Kurzfassungen

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@ JoteS

wie Du erkennen magst, ist "textliche Kurzfassung" für mich mehr als nur Klamauk ... - obwohl natürlich aber auch, oder sogar weniger noch.

Du forderst "Maggi", und ich = ein schlechter Kellner, liefere Dir lediglich aufgeschrieben das Rezept dazu. Kann man nicht essen, zugegeben.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Waldemar,

ich gebe Dir Recht, einfach auch deshalb, weil ich mir bei einem Roman, der mir die Möglichkeit gibt, mich mindestens mit einer Person zu identifizieren, immer während des Lesens einen Film drehe. Ich verlasse mich lieber auf die Bilder als auf meinen Sprachschatz. Wird dann dieses Buch verfilmt, bin ich natürlich enttäuscht, weil da nicht meinFilm abläuft. Bisher habe ich nur einen einzigen Film gesehen, der meinFilm war. Das war nach einer Erzählung von E.T. A. Hoffmann und es war mir geradezu unheimlich. Jahre später habe ich sogar per Zufall den Drehort entdeckt und das war mir noch unheimlicher, aber das alles war natürlich auch sehr spannend.

Nun frage ich mich natürlich, warum habe ich als 12jähriger Mensch mit einer derartigen Faszination die 25 ersten Seiten in einem kleinen Manesse-Buch Naturbeschreibung von Stifters "Der Hochwald" an die 20 Mal hintereinander gelesen.

Auch hier denke ich, dass mir die Bilderwelt ein derart großes Geschenk war, die Stifter dort abliefert, dass ich nicht davon lassen wollte. Es kann auch sein, dass die Musikalität seiner Sprache mich völlig gefangen nahm.

Es gibt ja Assoziationsspiele, bei denen jemand mit einem Wort beginnt, der nächste fügt eines an usw; und nach einiger Zeit merkt man, wer welchen Sprachschatz für gewöhnlich bei sich trägt und gerne benutzt.

Dein sich selbst tötender Chefarzt hat für mich keinen Aufforderungschrakter, weil mir das Thema zu düster ist. Ich müsste ja in derartige Untiefen meines Selbst hinabsteigen, dass mir geradezu die Lebenslust verginge.

Interessant ist Deine Abhandlung allemal.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

JoteS

Foren-Redakteur
Hallo Waldemar

Ich habe Deinen Beitrag sogar mit Interesse gelesen und für gut und lehrreich befunden. Da aber Deine Antwort an mich die kürzeste war, die ich je von Dir gelesen habe, wirst Du sicher verstehen, dass ich nicht anders konnte, als Dich ein wenig auf die Schippe zu nehmen... ;)

LG

Jürgen
 
@ Vera-Lena

Ein Chefarzttod ist doch keine Petitesse, sondern eine Art geldlicher Erlösung für jede heutige Krankenkasse, verdient doch ein anständiger Chefarzt im Monat immer noch mehr, als ~7.000 Patienten an Krankenkassenbeiträgen jährlich zusammenbringen, vorausgesetzt noch im betreffenden Jahr werden die 7.000 nicht krank und erzeugen daher keinerlei Kosten.

Und "in den Keller eigenen Erlebens gehen": Auch Witwe Bolte muss doch zuerst mal im archetypischen Keller saures Kraut holen, ehe dann

"wo-für sie besonders schwärmt,
sobald es wieder aufgewärmt"

das Essig-/Milch-Säure Gemisch verkocht ist ...
 
H

Heidrun D.

Gast
Wenn ich dich recht verstehe, gehst du von einer endlichen Zahl an Schreibmustern in Romanen aus, die, je nach Fähigkeit des Autoren, (unendlich) variiert werden können?

Das stimmt natürlich. Letztlich lassen sich menschliche Emotionen auch auf zwei Grundformen reduzieren (Liebe und Angst); trotzdem werden damit die unterschiedlichsten Gefühle erzeugt (hier als Einheit aus Gedanke und Emotion zu verstehen) und in Sprache, Tanz oder wasweißich umgesetzt.

Also, was willst du uns nun eigentlich mitteilen, Waldemar?

Fragende Grüße
Heidrun
 
@ JoteS

Mein Psychiater sagt auch immer, ich würde mir mein literarisches Leben viel zu kompliziert machen. Es sei nämlich in Wahrheit ganz einfach, so unerträglich einfach, dass man darin ohne Weiteres und jederzeit problemlos ein Gedicht oder einen Roman schreiben könne.
Und davor, dies meine Persönlichkeitsstörung, ängstigt sie mich immer.
"Sie"?
Ja, die Muse mit ihrem penetrant-naiven Mundgeruch, die mich immer zu küssen versucht ...
 

JoteS

Foren-Redakteur
Duhuuu, Waldemar....

...ich hätte da ja einen Lösungsvorschlag was Deine Muse und Dich betrifft, allerdings sollen hier auch Leser unter 18 unterwegs sein und überhaupt werde ich das Gefühl nicht los, Du wüsstest ohnehin genau..... ;)

LG

Jürgen
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Waldemar,

ja, aber heute gab es bei mir kein Sauerkraut :D

Ich habe mir nun nicht die Mühe gemacht das Exposée für ein Filmdrehbuch zu entwerfen, sondern veralbere jetzt wieder meine Zeit (und das wie immer gerne) indem ich mal einen Satz schreibe, in welchem die von Dir angeführten Wörter mit einer einzigen kleinen Abwandlung drin vorkommen.

Lisa zu ihrer besten Freundin Lara: "Auch wenn dein Chef Arzt ist, wurde er nicht mit einem Silberlöffel im Mund geboren und seinen Kehricht muss er auch mit einem Ginsterreiserbesen hinweg befördern, also mache dich ihm gegenüber nicht so klein und vor allen Dingen, denke nicht gleich an Selbstmord, nur weil er dich in einer sehr entwürdigenden Weise beschimpft hat, was gar nicht hätte passieren können, wenn der arme liebenswerte Schmitz, dein früherer Chef, nicht bei diesem Autounfall so tragisch ums Leben gekommen wäre."

Also das ist jetzt jenseits Deiner Spielregel, aber zu etwas Anderem konnte ich mich nicht aufraffen. Und wie Du siehst, habe ich den Chefarzt-Selbstmord in drei Teile zerlegt.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
@ Heidrun D.

Mag sein, dass "Mensch" sich evolutionär zurück entwickelt hat?
Nur noch "Liebe" und "Angst" aus Amygdala und Hippocampus?
Denn zumindest am 20.10.2006 gab es in der ehemaligen DDR, an der Technischen Universität Dresden, noch ein Basis-Emotionen-Modell mit den irreduziblen 14 Emotionen (Anzahl nach oben noch offen):
Stolz, Zufriedenheit, Trauer, Wut, Verlegenheit, Erleichterung, Schuldgefühl, Furcht, Belustigung, Verachtung, Schamgefühl, Ekel, Erregung, sensorisches Vergnügen

http://rcswww.urz.tu-dresden.de/~cogsci/pdf/emotionen02.pdf
(pdf- file)

Bzgl. "Kurzfassung" und "Roman":

[Wenn ich dich recht verstehe, gehst du von einer endlichen Zahl an Schreibmustern in Romanen aus, die, je nach Fähigkeit des Autoren, (unendlich) variiert werden können?]

Dies ist das konventionelle Verständnis.

Meine anderslautenden Aussagen:
(a)
- Ausgeschriebene "Romane"/ "Texte" allgemein/ samt ihren "mitschwingenden" (meist) nicht aufgeschriebenen Ähnlichfassungen stellen Ensembels ergodischer Systeme dar und folgen somit den Regeln der (thermodynamischen) Ergodentheorie - eine Betrachtungsweise, die als Novum in die übliche soweit-Literatur-relevante Kommunikationstheorie einzuführen wäre
- erweitert über den Bereich der Literatur hinaus lässt sich das Ergoden-Modell auch zur "summarischen" Beschreibung intra- und interpersoneller = Lebewesen-art-spezifischer Autopoiesen verwenden - dies auch ein Ansatz zu inter-artlicher Kommunikation vielleicht?
(b)
- Textliche Kurzfassungen, im optimierten Fall nur noch die Summe von seriell aufgeschriebenen semantisch-implikativen Begriffen/ Worten, können beim Leser leserintern-autopoietisch erzeugte Langtext-Fassungen erzeugen, deren Arten umso zahlreicher sind, (1) je sprachlich kompetenter ein Leser, und (2) je "offener" die zur Verfügung gestellte initiale Begriffesumme ist,
also [.initial.] versus ].initial.[
- Nach dem -Distributionstheorem für "Information"- ist die system-konstituierende Information in einem bestehenden (bzgl. seiner Elemente linear-verknüpften) System in weiten Grenzen innerhalb eines solchen Systems verschiebbar, ohne dass die Funktionen eines solchen Systems nach außen hin alterniert würden. Bei "textlichen Kurzfassungen" = Signalemenge gering, muss die zum funktionierenden Gesamtsystem [Autor, Kurztext, Leser] scheinbar fehlende "Information" vom Leser hinzu-erzeugt werden (natürlich mithilfe der Leser-Autopoiese) - wobei solche Autopoiese demjenigen, in dessen Hirn sie abläuft, lediglich "Nachrichten", aber keine "Signale" erzeugt.
- Erst die leserseitige subjektive Gleichsetzung und Hinzu-Addition dieser Nachrichten zu der per Kurztext anfänglich gelieferten Signale-Summe des Autors macht den anfänglichen Kurztext für den jeweiligen Leser "bedeutungsvoll", falls er zudem sein Erleben eines "voller von ihm selbsterzeugter Bedeutungen" mit dem vermeintlichen "bedeutungsvoll" der autorischen Anfangs-Signale-Summe des Kurztextes gleichsetzt

- "Kurztexte", "Gedichte", mittellange Texte, "Romane" sind demgemäß also immer nur per Aufgeschriebensein real-konkretisierte Trajektorien der Wahrscheinlichkeit "1" aus einem innerlich-ähnlichen ergodischen Ensembel =
keine unwesentliche Behauptung also meinerseits: Auch Literatur folgt - konkrete Literatur = ihre Texte - den thermodynamischen Gesetzmäßigkeiten, denselben übrigens, die auch in der gängigen Informationstheorie (siehe Shannon) bekannt sind, wobei im Bereich "Literatur" (allgemeiner "Kunst") der Schwerpunkt auf den leserseitigen Autopoiesen liegt und es somit um qualitative "Nachrichten" geht, deren "semantischer Informations"gehalt mit der bisherigen Shannon'schen quantitativen Informationstheorie nicht gültig formalisierbar ist (wir benötigen eine noch zukünftige Ästhetik-Theorie auf der Grundlage einer "semantischen Informationstheorie" - und eine Grundlage zu Letzterer ist m.M. die Auffassung, dass "Texte" ergodische Ensembles darstellen = im Ergodenmodell der Thermodynamik beschreibbar sind)
und
- ["Kurztexte" bis "Romane"] unterscheiden sich nur durch die Verteilung der "Information" im Gesamtsystem [Autor-Text-Leser] = durch den Anteil der bei gelingender Rezeption Leser-zu-erzeugenden Autopoiese-Resultate
und
- diese Autopoiese-Resultate = "Nachrichten" werden vom Leser den autorisch-initialen "Signalen" irrtümlich aber konventionell-üblich gleichgesetzt, womit zB der betreffende Kurztext seinen erstaunlichen "im-Nachhinein-Gehalt" bekommt


PS:
Dass meine Gedanken hier noch 1000 Haken und Ösen haben, ist mir klar, es sind vorerst nur "Anrisse" eines Rahmens, innerhalb dessen noch weitgehend unbekannte Kontinente liegen.
Zb fehlt mir bisher ein formalisierbares literarisches Ergodenmodell, auf dessen Grundlage ich einen Text (und sei es ein Kurztext) mathematisieren und dann samt seinen "colinearen" Texten ( = das gesamte Ensembel also) auf dem Computer erzeugen könnte.
Könnte man das, dann könnte man als Autor "statistisch" Literatur erzeugen (man würde "seine eigenen Texte" nichtmal zu kennen brauchen), indem man die entsprechenden thermodynamischen Regeln einfach als Verbalmodell von einem dazu konditionierten Comp ausarbeiten ließe - und Vieles mehr
 
H

Heidrun D.

Gast
Waldemar,

ich unterscheide Emotionen und Gefühle, einfach weil sie etwas Unterschiedliches meinen :D und unterschiedlich definiert sind.

Außerdem habe ich jetzt einen kurzweiligen Kneipenabend hinter mir und werde mich deshalb erst morgen zu den anstehenden "Fragen" äußern.

Bis morgen oder nie
Heidrun
 

NewDawnK

Mitglied
...
Zb fehlt mir bisher ein formalisierbares literarisches Ergodenmodell, auf dessen Grundlage ich einen Text (und sei es ein Kurztext) mathematisieren und dann samt seinen "colinearen" Texten ( = das gesamte Ensembel also) auf dem Computer erzeugen könnte.
Ich kann nur Bauklötze staunen, während Du, Waldemar - so vermute ich - Wolkenkratzer baust. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Verständigung unter dieser Voraussetzung überhaupt möglich ist.

"Text mathematisieren" - das klingt (für mich) wie "Leben mathematisieren". Es ist unbestritten, dass man technische Systeme entwickeln kann, die sich im Ergebnis ähnlich verhalten wie lebendige - mit dem großen Vorteil, dass sie berechenbar sind und berechenbar bleiben.
Aber fehlt dabei nicht eigentlich genau das, was alle Lebendigkeit im Kern ausmacht - die Unberechenbarkeit?

Man kann die verbale Kommunikation auf relativ simple Modelle abbilden, und daraus können sich zum Teil auch nützliche Kommunikationsstrategien entwickeln. Ein Beispiel, das mir gerade präsent ist, ist die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltfreie_Kommunikation. Solche Methoden "funktionieren" in ihrer Anwendung teilweise recht gut, das will ich gar nicht bestreiten.

Andererseits: Wenn Kommunikation doch immer wieder ähnlich abläuft, könnte man dann nicht genauso gut schweigen? Und wenn sich Texte eines Tages beliebig künstlich generieren lassen - wozu dann überhaupt noch schreiben?

Ich stelle mir vor, dass Weiterentwicklung im Bereich der Kommunikation nur möglich ist, wenn fortwährend kommuniziert wird und dabei auch immer wieder "Neues" entdeckt wird. Können Computer uns diese Aufgabe, die ja im Grunde eine Lebensaufgabe für jeden von uns ist, wirklich abnehmen?
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe NDK,

an Vieles Schöne erinnere ich mich aus meinem Leben, aber in meiner Kindheit war es das Schönste, mit meinem Vater schweigend im Wald spazieren zu gehen. Kommunikation von Mensch zu Mensch unter dem Vorzeichen der Liebe läuft nämlich über sehr feinstoffliche Wege. Sprache ist im Vergleich dazu schon etwas Grobstoffliches. Ich ging einfach neben meinem Vater her und wir erlebten gemeinsam den Wald.Wir brauchten keinen verbalen Austausch darüber.

Im Judentum gibt es die Kabbala. Da wird in 10 Stationen und den Wegen dazwischen das ganze Universim dargestellt.

Man braucht, um Welt darzustellen nur 20 Symbole. Man kann diese Symbole bei sich haben, und dann hat man alles. Man kann sie auffalten und dann sieht und erlebt man alles.

Wenn ich Waldemar richtig verstanden habe, und das ist natürlich sehr fraglich, dann geht es auch ihm um eine Konzentration, so dass man quasi einen Extrakt von Sprache herstellen könnte. Wofür man den dann benutzt und einsetzt ist ihm, glaube ich, erst eine zweite Frage.

Das fiel mir jetzt zu Deiner Frage an Waldemar ein.

Schönes WE!:)
Liebe Grüße
Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Ergodentheorie auf Literatur anwenden zu wollen, sorry, aber das erinnert mich an den Unterschied von Astronomie und Astrologie. Letztere greift sich die Begriffe der Wissenschaft, um Blödsinn zu verzapfen.

:eek:
 

NewDawnK

Mitglied
Ich kann Waldemars Text auch nicht einordnen, weil mir schlicht die nötige Fachkompetenz fehlt. Aber ist das Grund genug, ihm Esoterisches anzudichten?
Genauso gut könnte es eine Satire sein, die unsere Leichtgläubigkeit mal tüchtig auf die Schippe nimmt... oder vielleicht handelt es sich um ein groß angelegtes Experiment zum Thema Sprachkompetenz...?

Falls Letzteres zutrifft, sind wir allesamt nichts weiter als ein paar kleine, dumme, austauschbare Laborratten - also reißt Euch mal gefälligst zusammen, Ihr Lieben, damit uns der Versuchsleiter nicht vorzeitig in die Tonne kloppt.

Ich werde jetzt schweigen. Das bedeutet, ich sende nix mehr. Und falls jemand auf die Idee kommen sollte, diesem Schweigen irgendetwas Feinstoffliches anzuhängen, dann ist das ausschließlich sein eigenes Problem.

@ Vera-Lena: Ich wünsche auch Dir einen schönen Sonntag.
 

Milko

Mitglied
schöne

ansichten
aussichten
jeder hat sein kürzel zum
besichtigen
Sicht auf
Wiederholungen
jeden
Sonntag
auf die Vielfalt der Einfältigkeit
milko
 

Vera-Lena

Mitglied
Ich wünschte, es wäre der 1. Oktober 2008 mit entspannter Atmosphäre, friedvoll und die Foren würden strotzen vor interessanten und tiefgründigen und heiteren und gekonnten Texten.

Vera-Lena wirklich traurig wegen des gelöschten Haiku von Duisburger
 



 
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