Patrick Schuler

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke @Scal
Mal schaun :)


Der Nirwanaspießer

Der zärtliche, mit Scham behaftete Impuls, war so hilflos in ihm und was ist das Hilflose Gute in einem Herzen, wenn nicht der Quell seiner – gegen ihn selbst gerichteten - Bosheiten? Er spricht von den Umtrieben und Faxen des Fleisches, der Quantisierung seiner Begierden zu einem System der Enttäuschungen und er leiht ihnen denselben Lyrismus, den die Anderen ihren Umarmungen, Liebkosungen und Küssen verleihen. Von den Buchrücken seiner Liebschaften hat er Name für Name gestrichen - anonyme Anekdoten, eines zum vergessen bereiteten Bewusstseins. Es gibt nichts mehr, was über seine Vereinzelung hinausginge und über der Verdunkelung seines Herzens gehen keine Sonnen mehr auf. Die Zukunft formt sich in ihm, als sei er weder lebendig noch tot. Handeln - das ist Attitüde, mehr noch: grob. Denken? Dasselbe. Berufungslos braucht er keine Gründe mehr – was ist die Berufung den anderes als ein Grund und ein Grund anderes als eine aggressive Geste? Und dennoch hängt er an sich. Ganz befreien wird er sich nie: denn die beschämte Hilflosigkeit zur Liebe ist eine feste, fast unlösbare Fessel: ein Blauäugiger der Zärtlichkeit? Ein Möchtegern des Nirwana? Ein Unglücklicher?
 
Zuletzt bearbeitet:



 
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