schuss durch die ketten

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G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo mondnein,

ich will nicht behaupten, dass ich dein Gedicht wirklich verstehe, aber ich finde es faszinierend aufgebaut. Ich glaube, es geht um einen Gegensatz in der Kunst bzw. der Musik, einem Konflikt zwischen einer avantgardistischen Kunstausrichtung und einer traditionellen bzw. nicht sonderlich innovativen, welche durch den letzten Vers deines Gedichtes auch ein wenig attackiert wird (ich dresch meinen reim durchs vergessen der zeiten).

Am Ende, so zeigt es dein Gedicht, ist es aber weniger relevant, ob man sich nun der ernsten- oder der Unterhaltungskunst zuwendet, da sich wahrscheinlich keiner an den Künstler erinnern wird.

Ob ich das auch so sehe? Keineswegs, denn mir liegt bei dieser Betrachtungsweise der Fokus zu stark auf der Kunstform und andere schwer greifbare Eigenschaften wie Wahrhaftigkeit, Berührungsfähigkeit und vielleicht auch Einfalt kommen mir da zu kurz. Aber das tut nichts weiter zur Sache, denn handwerklich finde ich dein Gedicht sehr gut gemacht, ein Highlight ist für mich Strophe 4!

Liebe Grüße
Frodomir
 
G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Da gefällt mir meine Deutung aber besser ;) Immerhin: So narzißtisch kannst du bzw. dein Text nicht sein, denn immerhin hat sich jemand (in diesem Falle Walther, Chandrian und ich) dafür interessiert. Und wir fanden es sogar gut.

Liebe Grüße
Frodomir
 

mondnein

Mitglied
Klar, Deine Deutung ist besser, Frodomir.

Der Narzißmus des Textes seht keineswegs im Gegensatz zum "Gutfinden". Ganz im Gegenteil: Narkissos ist hochbeliebt, bei allen. Das lyrische Ich des Textes überschätzt sich aber maßlos, wenn es sich selbst nicht nur gutfindet, sondern auch noch mit dem schönen und maßlos erfolgreichen Narkissos gleichsetzt. Denn der ertrank nicht in Vergessenheit, sondern lebte in den Reimen der Echo vielfach weiter.

Konflikt zwischen einer avantgardistischen Kunstausrichtung und einer traditionellen bzw. nicht sonderlich innovativen, welche durch den letzten Vers deines Gedichtes auch ein wenig attackiert wird (ich dresch meinen reim durchs vergessen der zeiten).
Ich sehe keine Attacke auf das Reimen in der selbstironischen Coda: Denn ich reime sonst viel, mehr und meist, was zu einer Ablehnung bei allen Lyrik-Zeitschriften und Verlagen führt.
Zuletzt bin ich bei einer der besten Lyrikzeitschriften, beim "Dichtungsring", nicht angenommen worden, als es darum ging, verschwundene, verlorene, aus der Zeit gefallene Begriffe und Formulierungen zu "bedichten". Ich reichte vier meiner mutmaßlich besten Novitäten ein, - Fehlanzeige. Es ist schon das dritte Mal, daß ich dort weder bepreist noch gedruckt werde. Ich denke, es liegt an meinem Reimen. Wohl weniger am experimentellen Ton meiner Finnegans Wakeness.
Genauso ablehnend verhalten sich die anderen von mir angeschriebenen Lyrik-Zeitschriften auch. von den Verlagen ganz zu schweigen. Die Verlage verstehe ich. Die Lyrikzeitschriften verstehe ich aber nicht. Ich bin langsam sauer auf diese penetrante elitäre lustfeindliche pseudoavantgardistische Papierkorbversenkung.

Als ob meine Gedichte, vergleichbar den Teppichknüpferinnen, die ich in diesem Lied hier metaphorisch eingewoben habe, "traditionell bzw. nicht sonderlich innovativ" wären.

grusz, hansz
 

revilo

Mitglied
ich verstehe auch nicht alles, muss ich auch nicht......der aufbau des gedichts gefällt mir gut, vor allem das reimschema, das ich zuerst garnicht bemerkt habe......ein eigenwilliges und sperriges werk mit einer herausragenden letzten zeile.......die hat echt eier........
 

Olli

Mitglied
Auch wenn ich kein Kenner bin, ein tolles Gedicht in schlichter Form. Zuerst habe ich es gar nicht zu Ende gelesen und abgetan, aber mich dann doch noch einmal ran gesetzt.
Dann bemerkte ich: Es liest sich klangvoll und die, ich nenne es mal musikalische Wortwahl, passt super dazu, gibt dem Ganzen noch mehr Korpus.
 

Chandrian

Mitglied
[QUOTE="mondnein, post: 856095, member: 244

und wenn auch keiner sich meiner erinnert –

[/QUOTE]

Jaja, wer erinnert sich denn schon an uns, wenn wir nicht mehr sind? Zigmal verkauft und gedruckt müsste man werden, damit man's auch täte…
Lieber also seine Reime durchs Vergessen der Zeiten preschen, als sich einem Konformismus hinzugeben. Oder?
 

rainer Genuss

Mitglied
Chandrian, absolut treffend formuliert, besser erscheint mir, dem Vergessen seine Werke anzuvertrauen
Und zu Mondnein: Wir könnten ja ins Wasser schreiben, Höhlengedichte pinseln oder Poetry Slams für Schildkröten veranstalten
Das erscheint mir sinnvoller als Sirenengekreische und Quäkhupen hören zu müssen
 
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mondnein

Mitglied
letzten zeile.......die hat echt eier........
danke, revilo! ich denke, Du charakterisierst das Lyri trefflich. So, daß die Akkordschläge in die Saiten durch die Riffe der Rockgitarristen schrammen, ein bißchen brutal.

für die Qualitätsstandards dieses Formus nicht ausreichend
Warum, bittesehr, liebe Wolke?
Auf welche Stelle, welchen Vers, welches Stilmittel und welche "Qualitätsstandard" beziehst Du Dich bei Deinem Urteil?

Ich suche übrigens noch Dein Debut, wenn es denn eines gibt. Von mir sind über 1000 Gedichte in der Leselupe archiviert. Da ist einmal eines mit dem lakonischen Kommentar "Dreck" (als einzigem Wort des Kommentars) qualifiziert worden.

"dieses Formus" ...

grusz, hansz
 
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halblicht

Mitglied
Hallo mondnein,

diese ersten zwei Zeilen

taten tust du nicht – du killst jeden kitzel
die reize der kratzlust die juckenden pocken
kommen bei mir auf verschiedensten Ebenen an die nichts mehr mit Haut und Nägeln zu tun haben, ok, vielleicht unter den Nägeln.

Irgendwie paradox, wir wollen schreiben um einen Wimpernschlag zu bleiben, auch wenn wir wissen, dass vergessen die einzige Erlösung ist die wir verdienen.


Hier schau ich nur schon der Diversität halber wieder rein.

Grüße
halblicht
 
G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo mondnein,

nun, was das Reimen betrifft, gibt es ja grandiose Qualitätsunterschiede. Und so hatte ich deinen letzten Vers verstanden, als Kritik an jenen, welche auf Teufel komm raus in Reimen dichten, und dabei jegliche Ansprüche an einen guten Text vermissen lassen. Dank deiner Erklärung verstehe ich diesen Vers nun aber etwas anders, also mehr auf das LI bezogen und mit einem klaren Augenmerk auf das Leid des Vergessenwerdens, also weniger als Qualitätsurteil.

Ich sehe keine Attacke auf das Reimen in der selbstironischen Coda: Denn ich reime sonst viel, mehr und meist, was zu einer Ablehnung bei allen Lyrik-Zeitschriften und Verlagen führt.
Zuletzt bin ich bei einer der besten Lyrikzeitschriften, beim "Dichtungsring", nicht angenommen worden, als es darum ging, verschwundene, verlorene, aus der Zeit gefallene Begriffe und Formulierungen zu "bedichten". Ich reichte vier meiner mutmaßlich besten Novitäten ein, - Fehlanzeige. Es ist schon das dritte Mal, daß ich dort weder bepreist noch gedruckt werde. Ich denke, es liegt an meinem Reimen. Wohl weniger am experimentellen Ton meiner Finnegans Wakeness.
Genauso ablehnend verhalten sich die anderen von mir angeschriebenen Lyrik-Zeitschriften auch. von den Verlagen ganz zu schweigen. Die Verlage verstehe ich. Die Lyrikzeitschriften verstehe ich aber nicht. Ich bin langsam sauer auf diese penetrante elitäre lustfeindliche pseudoavantgardistische Papierkorbversenkung.
Und wenn du dich freimachtest von dem Anspruch, diesen Zeitschriften genügen zu wollen?

Liebe Grüße
Frodomir
 

mondnein

Mitglied
Ich kann ihnen nicht "genügen", weil ich ihre Kriterien nicht begreife. Die "Qualität" ist es wahrscheinlich nicht. Aber was sind überhaupt Kriterien, sei es für "Qualität", sei es für Originalität, sei es für irgendein Ichweißnichtwas.
Weil ich die Kriterien nicht begreife, kann ich auch keine entsprechenden "Ansprüche" haben. Aber natürlich will ich rein in die Zeitschriften und gelesen werden!

Ich habe den Eindruck, daß Dichter ungern Gedichte anderer Dichter lesen. Es ist hier in der Leselupe nicht anders: Die 30 Vier-Hefte-Briefe https://www.leselupe.de/beitrag/zu-verschenken-gratis-gedichte-zu-heften-gebunden-154036/ (Porto pro Brief 1,60 €, das macht mich nicht arm) liegen bei mir bereit, keiner will sie haben, nicht mal geschenkt.

Auf meine Nachfrage an die debülose (also unmöglich als "Mitglied" der Leselupe hier mitmischende) "Wolke"

für die Qualitätsstandards dieses Formus nicht ausreichend
habe ich natürlich keine Antwort bekommen:
Warum, bittesehr, liebe Wolke?
Auf welche Stelle, welchen Vers, welches Stilmittel und welche "Qualitätsstandard" beziehst Du Dich bei Deinem Urteil?
grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 24777

Gast
Hallo mondnein,

Aber was sind überhaupt Kriterien, sei es für "Qualität", sei es für Originalität, sei es für irgendein Ichweißnichtwas.
Ich weiß es auch nicht sicher, aber ich befürchte, eines der Hauptkriterien ist ein gewisses Maß Vitamin B. Ich kann mir vorstellen, dass es oft weniger um Qualität (auch wenn das sicherlich schwer zu definieren ist) als um gute Beziehungen geht. Wenn du dir in der Szene einmal einen Namen gemacht hast, bist du wahrscheinlich immer wieder dabei. Aber sich diesen erstmal zu machen, ist schwer. Da ist es gut, jemanden zu kennen...

Ich habe den Eindruck, daß Dichter ungern Gedichte anderer Dichter lesen.
Ich glaube, nicht die Dichter sind es, sondern die Menschen im Allgemeinen. Die älteren und bekannten Dichter wie Goethe und Schiller findet man noch hin und wieder in den Regalen, aber meistens hört es dann auch schon auf. Und die meisten, die selbst Gedichte schreiben, schreiben ausschließlich (und das will ich gar nicht negativ verstanden wissen), um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen und erfreuen sich dann, wenn sie einen Leser finden, bei dem sie sich verstanden wissen. Das ist schön, aber für den intellektuellen Diskurs fallen sie aus. Kurz gesagt: Es gibt leider gar nicht so viele Rezipienten, wie wirklich gute Lyrik es verdient hätte. Und die wenigen, die es gibt, wird man meistens nicht in solchen Literaturforen finden.

Ich kann daher deine Gefühle nachvollziehen, es kann schon ein enttäuschendes Geschäft sein. Deshalb ist mein Rat, die Freude am Schreiben in den Vordergrund zu stellen und nicht das Ziel, veröffentlicht zu werden. Vielleicht hast du, auch außerhalb des Internets, nur wenige Leser, aber vielleicht bedeutest du bzw. deine Kunst denen etwas. Das ist doch eine Menge wert, findest du nicht?

Liebe Grüße
Frodomir
 

Wolke

Mitglied
Warum, bittesehr, liebe Wolke?
Auf welche Stelle, welchen Vers, welches Stilmittel und welche "Qualitätsstandard" beziehst Du Dich bei Deinem Urteil?

Ich suche übrigens noch Dein Debut, wenn es denn eines gibt. Von mir sind über 1000 Gedichte in der Leselupe archiviert.


grusz, hansz
Du hast hier echt schon 1000 Gedichte gepostet, und noch keiner hat dir die Wahrheit gesagt?
 



 
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