Dichten im Stile von ...

E

equinox

Gast
Ricarda Huch....werde ich lesen!

Schönes Gedicht...

liebe Grüße
equinox
 
Selma Meerbaum-Eichinger


Unter hohen Bäumen gehe ich im Schatten.
Der Weg ist grünbemoost und lang.
Ganz traurig klingt mir heut der Vögel Sang.
Die Füße gehen wie auf weichen Watten.
Ein leises Rascheln von herab gefallnen Zweigen
durchbricht die Stille auf dem weichen Wege.
Bin sehr erstaunt von den Gedanken die ich hege.
Denk an den Mann, wo mag er sein nach seinem Tod.
Er schritt, ich weiß es doch, ganz einsam in das Abendrot.
 
E

equinox

Gast
Lb. Marie-Luise,
die Worte fliegen weich wie ein Vogel in mein Herz!
Ich bin gerührt.


Gern gelesen
equinox
 
Im Stile von Andersen (Verratene Liebe)

Als wir in der Nacht uns küssen,
hat nur der Mond zugeschaut.
Es sollte noch keiner wissen,
wir haben dem Mond vertraut.

Vom Monde ein kleines Bröckchen
fiel neben unseren Kahn.
Sah aus wie ein goldenes Löckchen
und zog auf dem See seine Bahn.

Das Bröckchen es sagt es den Fischen,
die Fische im stummen Chor,
die sangen`s in ihren Nischen
den Seebewohnern vor.

Der Mond, er sollte doch schweigen,
sollt nichts verraten vom Kuss.
Wir wollten noch keinem zeigen
der ersten Liebe Genuss.

Doch Menschen am Ufer standen,
und hörten die Melodei.
Ganz wunderbar sie es fanden
und hofften es geht nie vorbei.
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Mary,

wie schön, dass Du den Thread weiterspinnst. Gut, dass Du Dich an so viele Dichterstile "heranwagst" :).

Liebe Grüße

Herbert
 
Hallo Herbert,
als ich das Gedicht von Andersen fand, hat es mich einfach gereizt, noch einmal "im Stile von" zu schreiben.
Gruß,
Marie-Luise

Verratene Liebe
Robert Schumann, Op. 40

Da nachts wir uns küßten, o Mädchen,
Hat keiner uns zugeschaut.
Die Sterne, die standen am Himmel,
Wir haben den Sternen getraut.

Es ist ein Stern gefallen,
Der hat dem Meer uns verklagt,
Da hat das Meer es dem Ruder,
Das Ruder dem Schiffer gesagt.

Da sang der selbige Schiffer
Es seiner Liebsten vor.
Nun singen’s auf Straßen und Mäkten
Die Knaben und Mädchen im Chor.

Hans Christian Andersen
 

HerbertH

Mitglied
im Stile von Heinrich Heine (formal)

Xen oder nicht Xen

Ist die Ruhe eingedrungen,
glättet sie die Wogen
jeden Irrsinns, jedes Chaos,
das uns je betrogen.

Breitet ihre weiten Flügel
wie ein Federkissen
über die verwirrten Wege,
lässt uns Stille wissen.

Dämpft die Blitze der Erkenntnis,
die den Schlaf uns stahlen,
endet in den weichen Laken
jedes Geistes Strahlen.

Rundet ideal Ideen,
deren Spitzen stachen,
glatter als je Kerkerstrafen
Querulanten brachen.

Endlich drängt sie aus den Köpfen,
die von Fernen sangen,
jede Silbe jeden Wortes,
die dort jemals klangen.
 
Lieber Herbert,
ich finde dein Gedicht ganz wunderbar.

Bei meinem Gedicht hat auch Heine - Belsazar - Pate gestanden.

Gruß
Marie-Luise

Es bricht herein die dunkle Nacht.
Ein Sprayer ganz alleine wacht.

Als niemand auf der Straß` zu sehn,
kann er ganz schnell zu Werke gehn.

Er sprüht die Farben an die Mauer
und hofft, dass sie von großer Dauer.

Doch plötzlich taucht ein Blaulicht auf,
der Sprayer setzt nun an zum Lauf.

Doch damit hat er nicht gerechnet,
ein Bulle hinterher ihm hechtet.

Es hilft ihm auch kein lautes Schrein,
die Polizei, die holt ihn ein.

Er kann den Fängern nicht entkommen,
die Farben werden abgenommen.

Und andern Tags putzt an der Mauer,
der Sprayer ab, was doch von Dauer.

Naja, so wars bei Heine nicht,
doch es ist schließlich mein Gedicht.
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Mary,

danke. Ich überlege, ob ich meins als Hommage an Heinrich Heine ins Gereimte stellen soll. Mal sehen.

Du hast die Situation des Sprayers sehr schön umdichtet :)

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Im Stile von Rilke

Endet die Leier, gottlob,
endlich ermattet,
die uns den Abend zerstob,
niemals gestattet.

Endet Sermon voller Nichts,
sinnfrei verbreitet,
Predigt des Weltengerichts,
Seufzerbegleitet.

Dann herrscht fast Ruhe im Raum,
höret genauer:
Stille, die rauscht.
Einsam streicht Wind durch den Baum,
Spürt Ihr die Trauer?
Nichts, abgelauscht.

--
Auch separat als Pastiche eingestellt.
 
Im Stile der Heinzelmännchen von August Kopisch

Wie wars mit Duschen doch vordem
Zu Omas Zeiten so bequem.
Man duschte ja nicht jeden Tag.
Das wär für damals eine Plag.

Am Freitag, da macht,
so hat mans erdacht,
die Mutter die Kinder,
und sich auch nicht minder,
ganz sauber und schön.
Das konnt jeder sehn.

Das Duschgel, so fein,
das musste nicht sein.
Man wurd eingeseift,
es jeder begreift.
Auch Shampoo gabs nicht,
doch`s Waschen war Pflicht
der Haare, ob blond,
der Haare, ob braun.
Waren wie heute schön anzuschauen.

Und heute beim Duschen. da streckt man sich
Man räkelt und dann reckt man sich,
Man reibt sich stets mit Duschgel ein
und fühlt sich jeden Morgen fein.
Nimmt Shampoo fürs Haar.
Das wird wunderbau.
Nimmt dann einen Föhn.
Die Haare, die wehn.
Ob blond oder braun,
sind schön anzuschauen.
 
O

orlando

Gast
Itzt folgt eins à la Ernst Stadler


Und wütet man im Forste gegen dein Gedicht, reicht`s gar nur für den kurzen roten Balken -
Dein Auge matt, das Hirn erschlafft und deiner Träume Flügel lahm?
So fühlst Du, mit dem Trauerblick, und formlos leer, dich an des Schicksals Tort gebunden!

Der Abschied lauert glanzlos unterm Grün.
 
Theodor Fontane

Herr von Agri zu Cola im Ackerland,
Kartoffelstauden im Felde fand.
Und kam die goldne Erntezeit,
und die Kartoffeln waren dick und breit.
Da stopfte, wenn vom Turm erklangen Glocken,
Herr von Agri zu Cola sich voll die Socken.
Und kam ein Junge in seinen Pantoffeln,
so rief er:„ Hei, Junge, willste Kartoffeln.
Und kam ein Mädchen vorbei an dem Acker:
„Hier,nimm ne Kartoffel, jetzt komm doch mal wacker.“

So ging es viel Jahre, so wundersam,
bis Herr Agri zu Cola zum Sterben kam.
Es war grad wieder die Erntezeit.
Wieder waren Kartoffeln so groß und so breit.
Da sagte zu Cola: „Ich hau denn mal ab,
pflanzt mir Kartoffeln doch auf mein Grab.
Und drei Tage später, vor dem Leichenschmaus,
trug man zu Cola auf den Friedhof hinaus.
Und viele schritten hinter ihm her,
besonders den Kindern fiel der Abschied so schwer.
Und die Jungen, noch immer in ihren Pantoffeln:
„He is daud, wer giwt uns nau de Kartoffeln.“

Doch der zu Cola hatte an alles gedacht,
keine Kartoffeln mehr? Das wär doch gelacht.
Es wuchsen dann welche wohl auf seinem Grab
und hielten die ganzen Kinder auf Trab.
Denn im Herbst, da konnten sie wieder lachen
und auf dem Grabe Kartoffeln ausmachen.
Herr zu Cola, der schaut von oben zu
Und fand erst jetzt die ewige Ruh.

Agricola = Landmann, Bauer
 
O

orlando

Gast
Das ist auch ein kurzweiliger Faden. :)
Einer, der Hin & Herz & hinreichende Lyrikkenntnis verlangt ...
Nett.
 



 
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