Balladen und Moritaten - Kritiken und Wertungen

5,00 Stern(e) 1 Stimme
G

Gelöschtes Mitglied 21114

Gast
Anbas – Ratte auf Reise (Ballade)
Auf die Frage, ob er mit wenigen Worten den Inhalt des Faust zusammenfassen könne, soll Goethe geantwortet haben: Vom Himmel durch die Welt zur Hölle. Ähnliches könnte man über Anbas’ Ratten-Ballade orakeln: Von Kiel über Sachsen-Anhalt in eine Höllen-Außenstelle. Und ebenso gemächlich, wie der Faust sich ausbreitet, entwickelt sich diese Ratten-Reise. Beide Werke hören einfach nicht auf. Dem Faust eins hat Goethe in Überlänge einen zweiten Teil hinzugefügt, wozu Anbas, so die Götter ein Einsehen haben, die Lust fehlen möge. Denn: So unendlich viel Dichtkunst in dem Werk auch stecken mag, der Erzählstil hat etwas Einschläferndes. Die Reimerei etwas kindlich Unbefangenes. Der Witz etwas Bemühtes. Die Schlusspointe etwas Erwartungsgemäßes. Alles in allem: viel Text um wenig.

Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 1,5
Sprachliche Gestaltung: 1,0
 

Didi Costaire

Mitglied
Joe Fliederstein: Kleine Rotlicht-Moritat hessisch
Beim ersten Lesen habe ich nicht so viel verstanden, aber Wortfluss und Wortwahl fielen gleich sehr angenehm auf. Vom Sprachlichen her ist das Gedicht elegant und melodiös und bildet zusammen mit den verwendeten Metaphern in seiner Ästhetik einen interessanten Kontrast zur eigentlich bedrückenden Handlung.
Inwieweit es sich um eine Moritat handelt, sollten andere beurteilen. Mir selbst sind lediglich noch zwei Kleinigkeiten aufgefallen: Der »Edstle« soll wohl der Edlste sein und die verwendeten Guillemets sind nach meinen Recherchen schweizerisch-französische und keine hessischen.
Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,5
Sprachliche Gestaltung: 2,8
 
G

Gelöschtes Mitglied 21114

Gast
Oscarchen – Ballade von der Freiheit (Ballade)

Aktualität mit den Mitteln einer alten Form vorgetragen – geht das? Das geht! Es liest sich herausfordernd wie eine der Reportagen, die es zu diesem Thema bisher gegeben hat. Allerdings so – hat es sie noch nicht gegeben. Ich würde auch dreimal uneingeschränkt mit einer Drei bewerten, wenn … wenn da nicht die beiden letzten Strophen wären. Vor allem die letzte: Bei aller Hochachtung vor dem Gedicht, hier endet die Aktualität in der Unglaubwürdigkeit. Im Wunschdenken des Autors. Oder wenn ich es ganz direkt sagen soll: im Kitsch. Es wäre jammerschade um den Text – er wird aber sofort stark, wenn man die letzten beiden Strophen einfach wegdenkt. Mir geht es jedenfalls so.

Formtreue: 2,5
Originalität und Kreativität: 2,5
Sprachliche Gestaltung: 2,5
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Walther: die Hütte (Ballade)

Wer ständig preisverdächtige Sonetten zusammenschraubt, der kann natürlich auch Balladen. Beschreibt spannend und präzise die Tragik des
Geschehens. Das Ende dann doch mit einem zarten Hoffnungsschimmer. Ich bin auch der Meinung, das man den Schluss vielleicht noch etwas
hätte ausarbeiten können. Ein gehobenes Werk.

Formtreue: 2,5
Originalität und Kreativität: 2,4
Sprachliche Gestaltung: 2,8


Anbas: Ratte auf Reisen (Ballade)

Eine mächtig lange Ballade. Leicht verständliche Kost. Mal vierzeilig, mal, sechszeilig, sogar achtzeilig. Kann man bei dieser Länge durchaus Anbieten.
Sprachlich auch für den jüngeren Leser geeignet. Ein pfiffiges Ende belohnt für die Ausdauer, es zu Ende zu lesen.

Formtreue: 1,8
Originalität und Kreativität: 1,8
Sprachliche Gestaltung: 1,2
 

Didi Costaire

Mitglied
Oscarchen: Ballade von der Freiheit
Etwas aus dem realen Leben samt Zwiebackstück und Fleischbeschau. Besonders gut passt der Fahrtverlauf. Da wird bildhaft, dass es sich um keine Vergnügungsreise handelt, sondern jemand seine Beine in die Hand nehmen muss. Umso erstaunter war ich am Ende ob der sehr plötzlichen Umkehr. Das ging mir angesichts all der vorher erbrachten Opfer doch etwas zu schnell.
Der Schlusssatz gefällt mir, die Zeile davor erscheint redundant und klingt nicht wirklich. Überhaupt sollte der Autor an der einen oder anderen Stelle der Ballade noch ein wenig an der Sprache feilen und insbesondere einige rasch aufeinanderfolgende Wortwiederholungen (Fahrt, nimmt, schöne, erste) ausmerzen. So wirkt die Ballade interessant und gelungen im Ansatz, aber viel zu hastig veröffentlicht und letztlich nicht ganz fertig.
Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,2
Sprachliche Gestaltung: 1,5
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Joe Fliederstein: kleine Rotlicht-Moritat (hessisch)

Oh, etwas in Mundart! Ja, das kann er. Nicht immer einfach. Passt aber vorzüglich zu seinen überbordenden Darbietungen. Wie immer schnodderig frei
von der Leber. Wenn man sich erst einmal eingelesen hat, zeigt sich Lust auf weitere Strophen. Das Werk spiegelte die sprachlichen Fertigkeiten
verzwirnt mit gehobener Handwerkskunst.

Formtreue: 2,0
Originalität: 2,6
Sprachliche Gestaltung: 2,8


Marie Luise Wendland: Nicht ganz geklappt (Moritat)

Nun, in Anbetracht dieser Konkurrenz ist die Teilnahme schon ein Erfolg. Da Bedarf es schon ein wenig Mut. Das Werk bemüht sich um Schwung und Unterhaltung. Ich sehe noch viel Spielraum, was den Ausbau der dichterischen Fertigkeiten anbetrifft.

Formtreue: 2,0
Originalität: 1,0
Sprachliche Gestaltung: 0,8


Marie Luise Wendland: Erna (Ballade)

Dieser Beitrag stellt sich nicht ganz so unbeholfen vor. Da schimmern doch Fragmente von zartem Potential durch. Liest sich nicht so gequält wie der obere Beitrag. Das könnte etwas werden!

Formtreue: 2,0
Originalität: 1,3
Sprachliche Gestaltung: 1,0


james Blond: Ein Schneemann namens Lehmann (Ballade)

Wenn Alkohol im Spiel ist, schwant mir Ungutes. Mit sauberen Paarreimen bewegt man sich stets auf sicherem Gelände. Durchaus mit dem einen oder anderen lyrischen Bonbon. Das Ganze läuft zielstrebig auf einen Vollrausch zu. Sprachlich nicht so anspruchsvoll, wie man es von James kennt.

Formtreue: 2,0
Originalität: 1,7
Sprachliche Gestaltung: 1,9
 
G

Gelöschtes Mitglied 21114

Gast
Tula – die Ballade vom gutgesinnten Hermann (Ballade)

Die erste Strophe ist ein grandioser Einstieg in eine Ballade, die auf Außergewöhnliches hoffen lässt. Der abrundende Zweizeiler gibt einen Schuss Extraklasse hinzu. Strophe zwei plus Zweizeiler fügen sich «organisch» an. Ab Strophe drei steuert die Ballade dann aber die bekannte Geschichte von Schmiergeld und Baulöwentum und Korruption an. Voller Ironie der Zweizeiler (von Schmidt zu Herrmann): Jener spielte mit der Wünschelrute – Hermann unterschrieb für alles Gute. Aber dann, leider, läuft es nach den bekannten Vor-Bildern ab: Hermann muss ins Gefängnis, schreibt ein Buch, Rückgewinnung in den Korruptionsalltag. Mein Fazit: Der Anfang der Ballade wirkt stärker nach als das Ende.

Formtreue: 2,5
Originalität: 2,0
Sprachliche Gestaltung: 2,5
 

Didi Costaire

Mitglied
tula: Die Ballade vom gutgesinnten Hermann
Das liest sich alles sehr angenehm, klingt gewitzt, gehoben und rund und passt somit zu Hermann, der mit seiner unauffälligen und zutiefst loyalen Art auch kaum aneckt, beständig gut (be-)scheißt und seinen mit Kompromissen gespickten und dennoch geradlinigen Weg geht. Selbst in der Katastrophe bewahrt er die Haltung, bleibt wie er ist und übersteht die sieben mageren Jahre. Auch wenn ich es ihm nicht gönne: Wahrscheinlich folgen sieben fette.
Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,2
Sprachliche Gestaltung: 2,7
 

Walther

Mitglied
Hallo ihr lieben,
leider läßt mir das dasein im moment nicht die nötige zeit der würdigung anderer einträge. ich habe jetzt die neue druckausgabe von zugetextet.com vor der brust, der eine oder andere kennt dieses projekt. wenn nicht, einfach dr. gugle fragend beauftragen.
daher ziehe ich meinen beitrag zurück - mit großem bedauern, aber fairerweise.
ich wünsche euch allen frohes werken und bewerten. was ich las, hat mein herz durchaus erfreut. ich danke für euer verständnis.
lg W.
 

Tula

Mitglied
weiter geht es nach einem 'halben' Urlaub:

Marie Luise Wendland - Nich ganz geklappt (Moritat)
Eine Idee, die für eine Moritat mehr als brauchbar ist. Inhaltlich baut sich alles bis Strophe 3 noch erwartungsgemäß auf. Die vierte beinhaltet keine Handlung mehr, nur noch ein Ergebnis, während ich mir die Moral einer witzigen Moritat eben doch witziger vorstelle.
In der Form: Hauptkritik bleibt der schwache Spannungsaufbau und die fehlende Dramatik, einschließlich Mangel an Dialogen, auch dieses hat nur eine Hauptfigur.

Formtreue: 1,5
Originalität und Kreativität: 1,0
Sprachliche Gestaltung: 1,5


Marie Luise Wendland - Erna (Ballade)
Gewissermaßen das Gegenstück, die Dame geht zurecht siegreich aus ihrem Kampf mit dem Ehemann hervor. Auch hier wird das Ergebnis beschrieben; es wäre weitaus lustiger und Balladen-typischer, die Handlung der „Überführung“ (ins Jenseits) zu beschreiben. So bricht auch hier der Spannungsbogen bereits in der ersten Hälfte.
Sprachlich hat es durchaus seinen Witz, aber meiner Meinung nach nicht dem Potential des Themas entsprechend.

Formtreue: 1,5
Originalität und Kreativität: 1,0
Sprachliche Gestaltung: 1,5


James Blond - Ein Schneemann namens Lehmann (Ballade)
Bei diesem die nun schon übliche Kritik: eine Ballade sollte mehr als einen Darsteller haben, Dramatik … Lösung eines Konflikts, eine „Wende der Handlung“ usw. … so wie wir es am Anfang definiert hatten. Das bleibt auch hier aus, obgleich die zu bewältigende, schwere Situation (die der Einsamkeit) klar ist. Eine inhaltliche Lösung wäre vielleicht ein letztes Gespräch: mit sich selbst, einem Vogel, dem Geist aus der Flasche etc., die dem Ganzen einen besonderen Pfiff verleiht.

Formtreue: 1,5
Originalität und Kreativität: 1,5
Sprachliche Gestaltung: 2,3


anbas – Ratte auf Reise (Ballade)
Schade, dass sich der hier eigentlich immer witzige Autor augenscheinlich das Ziel gestellt hatte, den Preis des aller-längsten Textes zu gewinnen. Diesen wird ihm niemand nehmen wollen, denn das Gedicht ist entschieden zu lang, um den Leser bei guter Laune zu halten. Von dieser Kritik abgesehen, muss ich sagen, dass mich das Werk weder inhaltlich, noch sprachlich vom Hocker reißt.

Formtreue: 1,5
Originalität und Kreativität: 1,5
Sprachliche Gestaltung: 1,7
 

anbas

Mitglied
Novembernebelgrauen - ein herbstliches Fernsehspiel (Moritat, Didi Costaire)

Bei diesem Fernsehabend verliere ich den roten Faden. Aber genau das kann die Werbung bewirken. Insgesamt ein mir fast zu langer Fernsehabend. Trotzdem ein origineller Beitrag, wie ich finde - auch, was die Form betrifft.

Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,3
Sprachliche Gestaltung: 1,8



Gladiatoren der Moderne (Moritat, Tula)

Die Idee, einen Gladiatorenkampf in das heutige Wirtschaftsleben zu übertragen, hat was, ist aber auch mutig. Doch handelt es sich hier wirklich um Gladiatoren im gebräuchlichen Sinne? Gladiatoren dienten auch zur Unterhaltung des Herrschers und des Volkes. In dieser Moritat sind es, der Chef und die Kollegen, die sich an den Kämpfen ergözen. Solche Ränkespiele hat es aber immer schon gegeben und hatten mit Gladiatorenkämpfen nichts zu tun. Das wären nach meinem Verständnis eher die ganzen Spielshows, die es vor allem in der privaten Fernsehlandschaft gibt. Für mich hält daher diese Moritat nicht ganz das, was der Titel verspricht.
Doch wenn der Titel nicht so richtig passt (zumindest mir nicht ;)), muss der Rest nicht schlecht sein. Daher habe ich mich dazu entschieden, mich bei der Bewertung eher auf den Text zu konzentrieren. Dieser gefällt mir. Allerdings halte ich den Schlagabtausch für ein wenig zu kurz geraten.

Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,2
Sprachliche Gestaltung: 2,5



Die Ballade vom Dummbidel (Ballade, Artbeck Feierabend)

Eine schön böse Ballade, deren Ende allerdings für mich absehbar war. Der Mittelteil ist mir ein wenig zu lang geraten.

Formtreue: 2,5
Originalität und Kreativität: 2,0
Sprachliche Gestaltung: 2,1



Morgenrot (Moritat, Didi Costaire)

Eine schöne Geschichte - allerdings keine Ballade, wie ich meine. Den immer gleichen Strophenbeginn empfinde ich als schwierig, aber irgendwie auch passend. Hier und da gibt es Wortspielereien, die mir gefallen - anerer erscheinen mir als zu gewollt.

Formtreue: 1,5
Originalität und Kreativität: 2,2
Sprachliche Gestaltung: 2,2



Nich ganz geklappt (Moritat, Marie-Luise Wendland)

Eine Moritat ohne große Überraschung, dafür aber mit deutlicher Moral. Sprachlich und in der Originalität ist aber noch viel Luft nach oben.

Formtreue: 2,2
Originalität und Kreativität: 1,2
Sprachliche Gestaltung: 1,2



Erna (Ballade, Marie-Luise Wendland)

Auch in dieser Ballade wird die Form gewahrt ;). Hinzu kommt ein kleiner Überraschungseffekt. Sprachlich leider nicht überzeugend.

Formtreue: 2,2
Originalität und Kreativität: 1,4
Sprachliche Gestaltung: 0,8




... so, Ihr Lieben, den Rest an Bewertungen schaffe ich hoffentlich auch noch. Habe eine ziemlich schwierige Zeit hinter mir und befinde mich derzeit in einer Reha. Liebe Grüße Andreas
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Tula: die Ballade vom gutgesinnten Hermann (Ballade)

Erfüllt die Formvorgabe für eine Ballade weitgehends. Ein Einblick in die Behördenwelt. So könnte es passiert sein. Die Gestaltung mit den
eingeschobenen Paarreimen spricht mich an. Ansonsten flüssig und humorvoll dargeboten. Sauber und solide gereimt.

Formtreue: 2,5
Originalität und Kreativität: 2,2
Sprachliche Gestaltung: 2,6
 

anbas

Mitglied
Ein Schneemann namens Lehmann (Ballade, James Blond)

Eine handwerklich saubere Ballade aber ohne - zumindest überraschenden - Höhepunkt. Sprachlich gefällt sie mir gut.

Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 1,5
Sprachliche Gestaltung: 2,2



Kleine Rotlicht-Moritat hessisch (Moritat, Joe Fliederstein)

Dieser Text gefällt mir. Auch, wenn ich mich mit Dialekten schwer tue, hier passt er und gibt dem Gedicht ein besonderes Flair.

Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,5
Sprachliche Gestaltung: 2,5



Ballade von der Freiheit (Ballade, Oscarchen)
Hier wurde mal ein aktuelles Thema aufgegriffen, und das gefällt mir. Das Ende erscheint mir allerdings zu simpel und auch recht weit hergeholt.

Formtreue: 2,0
Originalität und Kreativität: 2,0
Sprachliche Gestaltung: 2,0



die Ballade vom gutgesinnten Hermann (Ballade, Tula)

Eine sauber gedichtete Ballade, die sich gut liest. Auch sprachlich überzeugt sie. Inhaltlich fehlt mir allerdings das Originelle, Besondere.

Formtreue: 2,8
Originalität und Kreativität: 2,0
Sprachliche Gestaltung: 2,2
 
Richtige Auswahl (Moritat, Oscarchen)

Morbide (Ehe-) Streitigkeiten und Hannibal Lecter Anklänge erfreuen sich offensichtlich großer Beliebtheit - und hier wird die Bedeutung der "Moritat" wieder sehr drastisch, aber auch in ironisch-satirischer Art ausgelegt. Das ist, wie von Oscarchen gewohnt, sprachlich gelungen und effektiv ausgeführt worden.

Mir persönlich liegt sie (die Moritat, meine ich) etwas schwer im Magen - ähnlich wie bei Joes "Moritat von der Unersättlichkeit", aber es ist eben Geschmacksache.


Formtreue: 3
Originalität und Kreativität: 2
Sprachliche Gestaltung: 2,5
 
Ballade vom Franz (Joe Fliederstein)

Sehr lyrisch, mit vielen originellen Formulierungen, die sprachlich gekonnt zünden! Die an sich jämmerlichen Vorgänge werden mit einer grandiosen Klarheit geschildert. Besonders gut finde ich die beiden Schlussverse ("Drinnen fällt beherzt ein Schicksal/Auf ein anderes herein."). Der Tonfall erinnert mich ein bisschen an Kästner. Insgesamt gibt hier das Balladeske dem Lyrischen den Vortritt.

Formtreue: 2
Originalität und Kreativität: 3
Sprachliche Gestaltung: 3
 
Wenn's bei Reimers zweimal klingelt (Ballade, Didi Costaire)

Hier werden am Beispiel von Reimer viele kluge Gedankengänge und dichterisch-philosophische Lebensbetrachtungsweisen offengelegt, die in sich konsequent ausgeführt werden - die auch von dem einen als lobenswert, zugleich von anderen aber auch als etwas betulich empfunden werden könnten ... (besonders z. B. in S6, V1-4). Was mir gefällt, ist das recht deutliche Bild von diesem Dichter, was hier evoziert wird. Ich musste ein wenig an Carl Spitzwegs "Armen Poeten" auf dem Dachboden denken ...

Ein wenig überrascht ist man jedoch, dass dieser gekonnt ausgeführteText als Ballade ausgewiesen wird, fehlt doch eine dramatische Handlung.

Formtreue: 0,5
Originalität und Kreativität: 2,5
Sprachliche Gestaltung: 3
 
Glückliche Fügung (Ballade, Oscarchen)

Das Runde muss ins Eckige - auch hier haben wir eine runde Sache vorliegen - flott und lustig erzählt sowie gut beobachtet - und ja, so geht , oder besser gesagt, ging es wohl zu auf den Rängen und auf den Plätzen in den Stadien. Kommt mir vor wie vor ewigen Zeiten.


Formtreue: 2,5
Originalität und Kreativität: 2,5
Sprachliche Gestaltung:2,5
 

Tula

Mitglied
Joe Fliederstein – Kleine Rotlicht-Moritat hessisch (Moritat)

Unser Freund Joe hat eine Vorliebe und dichterisches Geschick für Milieu-Gedichte und dieses finde ich ausgesprochen originell, nicht nur wegen der Verwendung eines Dialektes (da hätte ich natürlich Berliner Schnauze auf Zille-Art bevorzugt :) ). Es ist der lebensphilosophisch angehauchte Dialog über das Gewerbe jenseits der Gesetze und der Gesellschaft schlechthin. Da ist, im Vergleicht, sogar der Spatz gemeldet; sehr feiner Humor.

Formtreue: 2,4
Originalität und Kreativität: 3,0
Sprachliche Gestaltung: 2,7


Oscarchen – Ballade von der Freiheit

Zunächst fällt mir hier das Thema wohlwollend ins Auge: die menschlichen Dramen und zerbrochenen Hoffnungen der Flüchtlinge sind vor allem im Sinne einer klassischen Ballade mehr als gerechtfertigt. Inhaltlich überraschte auch mich dann der Abschluss, weil die Rückkehr in die Heimat in der Regel keine Option ist, schon gar nicht im Sinne von Recht und Unrecht.
Zur Form: der Spannungsaufbau und „innere Kampf“ hätte noch zwei drei Strophen mehr gerechtfertigt. Ich weiß, wir scheuen uns etwas vor der Länge, obwohl die Autoren der klassischen Balladen in dieser Hinsicht wenig Bedenken hatten.

Formtreue: 2,7
Originalität und Kreativität: 2,8
Sprachliche Gestaltung: 2,6


Und nun bin ich durch :)
 

James Blond

Mitglied
Oscarchen - Ballade von der Freiheit (Ballade)


Mehrmals musste ich diesen Text lesen, bevor ich annähernd begriff, worum es hier vermutlich geht.

Es beginnt recht dramatisch mit einem Schiffbruch, die unser Held auf seiner Freiheitssuche nur knapp überlebt. Daran schließt sich sein Gang in "eine andre Zeit" an, die sich auch durch einen Tempuswechsel bemerkbar macht. Allerdings bleiben Ort und Schicksal unklar, die Hoffnung auf ein freieres Leben in fremder Länder Häfen zerschlägt sich an der Grobheit ihrer Bewohner, bis er sich schließlich resigniert und enttäuscht in Richtung Heimat aufmacht.

Die letzte Strophe versammelt dabei recht unaufdringlich die Lebenserfahrung und schließt mit einem Résumé der Verbitterung. Allerdings bleiben die Stationen des Leidensweges mit ihren qualvollen Erfahrungen recht vage. Der Text konzentriert sich zu sehr auf die scheiternden Hoffnungen, ohne sein Anfangsmotiv zu veranschaulichen und ohne das Scheitern in dramatische Handlung umzusetzen. So wirkt die Ballade als eine Schilderung, deren Erlebnisinhalt wenig nachvollziehbar bleibt, was bei dem klassischen Balladenthema und der bitteren letztlichen Einsicht eigentlich schade ist.

Sprachlich ist das Gedicht durch Metrum und Reimschema recht sauber gestaltet, wenn auch nicht ganz frei von Beugungen, Tempuswechsel und geschuldeten Reimen. Am besten überrascht mich die letzte Strophe.

Formtreue: 2,4
Originalität und Kreativität: 2,3
Sprachliche Gestaltung: 2,3
 

James Blond

Mitglied
Tula - die Ballade vom gutgesinnten Hermann

Hier wird eine Geschichte folgerichtig entwickelt, Schritt für Schritt, wobei wir anfangs schon ahnen: Das nimmt sicher kein gutes Ende. Und so kommt es auch, dass der beschränkte Hermann mit seiner unverbrüchlichen "Gutgesinnung" am Ende die Schuld seines Chefs abbüßen muss und sich fast noch dafür entschuldigt. Eine runde Sache mit Exposition, Verlauf, Konflikt und pointiertem Ausgang, deren Folgerichtigkeit durch die geschickte Form der eingeschobenen Chronologie über Hermanns konstante Befindlichkeit gut herausgearbeitet wird und durch fünfhebige Trochäen trotz der Verslänge den humorvollen Effekt verstärkt. Schade eigentlich nur ein winziger Flüchtigkeitsfehler ("Schmidt vom Bauamt nahm <ihn> in die Lehre:").
Allerdings leidet bei der stringenten Ausarbeitung ein wenig die Originalität, was hier auch nicht durch eine besondere sprachliche Kreativität aufgefangen wird. Für mich erscheint dieses Gedicht aufgrund der zugrunde liegenden Lebens-Chronik und der Ironie eher als Moritat geeignet.

Formtreue: 2,7
Originalität und Kreativität: 2,0
Sprachliche Gestaltung: 2,3
 



 
Oben Unten