Danke Elke. Das ist interessant.
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Seit etwa zwei Wochen kann meine Mutter nicht mehr laufen, seit etwa einer Woche nicht mehr stehen.
Wir pflegen sie, so gut wir können. Wir, das sind meist meine Schwester und ich.
Mein Bruder kommt auch ab und zu, aber es ist immer völlig unplanbar. Ich habe ihn gebeten, mal die Zeit abzustimmen, weil ich zur Physiotherapie muss, da hat er gesagt, er hat schon wieder so einen Hals. Ich habe ihn gefragt, was er damit meine. Da hat er gesagt, er habe gar keine lust mehr, mit mir zu reden. Da habe ich mich dann eben verabschiedet. Er setzt andere Prioritäten, wie Bad ausbauen. Seine Frau ist krank, das hat hohe Priorität, das verstehe ich, meine ist aber auch krank. Das interessiert ihn aber nicht.
Er sagte, eigentlich müsste unsere Mutter in ein Heim, da würde sie besser versorgt. Ich habe da eine andere Meinung, ein Heim kann die Pflege innerhalb der Familie kaum ersetzen.
Vor ein paar Tagen ist er ja gekommen, um zu helfen.
Ich war gerade dabei, Mutti zu füttern, als er kam. Da sagte er: "Der Teppich muss raus" und fing gleich an, zu rücken und zu rammeln und Staub zu saugen. Dass Mutti gerade Mittag aß, interessierte ihn nicht. Ich wollte ihm erzählen, was zur Zeit los ist, das fasste er als Affront auf: Er sei ja auch schon ein paarmal dagewesen. Ich wollte, dass er mit mir zusammen Mutti umdreht, weil das für sie weniger schmerzhaft ist, die Kraft verteilt sich besser. Nein, das machte er allein. Ich verstehe ihn nicht. Er sagt: Wenn Hilfe gebraucht wird, sei er da. Damit meint er aber offensichtlich mechanische Hilfe, wie Fernseher besorgen. Er sagte, wir würden die ganze Zeit nur bei Mutti rumsitzen. Das hätte ich nie von ihm erwartet. Er versteht auch nicht, dass Mutti Nähe braucht. Ich habe ihn gebeten, meine Merkzettel auf dem Tisch liegen zu lassen. Das war ihm aber eine zu große Unordnung und er räumte sie weg. Er versteht einfach auch nicht, dass ich Gedächtnisprobleme habe.
Wenn ich mir etwas merken soll, muss es wiederholt werden. Jedenfalls hat er keine Lust, mit uns Zeiten abzusprechen, ihm sind andere halt egal. Es kann auch nach Absprachen Änderungen geben.
Man kann nicht drumrum reden, Mutti liegt im Sterben. Vielleicht ist das die eigentliche Ursache. Aber als Mutti vor fünf Jahren krank wurde, sagte er: Wir haben ja noch einen Joker für die Pflege, das ist Kerstin. Meine Schwester hat Eigenheiten und ist oft wütend, aber sie hilft Mutti. Am Anfang wollte sie sich auch nichts abnehmen lassen. Seit ein paar Jahren teilen wir uns die Aufgaben aber ganz gut. Nur meine Fra wurde von meiner Schwester vergrault. Jedesmal macht sie Stunk. Anfangs dachte ich, meine Frau übertreibe, aber sie hat das nicht getan.
Ich habe den Pflegedienst gefragt, wie es mit dem Heim stehe. Er sagte, die Pflege zu Hause hat meiner Mutter ein viel besseres Leben ermöglicht. Im Heim wäre sie wahrscheinlich schon lange tot.
Ein Freund von mir hatte seinen blinden Vater in ein Heim gebracht, zwei Wochen später war er gestorben. Der Pfleger sagte, gerade Blinde brauchen gewohnte Umgebung.
Die Psychische Belastung in der "Endpflege" ist extrem. Ich habe jetzt Physiotherapie in der Nähe von Mutti und hoffe, dass es klappt. Ich muss sie dann etwa eine Stunde allein lassen, das kann kurz aber auch sehr lang sein.
Ich habe es etwas aufgeschoben, aber brauche es. Gegen Rückenschmerzen.
Meine Geschwister finden den Pflegedienst sehr schlecht. Ich verstehe es nicht. Ich komme mit allen Pflegern gut aus, und sie helfen, wenn sie können und man sie bittet. Der Pfleger meint, meine Schwester sei durch die Umstände sehr angespannt, deshalb nehme er die Ausbrüche nicht so ernst.
Da dieser Teil sehr privat ist, stelle ich ihn in den internen Bereich.
Glück habe ich mit meiner Frau, die mich echt sehr unterstützt.
Heute Nachmittag übernimmt wieder meine Schwester.