Kurzfassungen

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Duisburger

Mitglied
Wenn herbe Winde wehen,
beweg dich schnell
und bleib nicht stehen.

(Aus "Erkenntnisse eines Prölls" von Stanislaw Pimpelmoser, 2008, Verlag Doppelbläh, Pupshausen)
 
Kurzfassungen, hinter denen "Welten" stehen ( = ganze Bibliotheken von Texten):

(1) Live-Paradox - kürzlich gesehen:
Eine kleine Bushaltestelle auf dem Land (Bergstein bei Kreuzau), praktisch nur ein Regenschutzhäuschen aus Acrylglaswänden mit ner Sitzbank.
An einer der Acrylglaswände aufgeklebt ein Plakat mit der Aufschrift:

"Plakatieren verboten"

Kurztext-Fassung dazu: "Was ist, wie funktioniert ein Paradox?"


(2) Mathematische Gruppentheorie:
Eine mathematische "Gruppe" besteht -bis auf eine Ausnahme- aus Elementen, deren je zwei miteinander verknüpft wieder ein gültiges Element derselben Gruppe ergeben.

Kurztext-Fassung dazu: "Welche (fundamentale(n)) natürliche(n) Entsprechung(en) gibt es für eine solche "Gruppe"?"


(3)

(a) Auf unserer menschlich-erlebbaren alltäglichen Größenskala (Sa = mesoskopische Skala) gilt bekanntermaßen Folgendes:
Wenn auf (Sa) A x B = C, dann auf Sa auch gültig die Operationen
C/A = B und C/B = A

(b) Auf der nano-Skala (Sn = zB im Bereich der Quanten) aber gilt:
Falls auf (sn) A x B = C, dann auf Sn ungültig diese obigen
Operationen, also
C/A =|= B und C/B =|= A
( "=|=" hier Zeichen für ungleich)

(c) Und meine Behauptung ("hammels theorem") nun:
Auf einer makro-Skala (sm = zB der Größenskala der Astronomie) gilt ebenfalls (b)

Kurztext-Fassung dazu: "Gesucht ist die Struktur einer Universal-Skala, auf welcher die Fälle (a), (b), und (c) nur lediglich Sonderfälle darstellen?"
 

Vera-Lena

Mitglied
Oh, Waldemar, das erinnert mich an die Vorlesungen in Logik, bei denen mir mein Sitznachbar immer meine Aufzeichnungen aus der Hand genommen hat mit der kurzgefassten Bemerkung:"Neee, das musst Du sooooo machen." Und er hatte sicher Recht,aber geholfen hat mir das trotzdem nicht.

Das ist jetzt schon das dritte Rätsel von Dir in der LL, das ich nicht lösen kann. In diesem Falle vermute ich allerdings, dass auch Du keine Lösung weist, wenn es um die Universalskala geht.

Das erwähnte Paradox finde ich amüsant.Diesen Satz hätte man dann besser aufsprühen sollen. *lach*
 
Sprachspiele mittels Kurzfassungen

Jedes Wort, jeder Begriff steht in einem konventionellen semantischen Umfeld - man sagt: er "konnotiert" für ein gemäß den allgemeinen Sprachgewohnheiten und den sprachkompetenten Sprechern der jeweiligen Sprache bekanntes Bedeutungen-Umfeld.

"Baum" konnotiert üblicher Weise zB für Komplexe wie {Wald, Obst, Holz, "öko...", Landwirtschaft, Potenzsymboliken, Leben, usw ...}, die ihrerseits weitere Summen von sub-Konnotationen enthalten = eine Kaskade also von Summen von Konnotationen, deren potentielle Anzahl und Reichweite von der Sprachkompetenz des jeweiligen Lesers/ Hörers abhängt.

also

Begriff/ Wort [X] konnotiert üblicher Weise für die Beutungensumme {a, b, c, ...}

Schreibt man in einer Sprache das Wort [X] an, dann laufen im Hirn der Leser die entsprechenden Autopoiesen ab und liefern als voraussehbare Ergebnisse die in der jeweiligen Sprache üblichen Konnotationen. ( = "Leser" als autopoietische Antworten-Automaten)

Ein guter Autor kann daher praktisch durch pure Aufzählung von sprachüblich zueinander passenden Worten/ Begriffen (und deren suggestive Verstärkung durch beigefügte Adjektive), sprachkompetente Leser vorausgesetzt, ein Feuerwerk solcher Konnotionen in den Hirnen seiner Leser auslösen und damit praktisch "Geschichten erzählen" - ohne sie real schriftlich-fixiert erzählen zu müssen.

Beispiel:
Autor:
"[Natur, alt, Baum, Eiche, sehr groß, Hausbaum, Erbhof, Tochter, Verliebtsein, Schicksal, Unglück]"
- den Rest, praktisch die gesamte Geschichte/ den = einen dazu passenden "Roman" = { ... die in der jeweiligen Sprache üblichen und möglichen Konnotationen ...} erfindet sich der (am scheinbaren Thema interessierte und denkfleißige) Leser autopoietisch selbst dazu
- mit dem "Vorteil" sogar noch, dass der so jeweils leserseitig selbst erfundene Roman auf den betreffenden jeweiligen Leser ganz besonders gut passt (natürlich deshalb, weil er ihn sich selbst ja erfunden hat)
- mit dem "Nachteil", dass das vermeintliche "Werk" des Autors natürlich "unscharf" wird, irrisierend, all-passend, omnipotent in vermeintlichem Gehalt und Aussage (Fachwort dafür = "hypersemiotisch/ hypersemantisch")
- Vorteil für den Autor: im Erleben seiner Leser hat er damit, gerade durch Unterlassen der genaueren textlichen Ausarbeitung seiner Anfangsbegriffe, ein vermeintlich sehr "bedeutungsvolles" Werk geschrieben, während er in Wahrheit nur leserspezifisch Bedeutungen-reiche Begriffe (einer bestimmten Abstraktionsstufe) geliefert hat.

Jeder von einem Autor tatsächlich ausgeschriebene "Roman" besteht daher im Grunde lediglich aus Ketten von sprachlich zusätzlichen Definitionen eines Satzes von autorischen Anfangsbegriffen/ Anfangsworten.
Ein ausgeschriebener "Roman" leitet die hirnlichen Autopoiesen seiner Leser mithilfe solcher Zusatzdefinitionen an, er ist eine Art Netzwerk aus Denkhilfen ( = Krücken) rund um den jeweiligen Satz autorischer Anfangsbegriffe, aus denen er elaboriert wird.

(Dies ist der Grund, warum "Romane" u.ä. Elaborate bezüglich ihres realen Signalegehaltes meist unerhört "redundant" sind, aber im Gegensatz dazu bzgl. ihres leserseitig-erlebten vermeintlichen Nachrichten-Gehaltes so reichhaltig erscheinen. - Der Spruch "Gib mir eine summary eines Romanes von zB "Utta Danella", und ich kenne alle ihre Romane" ist daher berechtigt.)

"Gute Autoren", wie zB ein G.Grass lange Jahre, definieren mithilfe ihrer "Romane" ihren Satz von Anfangsbegriffen in sprachunübliche Semantikenfelder hinein, sie bilden ihren Satz von anfänglichen Begriffen in sprach-unüblichen Konnotations-Summen ab, siehe Grass "Danziger Trilogie" die Mehlwürmer, "Das Treffen in Telgte", "Aus dem Tagebuch einer Schnecke".
Noch geschicktere Autoren, und da wirds dann wirklich interessant, weil die sprachüblichen konventionellen Autopoiesen der Leser dabei systematisch irregeführt werden, nutzen bereits einen Anfangs-Satz von kontradiktischen Begriffen, die dann zusätzlich noch in kontradiktische semantische Umfelder abgebildet werden, siehe G.G.Marquez "Mit den Augen eines blauen Hundes", "Liebe in Zeiten der Cholera".

Die heute hierzulande beliebten "Historischen Romane" - intellektuelle Primitivitäten sondergleichen (sowas wie "Der Medicus" oder "Die Äbtissin") nehmen hingegen einen Anfangssatz von Begriffen, deren Historiker-fachspezifische Gehalte den meisten Lesern diffus bis unbekannt sind ("Mittelalter", "Äbtissin", "Medicus", usw.), und ziehen an diesen Begriffen dann ein Netzwerk aus freien Erfindungen hoch, dessen Aufhängepunkte aus konventionellen und daher von den Autoren voraussehbaren Leser-Vorurteilen bestehen.
Bei diesen Produkten ist die tatsächliche textliche Ausführung durch den Autor notwendig ( = Fleißarbeit), weil sie ohne das völlig substanzlos bleiben würden, da den Lesern aus den für sie mangels Wissen diffusen Anfangsbegriffen heraus kaum eigene Autopoiesen gelingen können.

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Kurzfassungen-Sprachspiele für Hobby-Autoren wären nach oben Geschildertem ganz einfach (acht grundsätzliche Möglichkeiten:

- Ich gebe dir einen Satz von konventionell zueinander passenden Begriffen vor, und du erzeugst dazu konventionelle semantische Umfelder:
[Baum, Strauch, Wiese] => {zu erzeugende Konnotationen, zB "ländliche Idylle"}

- Ich gebe dir einen Satz von konventionell zueinander nicht-passenden Begriffen vor, und du erzeugst dazu konventionelle/ nicht-konventionelle semantische Umfelder:
[Baum, Generator, Wiese] => {zu erzeugende Konnotationen, zB "Müll in freier Natur" und "Erzeugung nachhaltiger Energie"}

- Ich gebe dir einen Satz von konventionell zueinander nicht-passenden Begriffen vor, und du erzeugst dazu konventionelle/ nicht-konventionelle semantische Umfelder:
[Baum, Generator, Wiese] => {zu erzeugende Konnotationen, zB "Müll in freier Natur" und "Erzeugung nachhaltiger Energie"}

usw.

Also (acht unterscheidbare einfache Möglichkeiten):

- zueinander konventionell passende Anfangsbegriffe [...] => Leser-zu-erfindende konventionelle Konnotionen {...}
- zueinander konventionell passende Anfangsbegriffe [...] => Leser-zu-erfindende nicht-konventionelle Konnotionen {...}
- zueinander konventionell nicht-passende Anfangsbegriffe [...] => Leser-zu-erfindende konventionelle Konnotionen {...}
- zueinander konventionell nicht-passende Anfangsbegriffe [...] => Leser-zu-erfindende nicht-konventionelle Konnotionen {...}

und:

- zueinander konventionell passende Anfangsbegriffe [...] => der Autor gibt dem Leser dazu auch mindestens eine konventionelle Konnotionen vor {. a .}
- zueinander konventionell passende Anfangsbegriffe [...] => der Autor gibt dem Leser dazu auch mindestens eine nicht-konventionelle Konnotionen vor {. a' .}
- zueinander konventionell nicht-passende Anfangsbegriffe [...] => der Autor gibt dem Leser dazu auch mindestens eine konventionelle Konnotionen vor {. a .}
- zueinander konventionell nicht-passende Anfangsbegriffe [...] => der Autor gibt dem Leser dazu auch mindestens eine nicht-konventionelle Konnotionen vor {. a' .}

Dazu gibts dann noch Erweiterungen und Variationen, indem ein Autor dem potentiellen Leser zB mehrere Konnotionen mit vorgeben kann, oder ein Konstrukt aus vorgeformten Konnotationsketten usw. - dies ist aber dann schon fast der Beginn des Romanschreibens)


Meine persönliche heutige Kurzfassung:

[Silberlöffel, Ginsterreiserbesen, Autounfall, Schmitz], und als die autorisch vorgegebene von den ansonsten Leser-zu-erfindenden Konnotationen = Bedeutungen-Umfeld hier jetzt {Chefarzt-Selbstmord} - daraus wäre nun leserseitig autopoietisch ein "Roman" zusammen zu denken ...

Das [ ... ] soll also -und zwar konventionell-plausibel- im Bedeutungen-Umfeld = {Chefarztselbstmord} stattfinden.
 
Nachtrag:

Aus dem vorher Beschriebenen folgt übrigens auch, dass jedem tatsächlich textlich ausgeschriebenen "Roman A" (allgemeiner: "Text") kombinatorisch eine Summe von Bedeutungenfeldern-ähnlichen "Romanen" zugehört, welche dem "Roman A" daher Bedeutungen-ähnlich sind:

Jeder "Roman A" ist also in Wahrheit eine Summe aus "Romanen A bis A(n)", wobei der "Roman A" lediglich aufgrund seines realen Ausgeschriebenseins die Wahrscheinlichkeit "1" besitzt.
=
Texte sind, meine Vermutung wissenschaftlich ausgedrückt (hammels theorem II), sog. "Ergoden-Systeme" und folgen den entsprechenden (statistischen) Regeln thermodynamischer Ensembels.

Wie diese Bedeutungen-Ähnlichkeit der Romane-Summe, welche zu jedem jeweils tatsächlich ausgearbeiteten "Roman A" gehört, im Einzelnen aussieht, welche Struktur sie besitzt, ist eine hochinteressante Frage, die weit über "Literatur" hinausgreifend im Bereich "Allgemeine Grundlagen der Kommunikation" zu erörtern ist.

Um nochmals ein Beispiel wie (nicht nur) "Utta Danella" aufzugreifen, könnte man ihre real vorliegenden Romane als genau eine solche Summe Bedeutungen-ähnlicher Romane eines virtuellen (nicht verwirklichten) Ur-Romans ansehen, der wiederum nur die textliche Ausarbeitung der/ einer Ur-Begriffe-Summe des jeweiligen Autors darstellt.
Eine Synopsis der verwirklichten Romane trifft dann mit Wahrscheinlichkeit das zentrale Anliegen eines betreffenden Autors, seine Ur-Begriffe-Summe (seine Traumata, seinen eigentlichen Beweggrund in immer wieder neuen aber bedeutungsähnlichen Verklausulierungen seinen "privaten Satz" von Anfangsbegriffen zu publizieren).

... ein trivialer Grund ist natürlich, wenn per Zufall mittels einer Ausarbeitung ein bestseller gelandet ist, wird dasselbe Kochrezept ad infinitum variiert und repetiert um möglichst energiesparend = mit geringstmöglichem weiterem Aufwand noch mehr Geld zu machen - dies auch ein Grund dafür, dass bestseller-Themata zeitlich oft clustern, indem sich weitere Autoren/ Verlage/ dann an solche lukrativen "Schienen" ankoppeln.

Zu merken:
Jeder tatsächlich ausgeschriebene Text ist im Nachhinein des Ausgeschriebenseins nur ein "mit der Wahrscheinlichkeit 1 verwirklichter Text" aus einer ihn begleitenden Summe von Bedeutungen-ähnlichen Texten.
Wir lesen also, während wir einen real-aufgeschriebenen Text lesen, immer eigentlich eine Summe von zu diesem verfassten Text ähnlichen Texten (zeitgleich) mit = "Resonanzen".

(Dies zu berücksichtigen ist u.a. deshalb wichtig, weil Sprache lebt, und weil daher Texte weder in sich selbst noch bezüglich ihrer Einbettung in Umfelder zeit-invariant sind:
- zB Hitlers "Mein Kampf" in 1933 und derselbe Text + heute + im Rahmen einer Kabarett-Vorführung)
- zB Bibeltexte oder, noch krasser, religiöse und andere ideologische sprachtransportierte Dogmata)
 



 
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